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Lippische Landes-Zeitung , 08.08.2022 :

Wohin Hass und Hetze führen

89 Jahre ist es her, dass der Journalist Felix Fechenbach im Kleinenberger Wald erschossen wurde / Die Fechenbach-Stiftung und die SPD warnen, dass rechter Terror erneut erstarkt

Svenja Ludwig

Scherfede / Kleinenberg. Irgendwo im Nirgendwo liegt an der Bundesstraße 68 ein kleines Stück der schrecklichen Geschichte der NS-Zeit, verborgen unter dem Blätterdach des Kleinenberger Walds. Die Felix-Fechenbach-Stiftung holt dieses Stück Geschichte anlässlich des 89. Todestags Fechenbachs ans Tageslicht.

"Es ist 89 Jahre her, dass Fechenbach an dieser Stelle von Nazis auf der Überführung in das KZ Dachau ermordet wurde", erinnert Dennis Maelzer, Geschäftsführer der Stiftung und Landtagsmitglied der lippischen SPD. "20 Schüsse trafen Fechenbach in den Rücken. Es reichte den Nazis nicht, Fechenbach die Freiheit zu nehmen, sie konnten es nicht ertragen, dass ein streitbarerer Journalist, ein so engagierter Kämpfer für die soziale Demokratie, noch dazu ein Jude und Pazifist, am Leben blieb."

89 Jahre - eine lange Zeit. In der sich viel verändert hat, in der Hass und Hetze aber immer noch einen Platz haben. Landtagsabgeordnete Ellen Stock erinnert an 109 Todesopfer rechter Gewalt in Deutschland seit 1990. Eine Zahl, die "laut NGOs und Opfer-Initiativen noch höher" liege. 22 Menschen davon starben allein in den vergangenen sechs Jahren. "Gezielter Terror, die Verbreitung von unendlichem Hass und die völlige Entmenschlichung von vermeintlichen Feinden. Wir finden diese Vorgehensweisen nicht nur im Geschichtsbuch, nicht nur in fernen Diktaturen" - mit diesen Mitteln sei erst jüngst eine österreichische Ärztin in den Freitod getrieben worden. Lisa-Maria Kellermayr hatte sich als Ärztin öffentlich für eine Impfpflicht ausgesprochen - über Monate erhielt sie daraufhin wohl Hass-Mails.

"Jede gesellschaftliche Krise wird insbesondere von rechter Seite dazu genutzt, die Menschen in unserem Land auseinander zu treiben", beschreibt Maelzer: die Finanz-Krise, die vielen Geflüchteten 2015 und 2016, Corona, der Krieg Russlands gegen die Ukraine und die Inflation. "Mit den neuen Medien, den Methoden der NS-Zeit - und teilweise auch deren Parolen - angetrieben durch rechte Kräfte, haben sich in Deutschland etliche "ganz normale Menschen" zu Hetzern, Hass-Rednern oder Querdenkern entwickelt", warnt Ellen Stock. Rechtsextreme werden dank Facebook, Telegram und Co. nicht nur sichtbarer und lauter, auch die Zahl der vom Verfassungsschutz gezählten Rechtsextremen in Deutschland steige. "Wir müssen sehr wachsam sein, dass Hass und Hetze uns nicht wieder zu einem rechtem Gewalt-Regime führen", fährt die Landtagsabgeordnete fort und schlägt den Bogen zurück zu Felix Fechenbach: "Wir müssen uns wieder fragen: Wer sind diese Menschen und was treibt sie an?" So, wie die Frage gestellt werden müsse, was die Mörder Fechenbachs angetrieben habe. "Was waren das für Leute? Wer erschießt auf Befehl einen wehrlosen Gefangenen mitten im Wald? - Es waren Lipper, die hier im Wald mordeten und sich dabei, wenn schon nicht im Recht, dann aber zumindest völlig berechtigt dafür fühlten."

Patrick Engelbracht, Chef der Warburger SPD, betont: Der Kampf Fechenbachs gegen das NS-Regime müsse als Inspiration genutzt werden, um die liberale Gesellschaft zu verteidigen.

Bildunterschrift: Ellen Stock, Vorsitzende der Felix-Fechenbach-Stiftung, ist Hauptrednerin beim Gedenktag. Patrick Engelbracht, Chef der Warburger SPD, hält das Mikrofon.

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Am 7. August 2022 gedachten die Felix-Fechenbach-Stiftung und die SPD Warburg - bei der Gedenkstätte im Kleinenberger Wald bei Scherfede - dem, von Nationalsozialisten 1933 ermordeten - Felix Fechenbach.

Am 7. August 1933 wurde der Journalist Felix Fechenbach - auf dem Transport, in das Konzentrationslager Dachau - im Kleinenberger Wald (bei Scherfede) "auf der Flucht erschossen", nur Stunden später starb er.

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https://de.wikipedia.org/wiki/Felix_Fechenbach


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