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Westfalen-Blatt , 15.03.2010 :

"Eine einmalige Synagoge" / Zentralrats-Präsidentin Charlotte Knobloch lobt Herforder Neubau

Von Hartmut Horstmann

Herford (WB). Für Harry Rothe, den Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Herford-Detmold, ist gestern ein Lebenstraum in Erfüllung gegangen. Nach einer Planungszeit von 15 Jahren wurde die neue Synagoge eingeweiht.

Zu den Ehrengästen der Einweihungsveranstaltung zählten Charlotte Knobloch, die Präsidentin des Zentralrats der Juden, und NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers. Beide geizten nicht mit lobenden Worten, so attestierte Charlotte Knobloch den Herfordern: "Diese Synagoge ist wirklich etwas Einmaliges." Dabei bezieht sich die 77-Jährige auf den Baustil, der die neogotische Backstein-Fassade des 1938 zerstörten Gebäudes aufnimmt: "Die Synagoge ist die steingewordene Erinnerung an die alte Jüdische Gemeinde."

NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers nutzte die Gelegenheit, sich direkt an Charlotte Knobloch zu wenden. Er bedaure, dass sie nicht noch einmal für das Amt der Zentralrats-Präsidentin kandidieren werde: "Sie haben den Juden in Deutschland ein Gesicht gegeben. Und eine Stimme, die nicht polternd daherkam."

Für Jürgen Rüttgers war es die fünfte Synagogen-Einweihung während seiner Amtszeit. Wichtig für ihn ist das Vertrauen, das sich im Bau der Häuser ausdrückt, "das Vertrauen von Menschen jüdischen Glaubens, hier bei uns sicher leben zu können". Gleichzeitig betonte er, der Holocaust könne niemals der Geschichte überantwortet werden - daher sei das "Existenzrecht Israels Teil unserer Staatsräson".

90 geladene Gäste - Vertreter befreundeter Gemeinden, Honoratioren und Großspender - nahmen an der Einweihungsfeier in dem Betsaal teil. Weitere 50 Besucher - vor allem Mitglieder der Gemeinde Herford-Detmold - hielten sich im Versammlungsraum auf und verfolgten das Geschehen über eine Leinwand. Sie sahen, wie die Rabbiner mit den vier Thora-Rollen Einzug hielten. Und sie sahen, wie sich die Menschen im Betsaal an den Händen fassten, durch die Reihen gingen und israelische Volkslieder sangen.

Ein optimistischer Ausklang unter dem Sternenhimmel von Jerusalem, denn an diesen ist die Lichteranordnung unter der Gewölbedecke des Betsaales angelehnt. Optimismus hatte zuvor auch Harry Rothe, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, verbreitet: "Irgendwann wird diese Synagoge ein Ort werden, der keine Sicherheitsvorkehrungen mehr braucht."

Einen ganz besonderen Tag erlebte gestern auch Walter Heinemann - der letzte Herforder Überlebende, der sich noch an die Gottesdienste in der alten Synagoge erinnern kann. Elf Jahre war er alt, als das Gotteshaus an der Komturstraße im Zuge der Reichspogromnacht zerstört wurde.

Gelegenheit, die Synagoge zu besuchen, besteht beim Tag der offenen Tür am 11. April.

Bildunterschrift: Vier Rabbiner (Avichai Apel, Yaacov Zinvirt, Shimon Großberg, Julian Chaim Soussan) tragen die Thora-Rollen. Deren Einheben in den Thora-Schrein gehört zur Einweihung einer Synagoge dazu - in der Mitte der Herforder Kantor Jakow Zelewitsch.

Bildunterschrift: Harry Rothe, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde, freut sich mit Charlotte Knobloch, der Präsidentin des Zentralrats der Juden, und NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (rechts) über die Einweihung der neuen Synagoge.

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