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Antifa-West , 03.08.2003 :

Erfolg für "Courage gegen Rechts" / Neonazitreffpunkt wird geschlossen

Die Gaststätte "Postmeister" am Bielefelder Kesselbrink wird geschlossen. Das meldete die Neue Westfälische am 01.08.2003. Ein großer Erfolg für die Kampagne "Courage gegen Rechts". Seit Anfang des Jahres führte das Bündnis Aktionen und Demonstrationen gegen den Neonazitreffpunkt durch.

Die TeilnehmerInnen der Demonstration am letzten Dienstag konnten bereits einen Teilerfolg feiern. Die Dortmunder Actienbrauerei als Verpächterin des Lokals hatte ihre Werbeschilder abmontiert und während der Veranstaltung des AStA der Universität Bielefeld war die Gaststätte geschlossen. Dass auch der Vertrag am Dienstagabend gekündigt wurde, ließ sich an diesem Tag noch nicht bestätigen.

Seit Anfang des Jahres führt "Courage gegen Rechts" eine Kampagne gegen den Neonazitreffpunkt durch. Anlass für die Initiative war ein schwerer rassistischer Überfall vor dem Lokal auf einen Zuwanderer am 05.11.2002. Seitdem fanden zahlreiche Demonstrationen und Aktionen vor dem Lokal statt. Seit etwa zweieinhalb Jahren treffen sich dort wöchentlich am Dienstag zwischen 20 und 40 Neonazis. Der Treffpunkt dient dem Informationsaustausch und der Rekrutierung von Jugendlichen. Die NPD sprach im Zusammenhang mit dem Lokal bereits von "nationaler Jugendarbeit". Leitfiguren der Neonaziszene wie der Bielefelder Kameradschaftsführer Bernd Stehmann oder der stadtbekannte Neonazi Meinhard Otto Elbing gingen in der Kneipe ein und aus.

Ziel der Kampagne von "Courage gegen Rechts" war die Aufklärung der Bielefelder Öffentlichkeit und die Schließung des Neonazitreffpunkts. Zugleich sollte dem dumpfen Rassismus und Nationalismus der Neonazis eine vielfältige Kultur entgegengesetzt werden. Dem dienten die kulturellen Schwerpunkte der Aktionen. Zahlreiche Bielefelder Initiativen und KünstlerInnen gestalteten die Demonstrationen und beteiligten sich mit eigenen Beiträgen an der Kampagne. Dazu gehörten ein Open-air-Diavortrag, radical Cheerleading, HipHop-Konzerte und klassische Musikvorträge der Gruppe "Lebenslaute". Das Bündnis machte eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit und startete eine Postkartenaktion an die Dortmunder Actienbrauerei, in der die Verpächterin informiert und gebeten wurde, die Verträge zu überdenken. Darüber hinaus fanden auch direkte Besuche in dem Lokal statt.

Dass die Kampagne nun Erfolg zeigt, sorgt für eine gehobene Stimmung bei "Courage gegen Rechts". "Die Brauerei setzt ein gutes Zeichen und geht auf Distanz zu den Neonazis", erklärte ein Sprecher. Die Initiativen und Organisationen des Bündnisses wollten jedoch auch nach einer Schließung des "Postmeister" wachsam bleiben. Zwar konnte die Organisierung der Neonazis empfindlich gestört werden, das Problem des Neonazismus besteht jedoch weiter. "Wir werden nicht tatenlos zusehen, wenn Neonazis in der Öffentlichkeit ihre Ideologie verbreiten, Jugendliche anwerben und Menschen überfallen, die nicht in ihr Weltbild passen." Kontinuierliches antifaschistisches Engagement wird auch in Zukunft notwendig sein. In der Region existieren nach wie vor etliche neonazistische Gruppen, Häuser, Zeitschriften, Versandgeschäfte oder Musikgruppen.

Themen auf den Demonstrationen waren auch die politischen Ursachen einer erstarkten extremen Rechten. Zahlreiche RednerInnen wiesen auf Zusammenhänge mit einem zunehmenden Rechtsruck, Diskriminierungen von Minderheiten, einer inhumanen Flüchtlingspolitik und den sogenannten Stammtischparolen in der Mitte der Gesellschaft hin. Extrem Rechte fühlen sich durch diese Entwicklungen bestätigt. Sie geben ihnen die Anknüpfungspunkte für neonazistische Propaganda und erleichtern ihnen ein Selbstverständnis als militante Speerspitze rassistischer Stammtische. Die ehemalige Bielefelder Bundestagsabgeordnete Annelie Buntenbach rief darum bei einer Demonstration am 13.05.2003 dazu auf, für ein solidarisches und emanzipatives Gesellschaftsmodell zu streiten. "Antifaschismus war für mich darum immer mehr, als nur gegen Neonazis zu sein. Es schließt den Kampf für eine Gesellschaft ein, in der Neonazis und extreme Rechte keine Chance haben, in der ihnen die Ansatzpunkte für Propaganda und Gewalt genommen werden."


antifa-west@nadir.org

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