www.hiergeblieben.de

2 Veranstaltungen - Nachrichten , 21.07.2014 :

Tages-Chronologie von Montag, 21. Juli 2014

_______________________________________________


Veranstaltungskalender:



- Montag 21. Juli 2014 um 20.00 Uhr -


Informations- und Mobilisierungsveranstaltung: Kein Nazi-Aufmarsch in Bad Nenndorf

- Aktuelle Informationen: www.badnenndorf-blockieren.mobi


Veranstaltungsort:

Freiraum Hameln e.V.
Walkemühle 1a
31785 Hameln

www.freiraum-hameln.de


Am 2. August 2014 wollen wieder Neonazis in Bad Nenndorf bei Hannover zu einem so genannten "Trauermarsch" aufmarschieren. Im letzten Jahr ist es erstmals seit 2006 gelungen, den Aufmarsch zu blockieren. Rund 600 Menschen beteiligten sich an einer Blockade auf der Nazi-Route. An diesen Erfolg soll in diesem Jahr angeknüpft werden. Deshalb kommen Menschen der Initiative "Kein Nazi-Aufmarsch in Bad Nenndorf" zu uns. Sie werden über Hintergründe des Aufmarsches sprechen und ihre Planungen für Massenblockaden vorstellen. Im Gepäck haben sie außerdem Mobilisierungsmaterial, Schnickschnack und praktische Demotipps.


Eine Veranstaltung in Kooperation mit dem Infoladen Hameln und der Antifaschistische Aktion Hameln-Pyrmont.


-----------------------------------------------------------


- Montag 21. Juli 2014 um 20.00 Uhr -


Frauen-Lesben-Trans*-Inter-Kneipe


Veranstaltungsort:

AJZ Bielefeld
Heeper Straße 132
33607 Bielefeld

www.ajz-bielefeld.de


Die Frauen-Lesben-Trans*-Inter-Kneipe ist ein Ort zum Treffen, Kontakte knüpfen, austauschen, vernetzen, diskutieren, Aktionen planen, Kickern, lecker vegan Essen ... Sie hat einen politischen Anspruch und ein queer-feministisches Selbstverständnis. Heute Abend sind ausschließlich Frauen, Lesben, Intersex und Trans* eingeladen. Wir haben den Anspruch, einen Schutz-Raum frei von männlicher Dominanz und Mackertum, jenseits von Heterosexismus und Zweigeschlechtlichkeitszwang zu schaffen und wünschen uns eine rücksichtsvolle, aufgeschlossene, positive Atmosphäre. Die ganzen anderen -ismen (Rassismus, Lookismus, Ableismus, Ageismus etc.) wollen wir hier natürlich auch nicht!

Die Kneipe findet alle 2 Monate statt, jeweils am 3. Montag im Monat. Wenn du Lust hat dich einzubringen oder Ideen zum Programm hast, bist du eingeladen mitzumachen.

Die Räume sind rollstuhlgerecht. Komm vorbei!

_______________________________________________


www.hiergeblieben.de - Zusammenfassung - Montag, 21. Juli 2014


Heute verstarb die 87-jährige jüdische Holocaust-Überlebende Marian Daltrop - dreizehn ihrer Angehörigen wurden von Bielefeld aus deportiert und ermordet - nach schwerer Krankheit in London.

Am 20. Juli 2014 wurde ein erst am 8. Juli 2014 aufgestellter Gedenkstein für alle ehemaligen jüdischen Bürgerinnen und Bürger von Bredenborn (Kreis Höxter) der Öffentlichkeit in einem Festakt übergeben.

Am 20. Juli 2014 sprach Christoph Studt über "Verräter, Patrioten, Reaktionäre, Verzögerer - 70 Jahre Rezeption des Widerstands gegen das NS-Regime" im Audienzsaal des Schlosses in Schloß Neuhaus.

Am 20. Juli 2014 legte die Stadt Warburg zum Gedenken an die Opfer des Widerstandes gegen die Herrschaft des Nationalsozialismus einen Kranz an der Gedächtnisleuchte auf dem Brüderkirchhof nieder.

Für heute war in Herford auf dem Neuen Markt bereits die vierzehnte extrem rechte "Mahnwache für den Frieden", maßgeblich mitorganisiert von Marcel Bauersfeld von der extrem rechten "BüSo", angekündigt.

Am 17. Juli 2014 entschied der Europäische Gerichtshof in einem Urteil, dass die Unterbringung von Abschiebegefangenen in gewöhnlichen Gefängnissen nicht mit dem EU-Recht vereinbar ist (C-473/13).

_______________________________________________


Bielefeld / London: Holocaust-Überlebende Marian Daltrop verstorben

Heute, am 21. Juli 2014, verstarb die 87-jährige jüdische Holocaust-Überlebende Marian Daltrop - 13 ihrer Angehörigen wurden von Bielefeld aus deportiert und ermordet - nach schwerer Krankheit in London.

Nur noch die Eltern überlebten

Marian Daltrop wurde am 14. August 1926 in Bielefeld geboren. Marianne, wie sie damals hieß, konnte als zwölfjähriges jüdisches Mädchen 1939 zusammen mit ihrem Bruder durch einen Kindertransport nach England gerettet werden. Nur ihre in Bielefeld sehr bekannten Eltern Albert und Lotte Daltrop überlebten die Deportation.

-----------------------------------------------------------

Bredenborn: Gedenken an die Opfer der Shoa

Am 20. Juli 2014 wurde ein erst am 8. Juli 2014 aufgestellter Gedenkstein für alle ehemaligen jüdischen Bürgerinnen und Bürger der Ortschaft Bredenborn (Kreis Höxter) der Öffentlichkeit in einem Festakt übergeben. Darüber berichtet heute, am 21. Juli 2014, die Neue Westfälische.

Gedenktafel mit den Namen aller Jüdinnen und Juden

Demnach wird am 20. Juli 2014 eine Gedenktafel mit den Namen aller diskriminierten, verfolgten und zum Teil deportierten Bredenborner Jüdinnen und Juden am Stein in der Höxterstraße angebracht. Am 21. Oktober 2013 hatte der Ortsausschuss Bredenborn der Aufstellung eines Gedenksteines und einer Tafel für die ehemaligen jüdischen Bürgerinnen und Bürger der Ortschaft zugestimmt.

-----------------------------------------------------------

Paderborn: Vortrag zum 70. Jahrestag des gescheiterten Hitler-Attentates

Am 20. Juli 2014 referierte Christoph Studt von der Universität Bonn im Audienzsaal des Schlosses in Schloß Neuhaus zum Thema "Verräter, Patrioten, Reaktionäre, Verzögerer - 70 Jahre Rezeption des Widerstands gegen das NS-Regime". Darüber berichtet heute, am 21. Juli 2014, die Neue Westfälische.

-----------------------------------------------------------

Warburg: Gedenken an Widerstandskämpfer

Am 20. Juli 2014 legte die Stadt Warburg zum Gedenken an die Opfer des Widerstandes gegen die Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus einen Kranz an der Gedächtnisleuchte auf dem Brüderkirchhof nieder. Darüber berichten heute, am 21. Juli 2014, das Westfalen-Blatt und die die Neue Westfälische.

Josef Wirmer

Josef Wirmer wurde am 19. März 1901 in Paderborn geboren. Sein Vater, Anton Wirmer, war Direktor des Gymnasium Marianum in Warburg. Bereits im Studium (Rechtswissenschaft) war er für seine demokratische Gesinnung bekannt, wodurch er den Beinamen "der rote Wirmer" erhielt. 1927 ließ sich Wirmer in Berlin als Rechtsanwalt nieder und schloss sich der Zentrumspartei an. 1936 kam Wirmer in Kontakt zum gewerkschaftlichen Widerstand um Jakob Kaiser. Seit 1941 gehörte er zu dem Kreis um Carl Friedrich Goerdeler. Sein Haus war einer der wichtigsten Treffpunkte der Verschwörer, wo neben Kaiser, Leuschner und Habermann auch Goerdeler und die Mitarbeiter der Abwehr verkehrten. Den Attentatsplan Claus Graf Schenk von Stauffenbergs unterstützte er von Anfang an. Nach dem gescheiterten Attentat und Umsturzversuch des 20. Juli 1944, bei dessen Gelingen Josef Wirmer als Reichsjustizminister eingeplant war, wurde er am 4. August verhaftet. Am 8. September 1944 wurde nach einem Schauprozess mit einer Drahtschlinge im Berlin-Plötzensee hingerichtet.

-----------------------------------------------------------

Herford: Extrem rechte "Mahnwache für den Frieden"

Für heute, 21. Juli 2014, war in Herford von 18.00 bis 21.00 Uhr auf dem Neuen Markt die vierzehnte extrem rechte "Mahnwache für den Frieden", maßgeblich mitorganisiert von Marcel Bauersfeld von der extrem rechten "Bürgerrechtsbewegung Solidarität" ("BüSo"), angekündigt.

"Bürgerrechtsbewegung Solidarität" ("BüSo")

Marcel Bauersfeld, geboren 1983 in Erfurt, bezeichnet sich als "Sozialpädagogischer Helfer" und kandidierte im Wahlkreis 15 - Köln III bei der NRW-Landtagswahl am 13. Mai 2012 für die "BüSo". Bei den "Mahnwachen" bedient Bauersfeld kontinuierlich antisemitische Stereotype im Sinne der "BüSo" und wettert gelegentlich auch gegen "den vom Ausland finanzierten Teil der Antifa“; seit dem 26. Mai 2014 beschwor er auf den Herforder Versammlungen wiederholt und eindringlich die "Kraft" einer zu errichtenden "Volksgemeinschaft".

Von der extremen Rechten initiiert

Im Gegensatz zu manchen Mahnwachen in anderen Städten sprang die extreme Rechte in Herford nicht auf eine Bewegung auf, sondern sie hat sie selber initiiert. Hier treffen sich beispielsweise regelmäßig auch zahlreiche "Reichsbürger" aus dem Kreis Herford oder einige Neonazis aus dem Kreis Minden-Lübbecke. Für den 28. Juli 2014 ist bereits die fünfzehnte extrem rechte "Mahnwache für den Frieden" angekündigt.

"Frieden" mit Jürgen Elsässer?

Für den 19. Juli 2014 rief die Herforder "Mahnwache für den Frieden" zur Teilnahme an einer bundesweiten "Mahnwache" auf dem Alexanderplatz in Berlin auf, auf der unter anderem auch Jürgen Elsässer sprach und dessen Rede nun auf der Herforder Internetseite dokumentiert ist.

-----------------------------------------------------------

Büren / Luxemburg: Land NRW widersetzt sich EuGH-Grundsatzurteil zur Abschiebehaft

Am 17. Juli 2014 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Grundsatzurteil entschieden, dass die Unterbringung von Abschiebegefangenen in gewöhnlichen Gefängnissen nicht mit dem EU-Recht vereinbar ist (Aktenzeichen: C-473/13, C-514/13, C-474/13). Darüber berichten heute, am 21. Juli 2014, das Westfalen-Blatt, die Neue Westfälische, Hertz 87,9 - Campusradio für Bielefeld, der Flüchtlingsrat Nordrhein-Westfalen e.V. und Radio Hochstift.

EuGH-Urteil beendet rechtswidrige Vollzugspraxis

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl forderte unmittelbar nach dem Urteil "die sofortige Freilassung von Abschiebungshäftlingen aus der Strafhaft". "Der Skandal, dass sehenden Auges jahrelang rechtswidrig inhaftiert wurde, muss nun umgehend beendet werden."

Aus für Büren

Die Entscheidung des EuGH bedeutet das Ende der Abschiebehaft in der jetzigen Form in der Justizvollzugsanstalt Büren: "Alle Abschiebegefangene müssen sofort aus der JVA Büren entlassen werden. Geschieht das nicht, so begehen die Ausländerbehörden Freiheitsberaubung", so Frank Gockel, Pressesprecher des Vereins Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V. am 17. Juli 2014. Weil das Land NRW sich weigert, die Abschiebehäftlinge frei zu lassen, haben Flüchtlingsgruppen entsprechende Haftaufhebungsanträge vor Gericht gestellt.

Mahnwache am 24. Juli 2014

Der Verein Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V. fordert die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen dazu auf, sich ohne Wenn und Aber endlich für die Abschaffung der Abschiebehaft im Bundesrat einzusetzen. Am 24. August 2014 findet um 18.15 Uhr eine Mahnwache vor der JVA Büren, Stöckerbusch 1 unter dem Motto "EuGH-Urteil umsetzen: Freiheit für alle Abschiebegefangene" statt, da das Innenministerium NRW sich gegen das EuGH-Urteil auflehnt, nur um weiter inhaftieren zu können.

- Informationen unter: www.gegenabschiebehaft.de

_______________________________________________


Artikel-Einträge in der Datenbank:


Neue Westfälische 16 - Höxter (Kreis), 21.07.2014:
Bredenborn gedenkt und lernt / Bewegende Einweihung des Gedenksteins

Neue Westfälische 15 - Paderborn (Kreis), 21.07.2014:
Erinnerung ans Dritte Reich / Christoph Studt referiert über das gescheiterte Hitler-Attentat vor 70 Jahren

Neue Westfälische 17 - Warburg, 21.07.2014:
Bleibendes Beispiel / Warburg gedenkt Josef Wirmer als einem der Verschwörer vom 20. Juli 1944

Warburger Kreisblatt / Westfalen-Blatt, 21.07.2014:
Ein Mann mit unerschrockenem Mut / 20. Juli 1944: 70 Jahre danach gedenken 200 Warburger des NS-Widerstandskämpfers Josef Wirmer

Radio Hochstift, 21.07.2014:
Flüchtlingsrat zur JVA Büren

Flüchtlingsrat Nordrhein-Westfalen e.V., 21.07.2014:
Pressemitteilung / NRW hält trotz EuGH-Urteil an rechtswidriger Abschiebungshaftpraxis fest

Hertz 87,9 - Campusradio für Bielefeld, 21.07.2014:
Abschiebehäftlinge dürfen nicht in normale Gefängnisse

Neue Westfälische, 21.07.2014:
Abschiebehaft: Mahnwache in Büren geplant

Westfalen-Blatt, 21.07.2014:
Streit um Abschiebehaft

_______________________________________________


Neue Westfälische 16 - Höxter (Kreis), 21.07.2014:

Bredenborn gedenkt und lernt / Bewegende Einweihung des Gedenksteins

Von Karoline Horstmann-Düwel

Bredenborn. Die Würde des Menschen ist unantastbar - daran erinnerte Bredenborns Ortsheimatpfleger Josef Grabbe, als er die Gäste der Feierstunde begrüßte. Anlass war die Einweihung eines Gedenksteins für die verstorbenen Juden der Ortschaft. Mehr als 70 Jahre hat es gedauert, bis der verfolgten, deportierten und ermordeten Juden Bredenborns in dieser Form gedacht wurde.

Die Anteilnahme war groß. In unmittelbarer Nähe der Kirche, vor dem ehemaligen Haus der jüdischen Familie Kleinstraß, erinnert nun ein Gedenkstein an die Gräuel der Nazis. Der Stein, bearbeitet von Steinmetz Gerhard Schröder aus Eilversen, trägt eine Platte mit den Namen der Verstorbenen und Granitplatten mit Ansichten von Haus und Familie Kleinstraß. Auf den Tag genau 70 Jahre zuvor hatte eine Gruppe von Widerstandskämpfern das Attentat auf Adolf Hitler verübt. Einen besseren Zeitpunkt für das Gedenken konnte es also kaum geben.

Bewegend, mahnend, aufrüttelnd - die Redner des Festaktes verliehen der Veranstaltung einen würdigen Rahmen. Die Initiatoren des Gedenkens, Josef Grabbe und Dirk Bickmann, Vorsitzender des Heimatschutzvereins Bredenborn, hatten ein gelungenes Ambiente gewählt. Der Männergesangverein Concordia Bredenborn und der Musikverein gaben der Feierstunde einen musikalischen Rahmen. Shmuel Rubens sprach ein jüdisches Gebet im Andenken an die Verstorbenen, und der gebürtige Bredenborner Ewald Grothe erinnerte an jede einzelne der jüdischen Familien des Ortes.

Grothe, der an der Bergischen Universität in Wuppertal Neuere und Neueste Geschichte lehrt, wählte beeindruckende Worte. Bredenborner sei man nicht nur, sondern bleibe es auch. "Sie waren Bredenborner, das war ihre Heimat", erinnerte er an die Verfolgten und Deportierten. "Keiner von ihnen ist vergessen. Auch nicht nach 70 Jahren" - das unterstrich Grothe mit seinen Erzählungen zu jeder der Familien, und auch die beiden Schüler Kai Bickmann und Alischa Lücke machten es deutlich. Sie erinnerten an jeden Einzelnen der Verstorbenen, an ihr Leben und Sterben. Für jeden von ihnen platzierten sie eine Kerze auf einem hölzernen Davidstern, eine große Kerze zum Gedenken entzündeten sie an dem neuen Gedenkstein.

Doch nicht nur das Erinnern, sondern auch das Lernen für die Zukunft stand im Mittelpunkt. Bürgermeister Robert Klocke appellierte an die Anwesenden, eine Gesellschaft zu schaffen, die von Toleranz und Humanität geprägt ist. Mit Blick auf die Krisenherde der heutigen Zeit - Gaza, die Ukraine - zeigte er auf, wohin die Verblendung der Menschen führen kann. Und auch Ewald Grothe blickte auf die heutige Zeit. "Das ist der sichtbare Beweis, dass sich die Zeiten geändert haben", meinte er mit Blick auf den Gedenkstein.

Noch vor 25 Jahren sei er bei Recherchen zu der Geschichte der Juden im Archiv der Stadt Marienmünster auf Unverständnis und Widerstand gestoßen. Die Gesellschaft hat die Aufarbeitung noch lange nicht abgeschlossen, so klang es zwischen den Zeilen. Tanja Rubens, Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde Paderborn, wurde sogar noch deutlicher.

"Glauben Sie mir, wir haben hier noch Einiges nachzuholen."

Ihr gehe das heutige Gedenken nicht weit genug: "Glauben sie mir, wir haben hier noch Einiges nachzuholen", rief sie den Anwesenden zu und warb für weniger Religiosität und mehr demokratische Weltanschauung. Die Jüdische Gemeinde wolle nicht als Opfer betrachtet werden. Die Jüdische Kultusgemeinde Paderborn zählt 55 Mitglieder in den Kreisen Paderborn, Höxter und Soest. "Das jüdische Volk lebt" - mit diesem Ausruf beendete Tanja Rubens ihre Ansprache an die Anwesenden. Unter ihnen waren auch Nachfahren der jüdischen Familie Kleinstraß. Daniel Kester (die Familie hatte sich bei der Einwanderung in die USA umbenannt) und seine Tochter Shira waren sogar aus Buffalo in den USA angereist, um gemeinsam mit ihren Verwandten der Feierstunde in Bredenborn beizuwohnen.

Daniel richtete den Dank an die Initiatoren. Sein 89-jähriger Vater Paul konnte die weite Reise nicht antreten, ließ aber durch seinen Neffen Thomas Kleinstraß ein paar Worte verlesen. Er erinnert sich vor allem an die unbeschwerten Ferien in Bredenborn - bis zum Dezember 1938, bis die Familie Deutschland verließ, was ihr das Leben rettete.

Bewegend waren auch die Zeilen von Birgit Helmes, ebenfalls Nachfahrin einer jüdischen Familie. "Ich möchte nicht schweigen und ich möchte nicht, dass meine Kinder schweigen", rief sie den Gästen zu, den Tränen nahe. Ihr Vater hatte nie über das ihm Zugestoßene berichtet. Helmes forderte auf, die Erinnerung aufrecht zu erhalten. "Damit solches Unrecht nie wieder geschieht."

Bildunterschrift: Freude an einem Ort, an dem früher Hass lebte: Daniel Kester ist ein Nachfahre der Familie Kleinstraß, die aus Bredenborn geflohen ist. Gemeinsam mit seiner Tochter Shira ist er extra aus den USA angereist, um bei der Einweihung des Gedenksteins dabei zu sein.

Bildunterschrift: Licht: Alischa Lücke stellte Kerzen auf den Davidstern.

Bildunterschrift: Mahnen, Erinnern, Aufrütteln: Bredenborn und seine vielen Gäste sind stolz auf den neu eingeweihten Gedenkstein.

_______________________________________________


Neue Westfälische 15 - Paderborn (Kreis), 21.07.2014:

Erinnerung ans Dritte Reich / Christoph Studt referiert über das gescheiterte Hitler-Attentat vor 70 Jahren

Von Ingo Kalischek

Paderborn-Schloß Neuhaus. Menschen retten, indem man selber tötet. Mit diesem Gedanken verübte die Gruppe um Claus Schenk Graf von Stauffenberg vor 70 Jahren einen Attentatsversuch auf Adolf Hitler - und scheiterte. In Schloß Neuhaus referierte am Sonntag Christoph Studt von der Universität Bonn zum Thema Widerstand im Nationalsozialismus. Auch 70 Jahre danach sind noch immer viele Fragen offen.

"In das allgemeine Bewusstsein hat es der Widerstand im Dritten Reich bis heute nicht geschafft", stellte Christoph Studt eingangs ernüchternd fest. Der wissenschaftliche Mitarbeiter an der Uni Bonn beschäftigt sich seit Jahren mit dem vielschichtigen Thema, zu dem mittlerweile mehr als tausend Werke erschienen sind. "Auch die Alliierten würdigten das gescheiterte Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 lange Zeit nicht", sagte Studt. Stattdessen habe sich Hitlers damalige Aussage als gängiges Vorurteil durchgesetzt, eine "kleine Clique dummer gewissenloser Offiziere" habe gegen den Führer geputscht.

"Kein später Verzweiflungsakt"

Ein weiterer Irrtum: Der Kreis der Hitler-Gegner wurde lange Zeit auf jene Gruppe um Graf von Stauffenberg eingegrenzt. Zu Unrecht - betonte Christoph Studt. Genau dieser Aspekt mache die Widerstandsdebatte so kompliziert: "Es gibt gleitende aber dennoch strikt voneinander getrennte Stufen des Widerstands", erklärte Studt. "Alltäglicher Widerstand war zwar mit einer bewussten Ablehnung Hitlers und des Regimes verbunden, hatte aber nicht zum Ziel, das System zu stürzen. Dies macht hingegen den eigentlichen Widerstand aus", sagte der Historiker und verwies wiederum auf das gescheiterte Attentat um Stauffenberg. Dies sei kein "später Verzweiflungsakt" gewesen. Überlegungen eines Umsturzversuchs habe es bereits ab 1938 gegeben - sie seien jedoch lange hinausgezögert worden. Der Grund: "Die Attentäter warteten darauf, dass Hitlers Ansehen in der Bevölkerung durch militärische Niederlagen abnahm", erläuterte Studt. Erst dann wäre die komplette Neuordnung nach einem Attentat möglich gewesen.

Neben den militärischen gab es auch politische Widerstandsbewegungen: Die Kommunisten leisteten von Anfang an Widerstand gegen Hitler, "schlichtweg, um politisch zu überleben", sagte Christoph Studt. "Sie haben die meisten Opfer gelassen."

Bekannte Widerstandsgruppierungen waren zudem der Kreis um Carl Friedrich Goerdeler, der "Kreisauer Kreis" oder die "Rote Kapelle". Tapferkeit, Mut und Gewissen der Beteiligten machte Christoph Studt abschließend an einem weiteren Aspekt deutlich: "Der Entschluss zum Widerstand im Dritten Reich bedeutete fast immer einen Übergang in die menschliche Einsamkeit und das gesellschaftliche Abseits."

Bezug zu Paderborn

Bürgermeister Michael Dreier kam in seiner kurzen Ansprache auf Widerständler mit Paderborner Bezug zu sprechen. Josef Wirmer aus Warburg und Paul Lejeune-Jung, ehemaliger Schüler am Theodorianum, hatten sich aktiv an Planungen für die Zeit nach dem Umsturz beteiligt und wurden von den Nazis wegen Hochverrats umgebracht. Theodor Roeingh aus Beverungen wurde auf Grund seiner politischen Haltung in das Konzentrationslager Oranienburg gebracht und starb dort. Die Beteiligung an Umsturzplänen von Georg von Boeselager, Angehöriger in der Schlosskaserne Neuhaus, konnte verheimlicht werden. Er starb schließlich 1944 an der Ostfront.

Bildunterschrift: Gedenken: Christoph Studt von der Universität Bonn referierte im Neuhäuser Schloss zum Widerstand im Nationalsozialismus. Bürgermeister Michael Dreier kam zudem auf vier Widerständler zu sprechen, die Bezüge zu Paderborn hatten.

_______________________________________________


Neue Westfälische 17 - Warburg, 21.07.2014:

Bleibendes Beispiel / Warburg gedenkt Josef Wirmer als einem der Verschwörer vom 20. Juli 1944

Von Burkhard Battran

Warburg. Die Erinnerung auszulöschen, war das Ziel der Nazis. Das ist gründlich misslungen. Mehr als 200 Teilnehmer sind gestern zur Gedenkfeier anlässlich des 70. Jahrestages der Ermordung des Widerständlers Josef Wirmer zusammengekommen.

Bereits zwei Stunden nach dem Prozess wurde Josef Wirmer in Berlin hingerichtet. Seine Leiche verbrannt. Die Asche verstreut. Genutzt hat es nichts. "Josef Wirmer hat in Warburg ein Grab erhalten. Schon 1946 wurde am Brüderkirchhof die erste Gedenkfeier abgehalten", erinnerte Festredner Dr. Heribert Schlinker. Dem Warburger Kinobetreiber ist es auch zu verdanken, dass ein geheimer Filmmitschnitt aus dem Wirmer-Prozess heute der Öffentlichkeit zugänglich ist.

"Es dauerte bis in die 70er Jahre, bis sich auf Anraten meines Vaters eine Produktionsfirma fand, die die Aufnahmen restauriert hat", erläuterte Schlinker. In Deutschland waren alle Kopien vernichtet worden. Allerdings konnte eine ins Ausland geschafft werden. Die Firma Chronos-Film aus Steinheim-Merlsheim hat die Originalaufnahmen zu einem Dokumentarfilm erweitert, wie er auch vor zwei Wochen im ZDF zu sehen war. Josef Wirmer war 43 Jahre als er hingerichtet worden ist. Er hat eine Frau und drei Kinder hinterlassen. Alle heute noch lebenden Nachfahren waren gestern bei der Warburger Gedenkfeier dabei. "Es ist uns nicht schwer gefallen, in diesem Jahr Warburg gegenüber Berlin den Vorzug zu geben", sagte Ministerialdirektor a. D. Anton Wirmer, jüngster Sohn von Josef Wirmer. Die Gedenkrede der Familie hielt Urenkelin Magdalena Hermes (24), Enkelin von Josef Wirmers ältester Tochter Johanna. "In Warburg wurde bereits offen dem Widerstand gedacht, als man anderswo dieses Thema noch verdrängt hat", sagte die Geschichtsstudentin aus Bonn.

"Josef Wirmer muss man sehen als bleibendes Beispiel beeindruckender menschlicher Größe, moralischer Stärke und existenzieller Zivilcourage", sagte Warburgs Bürgermeister Michael Stickeln. Josef Wirmer, einer der Hitler-Attentäter vom 20 Juli 1944, wurde 1901 in Paderborn geboren. Als sein Vater Anton Wirmer zum Direktor des Warburger Gymnasiums Marianum ernannt wurde, zog die Familie 1906 nach Warburg. Nach dem Abitur am Marianum studierte er Jura und arbeitete als Rechtsanwalt in Berlin.

Marianum-Schülerin Evelyn Reger hat am Klavier die Gedenkfeier musikalisch umrahmt.

Der Festredner

Der Warburger Kinobetreiber Dr. Heribert Schlinker wurde am 27. Juli 1936 als zweiter Sohn des Zahnarztes Dr. Rudolf Schlinker geboren. Rudolf Schlinker hat sich zeitlebens für das Andenken seines ehemaligen Mitschülers Josef Wirmer engagiert. Auf seine Initiative hin wurde 1949 die Josef-Wirmer-Gedächtnisleuchte am Brüderkirchhof errichtet. Rudolf Schlinkers Sohn Heribert pflegt das Erbe weiter. Nach dem Abitur am Warburger Marianum studierte Heribert Schlinker in Marburg, Köln und Münster neuere Geschichte. Promoviert hat Heribert Schlinker 1964 über das Thema "Wie der Kriegsfilm die Politik beeinflusst". Von 1969 bis 1975 war Schlinker ehrenamtlicher Warburger Bürgermeister. Als Filmwissenschaftler war Schlinker unter anderem für die Filmförderungsanstalt in Berlin zuständig. Heute ist Schlinker noch als Seniorchef des Warburger Cineplex-Kinos tätig.

Bildunterschrift: An der Josef-Wirmer-Gedächtnisleuchte: Festredner Dr. Heribert Schlinker (v. l.), Familiensprecherin Magdalena Hermes (Urenkelin von Josef Wirmer), die Geschwister Anton Wirmer und Maria Hermes, geb. Wirmer (Kinder von Josef Wirmer), Bürgermeister Michael Stickeln und Marianum-Schulleiter Frank Scholle.

Bildunterschrift: Originalaufnahme: Josef Wirmer sieht im Prozess unerschrocken seinem Todesurteil entgegen.

_______________________________________________


Warburger Kreisblatt / Westfalen-Blatt, 21.07.2014:

Ein Mann mit unerschrockenem Mut / 20. Juli 1944: 70 Jahre danach gedenken 200 Warburger des NS-Widerstandskämpfers Josef Wirmer

Von Carsten Reinhardt

Warburg (WB). 200 Menschen haben gestern in Warburg der Opfer des Widerstandes gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft gedacht. Anlass war der 70. Jahrestag des gescheiterten Attentates auf Adolf Hitler. Zu den maßgeblichen Kräften an jenem 20. Juli 1944 hatte der Jurist Josef Wirmer gehört. Wirmer war in Warburg aufgewachsen und 1920 Abiturient am Gymnasium Marianum.

Bei der Gedenkveranstaltung in der Aula des Gymnasium Marianum würdigten mehrere Redner das konsequente und mutige Vorgehen des NS-Gegners, der wegen seiner Unbeugsamkeit und seines entschlossenen Handelns am 8. September 1944 von den Nazis hingerichtet worden ist.

Zahlreiche Nachfahren Wirmers nahmen an der Gedenkstunde teil, darunter auch seine Tochter Maria Hermes und sein Sohn Anton Wirmer. An der Wirmer-Gedächtnisleuchte auf dem benachbarten Brüderkirchhof legten Bürgermeister Michael Stickeln und Frank Scholle, Schulleiter des Gymnasiums, einen Kranz nieder.

Die Gedenkansprache hielt Dr. Heribert Schlinker. Sein Vater Rudolf und Ernst Wirmer, Bruder des Widerstandskämpfers, hatten vor mehr als 90 Jahren eine bis heute währende Freundschaft beider Familien begründet. "Die Jahre in Warburg müssen Josef Wirmer stärker geprägt haben, als bisher angenommen", führte Schlinker aus. Als grundlegend nannte er den katholischen Glauben, die gesamthumanistische Bildung am Gymnasium Marianum und das Elternhaus des später in Berlin aktiven Juristen an. Diese Grundsätze seien zur Richtschnur seines politischen und zwischenmenschlichen Handelns geworden, "und als die deutsche Politik immer mehr zerbrach, musste er gemäß seinen Grundsätzen handeln".

Als Beleg für diesen Mann "mit unerschrockenem Mut" präsentierte Schlinker in der Aula Filmausschnitte von dem Prozess am Volksgerichtshof, die einen souveränen und aufrechten Josef Wirmer und einen völlig außer Kontrolle geratenen Scharfrichter Roland Freisler zeigen - eindrucksvolle Szenen und Dialoge, die eindrucksvoll die Persönlichkeit Wirmers widerspiegeln. Schlinker sagte abschließend, die Deutschen dürften nie vergessen, dass sie heute ohne den Opfermut dieser Männer nicht so da stehen könnten und würden. "Diese Männer haben mit ihrem Blut die Westen der nachfolgenden Generationen reingewaschen", beschrieb er das Vermächtnis des 20. Juli 1944.

Die angehende Historikerin Magdalena Hermes, Urenkelin des Widerstandskämpfers, skizzierte an Hand der Biografie Wirmers, welch zentrale Bedeutung er als führendes Mitglied der Widerstandsbewegung hatte. Er habe als Bindeglied und Brückenbauer gewirkt, sagte die 24-jährige Geschichtsstudentin aus Bonn. Als Gegner der ersten Stunde habe es Wirmer verstanden, ein "Netzwerk der Regime-Gegner" aufzubauen und zum 20. Juli 1944 hin für eine "Anbindung des zivilen an den militärischen Widerstand" zu sorgen. Dies habe er durch seine vielen Kontakte und Verbindungen ermöglichen können, aber eben auch dadurch, dass er sich in den Jahren davor nicht einschüchtern ließ und seinen demokratischen Grundsätzen treu blieb. Der zivile Widerstand, für den Wirmer stehe, habe erst die Voraussetzung für ein militärisches Eingreifen geschaffen, erklärte Magdalena Hermes unter Verweis auf die rechts- und sozialstaatlichen Vorstellungen ihres Urgroßvaters. Ihr Fazit: "Der Widerstand hat Orientierung für den Neuanfang nach 1945 geschaffen." Bürgermeister Michael Stickeln betonte, der Widerstand des 20. Juli 1944 habe der Welt auch deutlich gemacht, dass es noch ein anderes Deutschland gab als das der Unterdrücker, Mörder, Henker. Josef Wirmer stehe hier "als ein bleibendes Beispiel beeindruckender menschlicher Größe, beispielhafter moralischer Stärke und existenzieller Zivilcourage". Josef Wirmers Sohn Anton Wirmer sagte, sein Vater sei für die Freiheit Deutschlands gestorben. Seine Familie habe eine besondere Beziehung zu der Stadt Warburg und dem Gymnasium, weil sie frühzeitig - bereits 1949 und damit weit eher als an anderen Orten Nachkriegsdeutschlands - das Gedenken ermöglicht hätten, sagte der Ministerialdirektor a. D.: "Dieser Akt der Solidarität war von großer Bedeutung für unsere Familie und ist es bis heute."

Gewürdigt wurde im Rahmen des Gedenkens auch ein weiterer Marianer, der sich entschlossen widersetzt hat: Wilhelm-Emanuel Freiherr von Ketteler (Abiturjahrgang 1926). Er war wegen seiner politischen Haltung als Diplomat 1938 bei den Nazis in Ungnade gefallen und deswegen von der Gestapo ermordet worden.

Bildunterschrift: Zahlreiche Nachkommen von Josef Wirmer haben Sonntag an der Gedenkveranstaltung zum 70. Jahrestag des 20. Juli 1944 teilgenommen. Das Foto vor den Mauern des Gymnasium Marianum zeigt von links Andreas Hermes, Dr. Bodo Varnhagen, Anton Wirmer und Maria Hermes (Kinder des Widerstandskämpfers), Julia Nees, Stefan Nees, Vera Wirmer, den Warburger Kinobetreiber Dr. Heribert Schlinker, der die Gedenkansprache hielt, Laurent Wirmer, Urenkelin und Vortragende Magdalena Hermes, Katharina Hermes und Christina Varnhagen.

Bildunterschrift: An der Wirmer-Gedächtnisleuchte auf dem Brüderkirchhof haben Bürgermeister Michael Stickeln (rechts) und Frank Scholle, Schulleiter des Gymnasiums, am Sonntag einen Kranz niedergelegt.

Bildunterschrift: Unerschrocken, souverän, schlagfertig und seinen Grundsätzen treu hat sich Josef Wirmer am 7. und 8. September 1944 beim Prozess gegen ihn verteidigt. Dr. Heribert Schlinker stellte während der Gedenkveranstaltung in der Aula des Marianum damals mitgeschnittene Szenen und Dialoge auf Großbildleinwand vor.

_______________________________________________


Radio Hochstift, 21.07.2014:

Flüchtlingsrat zur JVA Büren

Der Flüchtlingsrat NRW fordert die Entlassung aller Abschiebehäftlinge aus der Bürener Justizvollzugsanstalt. Die Initiative unterstellt dem Land NRW, sich einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu widersetzen. Demnach dürfen Abschiebehäftlinge nicht mehr zusammen mit Strafgefangenen untergebracht werden. Die Landesregierung geht aber offenbar davon aus, dass eine räumliche Trennung in verschiedenen Häusern in der Bürener Anstalt ausreicht.

_______________________________________________


Flüchtlingsrat Nordrhein-Westfalen e.V., 21.07.2014:

Pressemitteilung / NRW hält trotz EuGH-Urteil an rechtswidriger Abschiebungshaftpraxis fest

- Flüchtlingsrat fordert ein Umdenken und Alternativen zur Abschiebungshaft -

Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 17.07.2014 stellt die gemeinsame Unterbringung von Strafgefangenen und Abschiebungshäftlingen in einer Haftanstalt einen Verstoß gegen das Trennungsgebot des Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie) dar und ist damit unzulässig. Gleichwohl möchte NRW Abschiebungshäftlinge weiterhin in der JVA Büren unterbringen, wie Innen- und Justizministerium des Landes NRW am Freitag verlauten ließen. Zur Begründung wird angeführt, dass NRW nicht gegen das Trennungsgebot verstieße, da Strafgefangene und Abschiebungsgefangene in unterschiedlichen Häusern der JVA untergebracht seien und unterschiedlichen Vollzugsregelungen unterliegen würden.

"Lange haben wir auf die Entscheidung des EuGH gewartet, die uns in unserer Rechtsauffassung bestätigt hat, dass die Vollzugspraxis der Abschiebungshaft in NRW rechtswidrig ist", sagt Heinz Drucks, Vorstandsmitglied des Flüchtlingsrates NRW. "Es ist unfassbar, dass sich das Land NRW nun diesem Urteil mit einer unhaltbaren Begründung widersetzen möchte."

Der Entscheidung des EuGH lagen zwei Fälle zugrunde, in denen Abschiebungshäftlinge in derselben JVA, jedoch in von Strafgefangenen getrennten Abteilungen untergebracht waren. Ob die Häftlinge durch Flure oder durch Häuser getrennt werden, ist unerheblich, da das Trennungsgebot die getrennte Unterbringung in unterschiedlichen Anstalten voraussetzt. Der EuGH betonte in seinem Urteil, dass Straf- und Abschiebungsgefangene völlig unterschiedliche Gruppen seien, Abschiebungshäftlinge müssten deshalb anders untergebracht und behandelt werden.

Der Flüchtlingsrat NRW fordert die Landesregierung deshalb auf, die rechtswidrige Vollzugspraxis in der JVA Büren unverzüglich aufzugeben und die Abschiebungsgefangenen zu entlassen.

"In Kenntnis der Rückführungsrichtlinie und in Erwartung des Urteils des EuGH hatte das Land NRW ausreichend Zeit, um sich um Alternativen zur Abschiebungshaft in Büren zu bemühen", so Heinz Drucks. "Die Flüchtlinge, die allesamt zu Unrecht in der JVA Büren untergebracht sind, dürfen jedenfalls nicht weiter die Leidtragenden sein."

_______________________________________________


Hertz 87,9 - Campusradio für Bielefeld, 21.07.2014:

Abschiebehäftlinge dürfen nicht in normale Gefängnisse

Menschen in Abschiebehaft dürfen nicht mehr in regulären Gefängnissen mit gewöhnlichen Häftlingen untergebracht werden. Der Europäische Gerichtshof hat vergangenen Donnerstag entschieden, dass die bestehende Praxis gegen EU-Richtlinien verstößt. Menschen in Abschiebehaft müssen in gesonderten Einrichtungen, mit weniger scharfen Haftbedingungen, untergebracht werden. Anlass zu dem Urteil waren drei Fälle in NRW, Hessen und Bayern. Wenn ein Bundesland keine gesonderten Einrichtungen vorweisen kann, müssen Abschiebehäftlinge in andere Bundesländer verlegt werden.

_______________________________________________


Neue Westfälische, 21.07.2014:

Abschiebehaft: Mahnwache in Büren geplant

Büren / Düsseldorf (epd). Flüchtlingsaktivisten werfen NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) vor, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Abschiebehaft umgehen zu wollen. Jäger wolle laut einer ersten Stellungnahme weiter Abschiebegefangene in NRW zusammen mit Strafgefangenen in der Justizvollzugsanstalt Büren bei Paderborn unterbringen, kritisierte Frank Gockel, Sprecher des Vereins "Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren". Der Europäische Gerichtshof fordere aber die strikte Trennung der Gefangenengruppen. Der Verein ruft für Donnerstag zu einer Mahnwache vor der JVA auf.

Der Europäische Gerichtshof hatte entschieden, dass eine gemeinsame Unterbringung von Straf- und Abschiebegefangenen gegen EU-Recht verstößt. Das Urteil betrifft NRW, weil im zentralen Abschiebegefängnis in Büren seit 2007 auch Strafgefangene untergebracht werden.

Innenminister Jäger kündigte zumindest an, eine Umgestaltung des zentralen Abschiebegefängnisses zu prüfen. Im Vordergrund stehe eine Weiterentwicklung der JVA nach den Vorgaben des Urteils. Aber auch alternative Konzepte zur Unterbringung von ausreisepflichtigen Asylbewerbern würden geprüft. Die Haftbedingungen sollten so human wie möglich sein, sagte Jäger.

Frank Gockel dagegen erklärte, dass Jägers Versuch, "an den Symptomen des kranken Abschiebehaft-Systems in NRW herumzubasteln", längst gescheitert sei. Er bekräftigte seine Forderung, die Abschiebehaft in Büren zu beenden. "Abschiebehaft wird gerade in NRW viel zu schnell und viel zu häufig angewendet."

_______________________________________________


Westfalen-Blatt, 21.07.2014:

Streit um Abschiebehaft

Büren (WB/mba). Flüchtlingsaktivisten werfen NRW-Innenminister Ralf Jäger vor, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Abschiebehaft umgehen zu wollen. Jäger wolle Abschiebegefangene weiter gemeinsam mit Strafgefangenen in der JVA Büren (Kreis Paderborn) unterbringen, kritisiert Frank Gockel, Sprecher des Vereins "Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren". Der EuGH fordere aber die Trennung der beiden Gefangenengruppen. Der Verein ruft für Donnerstag um 18.15 Uhr zu einer Mahnwache vor der JVA Büren auf.

Wie berichtet, hatte der EuGH entschieden, dass eine gemeinsame Unterbringung von Straf- und Abschiebegefangenen gegen EU-Recht verstoße. Die JVA Büren ist das einzige Abschiebegefängnis in NRW. Dort werden seit 2007 auch Strafgefangene untergebracht. Jäger kündigte am Freitag an, eine Umgestaltung des Abschiebegefängnisses in Büren zu prüfen. Die JVA solle nach den Vorgaben des Urteils weiterentwickelt werden. Auch alternative Konzepte zur Unterbringung von ausreisepflichtigen Flüchtlingen würden geprüft. Gockel bekräftigte indes die Forderung, die Abschiebehaft zu beenden: "Abschiebehaft wird gerade in NRW viel zu schnell und viel zu häufig angewendet."

_______________________________________________


info@hiergeblieben.de

zurück