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Lippische Landes-Zeitung , 12.07.2003 :

Bozkurts wieder in Silixen / Mutter und Kinder dürfen sich frei bewegen - Vater bleibt abgetaucht

Extertal-Silixen (te). Gestern war der Abschiedstag für die künftigen Erstklässler im Kindergarten "Arche" in Silixen. Es war auch ein Freudentag. Denn ihr Spielkamerad Umut ist wieder da. Der Sechsjährige, seine Geschwister Zozan (8) und Azad (2) dürfen sich gemeinsam mit Mutter Hidayet Cicek (29) wieder frei in Silixen bewegen.

Im Mai war die Familie mit dem Vater Giyassetin Bozkurt (38) in den Untergrund gegangen, um der Abschiebung in die Türkei zu entgehen. Mutter und Kinder konnten ihren Unterschlupf jetzt verlassen, sie werden zunächst in Deutschland geduldet. Der Vater muss sich aber nach wie vor verbergen, um nicht abgeschoben zu werden.

Die Silixener schöpfen wieder Hoffnung, das Schicksal der Familie zum Guten wenden zu können. Am 23. Juli beschäftigt sich der Petitionsausschuss des Landes mit dem Fall. In Briefen haben die Silixener gestern noch einmal an Dorothee Danner vom Petitionsausschuss, die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck, Innenminister Otto Shily und keinen Geringeren als Bundespräsident Johannes Rau appelliert, die Abschiebung zu verhindern.

Seit fast zehn Jahren leben die Bozkurts als Asylsuchende in Silixen. Beide Eltern haben Arbeitsplätze, die ihre Arbeitgeber auch jetzt noch für sie freihalten. Keiner im Dorf hatte damit gerechnet, dass die Familie eines Tages abgeschoben werden könnte. Aber Anfang Mai stand doch die Ausweisung an. Und zwar nur für den Vater und die Kinder, denn für die Mutter war das notwendige Passersatzdokument noch nicht da.

Die Familie tauchte ab. Mehr als zwei Monate hindurch wurden sie von fremden Menschen versorgt. Währenddessen kämpften Silixener Freunde mit Unterschriften, Spenden und Briefen für die Bozkurts. "Unser Ziel ist weiterhin, das Bleiberecht für eine Familie zu erreichen, die hier niemandem zur Last fällt und unbescholten unter uns gelebt hat", bekräftigt Martin Schröder. Er ist sich mit Regina Scheiper und den weiteren Helfern einig: "Die Abschiebung ist unverständlich und die Trennung der Familie wäre völlig unmenschlich." Jetzt soll ein Spendenkonto für die Familie eingerichtet werden.

"Unser größter Wunsch ist hierzubleiben", sagt Mutter Hidayet Cicek leise. Die Erfahrungen der vergangenen Wochen stehen ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. "Meine Kinder kennen die Türkei nicht, sie sind hier geboren, hier ist ihre Heimat." Hidayet Cicek sagt, sie dürfe bleiben, weil der Petitionsausschuss sich mit dem Thema noch beschäftigen wird.

Das Detmolder Ausländeramt sieht das anders. Die Petition sei kein Abschiebungshindernis, heißt es von dort. Allerdings fehle das Passersatzdokument. Die Abschiebung sei so lange ausgesetzt, bis dieses Hindernis nicht mehr bestehe. Dann werde man die Frau mit ihren Kindern abschieben, auch wenn das Amt Familien nur sehr ungern auseinander reiße. Es gebe aber keine andere Möglichkeit, so lange Bozkurts nicht gemeinsam freiwillig ausreisen wollten.


Lemgo@lz-online.de

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