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Deister- und Weserzeitung , 18.03.2016 :

"Sie wussten, was Sie taten" / Lange Haftstrafen im Prozess um Brandanschlag von Salzhemmendorf

Von Ulrich Behmann

Hannover / Salzhemmendorf. Der Vorsitzende Richter des Schwurgerichts in Hannover sprach klare Worte. An die drei Angeklagten gerichtet, die am 28. August 2015 den Brandanschlag auf ein von 31 Asylbewerbern und neun Deutschen bewohntes Haus in Salzhemmendorf verübt haben, sagte Wolfgang Rosenbusch: "Durch das, was Sie in dieser Nacht getan haben, unterscheidet Sie nichts von marodierenden SA-Trupps, die am 9. November 1938 jüdische Geschäfte und Synagogen angezündet haben. Es unterscheidet Sie nichts von Ku-Klux-Klan-Mitgliedern, die Menschen aufgehängt haben, weil deren Hautfarbe schwarz ist, und auch nichts von den IS-Terroristen, die in Paris Menschen getötet haben, nur, weil sie anders sind und anders denken." Die Urteile fielen entsprechend streng aus. Dennis L. (31) aus Lauenstein, der gestanden hat, den Brandsatz geworfen zu haben, muss acht Jahre, Sascha D. (25) aus Salzhemmendorf, der geholfen hat, den Molotow-Cocktail zu bauen, sieben Jahre und Saskia B. (24) aus Springe viereinhalb Jahre ins Gefängnis. Verurteilt wurden sie wegen gemeinschaftlichen versuchten Mordes in vier Fällen in Tateinheit mit versuchter schwerer Brandstiftung. Saskia B. hatte die Männer zum Tatort chauffiert.

Der alkoholkranke Sascha D. wird zunächst anderthalb Jahre Haft im Gefängnis verbüßen, danach in eine Entziehungsanstalt verlegt. Er hat die Chance, nach dreieinhalb Jahren entlassen zu werden, wenn er in der Therapie mitarbeitet. Die Angeklagten nahmen die Urteile mit versteinerter Miene und hängenden Köpfen entgegen. Saskia B. rollten Tränen über die Wangen. Die Staatsanwaltschaft hatte für sie vier Jahre und zwei Monate wegen Beihilfe zum versuchten Mord beantragt, die zweifache Mutter auf eine Bewährungsstrafe gehofft. Rosenbusch erklärte, die Kammer sehe sie als Mittäterin. "Sie haben sich das zwar nicht ausgedacht, aber Sie hätten es stoppen können. Wenn Sie die Männer nicht gefahren hätten, wäre wahrscheinlich nichts passiert."

Das Schwurgericht ist davon überzeugt, dass auch Saskia B. aus fremdenfeindlichen Motiven gehandelt hat. Rosenbusch attestierte ihr "Rassismus und Ausländerhass". Sie habe damit kokettiert, ihrem zweijährigen Sohn "Sieg heil!" beigebracht zu haben. "Das zeigt, wes Geistes Kind Sie sind", sagte der Richter. Die 13. Große Strafkammer bescheinigte Dennis L. und Sascha D. "ein eindeutiges Bekenntnis zum nationalsozialistischen Rassenwahn". Es gebe keinen Zweifel, dass die Angeklagten "den Tod von Hausbewohnern billigend in Kauf genommen haben". Die Behauptung von Saskia B., sie habe nicht gewusst, was ein Molotow-Cocktail ist, ließ das Gericht nicht gelten. "Wer beim Bau eines solchen Brandsatzes dabei ist, weiß natürlich, was passiert, wenn man ihn anzündet und in ein Haus wirft", sagte Rosenbusch und fügte hinzu: "Frau B., Sie haben Realschulabschluss. Sie sind nicht doof."

Alle drei Angeklagten waren nach Überzeugung der Richter und Schöffen "nicht erheblich vermindert steuerungsfähig". Alkohol sei zwar im Spiel gewesen, es komme jedoch auf die Frage an: "Wie waren die Täter drauf?" Das Nachtat-Verhalten belege, dass die Attentäter "alle Tassen im Schrank hatten", sagte Rosenbusch. "Sie wussten, was Sie taten."

Mehr als 100 Journalisten und Bürger, darunter Clemens Pommerening, der Bürgermeister von Salzhemmendorf, verfolgten die Urteilsbegründung.

Bildunterschrift: Die Angeklagten erhielten wegen versuchten Mordes Haftstrafen von viereinhalb bis acht Jahren.


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