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Bielefelder Tageblatt (OH) / Neue Westfälische , 02.03.2002 :

Spontan-Aktionen gegen Nazis / Marsch der Rechtsextremen genehmigt / Initiative verteilt Nazis-raus-Plakate

Bielefeld. Nun also doch: Zum zweiten Mal dürfen Rechtsextremisten in Bielefeld gegen die Wehrmachtsausstellung demonstrieren. Die Verbotsverfügung der Polizei, bestätigt durch die Verwaltungsgerichte Minden und Münster, ist vom Karlsruher
Bundesverfassungsgericht aufgehoben worden. Besonders betroffen von dieser Entscheidung sind die Bürger, die rund um den Lindenplatz wohnen. Die Marschroute der Neonazis führt durch ihr Viertel. Kleiner Trost: Die ganze Veranstaltung darf nur zwei Stunden dauern: von 12 bis 14 Uhr.

Die Genehmigung durch Karlsruhe bedeutet auch, dass wieder über 2.000 Polizisten anrücken müssen, um für die Sicherheit zu sorgen. Problematisch ist vor allem das Gebiet um den Hauptbahnhof. Dort, in der Herbert-Hinnendahl-Straße, ist um 11.30 Uhr ein Treffpunkt der Gegendemonstranten. Da davon auszugehen ist, dass einige Rechtsextreme mit Zügen anreisen, ist eine Begegnung der Gruppen möglich. "In allen Zügen sind Beamte des Bundesgrenzschutzes", erläutert Klaus Kühmel von der Bielefelder Polizei das Sicherheitskonzept: "Vom Bahnhof werden die Rechtsextremisten bis zur Brüggemannstaße eskortiert." Dort ist Sammelplatz der Neonazis, dorthin werden auch die Teilnehmer, die mit Autos und Bussen nach Bielefeld kommen, direkt geleitet.

Für viele Menschen im Viertel um den Lindenplatz ist die Entscheidung des Verfassungsgerichts ein Schock. Die Telefon-Hotline der Polizei (0521 - 5454242) stand nicht still, die Bürger drückten ihren Ärger aus, einige zeigten Verständnis für die Rechtslage. Die Nummer ist auch heute geschaltet.

Trotz der kurzen Vorlaufzeit reagierten die Bewohner am Freitag Nachmittag blitzschnell. Eine Bürgerinitiative aus der Nachbarschaft traf sich am frühen Abend, um Aktionen zu planen. Zur Hilfe kam ihnen die Baugenossenschaft Freie Scholle, die der Initiative 800 Nazi-raus-Plakate übergab. Die waren vom Nazi-Marsch am 2. Februar im Ostbahnhof-Viertel übrig geblieben. Abends wurden die roten Plakate an die Haushalte verteilt. "Die sollen an den Wänden und in den Fenstern hängen", hofft Peter Bauer aus der Nachbarschaft, "und wir haben noch ein großes Anti-Nazi-Transparent von der Falken-Jugend".

Gegenwind können die Rechtsextremisten auch aus den Demonstrationszügen unter der Schirmherrschaft des DGB erwarten. Wieder werden mehrere tausend Teilnehmer erwartet an den drei Demonstrations-Startpunkten Siegriedplatz, Herbert-Hinnendahl-Straße und Ostbahnhof. Treffpunkt ist jeweils um 11.30 Uhr, Abschlusskundgebung um 15 Uhr auf dem Rathausplatz, unter anderem mit dem Künstler Wiglaf Droste.

Zudem hat das "Bündnis gegen Rassismus" einen Protest organisiert. Die Antifaschisten planen, den Lindenplatz zu besetzen mit dem Ziel, den Nazi-Auflauf so zu stören, dass er abgebrochen werden muss.

02./03.02.2002
lok-red.bielefeld@neue-westfaelische.de

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