www.hiergeblieben.de

Deister- und Weserzeitung , 31.05.2006 :

Angst und Albträume - Abschiebung droht / Familie Shurdhani aus Bodenwerder lebt in ständiger Unsicherheit / Anwalt: "Das ist unchristlich"

Bodenwerder (dy). Am 1. Oktober 1994 floh die Familie Shurdhani aus dem Kosovo nach Deutschland, war einen Monat im Auffanglager in Hannover-Langenhagen und kam dann nach Halle. Seit 1995 wohnt die sechsköpfige Familie nun in Bodenwerder, und lebt seit Jahren mit der Angst, abgeschoben zu werden.

Sofort nach der Ankunft in Deutschland hat das Ehepaar Afrim und Zekije Shurdhani einen Asylantrag für sich und drei ihrer Kinder gestellt - der jüngste Sprössling, Edmond wurde erst später in Halle geboren. Der Antrag wurde abgelehnt. "Wir haben noch nie Probleme gemacht und kommen mit allen Leuten gut aus", so der 40-jährige Familienvater. Er kann es nicht verstehen, dass er mit seiner Familie nicht in Deutschland bleiben darf. Anfangs hatte das Ehepaar Arbeit und bedauert, dass das jetzt ohne die entsprechende Erlaubnis nicht mehr möglich ist. Im letzten Jahr ist die zweite Tochter Saranda volljährig geworden - im Oktober kam die Nachricht, dass sie und ihre Schwester Feranda (siewird im Juni 21) zurück in den Kosovo müssen. Seitdem bestimmen Angst, Unsicherheit und Albträume ihr Leben - Ferandas gesundheitliche Verfassung macht seit Ende April einen Aufenthalt im Landeskrankenhaus Hildesheim notwendig. Auch sind beiden jungen Frauen die Ausweise abgenommen worden.

"Die Familie hat im ehemaligen Jugoslawien als Zugehörige zur Volksgruppe der Ashkali keine Lebenschance", macht Rechtsanwalt Dietrich Wollschlaeger aus Braunschweig sehr deutlich. Seit zwei Monaten befasst sich der bundesweit für Ausländerrecht tätige Anwalt mit dem Fall der Familie Shurdhani. Er erklärt, dass die Familie dort diskriminiert werden würde, keinen Schutz der Familie mehr hat (die Verwandten sind alle geflüchtet) und sie dort "die Hölle erwartet!" Harte Worte findet der Rechtsanwalt für die Abschiebepraxis in Niedersachsen. "Das hat mit der im Grundgesetz verankerten Menschenwürde nichts mehr zu tun und ist unchristlich", zeigt sich der Braunschweiger Anwalt erbost über die Politiker, die den Menschen, die teilweise schon Jahrzehnte hier leben und vollständig integriert sind, keine Chance geben.

Wollschlaeger macht deutlich, dass der Druck der Politik auf die einzelnen Landkreise enorm sei. "Die dortigen Mitarbeiter müssen ihre Vorgehensweisen genauestens rechtfertigen", weiß der Anwalt. Außerdem betont er, dass die Unmik (United Nations Mission in Kosovo) entscheidet, ob abgeschobene Menschen überhaupt wieder im ehemaligen Jugoslawien aufgenommen werden. Bei der Unmik handelt es sich um eine innerstaatliche Macht, die genauesten prüft, ob die alte Wohnung der ehemaligen Bürger noch existiert oder auch, ob die potenziellen Rückkehrer gesund sind. Das dortige Gesundheitswesen soll nicht noch zusätzlich belastet werden. Die Unmik arbeitet eng mit der Bundesrepublik zusammen. "Eine Abschiebung kann nur mit dem Einverständnis dieser Verwaltung im Kosovo erfolgen", so Rechtsanwalt Wollschlaeger.

Über 600 Unterschriften haben die Familie und auch Elfi Sauerland (Bodenwerder) als engagierte Nachbarin jetzt gesammelt. Vorwiegend haben sich Jugendliche und Lehrer der Berufsbildenden Schule (BBS) in Holzminden - dort gehen beide Töchter zur Schule - in die Listen eingetragen. Schulpastor Herbert Follrichs bestätigt den jungen Mädchen, dass sie fließend deutsch sprechen und sich um einen erfolgreichen Abschluss bemühen. "Die jungen Frauen gewinnen rasch Sympathien durch ihre höfliche und zurückhaltende Art", so der Pastor. Er, wie auch Pastor Günter Klein in Bodenwerder unterstützen nachdrücklich das Anliegen von Feranda und Saranda, dauerhaft mit ihrer Familie in Deutschland bleiben zu können. Auch der zehnjährige Edmond und sein Bruder Ferdin (15) sprechen deutsch, können kaum albanisch. Ferdin ist bereits an der Eugen-Reintjes-Schule in Hameln angenommen worden und hat - nach einem Jahr Holztechnik - schon einen Ausbildungsplatz als Tischler in Aussicht. Mit Hilfe von Elfi Sauerland will die Familie Shurdani jetzt einen Härtefallantrag an den Petitionsausschuss des Niedersächsischen Landtages stellen und hofft inständig, dass sie in ihrer neuen Heimat bleiben und arbeiten dürfen.


redaktion@dewezet.de

zurück