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2 Artikel , 15.08.2022 :

Pressespiegel überregional

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Übersicht:


die tageszeitung, 15.08.2022:
Wehrmacht-Soldat angeklagt / Staatsanwalt wirft 98-Jährigem Mord-Beihilfe an Gefangenen vor

t-online.de, 15.08.2022:
Skandal-Prozess um Volksverhetzung / AfD-Abgeordneter setzte sich für Holocaust-Leugner Mahler ein

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die tageszeitung, 15.08.2022:

Wehrmacht-Soldat angeklagt / Staatsanwalt wirft 98-Jährigem Mord-Beihilfe an Gefangenen vor

Von Klaus Hillenbrand

Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik ist ein Wehrmacht-Soldat wegen seiner mutmaßlichen Beteiligung an Verbrechen an sowjetischen Kriegsgefangenen angeklagt worden. Dem 98 Jahre alte und in Berlin lebenden Mann wird Beihilfe zum Mord in 809 Fällen zur Last gelegt. Das berichtetet der NDR.

Der ungenannte Angeklagte soll an der Bewachung sowjetischer Kriegsgefangener im Stammlager Stalag 365 im westukrainischen Wladimir-Wolynsk teilgenommen haben. Laut Anklage war er dort von November 1942 bis zum März 1943 im Dienst und gehörte als einfacher Soldat einem Landesschützen-Bataillon an. Da der Angeklagte zum Tatzeitpunkt erst 21 Jahre alt war, würde ein Prozess vor einer Jugendkammer des Berliner Landgerichts stattfinden. Ob es allerdings zu einem Verfahren kommt, steht noch nicht fest, da noch nicht entschieden wurde, ob die Anklage auch zugelassen wird. Dazu laufen nach Informationen des NDR weitere Ermittlungen.

In Wladimir-Wolynsk wurden die Gefangenen unter unmenschlichen Bedingungen festgehalten. Viele von ihnen seien verhungert oder an Krankheiten verstorben, heißt es. Der Angeklagte soll durch seine Mitwirkung bei der Bewachung diese Tötungen mit ermöglicht haben.

Die grausamen Zustände in dem Lager waren keinesfalls ein Einzelfall, sondern die Regel. In den verschiedenen Stalags starben nach Recherchen von Historikern bis zu 3,3 Millionen der insgesamt 5,7 Millionen sowjetischen Gefangenen. Eine medizinische Betreuung gab es dort nicht, die Lebensmittelversorgung war vollkommen unzureichend und viele der Gefangenen mussten bei zum Teil eisigen Temperaturen unter freiem Himmel übernachten. Diese Lagerbedingungen waren der Wehrmachtspitze und den NS-Machthabern bekannt. Sie unternahmen nichts dagegen, denn so wollte man sich von "unnützen Essern" trennen - der Mord war also wohl kalkuliert. Die sowjetischen Soldaten galten entsprechend der rassistischen Kategorien der Nazis als "Untermenschen".

Erst im Frühjahr vergangenen Jahres dehnte die Zentrale Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg ihre Ermittlungen auf die Wachsoldaten in den Stalags aus. Ausgangspunkt dafür war die Überlegung, dass die Bedingungen in Konzentrationslagern und manchen Gefangenenlagern vergleichbar seien und daher eine entsprechende Rechtsprechung übertragbar wäre. Staatsanwalt Thomas Will von der Zentralen Stelle berichtete 2021 von sechs Personen, die man als Tatverdächtige ermittelt habe. Mehrere Verfahren sind bereits von den zuständigen Staatsanwaltschaften eingestellt worden. Der allergrößte Teil der mutmaßlichen Täter ist ohnehin längst verstorben, da zu den Bewachern häufig ältere Soldaten zählten, die nicht mehr als fronttauglich galten.

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t-online.de, 15.08.2022:

Skandal-Prozess um Volksverhetzung / AfD-Abgeordneter setzte sich für Holocaust-Leugner Mahler ein

15.08.2022 - 09.17 Uhr

Von Jonas Mueller-Töwe

Holocaust-Leugner forderten einst das Verbot aller jüdischen Gemeinden in Deutschland. Eine Liste von Unterstützern führt einen heutigen Bundestagsabgeordneten an.

Eine Bekundung der Solidarität mit dem Ex-RAF-Terroristen, Neonazi und Holocaust-Leugner Horst Mahler aus dem Jahr 2004 führt den heutigen AfD-Bundestagsabgeordneten Steffen Kotré als Unterstützer an. Sein Name und damaliger Wirkungsort stehen auf der Liste neben zahlreichen bekannten Holocaust-Leugnern, NPD- und Neonazi-Aktivisten. Auch die Initiatoren der Liste gehörten zum Milieu antisemitischer Verschwörungsideologen.

Deutsches Kolleg auf Unvereinbarkeitsliste

Kotré äußerte sich auf Anfrage von t-online nicht dazu. Für ihn könnten die Recherchen allerdings zur Unzeit kommen: Auf Grund seines selbst in der AfD auffällig pro-russischen Kurses steht er innerparteilich unter Druck, Parteifreunde und Fraktionskollegen distanzierten sich öffentlich von ihm. Nun rückt ihn die Liste von 2004 in direkte Nähe von Organisationen, die auf der Unvereinbarkeitsliste der Partei stehen - und somit Grundlage für ein Parteiausschlussverfahren sein könnten, sollten sich weitere Hinweise auf damalige Kontakte ergeben.

Mahler, der heute vielfach unter anderem wegen Holocaust-Leugnung und Volksverhetzung verurteilt ist, war damals bereits seit mehreren Jahren dem Rechtsextremismus zugewandt und trat offen für ihn ein. Von 2000 bis 2003 war er NPD-Mitglied und vertrat die Partei als Anwalt im damaligen Verbotsverfahren. Anschließend verließ er sie, da die NPD "am Parlamentarismus ausgerichtet" sei, sprich: ihm nicht radikal genug war. Er gründete daraufhin den "Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten".

Die Solidaritätsbekundung seiner Unterstützer wurde ihm wenig später im Zuge seines ersten Prozesses wegen Volksverhetzung zuteil: Gegenstand des Prozesses war ein von ihm initiiertes antisemitisches Pamphlet. Darin forderten Mahler und zwei Mitstreiter des so genannten Deutschen Kollegs "das Verbot aller vom jüdischen Volksgeist beeinflussten Vereinigungen und Einrichtungen". Als einer der ersten praktischen Schritte "zur Befreiung vom Judaismus" sei die Einsetzung einer "provisorischen Reichsregierung" erforderlich. Mit dem Deutschen Kolleg trat er dabei für die Gründung eines "Vierten Reichs" ein. Der Prozess endete mit der Verurteilung zu neun Monaten Freiheitsstrafe.

Initiator legte Wert auf Klarnamen

Mahlers Unterstützer, die sich während des Prozesses im "Komitee "Freiheit für Horst Mahler!"" organisierten, dürften das als Niederlage empfunden haben. Sie forderten in einem internationalen Appell: "Schluß mit den Kriminalisierungsversuchen!" Ihnen gehe es um Meinungsfreiheit. Gleichwohl fanden sich auf der Liste hauptsächlich NPD-Aktivisten und international bekannte Holocaust-Leugner aus Mahlers Verein, einschließlich der Ehefrau des wohl bekanntesten unter ihnen: Ernst Zündel, der die Initiatoren aus dem revisionistischen Querfront-Milieu auch mit einem offenen Brief unterstützte.

Wie der Eintrag "Steffen Kotré, Frankfurt an der Oder" auf die Liste gelangte, ist nicht restlos aufzuklären. Der Initiator des Appells, der Unterzeichnungen damals per E-Mail entgegennahm, reagierte auf eine Anfrage von t-online nicht - legte aber damals offenbar großen Wert darauf, dass die Liste keine Fantasie-Namen enthielt. "Virtuelle, pseudo- & anonyme Menschen bitte fernbleiben", heißt es unter dem Aufruf, der noch heute samt Namensliste im Internet abrufbar ist.

Bildunterschrift: AfD-Bundestagsabgeordneter Steffen Kotré: Eine Unterstützerliste könnte ihn in politische Bedrängnis bringen.

Bildunterschrift: Horst Mahler zu seiner NPD-Zeit: Er verließ die Partei 2003, weil sie ihm nicht radikal genug war.

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