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Zeitung für Gütersloh, Rheda-Wiedenbrück, Rietberg und Harsewinkel / Westfalen-Blatt , 30.04.2015 :

Florin soll Geibel ersetzen / Johanneswerk möchte sein Seniorenzentrum an der Berliner Straße umbenennen

Von Stephan Rechlin

Gütersloh (WB). Den sonst so aufmerksamen antifaschistischen Wächtern in Gütersloh ist entgangen, dass eines der größten Seniorenheime der Stadt den Namen eines hohen nationalsozialistischen Funktionärs trägt.

Denn Hermann Geibel (1882 bis 1963) war nicht nur Amtsgerichtsrat, sondern auch Vorsitzender des Erbgesundheitsgerichtes. In dieser Funktion hatte er das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses durchzusetzen.

Einer Arbeitsgruppe im Evangelischen Johanneswerk, dem Träger des Seniorenheimes, ist das bei einer generellen Prüfung aufgefallen. Die Namen sämtlicher Einrichtungen des Johanneswerkes werden gegenwärtig danach befragt, ob sie Kirche und Diakonie nahe stehen und idealerweise auch noch weiblich sind und einen lokalen Bezug haben. Diese Prüfung und ein in Gütersloh geplanter Neubau liefern Bärbel Thau (Stabsabteilung Archiv und Geschichtsschreibung) und Regionalgeschäftsführer Volker Krol den Anlass, das Hermann-Geibel-Haus jetzt umzubenennen.

Als neuen Namensgeber haben sie den Gütersloher Schulpfarrer Wilhelm Florin (1894 bis 1944) entdeckt, ein erklärter Gegner des NS-Regimes. Nach ihm soll künftig nicht nur das Wilhelm-Florin-Zentrum mit Seniorenheim und Altenwohnungen benannt werden; auch der dort verlaufende Hermann-Geibel-Weg und die "Hermann-Geibel"-Bushaltestelle direkt vor dem Haupteingang sollen künftig diesen Namen tragen. Die Anträge sind gestellt. Briefköpfe, Schriftzüge am Haus und auf den Dienstwagen des ambulanten Dienstes werden aber erst geändert, wenn die Gütersloher Ratsgremien zugestimmt haben.

Zum Jahresende soll darüber hinaus der Antrag zum Neubau von 35 Seniorenwohnungen an der Kaiserstraße gestellt werden. Der Rietberger Bauunternehmer Heinz Krähenhorst wird rund sechs Millionen Euro in zwei dreigeschossige Baukörper samt Tiefgarage (30 Plätze) investieren. Die Bewohner dort werden über eine Sonnenterrasse und einen Laubengang an das Hermann-Geibel-, ach nein, an das künftige Wilhelm-Florin-Zentrum angebunden.

Zur Person

Bevor der 1894 in Berleburg geborene Wilhelm Florin (Foto) nach Gütersloh kam, hatte er Theologie studiert, wurde Hilfsprediger in Bochum und Münster und Gemeindepfarrer in Schwerte. Als Leiter des Vereins christlicher junger Männer und eines Bibelkreises für Gymnasiasten arbeitete er stets mit jungen Menschen. Diese Leidenschaft ließ ihn 1929 einem Ruf an das Evangelisch-Stiftische Gymnasium folgen, das einen neuen Schulpfarrer suchte. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten und der daraufhin einsetzenden Gleichschaltung setzte sich Florin für den Erhalt der evangelische Ausrichtung des Gymnasiums ein.

Bildunterschrift: Bärbel Thau, Volker Krol, Martina Brune (ambulante Dienste) und Seniorenheim-Leiterin Christina Bartelheimer-Pätzold (von links) streben die Umbenennung des Hermann-Geibel-Hauses in Wilhelm-Florin-Zentrum an.

Bildunterschrift: An die Stelle der maroden Villa an der Kaiserstraße sollen zwei Baukörper mit 35 Seniorenwohnungen rücken.


guetersloh@westfalen-blatt.de

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