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Paderborner Kreiszeitung / Neue Westfälische , 09.05.2006 :

"Eine großartige Auszeichnung" / Der Verein "Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren" bekommt Aachener Friedenspreis 2006

Von Jutta Steinmetz

Kreis Paderborn. Seit 1994 sitzen in der Justizvollzugsanstalt Büren Menschen hinter Gittern, die sich in Deutschland keine Straftat haben zuschulden kommen lassen. Sie werden inhaftiert, weil die Obrigkeit den Verdacht hegt, dass sich diese Menschen, die sich ohne eine Aufenthaltsberechtigung in Deutschland aufhalten, der Abschiebung entziehen wollen.

Fast genauso lange kümmert sich der Verein "Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren" um die Häftlinge und sorgt dafür, dass sie nicht Vergessenheit geraten. Gestern wurde dieses Engagement mit dem Aachener Friedenspreis belohnt.

Die Verleihung des Preises sei eine "großartige Auszeichnung", betonte die Superintendentin des evangelischen Kirchenkreis Paderborn. Die Arbeit des Vereins, so Anke Schröder, "geschieht weitgehend im Verborgenen. Sie wird von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Es ist zu hoffen, dass sich dies durch die Preisverleihung ändert und auch einzelne Lebensschicksale von Inhaftierten wahrgenommen werden."

"Der Verein 'Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren' hat über Jahre besondere gesellschaftliche Verantwortung gezeigt", verlautete gestern Nachmittag aus dem Generalvikariat. "Mit dem Friedenspreis wird dieses Engagement und damit die Situation der Häftlinge aus dem Abseits geholt und in die öffentliche Wahrnehmung gerückt", hieß es aus dem Hause des Erzbischofs Hans-Josef Becker. Denn "wir müssen uns Gedanken machen über die Formen menschenwürdigen Zusammenlebens".

Durch den Aachener Friedenspreis sei vor allem das ehrenamtliche Engagement der Vereinsmitglieder gewürdigt worden, konstatierte Landrat Manfred Müller. "Sie setzen sich für Menschen ein, die sonst vielleicht nicht so eine Lobby haben", so der Chef des Kreises Paderborn.

"Ich habe mich sehr gefreut", kommentierte Reinhard Borgmeier, Vorsitzender des Paderborner Flüchtlingsrats. Mit dem Preis werde "eine Arbeit gewürdigte, die über Jahre kompetent und engagiert betrieben wird", meinte er. Der Verein "Hilfe für Menschen in Abschiebehaft" habe "aber auch immer den Finger auf die Wunde gelegt, sprich auf die dunkle Seite der deutschenFlüchtlingspolitik aufmerksam gemacht".

Mit dem Aachener Friedenspreis werde "ein langjähriges, beharrliches Engagement gegen Ausgrenzung und für mehr Gerechtigkeit für alle Menschen in der Gesellschaft honoriert", kommentierte Sigrid Beer, Mitglied des Landtages (Bündnis 90/Die Grünen). "Ich hoffe, dass dies auch ein Anstoß ist, die Besetzung des Beirates der Bürener Haftanstalt neu zu bedenken. Der Anstaltsleiter sollte seine starre Haltung aufgeben und dem vom Kreistag vorgeschlagenen Mitglied des ausgezeichneten Vereins Prof. Dr. Uwe Kastens seinen Platz im Beirat einräumen."

"Sehr erfreut" äußerte sich auch Volker Strohmeyer, Leiter der Bürener Haftanstalt. Auch für seine Einrichtung sei es bemerkenswert, dass die ehrenamtliche Arbeit des Vereins nun durch den Aachener Friedenspreis gewürdigt wurde. "Ich hoffe auch weiterhin auf eine fruchtbare Zusammenarbeit", betonte Strohmeyer, "und sage nun 'Herzlichen Glückwunsch!'"

Für Engagement von "unten her" – Preisverleihung am 1. September

"Wir wollen Frauen, Männer oder Gruppen würdigen und vorstellen, die von 'unten her' dazu beigetragen haben, der Verständigung der Völker und der Menschen untereinander zu dienen sowie Feindbilder ab- und Vertrauen aufzubauen. Wir wollen Menschen ehren, unabhängig von ideologischen, religiösen oder parteipolitischen Kriterien und unabhängig von ihrer sozialen oder nationalen Zugehörigkeit. Wir wollen sie ehren, wenn sie Frieden gestiftet haben durch Gerechtigkeitssinn, Menschlichkeit, Hilfsbereitschaft (auch Feinden gegenüber), durch Gewaltlosigkeit, Zivilcourage, Tatkraft, Sachlichkeit und Herz", formulierten 46 Einzelpersonen, die ihre Wurzeln in der Aachener Friedensbewegung haben, ihren Grundsatz, als sie 1988 erstmals den Aachener Friedenspreis stifteten. Die Auszeichnung wird in dem Jahr am 1. September vergeben und ist mit 1.000 Euro dotiert. 2005 wurden der katholische Theologen Roy Bourgeois aus den USA und die Schauspielerin Hanne Hiob aus München für ihr Engagement ausgezeichnet.


lok-red.paderborn@neue-westfaelische.de

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