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Radio Lippe , 13.08.2014 :

Protest in Lage

Flüchtlinge in Lage rufen für Donnerstag zu einer Kundgebung auf. Unter dem Motto "Gegen den rassistischen Normalzustand in Lage" wollen Mitglieder des Aktionsbündnisses "move and resist" protestieren. Die Liste der Vorwürfe gegen die Stadt Lage ist lang. So seien beispielsweise die Unterkünfte in einem desaströsen Zustand. Die Stadt wehrt sich gegen diese Vorwürfe. Durch den Titel der geplanten Kundgebung werde der Eindruck erweckt, dass es in Lage und insbesondere in der Verwaltung der Stadt Lage rassistische Tendenzen gibt. Diesem Vorwurf wird entschieden entgegengetreten, heißt es in einer Mitteilung der Stadt. Die Sanitäranlagen seien außerdem saniert worden. Die Kundgebung soll um 14 Uhr vor dem Lagenser Sozialamt beginnen.

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Aktionsplena move and resist Bielefeld und Fluchtpunkt Detmold, 11.08.2014:

Kundgebung: Gegen den rassistischen Normalzustand in Lage! / Donnerstag, 14. August 2014, 14.00 Uhr vor dem Sozialamt in Lage, Bergstraße 6

Seit einiger Zeit wehren sich geflüchtete Menschen in Lage gegen die dortigen Zustände. Nach mehreren gescheiterten Gesprächsversuchen mit den Verantwortlichen beim Sozialamt, soll der Protest nun auf die Straße getragen werden.

Die Liste der Missstände in Lage ist lang und stellt ein Panorama staatlicher und institutioneller Repressionsmöglichkeiten gegen geflüchtete Menschen in Deutschland dar:

Unterbringung

Die Unterkunft in Lage ist seit langem in einem eigentlich nicht bewohnbaren Zustand: Kabel hängen lose von der Decke, Küchengeräte, wie Herd und Ofen sind in einem derart desaströsen Zustand, dass sie eine Gefährdung für die BewohnerInnen, insbesondere für die Kinder darstellen. Ebenso sind die wenigen sanitären Einrichtungen in einem unzumutbarem Zustand, der nicht einmal hygienische Mindeststandards erfüllt. Menschen müssen auf kleinstem Raum "leben". Als beispielsweise eine schwangere Frau auf dem Sozialamt ein größeres Zimmer für die Zeit nach der Geburt einforderte, wurde ihr gesagt, dass 6 Quadratmeter für Mutter und Kind reichten.

Arbeitszwang

Wie in ganz Deutschland haben auch geflüchtete Menschen in Lage keinen Zugang zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt. Es gilt ein faktisches Arbeitsverbot. Die Stadt Lage zwingt diese Menschen jedoch gleichzeitig zu so genannten "Arbeitsgelegenheiten". Es handelt sich um Arbeitsstellen, von denen die Stadt behauptet, sie hätten zusätzliche gemeinnützige Stellen geschaffen, denen die Geflüchteten laut Gesetz nachgehen müssen. Dass diese Tätigkeiten eigentlich im Rahmen regulärer Lohnarbeit erledigt werden könnten und sollten, wird von der Stadt Lage bewusst ignoriert. Für eine Aufwandsentschädigung von 1,05 Euro pro Stunde müssen die geflüchteten Personen 6 Stunden täglich zum Beispiel Unkraut jäten oder putzen. Verweigern sich die Geflüchteten diesen Zwangsmaßnahmen oder kommen sie auch nur 5 Minuten zu spät, so nehmen die zuständigen Behörden in Lage massive Kürzungen der Sozialleistungen vor.

Die Stadt Lage ist nicht gesetzlich dazu verpflichtet, die geflüchteten Menschen zu den Arbeiten zu zwingen. Sie hat sich vielmehr für eine restriktive und repressive Auslegung des Gesetzes entschieden.

Die geflüchteten Menschen in Lage fordern, dass die "Arbeitsgelegenheiten" auf freiwilliger Basis angeboten werden!

Deutschkurse

Seit langem fordern die geflüchteten Menschen in Lage Deutschkurse. Das Sozialamt hat auf diese Forderungen immer wieder mit neuen Versprechungen reagiert. Bislang wurden diese jedoch nicht erfüllt. Vielmehr legte das Sozialamt den Geflüchteten nahe, einen Volkshochschulkurs zu besuchen, der jedoch kostenpflichtig ist. Die Kosten könnten, so der "wohlwollende" Vorschlag des Sozialamtsleiter, sicherlich von den Geflüchteten in Raten gezahlt werden.

Rassismus im Sozialamt

Geflüchtete Menschen berichten immer wieder von rassistischem und respektlosem Umgang im Sozialamt. So werden beispielsweise immer wieder Kürzungen der Sozialleistungen zur Einschüchterung vorgenommen. Gesprächsversuche werden meist abgeschmettert. Dies geschieht oft mit dem Hinweis, die Amtssprache sei deutsch und die MitarbeiterInnen würden sich auf keiner anderen Sprache, nicht einmal auf Englisch mit den geflüchteten Menschen unterhalten wollen. Der Höhepunkt wurde erreicht, als ein Mitarbeiter des Sozialamtes geflüchtete Menschen und UnterstützerInnen unter Anwendung körperlicher Gewalt aus der Tür drängen wollte, ohne dass er überhaupt nach ihrem Anliegen gefragt hätte. Er verweigert das Gespräch trotz offener Sprechzeiten.

Selbst wenn es zu Gesprächen kommt, werden die Geflüchteten in der Regel mit leeren Versprechungen abgewiegelt. Das geschah auch im April diesen Jahres, als der Leiter des Sozialamtes folgende Versprechen machte:

- Die so genannten "Arbeitsgelegenheiten" würden nur noch auf freiwilliger Basis "angeboten". Niemand werde fortan mehr zur Arbeit gezwungen.

- Umfassende Renovierung der Unterkunft.

- Deutschkurse in der neu renovierten Unterkunft auf ehrenamtlicher Basis.

Knapp ein Monat später kürzte das Sozialamt immer noch Sozialleistungen, wenn jemand nicht oder zu spät zu den "Arbeitsgelegenheiten" erschien. Daraufhin stellten geflüchtete Menschen und UnterstützerInnen den Leiter des Sozialamts zur Rede. Er behauptete sich an keine einzige seiner Versprechungen erinnern zu können und ließ sich auf kein weiteres Gespräch mehr ein. Entgegen der gemachten Zusicherungen besteht in Lage also weiterhin faktischer Arbeitszwang. Die Renovierung der Unterkunft verläuft schleppend und das Sozialamt verweigert konkrete Aussagen zu Umfang und Dauer der Sanierung. Ob und in welchem Rahmen das Sozialamt überhaupt plant, in naher Zukunft Deutschkurse anzubieten, ist äußerst fraglich.

Medizinische Versorgung

Immer wieder kommt es vor, dass das Sozialamt geflüchteten Menschen eine ärztliche Behandlung verweigert oder sie hinauszögert. Es gibt sogar Fälle, in denen SachbearbeiterInnen die Notwendigkeit einer medizinischen Behandlung selbst beurteilen - ohne im geringsten über medizinisches Fachwissen zu verfügen. Doch egal ob mit oder ohne medizinischen Fachkenntnissen: MitarbeiterInnen des Sozialamtes dürfen geflüchteten Menschen keine medizinische Behandlung vorenthalten!

Die geflüchteten Menschen rufen zusammen mit dem Aktionsplena move and resist Bielefeld und Fluchtpunkt Detmold dazu auf, gemeinsam gegen Arbeitszwang, Willkür und Rassismus und für ein selbstbestimmtes Leben zu demonstrieren!


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