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Zeitung für Schloß Holte-Stukenbrock / Westfalen-Blatt , 07.09.2015 :

"Eine gewaltige Herausforderung" / Frücht lobt Einsatzkräfte - Polizeischule erneut Notunterkunft für Flüchtlinge

Von Bernd Steinbacher

Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Während in direkter Nachbarschaft an der Notunterkunft für 1.000 Flüchtlinge unter Hochdruck gebaut wird, sind gestern überraschend Asylbewerber in die Polizeischule eingezogen. Für wie lange, ist nicht klar. Platz für bis zu 500 Menschen haben Polizisten und Einsatzkräfte von Hilfsorganisationen und der Feuerwehr in der Nacht zu Sonntag geschaffen.

Am Samstag, gegen 15 Uhr, wurden die Beschäftigten des Landesamtes für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei (LAFP) NRW alarmiert. Seitdem sind etwa 100 Einsatzkräfte zu wechselnden Zeiten im Einsatz.

"Angesichts der großen Not und dem Schutzbedürfnis der geflüchteten Menschen ist es für uns ein selbstverständlicher Akt der Menschlichkeit, Hilfe zu leisten. Menschen in Not zu helfen, ist oberste Aufgabe der Polizei", sagte gestern Michael Frücht, Direktor des LAFP NRW. "Es ist zweifelsohne eine gewaltige Herausforderung, die wir aber erfolgreich bewältigen werden. Das, was die Einsatzkräfte organisatorisch in nur einer Nacht mit einem unglaublichen Engagement geleistet haben, war eine Meisterleistung."

Die ersten Flüchtlinge trafen mit zivilen Polizeibussen gestern Mittag in Schloß Holte-Stukenbrock ein. Weitere sollten bis zum Abend folgen. Die Ankommenden werden medizinisch untersucht. Zwei Personen kamen vorsorglich in Quarantäne. Dass ein hohe Ansteckungsgefahr bestehe, entbehre aber jeglicher Grundlage. "In der Straßenbahn wissen Sie auch nicht, wer sie anniest", sagte Frücht.

Für die Betreuung der Flüchtlinge und die Vorbereitung auf deren Ankunft sorgen die Malteser, das DRK, die Feuerwehr und das Technische Hilfswerk und Polizeischüler. Ihre Ausbildung erhält durch die Flüchtlinge weiteren Praxisbezug.

Die wesentlichen Inhalte des gegenwärtigen Ausbildungsabschnittes, der noch diesen Monat endet, wurden bereits erfolgreich vermittelt, teilt Viktor Ocansey, Pressesprecher des LAFP, mit. Die hohen Qualitätsstandards und Lernziele stets im Blick, werde die Ausbildung lediglich in Schloß Holte-Stukenbrock auf prüfungsrelevante Themen konzentriert. Die noch wenigen ausstehenden Prüfungen für die betroffenen Kommissaranwärterinnen und -anwärter aus Westfalen werden in weiteren LAFP-Standorten in NRW planmäßig durchgeführt.

Durch die temporäre Anpassung stehen Studierende und Lehrende vorübergehend bereit, bei diesem humanitären Einsatz für in Not geratene Menschen aus aller Welt gemeinsam mitzuhelfen.

Die Fortbildung der Polizeibeamten in Schloß Holte-Stukenbrock wird bis auf Weiteres unterbrochen. "Lehrgänge, die am heutigen Montag weitergehen sollten, und die, die neu beginnen sollten, wurden abgesagt", sagte Polizeidirektor Bernd Stienkemeier, Leiter der Ausbildung der Polizeischule. So stünde nun Platz für die Flüchtlinge zur Verfügung. Der Großteil von ihnen wird in den Gebäuden untergebracht, die sonst als Unterkunft für die Polizisten während der Fortbildung dienen. Zusätzliche Betten sind aufgestellt worden, ebenso in den älteren einstöckigen Gebäuden. 143 Personen können zudem in der Sporthalle untergebracht werden. Die Halle wurde mit Platten ausgelegt, um den Boden zu schonen. Einsatzkräfte bauten die Feldbetten auf. Abgrenzungen, die etwas Privatsphäre schaffen, konnten noch nicht errichtet werden. "Wir wollen vorrangig Familien in den Appartements und Einzelräumen unterbringen", erklärte Stienkemeier.

Bürgermeister Hubert Erichlandwehr besuchte gestern ebenfalls die Polizeischule, um sich einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Am Samstag hatte er von der Unterbringung der Flüchtlinge erfahren. "Vordringliches Ziel ist, Platz zu schaffen und den Menschen zu helfen", betonte der Bürgermeister. Er lobte die bisherige Hilfsbereitschaft der Bevölkerung, wies aber auch daraufhin, dass in der Stadt bereits 270 Flüchtlinge leben.

Bildunterschrift: Für die Flüchtlinge ist alles vorbereitet: (von links) Pressesprecher Viktor Ocansey, Bürgermeister, Hubert Erichlandwehr und Polizeidirektor Bernd Stienkemeier, Leiter der Ausbildung an der Polizeischule in Schloß Holte-Stukenbrock, in der Turnhalle.

Bildunterschrift: Medizinische Untersuchungen gehören dazu, im Zweifelsfall auch im Schutzanzug.


SHS@westfalen-blatt.de

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