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Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V. , 07.07.1998 :

Todesfall in Abschiebehaft

Am 01.07.1998 verstarb ein 33-jähriger Abschiebehäftling der JVA Büren aus Sri Lanka im Bürener Krankenhaus. Nach Erklärungen der Kripo und der Anstaltsleitung wurde er durch einen geistig verwirrten Mithäftling in seiner Zelle mit einem Gürtel erwürgt.

Dieser Todesfall löste auch bei den Ehrenamtlichen Betreuern des Vereins "Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V." tiefe Betroffenheit aus.

Abschiebehaft dient zur Sicherung der Ausführung einer Verwaltungsmaßnahme. Sie ist schon für psychisch gesunden Gefangenen eine Ausnahmesituation, da der überwiegenden Zahl von Gefangenen nicht klar ist, warum sie im Gefängnis sind. Sie haben in der überwiegenden Zahl keine Straftaten begannen und die Abschiebehaft trifft sie vollkommen unvorbereitet. Zusätzliche belastet sind sie durch ausgeprägte Ängste, da viele nach ihrer Abschiebung mit Gefängnis, Folter oder schlimmeren rechnen müssen. Besonders für psychisch Kranke wächst die Belastung ins unerträgliche. Nach unseren Beobachtungen wurden verhaltensauffällige Gefangene mit starken Beruhigungsmitteln oder Psychopharmaka "ruhiggestellt". Obwohl die psychische Belastung für alle Inhaftierte sehr groß ist, wurde die vorgesehene Stelle für einen Facharzt/Ärztin der Psychiatrie bis heute noch nicht besetzt.

Sozialarbeiterstellen waren bei Konzeptionierung der Abschiebehaft nicht vorgesehen, da damals von einer durchschnittlichen Haftdauer von ca. 10 Tagen ausgegangen wurde. Heute wissen wir, dass Inhaftierte oft monatelang (bis zu 1 ½ Jahren) im Gefängnis auf ihre Reisepapiere warten müssen.

Um eines ganz klar herauszustellen: Wir halten Abschiebehaft für vollkommen inhuman, und fordern daher: Abschiebehaft ist abzuschaffen!

Da aber leider momentan diese Forderung politisch nicht durchsetzbar ist, sollten ab sofort folgende Punkte bei der Unterbringung beachtet werden:

- Psychisch kranke sind sofort aus der Abschiebehaft zu entlassen und in einer entsprechenden medizinischen Betreuung zuzuweisen.

- In der JVA Büren sind sofort Fachärzte/Ärztinnen für Psychiatrie einzustellen, wie es in anderen Gefängnissen üblich ist.

- Es ist für eine ausreichende Zahl von Sozialarbeitern/Innen zu sorgen, um eine ansprechende psychosoziale Betreuung zu gewähren.

- Bei der medizinischen Eingangsuntersuchung ist auch der psychische Zustand zu untersuchen. Ein entsprechender Dolmetscher/In sollte dabei anwesend sein.

- Es ist dafür zu sorgen, dass dem Gefangenen regelmäßig Dolmetscher/Innen zu Verfügung gestellt werden, damit er sich gegenüber dem Personal besser artikulieren kann.

- Jeder Suizidversuch ist ernstzunehmen. (In der Vergangenheit wurden Selbstverletzungen als "durch das südländische Temperament bedingte Schnippeleien" abgetan. Erst vor drei Wochen hatte sich ein kurdischer Häftling selbst angezündete und "seine Körper zu zehn Prozent angesengt". Nach Einschätzung der Anstaltsleitung "eine ernsthafte Selbstbeschädigung, aber nicht so dramatisch.")


gockel@gegenabschiebehaft.de

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