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Lippische Landes-Zeitung , 09.02.2008 :

Mitläufertum / Zur Otto-Künne-Kontroverse (VIII)

Am selben Tag, an dem ich mit einer gewissen Beklemmung und auch großem Erschrecken einige Leserbriefe zum Thema Otto Künne in der LZ gelesen habe, erschien in einer großen, überregionalen deutschen Tageszeitung ein Interview mit dem jahrzehntelangen Lenker des Krupp-Konzerns, Berthold Beitz. Während des Krieges bewahrte Berthold Beitz als kaufmännischer Leiter einer Erdölfirma in Polen Hunderte Juden vor dem Tod im Vernichtungslager.

Zwei Aussagen sind es, die mir wieder einmal bewusst machen, warum ein Drittes Reich geschehen konnte. Dr. Carl-Heinz Hoepke schreibt in seinem Leserbrief: " ... dass man damals einfach mit den Wölfen heulen musste, um zu überleben ... " Dann lese ich bei Berthold Beitz auf die Frage, warum er sich, bei aller Angst, damals so verhalten habe: "Ich durfte über die Angst nicht nachdenken, in einer Zeit, in der sich alle Beteiligten so verhielten, als sei es völlig normal, am hellichten Tag eine Jüdin zu erschießen, während ihr Kind neben ihr stand."

Es muss erlaubt sein, auch für jemanden, der die damalige Zeit nicht miterlebt hat, eine kritische und distanzierte Position einzunehmen. Um dies zu tun, bleiben uns "Nachgeborenen" nur das möglichst objektive Studium der Geschichtsforschung und die Aussagen der noch wenigen Überlebenden. In einer Zeit, in der die Anzahl von positiven Vorbildern für unsere Jugend erschreckend abnimmt, kann man nicht oft genug Menschen wie Otto Künne und Berthold Beitz gegenüberstellen, um anhand solcher Beispiele, ein weiteres Mitläufertum und damit einen nochmaligen Genozid zu verhindern.

Hans H. Krückemeier
Unter den Buchen 14
Bad Salzuflen

09./10.02.2008
detmold@lz-online.de

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