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Veranstaltungen / Nachrichten - Oerlinghausen: Umbenennung des Agnes-Miegel-Weges? , 14.06.2012 :

Tages-Chronologie von Donnerstag, 14. Juni 2012

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Veranstaltungskalender:




- Donnerstag, 14. Juni 2012 um 18.00 Uhr -


Vortrag mit Filmausschnitten des Filmhistorikers Ernst Schreckenberg: Leni Riefenstahl - Triumph der Propaganda


Veranstaltungsort:

Ravensberger Spinnerei / Volkshochschule
Historischer Saal
Ravensberger Park 1
33607 Bielefeld

www.vhs-bielefeld.de


So wie sie in ihren Olympia-Filmen und in den Nuba-Fotos die Makellosigkeit athletischer Körper gefeiert hat, so hat Leni Riefenstahl in "Triumph des Willens" die totale Hingabe der Massen an die gottgleiche Figur des Führers Adolf Hitler filmisch zelebriert und weltweit das Bild eines heroischen Nationalsozialismus geprägt. Es gibt bis heute kaum eine Dokumentation, die ohne die Bilder aus diesem wohl berüchtigsten aller Propagandafilme auskäme.


Eine Veranstaltung der Volkshochschule Bielefeld in Kooperation mit dem Verein "Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V.", Sektion Bielefeld, der Gruppe FrauenFilmTage Bielefeld und dem Historischen Museum der Stadt Bielefeld.


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- Donnerstag, 14. Juni 2012 um 19.00 Uhr -


Gespräch mit dem Zeitzeugen Prof. Guy Stern


Veranstaltungsort:

Altes Amtsgericht
Mindener Straße 16
32469 Petershagen


Guy Stern ist einer der führenden Exilliteraturforscher und wurde Anfang dieses Jahres zum Ehrenmitglied der Gesellschaft für Exilforschung ernannt. Am 8. Mai dieses Monats erhielt er die Ehrenbürgerschaft seiner Geburtsstadt Hildesheim. Hier war er in einer anerkannten jüdischen Familie aufgewachsen. Stern emigrierte mit Hilfe eines Onkels nach Amerika. Immer wieder versuchte er, seine fünfköpfige Familie nachzuholen. Ohne Erfolg.

1942 verpflichtete sich Guy Stern zum Kriegsdienst. Nach Kriegsende musste er erfahren, dass seine Familie deportiert und im Warschauer Ghetto ermordet wurde.

Guy Stern wird über seine Jugend in der jüdisch-deutschen Jugendbewegung in Hildesheim erzählen sowie von seiner Familie, den Besuchen bei seinen Großeltern in Vlotho und seiner Emigration in die USA berichten.

Auch sein Einsatz während des Krieges in einer Spezialeinheit der US-Armee, den so genannten "Ritchie Boys", wird Inhalt sein. Die Einheit wurde rekrutiert aus jungen Männern, die im "Feindesland" gelebt hatten und die Psychologie der Deutschen kannten. Ihr Ziel: das Ende des Faschismus.

Zudem geht es um seine Laufbahn in den USA als Professor für deutsche Literatur und Kunst. Stern veröffentlichte zahlreiche Bücher und Sammelwerke zur deutschen Literaturgeschichte, insbesondere zur Emigranten- und Immigrantenliteratur und über seine derzeitige Tätigkeit als Direktor am Holocaust Memorial Center in Farmington Hills, MI, USA.


Eine Veranstaltung der Stadt Petershagen in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Alte Synagoge Petershagen.

Informationen im Internet:

www.synagoge-petershagen.de
www.holocaustcenter.org


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- Donnerstag, 14. Juni 2012 um 19.00 Uhr -


Bestandsaufnahme und Diskussion der europaweiten Angriffe auf Arbeiterinnen und Arbeiter: Griechenland - drei Tage vor den Neuwahlen


Veranstaltungsort:

BDP-Infoladen
Leostraße 75
33098 Paderborn

www.infoladenpaderborn.blogsport.de


Ob in Griechenland, in Italien, in Spanien oder in Portugal - die von der Europäischen Union geforderten "Strukturanpassungsmaßnahmen" zielen alle in die gleiche Richtung: Neben harten, sozialen Einschnitten sollen die Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter und Mittel der Gegenwehr eingeschränkt oder beseitigt werden. "Griechenland ist die Ratte im europäischen Reform-Labor", so Apostolos Kapsalis vom Forschungsinstitut des griechischen Gewerksschaftsbundes GSEE. "Hier wird geprüft, was an Abbau so geht."

Griechenland befindet sich sei vier Jahren in einer Rezession. Steigende Preise, massive Einschnitte in die Masseneinkommen, wachsende Steuerbelastung, dramatisch steigende Arbeitslosigkeit ... die griechische Gesellschaft zeigt akute Zersetzungserscheinungen. Den meisten Menschen geht es schlechter, als sie es sich je vorstellen konnten - und vor allen Dingen: es ist kein Boden in Sicht. Das Bruttoinlandsprodukt ist seit Beginn der Krise um 16 Prozent geschrumpft, allein letztes Jahr um sieben Prozent - 2012 wird noch einmal dasselbe erwartet.


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- Donnerstag, 14. Juni 2012 um 19.30 Uhr -


Lesung mit Christian Holtgreve: "Aus zwei Quellen - Die Geschichte eines deutschen Juden" von Jakob Löwenberg


Veranstaltungsort:

Glockengießerhaus
Bernhardistraße 23
34414 Warburg


Dieses Buch erschien erstmals 1914 in Berlin und wurde dann völlig vergessen. 1993 kam in einem Paderborner Verlag eine Neuauflage heraus, da der Autor 1856 in Niedertudorf bei Paderborn geboren wurde, als neuntes von zehn Kindern. Jakob Loewenberg wird als Lehrer in Münster ausgebildet, hält sich einige Jahre in London und Paris auf, studiert in Marburg und Heidelberg und geht nach Hamburg, wo er beginnt, sich schriftstellerisch zu betätigen. Er ist Mitgründer der "Literarischen Gesellschaft", wird zu seinem 70. Geburtstag groß gefeiert und stirbt drei Jahre später im Jahr 1929.

Seine Bücher werden im Mai 1933 verbrannt. Sein Roman ist erzählte Geschichte, tief verbunden mit seiner westfälischen Heimat und verwurzelt in Verehrung für die Tradition und Kultur "seines" Judentums.


Eine Veranstaltung der Volkshochschule Warburg: www.vhs-warburg.de

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www.hiergeblieben.de - Zusammenfassung - Donnerstag, 14. Juni 2012


Heute berichtete der Zeitzeuge Prof. Guy Stern auf Einladung der Stadt Petershagen und der Arbeitsgemeinschaft Alte Synagoge Petershagen im Alten Amtsgericht über sein Leben.

Heute beriet der Hauptausschuss der Stadt Oerlinghausen über die Anbringung einer zweiten Tafel an der Synagoge mit allen Namen der Oerlinghauser NS-Opfer und die Umbenennung des Agnes-Miegel-Weges.
Am 10. Juni 2012 besuchte der SPD-Ortsverein Schloß Holte-Stukenbrock zum Auftakt der Veranstaltungsreihe "Aktiv gegen Rechts" die Gedenkstätte Bergen-Belsen.

Seit Anfang Mai 2012 ist die Neonazi-Szene im Landkreis Schaumburg nach einer Gewalt- und Einschüchterungskampagne so offensiv in die Öffentlichkeit gedrängt wie seit Jahren nicht mehr.

Für den 4. August 2012 ruft die Initiative "Kein Nazi-Aufmarsch in Bad Nenndorf" zu Massenblockaden gegen den neonazistischen "Trauermarsch" auf.

Am 13. Juni 2012 ist Matthias G. aus Rheda-Wiedenbrück unter anderem wegen Herbeiführens von zwei Sprengstoffexplosionen vom Landgericht Bielefeld zu drei Jahren Haft verurteilt worden.

Heute kritisierte der Verein "Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V.", dass der NRW-Koalitionsvertrag im Bereich der Abschiebehaft in Teilen gerade nur die gesetzlichen Vorgaben erfülle.

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Petershagen: Gespräch mit dem Zeitzeugen Prof. Guy Stern

Heute, am 14. Juni 2012, berichtete der Zeitzeuge Prof. Guy Stern auf Einladung der Stadt Petershagen und der Arbeitsgemeinschaft Alte Synagoge Petershagen im Alten Amtsgericht über sein Leben. Darüber berichtet aktuell der WDR.

Guy Stern aus Detroit ist einer der führenden Exilliteraturforscher und wurde Anfang dieses Jahres zum Ehrenmitglied der Gesellschaft für Exilforschung ernannt. Am 8. Mai dieses Monats erhielt er die Ehrenbürgerschaft seiner Geburtsstadt Hildesheim. Hier war er in einer anerkannten jüdischen Familie aufgewachsen. Stern emigrierte mit Hilfe eines Onkels nach Amerika. Immer wieder versuchte er, seine fünfköpfige Familie nachzuholen. Ohne Erfolg.

1942 verpflichtete sich Guy Stern zum Kriegsdienst. Nach Kriegsende musste er erfahren, dass seine Familie deportiert und im Warschauer Ghetto ermordet wurde.

Guy Stern wird über seine Jugend in der jüdisch-deutschen Jugendbewegung in Hildesheim erzählen sowie von seiner Familie, den Besuchen bei seinen Großeltern in Vlotho und seiner Emigration in die USA berichten.

Auch sein Einsatz während des Krieges in einer Spezialeinheit der US-Armee, den so genannten "Ritchie Boys", wird Inhalt sein. Die Einheit wurde rekrutiert aus jungen Männern, die im "Feindesland" gelebt hatten und die Psychologie der Deutschen kannten. Ihr Ziel: das Ende des Faschismus.

Zudem geht es um seine Laufbahn in den USA als Professor für deutsche Literatur und Kunst. Stern veröffentlichte zahlreiche Bücher und Sammelwerke zur deutschen Literaturgeschichte, insbesondere zur Emigranten- und Immigrantenliteratur und über seine derzeitige Tätigkeit als Direktor am Holocaust Memorial Center in Farmington Hills, MI, USA.

Informationen im Internet:

www.synagoge-petershagen.de
www.holocaustcenter.org

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Oerlinghausen: Gewerbetreibender gegen Umbenennung - "Agnes-Miegel-Weg"

Heute, am 14. Juni 2012, beriet der Hauptausschuss der Stadt Oerlinghausen über die Anbringung einer zweiten Tafel an der Synagoge mit allen Namen der Oerlinghauser NS-Opfer und die Umbenennung des Agnes-Miegel-Weges. Darüber berichtet aktuell die Lippische Landes-Zeitung.

Gegen die Umbenennung des Agnes-Miegel-Weges wendet sich ein namentlich nicht genannter Gewerbetreibender, da diese "für uns die Anwohner einen hohen finanziellen Aufwand bedeuten" würde.

Agnes Miegel: Gelöbnis treuester Gefolgschaft für Adolf Hitler

Während der NS-Zeit war Agnes Miegel eine bekennende Verehrerin Adolf Hitlers. Sie wurde 1933 Mitglied der NS-Frauenschaft und nach der "Säuberung" Vorstandsmitglied der Deutschen Akademie der Dichtung, einer Unterabteilung der Preußischen Akademie der Künste. Im Oktober 1933 gehörte sie zu den 88 deutschen Schriftstellern, die das Gelöbnis treuester Gefolgschaft für Adolf Hitler unterzeichneten. Nach dem Tod des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg unterschrieb sie den Aufruf der Kulturschaffenden zur "Volksbefragung" wegen der Zusammenlegung des Amtes des Reichspräsidenten und des Reichskanzlers. 1939 nahm sie das Ehrenzeichen der Hitlerjugend entgegen; 1940 wurde sie Mitglied der NSDAP.

Sonderliste der "Gottbegnadetenliste"

Als bekannte "ostpreußische Heimatdichterin" wurde sie zu einem literarischen Aushängeschild des NS-Regimes. Während der NS-Zeit erhielt sie den Goethe-Preis der Stadt Frankfurt am Main. 1944, in der Endphase des Zweiten Weltkrieges, wurde sie von Hitler in die Sonderliste der "Gottbegnadetenliste" mit den sechs wichtigsten deutschen Schriftstellern aufgenommen.

Veröffentlichungen im neonazistischen Umfeld

In der Bundesrepublik publizierte Miegel im neonazistischen Umfeld, so etwa in der Monatszeitschrift "Nation und Europa", die 1951 von dem ehemaligen SS-Sturmführer Arthur Erhardt und dem ehemaligen SA-Obersturmführer Herbert Böhme gegründet wurde.

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Schloß Holte-Stukenbrock: Besuch der Gedenkstätte Bergen-Belsen

Am 10. Juni 2012 besuchte der SPD-Ortsverein Schloß Holte-Stukenbrock zum Auftakt der Veranstaltungsreihe "Aktiv gegen Rechts" die Gedenkstätte Bergen-Belsen. Darüber berichtet heute, am 14. Juni 2012, das Westfalen-Blatt.

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Niedersachsen / Landkreis Schaumburg: "Phase 2" der Neonazi-Szene

Seit Anfang Mai 2012 ist die Neonazi-Szene in Niedersachsen, insbesondere im Landkreis Schaumburg, nach einer massiven Gewalt- und Einschüchterungskampagne so offensiv in die Öffentlichkeit gedrängt wie seit Jahren nicht mehr. Darüber berichtet heute, am 14. Juni 2012, der Weser-Kurier.

Demnach warnt die Landtagsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen vor einer gezielten Strategie von militanten Neonazis. Mit mehreren Anfragen im Parlament will die Fraktion jetzt von Innenminister Uwe Schünemann (CDU) wissen, wie die schwarz-gelbe Regierung künftig potenzielle Opfer und Jugendtreffs schützen will.

Wunstorf: Neonazistischer Angriff auf die "Wohnwelt"

Am 19. Mai 2012 gegen 23.20 Uhr griffen zwischen 15 und 20 Neonazis, unter anderem aus den extrem rechten Hooligan-Gruppen "Standarte Bremen" und "Nordsturm Brema", die "Wohnwelt" in Wunstorf an.

Die "Wohnwelt Wunstorf" ist in den vergangenen Jahren schon oft das Ziel neonazistischer Übergriffe und Attacken gewesen.

Im Januar 2012 löste sich der so genannte "Widerstand Wunstorf" auf und fusionierte mit den "Nationalen Sozialisten Bückeburg". Nach Einschätzung von antifaschistischen Initiativen versucht die regionale Neonazi-Szene sich seitdem neu zu formieren, um ihren Aktionsradius zu erweitern

So legen die "Nationalen Sozialisten Bückeburg" inzwischen deutlich mehr Wert auf politische Agitation - jedoch bei gleichzeitiger Beibehaltung der Gewaltdelikte und Einschüchterungen vor allem gegenüber Antifaschistinnen und Antifaschisten.

Barsinghausen: Brandanschlag auf Falkenkeller

In der Nacht vom 4. auf den 5. Juni 2012 wurden zwei Molotow-Cocktails in den Eingangsbereich des freien Jugendraums Falkenkeller in Barsinghausen, der seit 16 Jahren von Jugendlichen in Selbstverwaltung betrieben wird, geworfen.

Die Neonazi-Szene in Barsinghausen hat sich im Laufe eines Jahres deutlich radikalisiert, gefestigt und vernetzt. Sie hält Kontakte zu Neonazis im Landkreis Schaumburg und einer der Wortführer der Gruppe ist Mitglied in der Kameradschaft "Besseres Hannover".

Informationen zu neonazistischen Strukturen im Landkreis Schaumburg und Umgebung:

www.copyandpaste.blogsport.de
www.recherchebbg.wordpress.com
www.aab.blogsport.de

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Bad Nenndorf: Massenblockaden gegen neonazistischen "Trauermarsch"

Für den 4. August 2012 ruft die Initiative "Kein Nazi-Aufmarsch in Bad Nenndorf" zu Massenblockaden gegen den neonazistischen "Trauermarsch" auf. Darüber berichtet heute, am 14. Juni 2012, die Online-Ausgabe der Schaumburger Zeitung.

"Wir werden bereits die Anreise der Neonazis auf ihrer geplanten Aufmarschroute durch massenhafte Menschenblockaden stoppen. Kein Neonazi wird am 4. August die Bahnhofstraße in Bad Nenndorf betreten oder das Wincklerbad überhaupt erreichen", erklärte demnach die Sprecherin der Initiative.

Ankündigung

Angemeldet von Matthias Schultz aus Verden, wollen Neonazis am 4. August 2012 in Bad Nenndorf (Auftakt um 12.00 Uhr vor dem Bahnhof) wieder ihre jährliche nationalsozialistische Propagandafeier, genannt "Trauermarsch" ausrichten, dagegen formiert sich seit Monaten ein vielfältiger Protest.

Rückblick 2011

Am 6. August 2011 protestierten über 1.200 Menschen mit einer Demonstration und zahlreichen Privat-Partys gegen den neonazistischen "Trauermarsch". Zum sechsten Mal in Folge seit dem Jahr 2006 zogen Neonazis an diesem Tag durch Bad Nenndorf, um an angebliche "Nachkriegsverbrechen" im Verhörzentrum Wincklerbad zu erinnern. Innerhalb der Szene erwies sich die Demonstration allerdings erneut als Rückschlag: Demnach nahmen anstelle der bis zu erwarteten 1.200, nur 640 Neonazis und NS-Nostalgiker an der demonstrativen NS-Verherrlichung teil, die von 2.000 Polizistinnen und Polizisten geschützt wurde.

Ausblick 2012

Das Bündnis "NS-Verherrlichung stoppen!" hat eine antifaschistische Demonstration um 10.00 Uhr am Bahnhof angemeldet.

Unter anderem der Deutsche Gewerkschaftsbund - Region Niedersachsen-Mitte, "Bad Nenndorf ist bunt - Bündnis gegen Rechtsextremismus" und die Jüdische Gemeinde Bad Nenndorf rufen zu einer Demonstration um 10. 30 Uhr auf, der Auftakt ist in der Bornstraße. Eine Abschlusskundgebung ist um 12.00 Uhr am Gedenkstein für die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus aus Bad Nenndorf in der Kurhausstraße.

Vom 23. bis zum 25. März 2012 lud die Initiative "Kein Nazi-Aufmarsch in Bad Nenndorf!" mit über siebzig Teilnehmenden zu einer Aktivierungskonferenz in die Universität Hannover ein. Als zentrales Ergebnis der Konferenz wurde eine Resolution verabschiedet, die es zum Ziel erklärt, "den Aufmarsch in Bad Nenndorf mit den Mitteln des zivilen Ungehorsams in Form von Massenblockaden auf der Strecke zu verhindern".

Informationen im Internet:

- www.bad-nenndorf-ist-bunt.com
- www.badnenndorf.blogsport.de
- www.badnenndorf-blockieren.mobi

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Rheda-Wiedenbrück / Bielefeld: Landgericht ignoriert rassistischen Hintergrund

Am 13. Juni 2012 ist der 27-jährige Matthias G. aus Rheda-Wiedenbrück, der unter anderem am 15. November 2011 am Bahnhof in Rheda auf ein türkisches Lebensmittelgeschäft und das Gebäude des "Türkisch-Deutschen Hilfsvereins" geschossen hatte, von der III. Großen Strafkammer des Landgerichts Bielefeld wegen Herbeiführens von zwei Sprengstoffexplosionen, Sachbeschädigung und Zerstörung an beziehungsweise von Bauwerken, einfacher und gemeinschädlicher Sachbeschädigung, Verstößen gegen das Waffengesetz und Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Darüber berichten heute, am 14. Juni 2012, die Neue Westfälische, das Westfalen-Blatt, der WDR, Radio Gütersloh und NRW rechtsaußen.

Unterbringungsbefehl in eine psychiatrische Klinik

Demnach wird Matthias G. nach beinahe siebenmonatiger Untersuchungshaft umgehend in eine geschlossene psychiatrische Einrichtung in Eickelborn eingewiesen. Der Haftbefehl des Amtsgerichts Bielefeld vom 16. November 2011 wurde durch eine einstweilige richterliche Anordnung in einen Unterbringungsbefehl in ein psychiatrisches Krankenhaus umgewandelt.

Denn seit vielen Jahren habe sich bei Matthias G. eine soziale Phobie bemerkbar gemacht, die sich in Minderwertigkeitsgefühlen äußerte und den Angeklagten zum Einzelgänger gemacht habe, hieß es zur Begründung. Das Gericht folgte damit der Empfehlung des Psychologen Siegfried Binder und des Psychiaters Dr. Miroslav Brkanivic, G. wegen einer krankhaften neurotischen Persönlichkeit, physiologische Erregungszustände, irrationale Gewalt-Exzesse sowie Depressionen in eine psychiatrische Klinik einzuweisen.

"Rassistische Übergriffe von Ausländern auf Deutsche"

Der Angeklagte hatte in einer Einlassung am 5. Juni 2012 wörtlich gesagt, seine Taten seien "eine natürliche Reaktion auf rassistische Übergriffe von Ausländern auf Deutsche" gewesen. G. sprach weiter von einer "zunehmenden Kriminalität von Ausländern", das "Fass" sei "voll" gewesen, das "Ganze wäre nicht passiert, wenn Deutschland nicht so viel Multi-Kulti" hätte. So wie er würden "50 Prozent denken", die Menschen würden aber "am Wochenende Alkohol trinken oder nichts tun". Und wörtlich: "Ich habe eben gehandelt!"

Lediglich Staatsanwalt Torsten Polakowski wertete in seinem Plädoyer diese Aussagen bei der Forderung nach einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten und die psychiatrische Unterbringung als ausdrücklich strafverschärfend.

"Keine wirklich gravierende Straftaten"

Der Bielefelder Rechtsanwalt Martin Mauntel stellte in seiner Erwiderung einen "fremdenfeindlichen Hintergrund" hingegen in Abrede. G. sei, so wörtlich, "nicht wirklich gefährlich für andere Menschen". Die Sachbeschädigungen am Bahnhof von Rheda seien beispielsweise vergleichbar mit denen nach Spielen von Arminia Bielefeld. Deshalb hätte das Verfahren auch nicht vor dem Landgericht Bielefeld, sondern vor einem Amtsgericht stattfinden müssen. Mauntel beantragte eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, und die Aufhebung des Haftbefehls.

Bereits zwei Tage nach den Taten, am 17. November 2011, hatte Rechtsanwalt Mauntel, der in der Vergangenheit den Detmolder Neonazi Alexander Jim Grattan verteidigt hatte, erklärt, sein Mandant habe "mit der Neonazi-Szene nichts am Hut". G. habe "aus ganz persönlicher Verzweiflung" gehandelt und mit seiner Tat "zu keiner Zeit Dritte gefährden" wollen. Warum G. bei seiner Tat eine Hakenkreuz-Binde trug, erklärte Mauntel damals so: "Er wollte Aufmerksamkeit erzielen."

Rassistische Äußerungen nur "Provokation"?

Der während der Dauer von sechs Verhandlungstagen oft überfordert wirkende Vorsitzende Richter Karsten Nabel verneinte in der mündlich vorgetragenen Urteilsbegründung ebenso wie Rechtsanwalt Mauntel einen "fremdenfeindlichen Hintergrund", die entsprechende Äußerungen des Angeklagten hätten nur der "Provokation" gedient.

Rückblick: Tatgeschehen

G. hatte am frühen Morgen des 15. November 2011 gegen 02.05 Uhr mit zwei Karabinern bewaffnet mehrere Schüsse im Bereich des Bahnhofs Rheda abgegeben.

Im Bahnhof hatte G. in Richtung eines Mannes geschossen, der dort übernachten wollte. Das Opfer rannte davon und erlitt ein Knalltrauma. Auf dem Bahnhofsvorplatz gab der Angeschuldigte auf ein türkisches Lebensmittelgeschäft und das Gebäude des "Türkisch-Deutschen Hilfsvereins" 25 bis 30 Schüsse ab. Wenig später ließ er sich von der Polizei, die er zuvor selbst per Telefon alarmiert hatte, widerstandslos festnehmen.

Bei der Festnahme wurde festgestellt, dass sich G., der am linken Arm eine Armbinde mit Hakenkreuz trug, mit Klebeband mehrere Sprengstoffpakete um den Körper gelegt hatte, die in Verbindung mit einer offenen Flamme zur Explosion gebracht hätten werden können.

Demnach trug der 27-Jährige rund 800 Gramm Sprengstoff an seinem Leib. "Die Bombe war reib-, schlag- und wärmeempfindlich. Sie ließ sich einwandfrei zünden, und sie hätte großflächige tödliche Verletzungen erzeugt. In Oberkörperhöhe angebracht hätte die Vorrichtung den Träger sogar in drei Stücke zerreißen können", wies ein Gutachter des Landeskriminalamts am 21. Mai 2012 in seiner Aussage vor Gericht auf die Gefährlichkeit der Rohrbombe hin.

Unmittelbar vor der Tat hatte G. ein Fahrrad und einen Rucksack mit Sprengstoffzubehör sowie einen Waffen-SS-Helm mit entsprechenden Runen in die Ems geworfen. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung wurden unter anderen zwei weitere Langwaffen beschlagnahmt.

"Allgemein etwas gegen Türken machen"

Der Bielefelder Staatsanwalt Christoph Mackel hatte am 2. April 2012 erklärt: "Er wollte sich selbst töten, aber gleichzeitig ein öffentliches Zeichen setzen." G. wollte "allgemein etwas gegen Türken machen", heißt es in der Anklageschrift vom 6. März 2012. Um "die Provokation" in Anbetracht der öffentlichen Debatte über die fürchterlichen Breivik-Morde in Norwegen noch weiter zu erhöhen, habe G. eine Binde mit einem Hakenkreuz getragen, sagte der Staatsanwalt. G. halte es für "nicht richtig, dass Nazi-Symbole in Deutschland verboten sind".

Nach den Ergebnissen der Beweisaufnahme hatte G. kurz vor dem 9. Juni 2011 in einem stillgelegten Klärwerk in Wiedenbrück eine mit 300 Gramm Sprengstoff gefüllte Gasflasche zur Explosion gebracht haben, wobei tragende Wände und andere Teile des Gebäudes erheblich beschädigt wurden. Kurz nach dem 9. Juni 2012 soll G. dort eine noch stärkere Sprengladung gezündet haben, danach musste das Gebäude wegen Einsturzgefahr abgerissen werden. Von dem zerstörtem Klärwerk hatte G. eine Foto-Datei angelegt, die bei einer Durchsuchung am 15. November 2012 beschlagnahmt wurde.

Am ersten Verhandlungstag hatte der 27-Jährige unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgesagt, er hantiere seit dem Jahre 2005 mit Sprengstoff, unter anderem habe er schon damals Explosionen in einem Waldgebiet durchgeführt.

Aktenzeichen: 03 KLS 216 Js 30/11 - 11/12

Kreis Gütersloh im Herbst 2011: Drei Anschläge auf islamische Einrichtungen

Dass die Taten vom 15. November 2012 nicht im luftleeren Raum stehen, zeigen drei zeitnahe Vorfälle im Kreis Gütersloh:

Am 9. November 2011 um 21.20 Uhr wurden drei faustgroße, mit Eisernen Kreuze bemalte, Steine gegen die Außenwände des Islamischen Zentrums in Gütersloh geworfen, dabei wurde ein Fenster getroffen, dessen Scheibe zu Bruch ging.

Zwischen dem 3. November, 20.00 Uhr und dem 4. November 2011, 11.00 Uhr, wurde zuvor die Gebäudefassade des Türkischen Kulturvereins in Rheda-Wiedenbrück mit Hakenkreuzen und Davidsternen besprüht.

Zwischen dem 24. Oktober, 20.00 Uhr und dem 25. Oktober 2011, 09.00 Uhr, wurde eine Moschee in Rietberg-Neuenkirchen mit einem Hakenkreuz, SS-Runen und weiteren neonazistischen Symbolen mit schwarzer Farbe besprüht.

Über den Stand der Ermittlungen durch den Polizeilichen Staatsschutz für Ostwestfalen-Lippe wegen der drei Anschläge ist nichts bekannt.

Rheda-Wiedenbrück 2006: Mordfall wird überprüft

Im Zusammenhang mit der NSU-Mordserie überprüft die Polizei einen bislang ungeklärten Mordfall: Am 1. März 2006 war der 68-jährige Fevzi Ufuk vor einer Moschee des türkischen Kulturvereins in Rheda-Wiedenbrück mit einem gezielten Schuss in den Kopf getötet worden. Das gab der Bielefelder Staatsanwalt Christoph Mackel am 14. November 2011 bekannt. Hintergrund ist, dass die Bundesanwaltschaft und das Innenministerium überprüfen, ob ungeklärte Gewaltverbrechen mit den NSU-Morden in Verbindung stehen.

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Büren / Düsseldorf: Kaum Rechte für Abschiebehäftlinge - Kritik am Koalitionsvertrag

Heute, am 14. Juni 2012, kritisierte der Verein "Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V." in einer Pressemitteilung, dass der Koalitionsvertrag der rot-grünen Regierung in Nordrhein-Westfalen im Bereich der Abschiebehaft in Teilen gerade nur die gesetzlichen Vorgaben erfüllt.

Demnach mache der Koalitionsvertrag deutlich, wie schlecht es um die Rechte von Abschiebehäftlingen in NRW stehe. Es gäbe erschreckend viele Defizite im Bereich der Anordnung der Abschiebehaft und im Vollzug. Das Grundrecht auf Freiheit werde zu oft missachtet. Dem müsse Einhalt geboten werden.

Informationen im Internet: www.gegenAbschiebehaft.de

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Artikel-Einträge in der Datenbank:


WDR-Nachrichten aus Ostwestfalen-Lippe, 14.06.2012:
Guy Stern in Petershagen

Lippische Landes-Zeitung, 14.06.2012:
Gedenken an die Opfer / Hauptausschuss berät über Antrag

Zeitung für Schloß Holte-Stukenbrock / Westfalen-Blatt, 14.06.2012:
"Aktiv gegen Rechts" / Ortsverein der SPD besucht Gedenkstätte Bergen-Belsen

Weser-Kurier, 14.06.2012:
Überfälle von Neonazis auf linke Jugendliche / Grüne warnen vor gezielter Strategie

Schaumburger Zeitung Online, 14.06.2012:
Nazi-Aufmarsch: Initiative wirbt für Blockaden

NRW rechtsaußen, 14.06.2012:
Bielefeld: Urteil gegen Matthias G.

Radio Gütersloh, 14.06.2012:
"Amokläufer" kommt in die Psychiatrie

WDR-Nachrichten aus Ostwestfalen-Lippe, 14.06.2012:
Urteil Amoklauf Rheda-Wiedenbrück

Zeitung für Gütersloh, Rheda-Wiedenbrück, Rietberg und Harsewinkel / Westfalen-Blatt, 14.06.2012:
"Psychiatrie ist das Schlimmste" / Der so genannte "Amokläufer" von Rheda muss in eine geschlossene Anstalt und dann ins Gefängnis

Neue Westfälische 07 - Gütersloh, 14.06.2012:
"Amokläufer" muss in die Psychiatrie / Urteil: Drei Jahre Haft und Unterbringung

Neue Westfälische, 14.06.2012:
Täter muss nach Schießerei in die Psychiatrie

Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V., 14.06.2012:
Koalitionsvertrag: Viel Lärm um nichts

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WDR-Nachrichten aus Ostwestfalen-Lippe, 14.06.2012:

Guy Stern in Petershagen

Der amerikanische Germanistikprofessor und Holocaust-Überlebende Guy Stern wird am Abend in Petershagen im Kreis Minden-Lübbecke erwartet. Der 90-Jährige berichtet ab 19 Uhr im alten Amtsgericht über sein bewegtes Leben. Eingeladen hat die Arbeitsgemeinschaft Alte Synagoge Petershagen. Guy Stern hat enge Verbindungen zu der Region. Ein Teil seiner Familie kommt hierher, als Kind besuchte er oft seine Großeltern in Vlotho.

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Lippische Landes-Zeitung, 14.06.2012:

Gedenken an die Opfer / Hauptausschuss berät über Antrag

Oerlinghausen. Eine zweite Tafel mit allen Namen der Frauen, Männer und Kinder, die vor und während des Nazi-Terrors in Oerlinghausen gelebt haben, will Gisela Burkamp an der Synagoge anbringen lassen. Der Antrag wird in der nächsten Sitzung des Hauptausschusses am Donnerstag, 14. Juni, ab 18.30 Uhr im Bürgerhaus an der Tönsbergstraße diskutiert. Zudem geht es um die Umbenennung des Agnes-Miegel-Weges und die Haushaltsentwicklung.

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Zeitung für Schloß Holte-Stukenbrock / Westfalen-Blatt, 14.06.2012:

"Aktiv gegen Rechts" / Ortsverein der SPD besucht Gedenkstätte Bergen-Belsen

Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Die SPD in Schloß Holte-Stukenbrock setzt ein Signal gegen Rechts. Als Auftakt der Veranstaltungsreihe "Aktiv gegen Rechts" hat der Ortsverein mit 22 Teilnehmern die Gedenkstätte Bergen-Belsen besucht.

Tief bewegt, erschüttert und ergriffen von der Konfrontation mit dem dunklen Kapitel deutscher Geschichte haben die Besucher erfahren, dass die Geschichte des ehemaligen Kriegsgefangenen- und Konzentrationslagers Bergen-Belsen viele Gemeinsamkeiten mit dem ehemaligen Stammlager 326 in Stukenbrock-Senne aufweist.

Historikerin Simone Rose gab einen Rückblick auf die Lager-Geschichte. Im Zeitraum von Juli 1941 bis 1942 starben hier 14.000 sowjetische Kriegsgefangene vor allem an Hunger, Seuchen und Kälte. Im April 1943 übernahm die SS den südlichen Teil des Lagergeländes als Austauschlager für jüdische Häftlinge. Die Versorgung der KZ-Häftlinge war insbesondere in den letzten Monaten vor der Befreiung katastrophal. Als die britischen Truppen das Lager am 15. April 1945 befreiten, fanden sie mehr als 10.000 unbestattete Leichen vor. "Das Massensterben von insgesamt mehr als 50.000 Menschen war die Folge der so genannten systematischen Vernachlässigung durch die SS. Der von Historikern geprägte Begriff steht für unvorstellbare und unmenschliche Grausamkeiten", sagt Simone Rose.

Ein Rundgang über den Friedhof des ehemaligen Lagergeländes führte die Besucher zu Fundamenten von ehemaligen Lagerbauten. Zahlreiche Gedenkstätten und Mahnmale erinnern zwischen den Massengräbern an das Leiden und Sterben von Zehntausenden Menschen. "Insbesondere jugendliche Besuchergruppen kommen oft, um den Grabstein von Margot und Anne Frank zu besuchen, die wenige Tage vor Befreiung des Lagers starben." Im "Archiv der Erinnerung" wird das historische Geschehen mit teils schockierenden Film- und Fotoaufnahmen, Dokumenten und Gegenständen eindrucksvoll vermittelt. "Wir haben mehr als 900 Interviews von Überlebenden bekommen", sagt Simone Rose. "Menschen, die jahrzehntelang nicht über ihr Schicksal sprechen konnten, haben sich mitgeteilt. Nur so können wir erfahren, wie es wirklich war und dafür kämpfen, dass so etwas nie wieder passiert."

Betroffenheit und Entsetzen war bei allen Teilnehmern zu spüren. So auch beim Ortsvereinsvorsitzenden Jochen Gürtler: "Jedes Mal, wenn ich in einer solchen Gedenkstätte bin - und ich war schon in etlichen - packt mich die kalte Wut. Nicht nur auf die Nazi-Schergen damals, sondern auch auf deren geistige Nachkommen. Wir - alle Demokraten - müssen weiter wachsam sein." "Was Menschen anderen Menschen, bedingt durch Manipulation und blinden Gehorsam antun, ist Wahnsinn", sagt Marion Herzog, stellvertretende Vorsitzende des Ortsvereins. "Es ist unsere Geschichte, wir und unsere Nachfahren müssen daraus lernen."

Die nächsten Ziele der Veranstaltungsreihe "Aktiv gegen Rechts" sind ein Besuch der Wewelsburg sowie der Dokumentationsstätte Stalag 326.

Bildunterschrift: Zum Auftakt der Reihe "Aktiv gegen Rechts" haben die Mitglieder des SPD-Ortsvereins die Gedenkstätte des ehemaligen Kriegsgefangenen- und Konzentrationslagers Bergen-Belsen besucht.

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Weser-Kurier, 14.06.2012:

Überfälle von Neonazis auf linke Jugendliche / Grüne warnen vor gezielter Strategie

Von Peter Mlodoch

Hannover. Rechte Attacken mit System? Nach einer Serie von brutalen Überfällen auf links-alternative Jugendliche und Punker in Niedersachsen warnen die Grünen vor einer gezielten Strategie von militanten Neonazis. Mit mehreren Parlamentsanfragen will die Landtagsfraktion jetzt von Innenminister Uwe Schünemann (CDU) wissen, wie die schwarz-gelbe Regierung künftig potenzielle Opfer und Jugendtreffs schützen will. Dabei geht es auch um Verbindungen zur braunen Szene in Bremen.

Zunächst schaute sich gegen 22.00 Uhr eine Zwei-Mann-Vorhut auf der Electro-Party in der "Wohnwelt", einem alternativen Jugendzentrum in Wunstorf, um. Dann plötzlich legte das braune Überfall-Kommando los. Mit Teleskopstöcken und Schlagringen prügelten etwa 20 Eindringlinge auf die meist jugendlichen Gäste ein, dabei brüllten sie nach Aussagen von Tatzeugen: "Wo ist die Antifa? Wer ist hier Antifa?". Es gab mehrere Verletzte, zwei Opfer mussten sich im Krankenhaus behandeln lassen.

Die Polizei notierte in dieser Nacht des 19. Mai am Bahnhof die Personalien der Angreifer - offenbar größtenteils Mitglieder der Bremer Neonazi-Gruppen "Nordsturm Brema" und "Standarte 88", die sich auf dem Rückweg von Essen in die Hansestadt befanden. Bei der Ankunft am Bremer Hauptbahnhof wollen Augenzeugen dann zwei szenekundige Beamte als V-Leute in der rechten Gruppe erkannt haben.

"Sollte sich dies als zutreffend herausstellen, würde das bedeuten, dass der Angriff unmittelbar unter den Augen der Polizei durchgeführt wurde", sagt der grüne Abgeordnete Helge Limburg. Mit einer Landtagsanfrage will er nun von der CDU / FDP-Landesregierung wissen, ob tatsächlich Zivilbeamte dabei waren. Und ob Schwarz-Gelb die Einschätzung teile, dass es sich um einen rechtsextremen Überfall handele. Die Polizei hatte trotz eindeutiger Zeugenaussagen und der szenetypischen Kleidung der Angreifer nämlich zunächst politische Hintergründe verneint. Es war vielmehr die Rede von randalierenden durchreisenden Fußballfans. Gleichzeitig fragt der grüne Justizexperte nach Verbindungen von niedersächsischen Neonazi-Gruppen zu rechten Schlägertrupps in Bremen.

Kein Einzelfall

Der Vorfall in Wunstorf fügt sich ein in eine ganze Reihe von braunen Attacken in Niedersachsen in der jüngsten Zeit. Erst vor zehn Tagen wurde auf den autonomen Jugendtreff "Café Falkenkeller" in Barsinghausen bei Hannover ein Brandanschlag verübt. Kurz davor griffen Teilnehmer des Nazi-Aufmarsches in Hamburg auf ihrer Rückreise im Bahnhof Uelzen eine Gruppe linksgerichteter Jugendlicher an. Im Januar überfielen offenbar Besucher eines Konzerts der rechten Hooligan-Band "Kategorie C" einen Punker in Delmenhorst. Er musste ins Krankenhaus.

Eine Woche zuvor attackierten 70 Rechtsextreme auf der Rückreise von einer Nazi-Kundgebung in Magdeburg nach Münster kurz hinter Hannover im Zug vier linke Gegendemonstranten, nachdem die den Zug begleitende Polizei im Hauptbahnhof der Landeshauptstadt ausgestiegen war. Auch in den Jahren davor gab es braune Angriffe auf linke Jugendliche, unter anderem 2010 auf eine Party in Wistedt (Kreis Harburg) sowie frühere Überfälle auf die "Wohnwelt" und den "Falkenkeller".

Diese und andere Beispiele belegen für Limburg eine gezielte Strategie militanter Rechtsextremer gegen die Antifa-Szene. Dabei werfen die Grünen Innenminister Uwe Schünemann indirekt vor, dem aggressiven Klima gegen linke Jugendliche Vorschub zu leisten, indem er immer wieder das linke und rechte Spektrum gleichsetze und gleichermaßen als Bedrohung der Demokratie bezeichne. Limburg forderte die Landesregierung auf, wirkungsvolle Maßnahmen zu ergreifen, um künftig Jugendzentren und linke Aktivisten vor braunen Überfällen zu schützen.

Bildunterschrift: Springerstiefel eines Teilnehmers einer Demonstration der rechten Szene.

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Schaumburger Zeitung Online, 14.06.2012:

Nazi-Aufmarsch: Initiative wirbt für Blockaden

14.06.2012 - 19.22 Uhr

Bad Nenndorf (par). Die Initiative "Kein Nazi-Aufmarsch in Bad Nenndorf" bereitet sich intensiv auf die von ihr für den 4. August in der Kurstadt angekündigten Menschenblockaden während des jährlichen Nazi-Aufmarsches vor. Nach Angaben der Initiative ist in den vergangenen Wochen das Konzept für Blockaden ausgearbeitet worden.

"Wir werden bereits die Anreise der Neonazis auf ihrer geplanten Aufmarschroute durch massenhafte Menschenblockaden stoppen. Kein Neonazi wird am 4. August die Bahnhofstraße in Bad Nenndorf betreten oder das Wincklerbad überhaupt erreichen", erklärte die Sprecherin der Initiative. Dazu will die Initiative rings um die geplante Aufmarschroute Blockadepunkte errichten, sodass alle Zugänge für die Nazis blockiert seien.

"Vorbild für dieses Konzept sind die erfolgreichen Blockaden dieses Jahr in Lübeck, wo der Lautsprecherwagen der Rechtsextremen nicht den Aufmarsch erreichte, und in Neumünster, wo die Neonazis erst gar nicht zu ihrer geplanten Aufmarschstrecke gekommen sind", heißt es in der Pressemitteilung der Initiative.

Gleichzeitig startete Anfang Juni die überregionale Mobilisierungskampagne zu den Blockaden. Nach Angaben der Initiative unterstützen mittlerweile mehr als 70 Gruppen und Verbände aus ganz Niedersachsen und darüber hinaus das geplante Vorhaben auf ihrer Internetseite. Jetzt sind das Kampagnenpaket und der Flyer in 10.000-facher Auflage gedruckt worden und sollen in den kommenden Tagen bundesweit verschickt werden.

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NRW rechtsaußen, 14.06.2012:

Bielefeld: Urteil gegen Matthias G.

Rheda-Wiedenbrück / Bielefeld: Am gestrigen Mittwoch wurde der 27-jährige Matthias G. aus Rheda-Wiedenbrück, der unter anderem am 15. November 2011 am Bahnhof in Rheda auf ein türkisches Lebensmittelgeschäft und das Gebäude des "Türkisch-Deutschen Hilfsvereins" geschossen hatte, von der III. Großen Strafkammer des Landgerichts Bielefeld zu drei Jahren Haft verurteilt. Angeklagt war G. wegen des Herbeiführens von zwei Sprengstoffexplosionen, Sachbeschädigung und Zerstörung an beziehungsweise von Bauwerken, einfacher und gemeinschädlicher Sachbeschädigung, Verstößen gegen das Waffengesetz und Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Die Unterbringung in eine psychiatrische Klinik wurde angeordnet. Der von der Kulturinitiative Detmold e.V. betriebene Blog www.hiergeblieben.de berichtet (von NRW rechtsaußen gekürzt und überarbeitet):

"Rassistische Übergriffe von Ausländern auf Deutsche"

Der Angeklagte hatte in einer Einlassung am 5. Juni 2012 wörtlich gesagt, seine Taten seien "eine natürliche Reaktion auf rassistische Übergriffe von Ausländern auf Deutsche" gewesen. G. sprach weiter von einer "zunehmenden Kriminalität von Ausländern", das "Fass" sei "voll" gewesen, das "Ganze wäre nicht passiert, wenn Deutschland nicht so viel Multi-Kulti" hätte. So wie er würden "50 Prozent denken", die Menschen würden aber "am Wochenende Alkohol trinken oder nichts tun". Und wörtlich: "Ich habe eben gehandelt!" Lediglich Staatsanwalt Torsten Polakowski wertete in seinem Plädoyer diese Aussagen bei der Forderung nach einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten und die psychiatrische Unterbringung als ausdrücklich strafverschärfend.

Rückblick: Tatgeschehen

G. hatte am frühen Morgen des 15. November 2011 gegen 02.05 Uhr mit zwei Karabinern bewaffnet 25 bis 30 Schüsse im Bereich des Bahnhofs Rheda abgegeben. Im Bahnhof hatte G. in Richtung eines Mannes geschossen, der dort übernachten wollte. Das Opfer rannte davon und erlitt ein Knalltrauma. Auf dem Bahnhofsvorplatz schoss der Angeschuldigte auf ein türkisches Lebensmittelgeschäft und das Gebäude des "Türkisch-Deutschen Hilfsvereins". Wenig später ließ er sich von der Polizei, die er zuvor selbst per Telefon alarmiert hatte, widerstandslos festnehmen.

Bei der Festnahme wurde festgestellt, dass sich G., der am linken Arm eine Armbinde mit Hakenkreuz trug, mit Klebeband mehrere Sprengstoffpakete um den Körper gelegt hatte, die in Verbindung mit einer offenen Flamme zur Explosion gebracht hätten werden können. Demnach trug der 27-Jährige rund 800 Gramm Sprengstoff an seinem Leib. "Die Bombe war reib-, schlag- und wärmeempfindlich. Sie ließ sich einwandfrei zünden, und sie hätte großflächige tödliche Verletzungen erzeugt. In Oberkörperhöhe angebracht hätte die Vorrichtung den Träger sogar in drei Stücke zerreißen können", wies ein Gutachter des Landeskriminalamts am 21. Mai 2012 in seiner Aussage vor Gericht auf die Gefährlichkeit der Rohrbombe hin. Am ersten Verhandlungstag sagte Matthias G. unter Ausschluss der Öffentlichkeit aus, er hantiere seit dem Jahre 2005 mit Sprengstoff, unter anderem habe er schon damals Explosionen in einem Waldgebiet durchgeführt.

Unmittelbar vor der Tat hatte G. ein Fahrrad und einen Rucksack mit Sprengstoffzubehör sowie einen Waffen-SS-Helm mit entsprechenden Runen in die Ems geworfen. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung wurden unter anderen zwei weitere Langwaffen beschlagnahmt.

Nach den Ergebnissen der Beweisaufnahme hatte G. im Juni 2011 in einem stillgelegten Klärwerk in Wiedenbrück eine mit 300 Gramm Sprengstoff gefüllte Gasflasche zur Explosion gebracht haben, wobei tragende Wände und andere Teile des Gebäudes erheblich beschädigt wurden. Später soll G. dort eine noch stärkere Sprengladung gezündet haben, danach musste das Gebäude wegen Einsturzgefahr abgerissen werden. Von dem zerstörtem Klärwerk hatte G. eine Foto-Datei angelegt, die bei einer Durchsuchung am 15. November 2011 beschlagnahmt wurde.

"Keine wirklich gravierenden Straftaten"?

Der Bielefelder Staatsanwalt Christoph Mackel hatte bereits am 2. April 2012 erklärt: "Er wollte sich selbst töten, aber gleichzeitig ein öffentliches Zeichen setzen." G. wollte "allgemein etwas gegen Türken machen", heißt es in der Anklageschrift vom 6. März 2012. Um "die Provokation" in Anbetracht der öffentlichen Debatte über die fürchterlichen Breivik-Morde in Norwegen noch weiter zu erhöhen, habe G. eine Binde mit einem Hakenkreuz getragen, sagte der Staatsanwalt.

Der Bielefelder Rechtsanwalt und Strafverteidiger Martin Mauntel hingegen stellte einen "fremdenfeindlichen Hintergrund" in Abrede. G. sei, so wörtlich, "nicht wirklich gefährlich für andere Menschen". Die Sachbeschädigungen am Bahnhof von Rheda seien beispielsweise vergleichbar mit denen nach Spielen von Arminia Bielefeld. Deshalb hätte das Verfahren auch nicht vor dem Landgericht Bielefeld, sondern vor einem Amtsgericht stattfinden müssen. Mauntel beantragte eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, und die Aufhebung des Haftbefehls. Bereits zwei Tage nach den Taten, am 17. November 2011, hatte er erklärt, sein Mandant habe "mit der Neonazi-Szene nichts am Hut". G. habe "aus ganz persönlicher Verzweiflung" gehandelt und mit seiner Tat "zu keiner Zeit Dritte gefährden" wollen. Warum G. bei seiner Tat eine Hakenkreuz-Binde trug, erklärte Mauntel damals so: "Er wollte Aufmerksamkeit erzielen."

Der während der Dauer von sechs Verhandlungstagen oft überfordert wirkende Vorsitzende Richter Karsten Nabel verneinte in der mündlich vorgetragenen Urteilsbegründung ebenso einen "fremdenfeindlichen Hintergrund", die Äußerungen des Angeklagten hätten nur der "Provokation" gedient. Seit vielen Jahren habe sich bei Matthias G. eine soziale Phobie bemerkbar gemacht, die sich in Minderwertigkeitsgefühlen äußerte und den Angeklagten zum Einzelgänger gemacht habe. Das Gericht folgte damit der Empfehlung des Psychologen Siegfried Binder und des Psychiaters Dr. Miroslav Brkanivic, G. wegen einer krankhaften neurotischen Persönlichkeit, physiologische Erregungszustände, irrationale Gewalt-Exzesse sowie Depressionen in eine psychiatrische Klinik einzuweisen.

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Radio Gütersloh, 14.06.2012:

"Amokläufer" kommt in die Psychiatrie

Der so genannte Amokläufer von Rheda-Wiedenbrück kommt in eine geschlossene Anstalt. Das Landgericht verurteilte den 27-Jährigen zu einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten und ordnete die Unterbringung in der Psychiatrie an. Der Angeklagte war sauer. Er habe keinen Bock sich das anzuhören, sagte er zur Urteilsbegründung des Richters. Der Verteidiger und zwei Justizbeamte mussten auf den Mann einwirken. Mit seinen Schüssen am Bahnhof in Rheda hat er nach Ansicht des Gerichtes Todesängste verbreitet. Weil er seine Spannungszustände nicht kontrollieren könne, sei die Unterbringung in der Psychiatrie nötig.

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WDR-Nachrichten aus Ostwestfalen-Lippe, 14.06.2012:

Urteil Amoklauf Rheda-Wiedenbrück

Der Amokläufer von Rheda-Wiedenbrück ist zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Außerdem beschloss das Gericht die Unterbringung des 27-Jährigen in einer geschlossenen Anstalt. Ein psychisch Kranker, der seine Wut nicht kontrollieren kann. So sahen die Richter den 27-Jährigen, der im vergangenen November auf dem Bahnhof in Rheda-Wiedenbrück Angst und Schrecken verbreitete. Mehr als 30 mal schoss er um sich, trug einen Sprengstoff-Gürtel und eine NS-Uniform. Ein Zeichen gegen die multikulturelle Gesellschaft habe er setzen wollen, sagte der Mann. Weil die Richter davon ausgehen, dass er weiter eine große Gefahr für die Allgemeinheit darstellt, kam er sofort in die geschlossene Psychiatrie in Lippstadt-Eickelborn.

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Zeitung für Gütersloh, Rheda-Wiedenbrück, Rietberg und Harsewinkel / Westfalen-Blatt, 14.06.2012:

"Psychiatrie ist das Schlimmste" / Der so genannte "Amokläufer" von Rheda muss in eine geschlossene Anstalt und dann ins Gefängnis

Von Wolfgang Wotke

Kreis Gütersloh (WB). Für Staatsanwalt Torsten Polakowski ist die Sache klar: "Der Angeklagte hat seine Tat geplant, er hat den öffentlichen Frieden gestört und Todesängste verbreitet. Ich erkenne sogar eine objektive Gefährlichkeit."

So forderte er in seinem Plädoyer, den 27-jährigen Beschuldigten aus Rheda-Wiedenbrück, der im November am Bahnhof in Rheda aus Frust und Enttäuschung um sich geschossen hatte, dazu noch einen Sprengsatz am Oberkörper trug, um ihn später zu zünden und sich damit das Leben zu nehmen, zu drei Jahren und sechs Monaten Gefängnis zu verurteilen. Auch die Gefahrenprognose sei zu bejahen. Deshalb müsse er in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen werden. Nach fast dreistündiger Beratung verurteilte ihn das Landgericht Bielefeld gestern schließlich zu einer Haftstrafe von drei Jahren und ordnete die Einweisung in eine Psychiatrie an. Den Urteilsspruch wollte der junge Mann auf der Anklagebank jedoch nicht so weiteres hinnehmen, hatte er sich doch zuvor für seine Tat in seinem Schlusswort bei allen Beteiligten entschuldigt. Von ihm gehe in Zukunft keine Gefahr mehr aus, weil ihn die Untersuchungshaft sehr mitgenommen habe. Eine Einweisung in eine geschlossene Anstalt sei für ihn das Schlimmste. Dann grummelte er: "Ich habe keinen Bock mehr, mir das alles hier noch mal anzuhören." Sein Rechtsanwalt und auch zwei Wachtmeister mussten ihn immer wieder besänftigen.

Verteidiger Martin Mauntel aus Bielefeld, dessen Beweisantrag am vorletzten Prozesstag der Kammer Kopfzerbrechen bereitete (er hatte die Gutachten zweier Experten in Frage gestellt), versuchte in seinem Plädoyer noch einmal zu verdeutlichen, dass sein Mandant nie einen Amoklauf, so wie es in der Anklage steht, veranstaltet habe. "Dazu gehört immer, dass man Menschen gefährdet. Das war hier nicht der Fall", sagte der Jurist. Mauntel stellte die Frage: "Was haben wir denn hier strafrechtlich eigentlich zu bewerten? Wir haben Sachbeschädigungen, einen Verstoß gegen das Waffengesetz und noch nicht einmal eine Körperverletzung." Das alles seien Tatbestände, die normalerweise nicht am Landgericht zu verhandeln seien.

Mit der Empfehlung des Psychologen Siegfried Binder und des Psychiaters Dr. Miroslav Brkanivic, den Angeklagten wegen einer krankhaften neurotischen Persönlichkeit, physiologische Erregungszustände, irrationale Gewalt-Exzesse sowie Depressionen in eine psychiatrische Klinik einzuweisen, war Martin Mauntel von Anfang an nicht einverstanden. "Hier wäre es besser, ihn in der Freiheit zu behandeln als in einer geschlossenen Anstalt." Ihn einzuweisen wäre fatal, denn das ganze Verfahren habe seinen Mandanten so stark beeindruckt, dass er in Zukunft die Finger von Sprengstoff und von derartigen Aktionen lassen würde. "Er ist für andere Menschen nicht mehr gefährlich." Auch die Sozialprognose sehe er eher günstig.

Der Vertreter der Anklage sah das jedoch alles ganz anders. Torsten Polakowski: "Wie kann ein junger Mann vier Monate nach der schrecklichen Gewalttat in Norwegen sich einen Stahlhelm aufsetzen, eine Hakenkreuz-Binde umlegen und um sich schießen, um die Öffentlichkeit damit zu provozieren? Das kann ich nicht nachvollziehen."

Ob Martin Mauntel das Urteil anfechten wird, stehe noch in den Sternen. "Ich werde mich mit meinem Mandanten in Ruhe beraten, um dann zu entscheiden, ob der Bundesgerichtshof (BGH) das letzte Wort sprechen wird." Es könne aber auch sein, so der Verteidiger, dass man den Urteilsspruch annehmen werde.

Bildunterschrift: Staatsanwalt Torsten Polakowski hat 42 Monate Haft gefordert.

Bildunterschrift: Martin Mauntel muss seinen Mandanten nach der Urteilsverkündung mehrmals beruhigen.

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Neue Westfälische 07 - Gütersloh, 14.06.2012:

"Amokläufer" muss in die Psychiatrie / Urteil: Drei Jahre Haft und Unterbringung

Rheda-Wiedenbrück / Bielefeld (joh). "Die Sache tut mir furchtbar leid, ich möchte mich für mein Verhalten hier entschuldigen", zeigte der Angeklagte in seinem Schlusswort Einsicht und Reue. Doch als der Vorsitzende Carsten Nabel zwei Stunden später das Urteil verkündete, war es mit der Beherrschung von Matthias G. vorbei.

Der 27-Jährige unterbrach den Richter mehrfach und schickte sich mit der Begründung, er habe "keinen Bock drauf" den Ausführungen Nabels weiter zuzuhören, an, den Saal zu verlassen. Gutes Zureden des Vorsitzenden und zwei zum Eingreifen bereite Justizwachtmeister ließen ihn wieder auf seinen Platz zurückkehren.

Das Missfallen des "Amokläufers" von Rheda-Wiedenbrück dürfte sowohl in der Höhe der verhängten Haftstrafe von drei Jahren, noch viel mehr aber in der Anordnung seiner Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie begründet sein. Strafbar gemacht hatte sich G. wegen Herbeiführens von Sprengstoffexplosionen, Verstößen gegen das Waffengesetz, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sowie gemeinschädlicher und einfacher Sachbeschädigung.

Das Urteil entsprach weitgehend dem Antrag von Staatsanwalt Torsten Polakowski. Verteidiger Martin Mauntel hatte in seinem Plädoyer eine Haftstrafe von einem Jahr und acht Monaten mit Bewährung für angemessen gehalten und gefordert, von der Unterbringung abzusehen.

Etwa ab 2005 habe Matthias G. sich mit Waffen beschäftigt und begonnen, mit selbst hergestelltem Sprengstoff zu experimentieren, hieß es in der Urteilsbegründung. In diesem Zusammenhang verwandelte der Angeklagte das stillgelegte Klärwerk im Juni 2011 mit zwei Sprengsätzen in eine abbruchreife Ruine. Schon viel früher habe sich bei Matthias G. eine soziale Phobie bemerkbar gemacht, die sich in Minderwertigkeitsgefühlen und Depressionen äußerte und den Angeklagten zum Einzelgänger machte, schilderte Nabel die Entwicklung der Krankheit.

Weil er am Tattag von einer Frau versetzt worden war, beschloss G., seinem Leben in einer aufsehenerregenden Aktion ein Ende zu setzen. Bewaffnet mit zwei Karabinern und ausstaffiert mit einer Hakenkreuz-Binde machte er sich gegen 2 Uhr früh am 15. November auf den Weg zum Bahnhof. Dort schoss er wild um sich, feuerte etwa 25 bis 30 Schüsse auf Lampen und Schilder sowie auf die Schaufenster eines türkischen Lebensmittelladens und des Deutsch-Türkischen Kulturvereins ab. Menschen kamen nicht zu Schaden.

Das Gericht sei nicht von einem fremdenfeindlichen Motiv ausgegangen, erklärte der Vorsitzende. Entsprechende Äußerungen des Angeklagten hätten nur der Provokation gedient. Weil er seine Spannungszustände nicht kontrollieren könne, sei die Unterbringung G.s in der Psychiatrie erforderlich.

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Neue Westfälische, 14.06.2012:

Täter muss nach Schießerei in die Psychiatrie

Rheda-Wiedenbrück (joh). Der Mann, der im November 2011 am Bahnhof in Rheda um sich geschossen hat, kommt in die Psychiatrie. Das Landgericht Bielefeld verurteilte den 27-Jährigen zu drei Jahren Haft, ordnete aber seine Einweisung in eine geschlossene Anstalt an. Angeklagt war er wegen der Schießerei und wegen Herbeiführens zweier Sprengstoffexplosionen: Er hatte in einem stillgelegten Klärwerk Sprengladungen gezündet, das Gebäude musste abgerissen werden.

Am frühen 15. November war er dann bewaffnet mit zwei Karabinern und mit einer Hakenkreuz-Binde ausstaffiert an den Bahnhof gezogen. Dort schoss er in Richtung eines Passanten, der ein Knalltrauma erlitt, und feuerte dann 25 bis 30 Schüsse unter anderem auf ein türkisches Lebensmittelgeschäft und den Deutsch-Türkischen Kulturverein ab. Fremdenfeindliche Sprüche des Manns wertete das Gericht als Provokation. Weil er seine Spannungszustände nicht kontrollieren könne, müsse er untergebracht werden.

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Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V., 14.06.2012:

Koalitionsvertrag: Viel Lärm um nichts

Büren. Der Koalitionsvertrag der rot-grünen Regierung in NRW stellt sich im Bereich der Abschiebehaft überwiegend als Luftnummer heraus und erfüllt in Teilen gerade nur die gesetzlichen Vorgaben.

In den Zeilen 5181 bis 5189 werden im Koalitionsvertrag zwischen SPD und Bündnis 90 / Die Grünen Themen rund um den Bereich der Abschiebehaft behandelt. Was die Abschiebehaft anbelangt sind vorwiegend Selbstverständlichkeiten vereinbart worden. Beispielsweise heißt es: "Für Minderjährige müssen die Vorgaben der EU-Rückführungsrichtlinie und der UN-Kinderrechtskonvention Beachtung finden, das heißt es müssen altersgerechte Freizeitbeschäftigungen und Erholungsmöglichkeiten gewährleistet und der Zugang zu Bildung ermöglicht werden." Dabei ist zu beachten, dass beide Vorschriften geltendes Bundesrecht und daher ohnehin einzuhalten sind.

Auch der Satz "Abschiebehaft kann in einem Rechtsstaat nur Ultima Ratio sein und soll soweit als möglich vermieden werden" ist bereits im geltenden Recht und in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verankert.

Die Forderung aus dem Koalitionsvertrag "Unbegleitete Minderjährige müssen so weit wie möglich in Einrichtungen untergebracht sein, die personell und materiell ihre altersgemäßen Bedürfnisse berücksichtigen" bleibt sogar hinter geltendem Kinder- und Jugendrecht zurück, weil mit der Einschränkung "soweit wie möglich" eine Hintertür offen gelassen wurde, die das geltende Recht nicht vorsieht.

Lediglich die Ausführungen, dass der Abschiebehaftvollzug so human wie möglich ausgestaltet werden soll, könnten zu Hoffnungen Anlass geben. Allerdings hat die rot-grüne Regierung im letzten Jahr durch die Verlegung der Frauen von der JVA Neuss in die JVA Büren ihre eigenen Vorgaben konterkariert. Die Haftsituation für Frauen hat sich objektiv verschlechtert. So wurden zum Beispiel die Aufschlusszeiten der Frauen drastisch gekürzt und die medizinische Versorgung hat deutlich nachgelassen. Da in der JVA Büren auch Straftäter untergebracht sind, sind viele Erleichterungen, die in anderen Bundesländern selbstverständlich sind, wie zum Beispiel die Nutzung von Handys, permanenter Aufschluss etc., in Büren nur schwer realisierbar.

"Der Koalitionsvertrag macht deutlich, wie schlecht es um die Rechte von Abschiebehäftlingen in NRW steht", so führt Frank Gockel, Pressesprecher des Vereins "Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V." aus. "Wenn man sich veranlasst sieht, Selbstverständlichkeiten wie die Einhaltung von Gesetzen niederzuschreiben, wirft das ein bezeichnendes Licht auf die momentane Situation", so Gockel weiter. Zur Unterstützung der Häftlinge fordert der Verein "Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V." eine kostenlose anwaltliche Vertretung im gesamten Haftverfahren. Eine juristische Verfahrensbegleitung, ähnlich wie sie Untersuchungshäftlingen zukommt, ist unbedingt notwendig. Leider steht dazu nichts im Koalitionsvertrag.

"Wir brauchen einen offenen Dialog, in dem die Landesregierung allen Seiten zuhört und nicht nur darauf vertraut, dass die ausführende Behörde ihre Arbeit macht", so Gockel. "Es gibt erschreckend viele Defizite im Bereich der Anordnung der Abschiebehaft und im Vollzug. Das Grundrecht auf Freiheit wird zu oft missachtet. Dem muss Einhalt geboten werden."

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info@hiergeblieben.de

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