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Paderborner Kreiszeitung / Neue Westfälische , 05.06.2010 :

Abschied von der Zahl 98 / Haxtergrund-Gedenkstein "in aller Stille" wieder aufgestellt

Von Wolfgang Stüken

Paderborn. 13 Mal, so hat Heimatvereins-Vorsitzender Gerhard Sander in seinen Unterlagen festgehalten, haben Unbekannte in den vergangenen Jahren einen im Mai 2001 von diesem Verein im Haxtergrund aufgestellten Gedenkstein mit Farbe übergossen, beschmiert oder auf andere Weise beschädigt. Nach dem letzten Zerstörungsversuch im Jahre 2008 war die Inschrift nicht mehr lesbar.

Es war eine umstrittene Inschrift zu einem bis heute umstrittenen Thema, dem angeblichen "Massaker im Haxtergrund". US-Soldaten sollen dort in den letzten Kriegstagen nach der Schließung des Ruhrkessels beim Vormarsch auf Paderborn eine Reihe gefangen genommener deutscher Soldaten getötet haben - angeblich als Racheakt, war doch wenige Stunden zuvor nicht weit entfernt bei Schloß Hamborn der US-Generalmajor Maurice Rose, Kommandeur der 3. US-Panzerdivision "Spearhead", erschossen worden.

Bei den getöteten deutschen Soldaten handelte es sich um junge Männer, die zu Hitlers letztem Aufgebot zählten und in den letzten Kriegstagen in der Senne der SS-Panzerbrigade "Westfalen" einverleibt worden waren. "Wanderer, gedenke hier der am 31.3. und 1.4.1945 von ihren Kriegsgegnern getöteten 98 deutschen Kriegsgefangenen", hieß es auf dem Gedenkstein von 2001.

"In aller Stille" (Sander) hat der Heimatverein jetzt die kleine Gedenkstätte am "Stern" wieder hergestellt. Die zerstörte Inschrift an dem Findling, die sich laut Sander auch durch Nachmeißeln nicht wieder hätte herstellen lassen, wurde von einem Bildhauer durch eine Edelstahltafel überdeckt. Darauf ist eine überarbeitete Textversion zu lesen: "Zum Gedenken an die deutschen Kriegsgefangenen, die im März / April 1945 südöstlich Paderborns von ihren Kriegsgegnern getötet worden sind", heißt es nunmehr - ohne Nennung einer konkreten Zahl von Opfern.

Zuletzt hatte der Paderborner Pädagoge und Historiker Stefan Westhoff in seinem 2008 erschienen Buch "Das Kriegsende in Paderborn - die letzten elf Tage vom 22. März bis zum 1. April 1945" das angebliche "Massaker im Haxtergrund" als "Legende" bezeichnet und dem Heimatverein dringend empfohlen, nicht länger an der Zahl 98 festzuhalten (die NW berichtete).

Eine genaue Zahl Getöteter zu ermitteln, sei heute "einfach nicht mehr möglich", sagte Heimatvereins-Chef Gerhard Sander auf Anfrage der NW. Aber der gewaltsame Tod von "15 bis 20" deutschen Soldaten, die von US-Soldaten erschossen oder erschlagen worden sein sollen, stehe "zweifelsfrei" fest. Der Todesort sei jedoch nicht exakt an dieser Stelle gewesen, wie die frühere Inschrift ("hier") angedeutet habe. Die Tötungen seien vielmehr "auf einem größeren Arreal" erfolgt. Auch der neue Text sei nicht als Anklage gegen die damaligen Siegermächte zu verstehen, sagte Sander, "und wir haben uns bemüht, jegliches Pathos zu vermeiden".

Nach der Kritik am Gedenkstein mit der umstrittenen Inschrift von 2001 war auf Anregung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge 2002 ein ergänzender zweiter Gedenkstein im Haxtergrund aufgestellt worden, der auf "Trauer und Versöhnung" setzt. Zu dem Gedenkort im Haxtergrund gehört noch ein kleinerer dritter Stein, auf dem als Verantwortlicher für die Gedenkstätte der Heimatverein Paderborn benannt ist.

Zwei Überlebende dabei

Die Wiederaufstellung des Gedenksteins mit neuer Inschrift wurde - wie 2001 die erste Aufstellung - abseits der Öffentlichkeit vollzogen. Zwei "Überlebende" der damaligen Ereignisse und Freunde der getöteten Soldaten - einer aus Paderborn, einer aus Unna - seien dabei gewesen, sagte Sander. Namen nannte er nicht. Die beiden Männer legten einen Kranz nieder, der "unseren gefallenen Kameraden" gewidmet ist. Auf einer der beiden Schleifen ist "Kriegsgräberstiftung Wenn alle Brüder schweigen" vermerkt. Es ist der Name jener Stiftung, die in den 1990er Jahren von der vom Verfassungsschutz beobachteten und später aufgelösten "Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit ehemaliger Angehöriger der Waffen-SS" (HIAG) gegründet wurde.

Bildunterschrift: Gedenkstätte am Stern im Haxtergrund: Die Inschrift am Findling links ist neu. Der mittlere zweite Gedenkstein stammt aus dem Jahre 2002, der kleine Stein rechts nennt den Heimatverein als Verantwortlichen für diese Gedenkstätte. Der Kranz stammt von der "Kriegsgräberstiftung Wenn alle Brüder schweigen".

05./06.06.2010
lok-red.paderborn@neue-westfaelische.de

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