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Westfälisches Volksblatt / Westfalen-Blatt , 13.02.2016 :

Am Westerntor wird es kritisch / Mehr als 2.000 Menschen ziehen in Sachen Flüchtlingspolitik auf die Straße

Von der Großdemonstration in Paderborn berichten Karl Pickhardt , Maike Stahl, Hanne Hagelgans, Besim Mazhiqi, Jörn Hannemann und Jürgen Vahle

Paderborn (WV). Viktoria Buttkereit reckt ihr rotes Pappherz mit der Aufschrift "Statt Hass" ein Stückchen höher. Wut hat die Paderborner Studentin am Freitag auf die Straße getrieben. "Es geht hier um Menschlichkeit in unserer Gesellschaft, da kann man nicht zuhause auf dem Sofa bleiben", meint sie. Viele Hundert Menschen sind auf den Straßen - nicht alle sind der gleichen Meinung.

Während Viktoria Buttkereit zusammen mit Christian Meyer und laut Veranstaltern 550 weiteren Menschen die Diskussion auf der politischen Paderbunt-Bühne verfolgt, wirft 600 Meter entfernt AfD-Kreisvorsitzender Günter Koch Bürgermeister Michael Dreier und Landrat Manfred Müller vor, "ohne Legitimation die Herrschaft des Unrechts auszuüben". Er lehnt kategorisch ab, die Alanbrooke-Kaserne mit Flüchtlingen zu belegen. "Sie haben nichts anderes zu bieten als immer neue Flüchtlinge", kritisiert er Dreier und Müller,

Die Angesprochenen werben unterdessen vor dem Rathaus für Willkommenskultur. Müller kündigt an, dass der Kreis in der kommenden Woche damit beginnen wird, Asylanträge selbst zu bearbeiten und Dreier plant zusammen mit der Kirche und den Flüchtlingen einen Tag der Kulturen auf dem Marktplatz. Beide sind sich trotz aller Probleme, die die große Zahl an Flüchtlingen mit sich bringe, einig: "Wir werden weiter Menschen aufnehmen, die vor Kriegen zu uns flüchten, das ist überhaupt keine Frage."

Unterdessen werden vor der AfD-Bühne die Rufe "Merkel muss weg" und "Widerstand" lauter. Die AfD selbst geht von 1.200 Teilnehmern an ihrer Kundgebung aus. Vor der benachbarten Herz-Jesu-Kirche, die als Ort der Einkehr geöffnet ist, brennen Kerzen. Einige Gläubige beten dort den Rosenkranz.

Im Vorfeld der Kundgebungen gab es an der Mariensäule ein gemeinsames Friedensgebet, organisiert vom Forum der Religionen. Dechant Benedikt Fischer erinnert an die Nächstenliebe als Fundament eines gelingenden Lebens. Er bittet um die Kraft der Liebe, Besonnenheit und Frieden. Der neue Superintendent Volker Neuhoff betet für Einsicht, die Vorurteilen und Parolen mit Ehrlichkeit begegnet.

Inzwischen hat sich der Paderbunt-Demonstrationszug am Bahnhof mit etwa 200 Teilnehmern in Bewegung gesetzt. Auch an der Bühne vor dem Theodorianum, auf der Syrer von ihrem Schicksal berichteten, setzt sich der Umzug in Bewegung. Stefanie Kersting (Paderbunt) machte deutlich: "Viele fangen an, mit dem Herzen zu sehen. Es gibt ein breit gefächertes Engagement für Flüchtlinge. Paderborn ist bunt - und es bleibt bunt!". Schließlich ziehen nach Paderbunt-Schätzungen 800 Menschen durch die Westernstraße Richtung Riemeke-Viertel, wo die Veranstaltung unter dem Motto "Das Riemeke rockt zusammen" ausklingen soll.

Am Westerntor kommen sich beide Lager besonders nahe. Es wird laut in der City: Trillerpfeifen und Buh-Rufe sind zu hören. Mit Gittern werden die beiden Lager von der Polizei getrennt. Die berittene Polizei zieht auf. Auch die AfD setzt ihrem Protestzug in Bewegung und stößt im Riemekeviertel auf eine Sitzblockade der DGB-Jugend. Unter Polizeischutz ziehen die AfD-Anhänger eng vorbei - eine brenzlige Situation. Doch es bleibt bis Redaktionsschluss friedlich. Teilnehmerzahlen der Polizei lagen noch nicht vor.

Ärgerlich ist der Abend für viele Fans des SC Paderborn ausgegangen. Die mussten nicht nur eine 0 : 4-Klatsche ihres Vereins verdauen, sondern kamen auch nicht über die Bahnhofstraße nach Hause. Die war für Fußgänger und Autos gesperrt worden.

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Bildunterschrift: Insgesamt waren nach Angaben von Paderbunt am Freitag gut 1.000 Menschen "Für Willkommenskultur - gegen Ausgrenzung" auf der Straße. 800 zogen durch die Westernstraße ins Riemeke-Viertel zum kulturellen Schlusspunkt, 200 vom Bahnhof aus.

Bildunterschrift: Die Paderborner Studenten Viktoria Buttkereit und Christian Meyer setzen in der Flüchtlingspolitik auf Herz statt Hass.

Bildunterschrift: Die AfD ist weder mit der Flüchtlingspolitik von Merkel noch mit der vor Ort zufrieden. Deshalb kündigte die rechtspopulistische Partei für März eine weitere Demonstration in Paderborn an.

13./14.02.2016
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