www.hiergeblieben.de

Schaumburger Nachrichten , 02.04.2004 :

"Tumor-Rede": Bregulla kündigte "Schlagzeile" an

Pohle. Die CDU im Kreis Schaumburg bezichtigt die Presse, die Aussagen des Pohler-CDU-Chefs, der Zuzug von Ausländern sei "Tumor der Gesellschaft", "undifferenziert" wiedergegeben zu haben. Dabei hat Jürgen Bregulla die Wirkung seiner Äußerungen schon vor der Rede bei den Schaumburger Nachrichten angekündigt.

Bregulla hatte vor der Jahresversammlung der CDU Pohle in der Bad Nenndorfer Redaktion der Schaumburger Nachrichten angerufen und gefragt, ob ein Journalist zu der Versammlung komme. Der CDU-Vorsitzende kündigte in dem Telefonat an, dass er eine Rede halten werde, die vielleicht "eine schöne Schlagzeile" geben würde. Für den SN-Mitarbeiter, der die Versammlung besuchte, hatte er dann ein Manuskript mit der Rede parat. Zwei Seiten davon beschäftigen sich mit innerparteilichen Belangen des Ortsverbandes. Auf den restlichen acht Seiten wird ausschließlich die Ausländer- und Fremdenpolitik thematisiert.

Obwohl diese Vorlage als Grundlage für den anschließenden Artikel diente, meinen Bregullas Parteifreunde, die Äußerungen von Pohles CDU-Vorsitzenden seien nicht richtig dargestellt. "Wir sind der Meinung, dass das undifferenziert wiedergegeben worden ist", sagte der CDU-Kreisverbandsvorsitzende Burkhard Balz am Donnerstagabend in der Jahresversammlung des CDU-Amtsverbandes Rodenberg, nachdem er per Handy mit dem CDU-Landtagsabgeordneten Joachim Runkel telefoniert hatte. Beide waren bei der besagten Rede anwesend und hatten dazu keine Stellung bezogen. Balz machte zwar vor dem Amtsverband unmissverständlich deutlich, dass die "Wortwahl so nicht stehen gelassen werden kann", meinte aber, der entsprechende Zeitungsartikel sei zu "hinterfragen".

SPD: "Volksverhetzung"

Sein Vorgänger, der ehemalige CDU-Kreisvorsitzende Johannes Stauske, hatte vor acht Jahren anders reagiert, als Bregulla bereits einmal durch extreme Standpunkte zur Ausländerpolitik aufgefallen warl. Stauske hatte seinem Parteikollegen widersprochen und den Zuzug von Russlanddeutschen, den die damalige CDU-Bundesregierung forcierte, verteidigt. Bregulla hatte damals ebenfalls die Ausländerpolitik kritisiert und statt von einem "Tumor" von "einer Lunte" gesprochen, die in der Gesellschaft brenne, wie ein entsprechender SN-Zeitungsartikel von 1996 belegt.

Die SPD ist über die Äußerungen des Pohlers entsetzt. Für den Samtgemeindeverband Rodenberg kommen die Äußerungen Bregullas "dem Strafbestand der Volksverhetzung bedenklich nahe". Für den Vorsitzenden Günter Wosny benutzt der CDU-Mann eine Wortwahl, die "auf unsägliche Weise an die Wortwahl des Nationalsozialismus erinnert". Es stelle sich die Frage, wie in einer Partei, "die sich nach eigenem Bekunden für christliche Werte einsetzt und das große 'C' in ihrem Namen trägt, ein Person mit derartigen Ansichten zum Ortsvereinsvorsitzenden gewählt werden konnte".

Auch bei Bündnis 90/Die Grünen ist die Reaktion eindeutig. "Geschockt von einer derart menschenverachtenden Wortwahl gepaart mit Unkenntnis jenseits der Schmerzgrenze", zeigt sich der stellvertretende Vorsitzende des Kreisverbandes, Thomas Künzel.

Der niedersächsische CDU-Generalsekretär Friedrich-Otto-Ripke teilt mit, dass Bregulla am Montag zu der Rede Stellung nehmen wolle. Der Pohler CDU-Chef habe ihm in einem Telefonat am Freitagmorgen versichert, dass er sich von der Wortwahl des Vortrages distanzieren wird. Laut Ripke bedauert der Pohler Parteichef "inzwischen" die Formulierungen seiner Rede. Der Generalsekretär selbst nannte die zitierten Worte "absolut inakzeptabel". Allerdings halte er es "vor der endgültigen Prüfung des Falles" für unangemessen, "Jürgen Bregulla vorzuverurteilen und in die rechte Ecke zu stellen".


sn@madsack.de

zurück