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Der Patriot - Lippstädter Zeitung , 13.10.2011 :

Über Jahrzehnte Akzente gesetzt / Klaus Petri im Alter von 78 Jahren gestorben

Lippstadt. Im Alter von 78 Jahren verstarb am Dienstag mit Klaus Petri ein Mann, der im öffentlichen Leben der Stadt über Jahrzehnte hinweg Akzente gesetzt hat.

Die Jurisprudenz, die Kommunalpolitik und der Sport, das waren seine Wirkungsbereiche. Über viele Jahrzehnte hat er sich - nicht immer unumstritten - ins öffentliche Leben eingebracht. Über 40 Jahre Anwalt in Lippstadt, fast ebenso lange im Vorstand der heimischen CDU; und bereits 1952 war er als "Teutone" in Amt und Würden.

Klaus Petri stammte gebürtig aus Bochum. Sein Vater war Oberbürgermeister in Wattenscheid - was seine Nähe zur Kommunalpolitik und zu Schalke 04 erklärt, wie er selber sagte. 1944 kam Klaus Petri nach Lippstadt. Sein Vater war im Krieg gefallen.

Nach dem Abitur am Ostendorf-Gymnasium studierte er in Bonn und Marburg Jura, daneben Geschichte, Biologie und Sport. 1962 ließ er sich als Rechtsanwalt in Lippstadt nieder, 1969 kam das Notariat hinzu. Berufsspezifisch war auch seine Mitarbeit in der deutschen Gesellschaft für Erbrechtskunde.

Seine Laufbahn als CDU-Politiker begann 1963 mit dem Eintritt in die Partei. 1964 wurde er Vorstandsmitglied. Von 1969 bis 1978 war er außerdem Mitglied des Stadtrates. Seit 1994 war Klaus Petri engagierter (und streitbarer) Vorsitzender der Mittelstandsvereinigung. Darüber hinaus gehörte er dem Aufsichtsrat der Stadtwerke an.

Ende der 90er Jahre wechselte Klaus Petri die politischen Farben. 1999 verließ er die Kommandobrücke der Mittelstandsvereinigung, ein Jahr später trat der CDU-Funktionär nach fast 40-jähriger Mitarbeit aus der CDU aus, legte den Ehrenvorsitz in der Lippstädter Mittelstandsvereinigung der CDHU nieder und heuerte zum Entsetzen vieler Weggefährten bei den Republikanern und später bei der NPD an, was ihn nicht nur im politischen Leben Lippstadts zunehmend isolierte.

Bei Teutonia war er auch aktiver Fußballer. 1949 trat er dem Verein bei, seit 1952 gehörte er dem Jugendvorstand an. 1963/64 war Klaus Petri Teutonen-Vorsitzender; ein Amt, das er 1997 erneut übernahm. Dem FC Schalke 04 stand "der Lange", wie sie ihn in Sportlerkreisen wegen seiner Körpergröße gern nannten, nicht nur als Fan zur Seite. Einige Jahre arbeitete Petri dort auch im Satzungs- und im Wahlausschuss mit.

Nach 47 Jahren ehrenamtlicher Vorstandsarbeit übergab Teutonen-Vorsitzender Klaus Petri im April diesen Jahres das Steuer in neue Hände. Zugleich wurde er bei der Verabschiedung einstimmig zum Ehrenvorsitzenden ernannt.

Klaus Petri war verheiratet und hat drei Töchter. Eine Trauerfeier findet am Dienstag, 18. Oktober, um 14 Uhr in der Stiftskirche Cappel statt. Anschließend wird er auf dem Lippstädter Friedhof zu Grab getragen.

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Junge Linke Lippstadt, 13.07.2008:

Diskussion um den 1. Vorsitzenden von Teutonia Lippstadt / Warum es keine Toleranz für Klaus Petri geben kann

Wie die Lippstädter Grünen (1) und Die Linke (2) richtig skandalisierten, ist mit Klaus Petri ein Kandidat der neonazistischen NPD von 2005 Vorsitzender des Sportvereins Teutonia Lippstadt. Beide Parteien ziehen daraus den Schluss, dass Petri nicht tragbar sei. Anstatt sich mit den dargelegten Sachverhalten auseinanderzusetzen, reagieren die Angesprochenen aber lieber trotzig und beleidigt. (3) Sport und Politik müsse man deutlich trennen, das Vorgehen sei "unsportlich" und außerdem handle es sich nur um die "früheren politischen Ambitionen". Aktualität und somit Handlungsbedarf sei also nicht gegeben. Deshalb seien die Vorstöße gegen Petri auch "anmaßend" und Konsequenzen sind nicht nur nicht zu befürchten, sondern werden apriorisch ausgeschlossen: Man werde sich "auf gar keinen Fall nach dieser Grünen-Attacke von ihm trennen". Ob dies der DFB, der zumindest versucht vielseitiges öffentlichkeitswirksames Engagement gegen Rassismus zu unterstützen, auch so sieht, wird sich noch zeigen müssen.

Der Vorwurf, unzulässig Politik und Sport zu vermischen, muss zwangsläufig ins Leere laufen und kann nichts als eine schlechte Ausrede der eigenen Ignoranz sein. Was die individuellen Meinungen Einzelner anbelangt, ist selbstverständlich weitgehender Pluralismus wünschenswert, der immer für das bessere Argument offen ist. Dieser Pluralismus wird jedoch zur Beliebigkeit, wenn er meint die Existenz von rückschrittlichen und menschenverachtenden Weltanschauungen, die die Bedingungen dieses Pluralismus selbst untergraben, damit vereinbaren zu können. Genau in diese Lücke greifen Neonazis und andere Rechtsextreme, die immer wieder ihre Hetze durch "Demokratie" und "Meinungsfreiheit" (die man anderen natürlich liebend gerne beschneiden möchte) gedeckt sehen möchten.

Folglich sieht man sich selbst immer als "Opfer". Die verfolgende "Unschuld" also.
Wer eine Konsequenz aus dem historischen Nationalsozialismus ziehen möchte, der muss - frei nach Adorno - das Denken und Handeln so einrichten, dass die Option seiner Wiederholung gebannt werden kann. Dies heißt praktisch, dass auch heute entschieden mit allen Mitteln gegen dessen Wiedergänger, also Neonazis, Rassisten und Antisemiten, vorgegangen werden muss.

Jemandem, der für eine Nazipartei - wie es die NPD zweifelsohne ist - kandidiert, gilt es jegliche Freundschaft und Verbundenheit aufzukündigen. Soweit kann und darf Sport und Politik nicht getrennt werden, als dass es einem vollkommen egal ist, mit wem man es zu tun hat. Die neuen Nazis versuchen selbstverständlich eine möglichst breite Akzeptanz in der Gesellschaft zu erhalten. Teil der Taktik ist es dabei, Grenzen zwischen dem politischen und dem sonstigen Tun schwimmend zu halten. Nur so können auch Außenstehende und (noch nicht gefestigte) Andersdenkende an die menschenverachtende Weltanschauung langsam herangeführt werden und dabei zunächst noch über "Unpolitisches" gebunden werden. Nicht anders funktioniert das Vorgehen der jüngeren Naziszene, für die neben der konkret politischen Ausrichtung eine Eventkultur und ein eigener Lifestyle wichtigstes Bindeglied sind.

Wissentliche Zusammenarbeit mit Nazis und Rechtsextremen - auch wenn sie in "unpolitischer" Mission unterwegs sind - kann deshalb nie etwas anderes sein als Kumpanei und Komplizenschaft. Wenn dem Bürgermeister und einzelnen Vereinsmitgliedern die Haltung Petris nicht bekannt war, ist es diesen sicherlich nicht zum Vorwurf zu machen. Doch um so dringender war der Vorstoß der Lippstädter Grünen. Nun, da jeder bescheid weiß, ist es allen möglich ihre eigenen Konsequenzen zu ziehen. Wenn dies jedoch bei einigen Leserbriefschreiberlingen dazu führt, sich auf die Seite Petris zu schlagen, zeigt dies, dass das Problem nicht alleine bei diesem zu suchen ist. Wem es egal ist, ob der eigene Nachbar, der Vereinsvorsteher oder sonst jemand "in seiner Freizeit" an einem 4. Reich bastelt, also Verbrechen und Barbarei zur Staatsdoktrin erheben möchte, hat sich längst schon mit der Existenz von Rechtsextremismus und Neonazismus abgefunden.

Und es waren nicht bloß NSDAPler, die den Nationalsozialismus an die Macht gebracht haben, sondern auch jene die das Problem kleinredeten ...

Auch der apologetische Versuch zu betonen, das rechtsextreme Engagement Petris gehöre der Vergangenheit an, ist blauäugig! Eine derartige Darstellung beinhaltet die Unterstellung, es sei ein einmaliger Ausrutscher gewesen. Nicht nur, dass man nicht so ohne weiteres NPD-Bundestagskandidat wird ... Auch ein Blick in die politische Karriere Petris lohnt sich. So zitierte Der Spiegel (34/1957) bereits Petri als jungen Erwachsenen im Jahr 1957 mit einer Aussage über die Konzentrationslager, die "als politische Maßnahme am Platze" gewesen seien: "Ich akzeptiere die nationalsozialistischen Maßnahmen, weil sie dem heißen Wunsch der damaligen Führung entsprangen, des deutschen Volkes Einigkeit und Recht und Freiheit zurückzugewinnen. Diesem großen Ziel mußte die persönliche individuelle Freiheit einiger weniger untergeordnet werden, denen man dadurch die Möglichkeit nahm, in Versammlungen oder Journaille für ihre ... dem Nationalsozialismus feindlichen Ziele zu werben." (4)

Möge der eine oder andere an dieser Stelle noch an das Wort "Jugendsünde" denken, so bleibt auf den weiteren Werdegang Petris hinzuweisen. Nach zwischenzeitlicher Mitgliedschaft in der CDU, kam er im Jahr 2000 zu den rechtsextremen Republikanern (REP) und spielte dort regional und überregional eine große Rolle. Außerdem wird er nach Informationen der antifaschistischen Zeitschrift Lotta vom so genannten "Deutschen Rechtsschutzkreis" (DRsK) als "empfehlenswerter Rechtsanwalt" geführt. "Der DRsK berät und unterstützt Aktivisten der extremen Rechten, wenn diese in juristische Nöte geraten, also beispielweise wegen einschlägiger Delikte angeklagt werden" (5) - also z.B. bei Körperverletzung, Mord, Totschlag oder Holocaustleugnung. Ebenso gehört Petri dem so genannten "Akademiekreis" an. Nach öffentlichen Protesten wurde eine geplante Veranstaltung in den Dortmunder Westfalenhallen des als extrem rechts einzustufenden Vereins vom Vermieter abgesagt (6), weitere Veranstaltungen - darunter auch nach eigenen Angaben ein "Treffen einiger Kuratoriumsmitglieder in Lippstadt" - wurden mehr oder weniger konspirativ organisiert. (7) Spätestens mit der Kandidatur für die NPD ist Petri wieder dort angekommen, wo er im Jahr 1957 begonnen hat und ihn die Wochenzeitung Die Zeit als "Nazistudenten" bezeichnete. (8) Nur ein Student ist Petri mittlerweile nicht mehr ...

Festzuhalten bleibt, dass Klaus Petri auf eine lange Karriere zurückblicken kann - und dies in zweierlei Hinsicht: Auf der einen Seite in der extremen Rechten, auf der anderen Seite in der Stadt Lippstadt, wo er hohes Ansehen genießt. Dies erscheint als verwunderlich, war doch seine grobe politische Einstellung spätestens seit seiner Republikaner-Zeit kein Geheimnis. Sich von ihm zu distanzieren und jegliche Kooperation aufzukündigen wäre dringend geboten. Es ist nicht hinnehmbar, dass NPD-Kandidaten von einer Stadt nicht nur toleriert, sondern auch noch hofiert werden! Für uns ist nicht die Frage, ob wir sonderlich "sportlich" vorgehen. Für uns zählt nur wie Rechtsextremismus und dessen Akteure wirksam bekämpft werden können. Solange Teutonia dazu unfähig und Klaus Petri dort weiterhin willkommen ist, verweilen wir ganz "unsportlich" und ohne Glückwünsche zum 100sten Jubiläum.

Wer für eine Nazi-Partei kandidiert, ist als Nazi zu behandeln. Wer die Demokratie abschaffen will (und nichts anderes propagiert die NPD!), darf nicht mit Samthandschuhen angefasst werden - ihm muss Widerstand entgegen gesetzt werden!

Dumm beraten ist nur, wer vorgibt die Demokratie zu verteidigen und sich gleichzeitig einen Nazi an die Spitze seines Vereins wählt oder diesen gutheißt.

Fußnoten:

(1) Bündnis 90/ Die Grünen, Pressemitteilung, 16.06.2008: 100 Jahre Fußball in Lippstadt - Teutonia 08 - Brauner Fleck auf weißem Trikot? Online unter: http://www.gruene-lippstadt.de (Recherche: 26.06.2008)

(2) Die Linke. Basisgruppe Lippstadt, Pressemitteilung, 23.06.2008: Fußball, Völkerverständigung und Konzentrationslager.

(3) Leserbrief: "Anmaßung und schlechter Stil", Der Patriot, 26.06.2008.

(4) Der Spiegel, 34/1957 vom 21.08.1957, Seite 29. Online unter:
http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?id=41758330&top=SPIEGEL (Recherche: 26.06.2008); siehe auch: Die Linke. Basisgruppe Lippstadt, a.a.O.

(5) Lotta-Redaktion, Pressemitteilung, 07.06.2005: Vortragsveranstaltung der extremen Rechten in den Dortmunder Westfalenhallen.

(6) Lotta-Redaktion, a.a.O.

(7) www.akademiekreis.de (Recherche: 26.06.2008). Oft wurden hier Städte und Daten angegeben, die genauen Tagungsorte und -zeiten aber nicht bekannt gegeben.

(8) www.zeit.de/1955/49/Ein-Nazi-Student


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