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Paderborner Kreiszeitung / Neue Westfälische , 09.01.2008 :

Feuer in Moschee / Dem Brand an der Bahnhofstraße ging ein Einbruch voraus

Von Wolfgang Stüken

Paderborn. Im Sommer will das Islamische Zentrum von der Bahnhofstraße an die Benediktinerstraße umziehen. 231.000 Euro haben die 132 Mitglieder des Zentrums in den Ankauf größerer Räume – die frühere Verkaufshalle des Sonderpostenmarktes Thomas Philipps – investiert. Der Umbau soll bald beginnen. Jetzt müssen die aus 20 Nationen stammenden Muslime noch einmal in die Tasche greifen – für neues Inventar. Die Inneneinrichtung im bisherigen Domizil wurde am Montagabend durch ein Feuer vernichtet.

Ein Mitglied des Zentrums hatte ab 18 Uhr auf Besucher zum Abendgebet gewartet. Als niemand kam, verließ der Mann die Räume um 18.30 Uhr und verschloss die Tür. Gegen 21.30 Uhr sah ein Autofahrer auf der Bahnhofstraße Rauch aus dem Versammlungs- und Gebetshaus aufsteigen und alarmierte die Polizei. Der Aufenthaltsraum des Zentrums stand in Flammen. Feuerwehrleute trugen brennende Möbel aus dem Gebäude und löschten den Brand.

Computer und Beamer als Beute

Vermutlich hat das Islamische Zentrum zwischen 18.30 und 21.30 Uhr Einbrecherbesuch gehabt; denn an der rückwärtigen, an den Bahngleisen gelegenen Gebäudeseite wurde das Fenster zu einem Abstellraum eingeschlagen. Von dort drang der Täter zum Büro vor und durchsuchte dort Schubladen und Schränke. Nach Angaben von Bilal Torunoglu, dem Vorsitzenden des Islamischen Zentrums, wurden vermutlich ein Computer und ein Beamer entwendet. Möglicherweise legte der Täter anschließend in der Kantine des Zentrums Feuer, um Spuren des Einbruchs zu beseitigen. "Man konnte einen großen Brandfleck in der Mitte des Raumes sehen", schilderte Torunoglu, "und im Gebetsraum stand Wasser". Vermutlich war dort durch die Hitzeentwicklung ein Wasserrohr geplatzt.

Die Polizei taxierte den Sachschaden auf 50.000 Euro. Sie beschlagnahmte und verriegelte das Gebäude und schaltete einen Brandsachverständigen ein. "Wir ermitteln in alle Richtungen", sagte gestern ein Polizeisprecher. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte für eine ausländer- oder islamfeindliche Tat, betonte Bilal Torunoglu. Engin Sakal, der Vorsitzende des städtischen Migrationsbeirates: "Es kann ein ganz einfacher Diebstahl gewesen sein, es kann auch etwas anderes sein. Wir sollten auf keinen Fall voreilige Schlüsse ziehen und das Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen abwarten."

"Wir machen hier keine politischen Veranstaltungen, und in unserer Moschee predigen wir, dass wir in dieser Stadt untereinander in Frieden leben wollen", sagte der Vorsitzende des Zentrums. Beim Freitagsgebet, so der 46-jährige Torunoglu, werde in türkischer und deutscher Sprache gepredigt. Das Islamische Zentrum habe häufig Besuch aus christlichen Gemeinden Paderborns oder von Schulklassen, die etwas über den Islam wissen wollen.

Da das vor elf Jahren mit etwa 60 Mitgliedern in Betrieb genommene Zentrum nach dem Brand nicht mehr nutzbar und das neue noch nicht umgebaut ist, hoffen Engin Sakal und Bilal Torunoglu auf schnelle Hilfe der Stadt. Noch steht die Baugenehmigung für den geplanten Umbau aus. Sakal und Torunoglui: "Es ist bedauerlich, das die Mitglieder des Zentrums jetzt auf der Straße stehen. Sehr hilfreich wäre in dieser Situation eine vorläufige Nutzungserlaubnis der Stadt, damit wir uns in den neuen Räumen zumindest schon zum Freitagsgebet treffen können." Mit dieser Bitte wollten sich die beiden noch gestern an Bürgermeister Heinz Paus und Beigeordneten Wolfgang Walter wenden.

Zum Freitagsgebet, das nach den Vorschriften des Islam in Gemeinschaft verrichtet werden muss, kamen regelmäßig 150 bis 200 Muslime in die Moschee an der Bahnhofstraße. Eine Bindung zu diesem Zentrum haben nach Angaben von Bilal Torunoglu rund 500 Menschen.

Rauchverbot in der Teestube

An der Benediktinerstraße, der neuen Adresse, sollen ein großer Gebetsraum, eine Teestube, eine Kantine, ein Spielbereich für Kinder, Unterrichtsräume, ein Moscheeladen mit Lebensmitteln und ein Friseurgeschäft eingerichtet werden.

Eines scheidet für Bilal Torunoglu, der seit zehn Jahren in Paderborn lebt und von Beruf Gärtner ist, als Brandursache aus: Eine brennende Zigarettenkippe. "Früher durfte in unserer Teestube geraucht werden. Aber seit dem 1. Januar gilt bei uns ein generelles Rauchverbot."

Zeugen, die am Montagabend am Islamischen Zentrum verdächtige Personen beobachtet haben, sollten sich unter Tel. 3060 bei der Polizei melden.

Bildunterschrift: Löscheinsatz: Gegen 21.30 Uhr bemerkte ein Autofahrer am Montagabend Rauchentwicklung aus dem islamischen Zentrum an der Bahnhofstraße.

Bildunterschrift: Spur des Einbruchs: Bilal Torunoglu, der Vorsitzende des Islamischen Zentrums, zeigt das eingeschlagene Fenster.


lok-red.paderborn@neue-westfaelische.de

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