www.hiergeblieben.de

Zeitung für Halle, Borgholzhausen und Versmold / Westfalen-Blatt , 26.11.2014 :

Gedenken am Grab von Peter Korschak / Dr. Ute Müller hat eine Platte gestiftet für das Kindergrab - Schüler verlesen Gedicht gegen das Vergessen

Halle (WB). "Ich soll nicht morden / ich soll nicht verraten / Das weiß ich / Ich muss noch etwas Wichtiges lernen: / Ich soll nicht vergessen ... Wenn ich auch nur den Anfang vergesse / gewöhne ich mich an das Ende." Mit diesen Zeilen von Erich Fried haben Schüler der Klasse 7a der Haller Peter-Korschak-Hauptschule am Ewigkeitssonntag des Namensgebers ihrer Schule gedacht. Peter Korschak - auch dieser Name ist nun auf einer Platte auf dem Friedhof zu lesen.

Grabplatte und Gedenkfeier sind Aktionen gegen das Vergessen. Gestiftet hat den Stein Dr. Ute Müller. Gemeinsam mit den Schülern und Lehrern, mit Pastor Nicolai Hamilton und Pfarrer Josef Dieste hat die Haller CDU-Politikerin an der Gedenkfeier für Peter Korschak teilgenommen.

Peter Korschak wurde am 11. August 1944 in Künsebeck geboren - als Kind von Zwangsarbeitern. Zur Erinnerung: In Halle sind während des Zweiten Weltkrieges mehr als 2.500 Zwangsarbeiter untergebracht. Insgesamt 17 Lager gibt es im Stadtgebiet, acht Fremdarbeiter-, acht Kriegsgefangenen- und ein Strafgefangenenlager. Eines davon ist das Waldlager in Künsebeck, in dem unter unmenschlichen Bedingungen viele Menschen leben. 900 von ihnen arbeiten für die Firma Dürkopp, die dort 1942 eine Waffenfabrik errichtet.

In den ungeheizten Baracken leben 221 Kinder. Im Winter 1944 / 45, also kaum ein halbes Jahr alt, erkrankt Peter Korschak an einer Lungenentzündung und stirbt, ebenso wie 40 andere Säuglinge und Kleinkinder.

Schulleiter Matthias Geukes: "Wenn man vor diesem Gräberfeld mit seinen knapp 40 Gräbern steht und sich bewusst macht, dass diese Gräber Säuglingen, Kleinkindern und Kindern gehören, wird die entsetzliche Grausamkeit dieser Zeit besonders deutlich. Ohnmacht und Fassungslosigkeit machen sich in einem breit. 36 Gräber der verstorbenen Kinder aus den Lagern in Halle haben bereits Grabplatten. Deswegen sind wir als Peter-Korschak-Schule besonders dankbar, dass Peter Korschak heute eine Grabplatte erhält. Es ist ein wichtiger Schritt, dass das Schicksal von Peter Korschak stellvertretend für die Tausenden anderen Schicksale nicht in Vergessenheit gerät. Weiteren sieben Gräbern fehlt weiterhin leider eine Gedenktafel.2

Schüler der Peter-Korschak-Schule werden weiterhin für die Pflege der Grabplatten sorgen. Für den Holocaust-Gedenktag am 27. Januar sind weitere Aktionen "Gegen das Vergessen" geplant.

Bildunterschrift: Eine Grabplatte erinnert jetzt an Peter Korschak.

Bildunterschrift: Gedenkfeier auf dem Friedhof (von links): Schulleiter Matthias Geukes, Pastor Nicolai Hamilton, Pfarrer Josef Dieste, Liborius Rzeha, Dr. Ute Müller, Ex-Schulleiterin Renate Broihan, Frauke Keßner, Eva Eggert, Schüler der Klasse 7a. Im Hintergrund rechts Klassenlehrerin Doris Habermann.

_______________________________________________


Haller Zeitung / Westfalen-Blatt, 12./13.09.2009:

Kinderköpfe richten Blick aufs Waldlager / Peter-Korschak-Schule feiert offizielle Namensgebung

Halle (jap). Drei Silhouetten in Form eines Kinderkopfes zieren seit diesem Freitag den Schulhof der Peter-Korschak-Schule. Das Denkmal wurde im feierlichen Rahmen des Namensgebungsfestes enthüllt.

Auf Sockeln aus Stein befestigt blicken die drei Skulpturen in die Richtung des ehemaligen Arbeitslagers in Künsebeck. Dort wurde der russische Junge Peter Korschak geboren, nach dem die Hauptschule benannt ist. Das Kind von zwei Zwangsarbeitern kam mit sechs Monaten durch eine Lungenentzündung im Waldlager Künsebeck ums Leben.

Das Denkmal auf dem Schulhof steht stellvertretend für die Schicksale der Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen, die den Nationalsozialismus nicht überlebten. "Wir wollen die Opfer nicht vergessen", sagte Schulleiterin Renate Broihan.

Vier Schüler formten gemeinsam mit dem Metallgestalter Christoph Kasper Drahtmodelle, die als Vorbild für die Originale dienten, die der Metallgestalter angefertigt hat.

Der Enthüllung ging ein Schattenspiel der Schüler der Klassen 10 a und 10 b voran. Die Schüler erklärten, warum am geschichtsträchtigen 11. September das Namensgebungsfest stattfindet: An diesem Tag stürzte 2001 das World Trade Centre durch Terroranschläge ein, Ungarn öffnete 1989 seine Westgrenzen und damit den eisernen Vorhang, und 1944 wurde in der Brandnacht von Darmstadt die Stadt weitgehend durch gezieltes Bombardement der britischen Royal Air Force zerstört.

Das Schattenspiel, das von Martin Boes geschrieben und inszeniert wurde, thematisierte das Leben des Peter Korschak, so wie es hätte verlaufen können. Seine Mutter erzählt, wie die Umstände im Zwangslager zum Tod ihres Kindes führten. Die Figur des Bösen erklärte, das sie für den frühen Tod des Peter Korschak verantwortlich sei. Eingerahmt wurde das Schauspiel musikalisch von zahlreichen Instrumenten, die die Dramatik des Stücks unterstrichen. Zurück blieb ein bewegender Eindruck über das kurze Leben des Kindes.

Bürgermeisterin Anne Rodenbrock-Wesselmann lobte die authentische Auseinandersetzung mit solch einem schweren Thema und sagte, dass sie es unterstütze, dass der unbekannte Peter Korschak als Namensgeber ausgewählt wurde.


halle@westfalen-blatt.de

zurück