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Lippische Landes-Zeitung , 06.01.2010 :

"Eine kommerzialisierte Kunstaktion" / Heimat- und Verschönerungsverein spricht sich deutlich gegen "Stolpersteine" aus

Bad Salzuflen. Nach intensiven Beratungen spricht sich der Heimat- und Verschönerungsverein (HVV) gegen "Stolpersteine" aus. Die im Boden eingelassenen Steine mit Namen, Geburts- und Todesdaten würden den Opfern des Nationalsozialismus nicht gerecht, meint der Heimatverein.

Jüngst erst hatte der "Ratschlag gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit" sich für die "Stolpersteine" ausgesprochen (die LZ berichtete). Dem allerdings kann sich der HVV nicht anschließen. Bei der vom Künstler Gunter Demnig initiierten Aktion handele des sich um eine stark kommerzialisierte "Kunstaktion", führt der HVV im Brief an Bürgermeister und Ratsmitglieder aus. Das individuelle Gedenken an das einzelne Opfer des Holocausts trete in den Hintergrund. Dadurch stehe letztlich mehr der Künstler im Mittelpunkt als das Opfer.

In Bad Salzuflen gebe es zahlreiche bewährte Orte und Formen des Gedenkens, die sich unter Mitwirkung der Bürger etabliert hätten. Der HVV verweist auf die Gedenkstätte Mauerstraße, das Mahnmal auf dem jüdischen Friedhof an der Werler Straße oder den jüdischen Friedhof an der Oerlinghauser Straße. Jede Stadt habe ihre eigene Geschichte und arbeite sie individuell auf.

Wiesekopsieker erinnert an das "Priesterhaus"

Innerhalb der vergangenen zwei Jahrzehnte, so der HVV-Vorsitzende Dr. Stefan Wiesekopsieker, ist die Zeit des NS-Regimes für Bad Salzuflen sehr detailliert recherchiert worden. Vor allem Stadtarchivar Franz Meyer habe Beachtliches geleistet. "Wer behauptet, dass erst mit den 'Stolpersteinen' das Gedenken und Erinnern in Bad Salzuflen einsetze, zeigt entweder beschämende Unkenntnis oder böswillige Missachtung des Geleisteten."

Zudem würden "Stolpersteine" im Straßenpflaster verlegt, und man könne insbesondere in großen Städten wie Lübeck oder Münster erleben, wie Tausende diese Steine mit Füßen treten. "Niemand hält dort inne und gedenkt des Opfers. Eben dieses Missachten, das durch Mit-Füßen-Treten und Herabschauen auf die Opfer noch verstärkt wird, fordert auch viele Juden zur Kritik heraus."

Der Brief endet mit einem Appell: Salzuflen verfüge mit dem so genannten Priesterhaus, Hinterhaus Schloßstraße 19, über ein herausragendes Zeugnis jüdischen Lebens. "Diesem unter Denkmalschutz stehenden, aber dem Verfall preisgegebenen Gebäude sollte unser aller Aufmerksamkeit gelten. Wären die 95 Euro, die ein Stolperstein kostet, nicht besser in den Erhalt dieses Hauses investiert?", fragt Wiesekopsieker, der dort eine Dauerausstellung zum "Jüdischen Leben in Salzuflen und Schötmar" einrichten würde.


salzuflen@lz-online.de

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