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Neue Westfälische , 06.02.2009 :

Gespräche abgelehnt / Oetker will mit Erben wegen Spitzweg aus jüdischem Besitz nicht verhandeln

Von Manfred Strecker

Bielefeld. Im Besitz der Firma Oetker befindet sich – wie berichtet – das Bild Carl Spitzwegs "Der Hexenmeister", das ein jüdischer Sammler im "Dritten Reich" aus Lebensnot veräußert hatte. Auf Fragen dieser Zeitung, ob Erben etwa Rückgabewünsche geäußert hätten, schweigt sich Oetker – wie gemeldet – aus. Doch die Berliner Historikerin Monika Tatzkow hatte mit Nachfahren von Leo und Else Bendel Kontakt.

Nach Tatzkows Bericht in dem Buch "Verlorene Bilder, verlorene Leben" hatten sich die Erben im Juni 2006 an die "Kunstsammlung Rudolf August Oetker GmbH" gewandt und angeregt, eine "faire und gerechte" Lösung für das Gemälde von Spitzweg zu diskutieren. Sie hätten sich dabei auf die Berliner Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts vom Dezember 1999 bezogen. Den Erben wurde jedoch "mit vornehmer Zurückhaltung mitgeteilt, dass die Kunstsammlung GmbH diese Anregung nicht aufgreifen möchte".

In der Tat ergibt sich aus der Berliner Erklärung kein rechtlicher, höchstens ein moralischer Zwang für Privatbesitzer, Restitutionsansprüchen zu genügen. "Privatrechtlich organisierte Einrichtungen und Privatpersonen werden aufgefordert, sich den niedergelegten Grundsätzen und Verfahrensweisen gleichfalls anzuschließen", heißt es in dem Dokument.

Leo Bendel, Generalvertreter in der Tabakindustrie, 1935 als Jude entlassen, hatte ein kleine Sammlung von deutscher Kunst des 19. Jahrhunderts zusammengebracht und versuchte, durch deren Verkauf seine Auswanderung zu finanzieren. Im Juni 1937 bot er den "Hexenmeister" und einen weiteren Spitzweg, "Justitia", der Münchner, auf Spitzweg spezialisierten jüdischen Galerie Heinemann an und erhielt für ersteren 18.000, für letztere 16.000 Mark, berichtet Tatzkow.

Caroline Oetker, die Ehefrau des Firmengründers Dr. August Oetker, wird von Tatzkow als eine der wichtigen Kundinnen der Galerie Heinemann und als eine Liebhaberin der deutschen Romantik bezeichnet. "Als sie den 'Hexenmeister' sah, wollte sie ihn sofort besitzen." Für 28.000 Mark habe sie das Gemälde am 12. August 1937 erworben, das seither im Eigentum Oetkers verblieb. In der Ausstellung "Sammlerlust" 2003 im Westfälischen Landesmuseum Münster, in der der damals noch lebende Rudolf August Oetker anonym Glanzstücke seiner umfassenden Sammlung vorstellte, war der "Hexenmeister" jedoch nicht gezeigt worden.

Monika Tatzkow, geboren 1954, hat 1992 einen Wissenschaftlichen Dokumentationsdienst für Offene Vermögensfragen in Berlin gegründet, mit Schwerpunkt NS-Raubkunst seit 1998. Das Buch "Verlorene Bilder, verlorene Leben" ist im Elisabeth Sandmann Verlag (256 S., 34 Euro) erschienen.

Bildunterschrift: Der Hexenmeister: Hier in einer zweiten Fassung aus der Sammlung Schäfer.


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