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Westdeutscher Rundfunk , 11.11.2002 :

Detmold zeigt Flagge / Aktionswoche gegen Fremdenfeindlichkeit

Die Lipper wollen keinen allein lassen, die Gütersloher Bürgerinnen und Bürger wollen Profil zeigen. Solche Initiativen für mehr Toleranz und Courage präsentiert seit Montag (11.11.02) die "Aktionswoche gegen Fremdenfeindlichkeit" in Detmold.

Am Haupteingang der Bezirksregierung Detmold steht seit kurzem eine neue Kastanie. Paul Spiegel, Präsident des Zentralrates der Juden, und Andreas Wiebe, Präsident der Bezirksregierung in Detmold, mussten deshalb nicht selbst zu Spaten und Gießkanne greifen, um den Baum seiner Bestimmung zu übergeben. Sie enthüllten einfach einen Stein, der die Kastanie zum "Baum der Toleranz" erklärt. Im Großen Saal eröffneten sie anschließend gemeinsam die "Aktionswoche gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus". Mit einer umfangreichen Ausstellung will sie Anregungen geben, wie Jugendzentren, Schulen und Kommunen für mehr Toleranz und Zivilcourage werben können.

Werben für Toleranz

Zu sehen ist etwa eine Plakataktion der Stadt Gütersloh. Mit 16 Motiven wirbt sie für ein friedliches Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft. "Wir arbeiten beide für unsere Stadt", machen auf einem Plakat die Bürgermeisterin und ein türkisch-stämmiger Stadthallentechniker deutlich. "Wir schützen und helfen. Ohne Unterschied! Mit Sicherheit!", versprechen der (deutsche) Polizeidirektor und eine dunkelhäutige Kommissaranwärterin. Das sind keine revolutionären, sondern eher selbstverständliche Botschaften. Aber nicht nur in Gütersloh scheint es wichtig, sie immer wieder zu transportieren. In zahlreichen anderen Städten stemmen sich ähnliche Kampagnen (vorsorglich) gegen ein Klima der Fremdenfeindlichkeit.

Virtueller Spaziergang

Die Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus gilt ebenfalls als probate "Schutzimpfung" gegen fremdenfeindliche Versuchungen. So erforschten Neuntklässler der Freiligrath-Realschule die Judenverfolgung in Lage während der Zeit des Nationalsozialismus. Vor allem in Interviews mit Zeitzeugen sammelten sie Informationen über den Boykott jüdischer Geschäfte und den Ablauf der Reichspogromnacht in ihrer Gemeinde. Die Ergebnisse der Projektarbeit sind im Internet dokumentiert und führen unter anderem auf einem "virtuellen Spaziergang" zu den Spuren jüdischer Vergangenheit in Lage.

Musical mit Moral

Eher spielerisch setzten sich Schüler der Erich-Kästner-Schule in Bad Salzuflen mit dem ernsten Thema auseinander. Auf der Detmolder Eröffnungsveranstaltung zeigten sie vor rund 300 Zuschauern Ausschnitte ihres Musicals "Wir waren fremd". Das Stück bringt aufkeimende Fremdenfeindlichkeit und ihre wirksame Bekämpfung kindgemäß auf die Bühne. Einige Schüler, die mit Sprüchen gegen Ausländer auffallen, geraten in ihren Träumen auf eine Reise durch ferne Länder. In dieser Traumreise werden sie freundlich behandelt und zum Essen, Tanzen und Spielen eingeladen. Der Traum macht sie dann neugierig auf die Fremden in ihrer Umgebung - und beendet ihre Sprücheklopferei.

In der Realität verschwindet die Fremdenfeindlichkeit leider nicht so einfach. Deshalb werden solche Aktionen und Aktionswochen noch lange zur Realität gehören müssen.

Ort: Bezirksregierung, Leopoldstraße 15, 32756 Detmold
Zeit: 11. bis 15. November 2002


studio.bielefeld@wdr.de

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