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Lippische Landes-Zeitung , 01.12.1980 :

Zeitlich befristete Aktion sollte die Mitbürger interessieren

Jugendliche besetzten am Wochenende die ehemalige Klingenbergsche Fabrik / Protest gegen Abbruch und Forderung nach Jugend- und Kommunikationszentrum

Detmold. Mitglieder der Kulturinitiative und anderer interessierter Gruppen, in der Mehrheit Jugendliche, haben am Wochenende für einen Tag die ehemals Klingenbergschen Gebäude an der Hornschen Straße besetzt. Mit Transparenten und Spruchbändern protestierten sie gegen den bevorstehenden Abbruch der früheren Betriebsgebäude und unterstrichen auch durch Theater- und Kabarettaufführungen in den besetzten Räumen ihre Forderung nach Einrichtung eines autonomen Jugend- und Kommunikationszentrums.

Die befristete Aktion war offensichtlich ausgelöst worden durch die Mitteilung, dass die Klingenbergsche Fabrik innerhalb von drei Monaten dem Erdboden gleichgemacht werden soll, um dem Regierungspräsidenten die Möglichkeit zu geben, seine Erweiterungspläne - die LZ hat sie vorgestellt - zu realisieren.

Mit an den Eingängen zu den Klingenbergschen Gebäuden verteilten Flugblättern und einer so genannten Presseerklärung machten die "Besetzer" die Mitbürger auf ihre Aktion und ihr Anliegen aufmerksam. Darin hieß es auszugsweise:

"Heute morgen haben wir die ehemalige Klingenbergsche Fabrik in der Hornschen Straße für einen befristeten Zeitraum besetzt. Wir haben uns zu diesem Schritt entschlossen, um unseren Unmut und unserer Empörung über das völlig unzureichende Angebot an Kultur- und Freizeitmöglichkeiten in Detmold auf wirksame Weise zum Ausdruck zu bringen."

"Der jetzt unmittelbar bevorstehende Abriss ist in unseren Augen eine unverschämte Missachtung der Interessen aller der mit dem Kultur- und Freizeitangebot unzufriedenen Menschen. Darüber hinaus reihen sich die geplanten Abrißmaßnahmen in die wahnwitzige "Sanierungs"- und Zubetonierungspolitik der Städte ein."

Es wurde darauf hingewiesen, dass sich Initiativen und Gruppen seit zehn Jahren für ein selbstverwaltetes Jugend- und Kommunikationszentrum einsetzen und der Stadt Detmold den Vorschlag gemacht hätten, die Klingenbergschen Gebäude zurückzuerwerben und sie für eine derartige Nutzung zur Verfügung zu stellen. Die Stadt habe ihre Entscheidung von den Nutzungsabsichten des Regierungspräsidenten abhängig gemacht, dessen Pläne nun vorlägen: Klingenberg solle weg. Dazu die jugendlichen Besetzer:

"Statt eine sinnvolle Einrichtung in den bestehenden Gebäuden zu schaffen, wird der Verwaltungsapparat weiter ausgebaut. Dieser Politik sehen wir nicht tatenlos zu. Wir fordern:

- keine überflüssige Vergrößerung des Verwaltungsapparates,
- Erhalt der Klingenberg-Fabrik als Teil des historisch-gewachsenen Stadtbildes,
- mehr Raum für unterrepräsentierte Gruppen wie Jugendliche, Ausländer, alte Menschen und Arbeitslose,
- Bereitstellung von geeigneten Gebäuden für ein selbstverwaltetes Kultur- und Kommunikationszentrum!"

Die Jugendlichen brachen ihre Aktion nach Einbruch der Dunkelheit ab, ohne dass es zu Auseinandersetzungen kam, allerdings auch ohne ihrem Ziel nähergekommen zu sein.

Bildunterschrift: Gestern setzten Jugendliche ihre am Wochenende bei Einbruch der Dunkelheit abgebrochene Besetzung der ehemaligen Klingenbergschen Gebäude fort. Mit Transparenten, die Aufschriften wie "Wir fordern ein autonomes Jugendzentrum" und "Dieses Haus ist besetzt" trugen, machten sie auf ihr Anliegen aufmerksam. Sie möchten den im Rahmen der Erweiterung der Bezirksregierung vorprogrammierten Abbruch des früheren Fabrik- und Verwaltungsgebäudes in buchstäblich letzter Minute verhindern. Der sehr geringen Chance ihrer Aktion sind sich dabei die Jugendlichen durchaus bewusst.


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