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Westfalen-Blatt , 03.12.2005 :

(Bielefeld) Leitartikel / Denker und Mutmacher / Lasst viele davon um uns sein!

Von Rolf Dressler

Was wohl wird uns die Zukunft bringen? Ach, könnten wir das doch zumindest ein wenig vorausahnen, wenn es sich denn schon nicht vorhersagen lässt! Dieser Stoßseufzer ist in der Welt, seit es Menschen auf der Erde gibt.

Werden Menschen sogar den Homo sapiens klonen, sobald das Wissen darüber geradezu magisch dazu verlockt und verleitet? Werden wir alle dereinst womöglich Singles sein, vereinzelte Wesen in Milliardenstärke? Wird Forscher- und Ärztekunst eines Tages gar (fast) den Gevatter Tod besiegen? Wächst ein neues gewaltiges Proletariat heran?

Gute, sinnreiche Fragestellungen öffnen die Dinge, steigern die Gehirnleistung und erzeugen einen Klang des Zukünftigen. Das sagte sich jetzt wieder einmal Matthias Horx, der vielleicht einflussreichste Trend- und Zukunftsforscher im deutschsprachigen Raum. So tiefgründig und klar seine Beobachtungen und Analysen, so charmant versteht er sich darauf, seinen Lesern und Zuhörern mit Witz und hintergründigem Humor Lebensmut und Zuversicht auch in die eigene Gestaltungskraft (zurück) zu geben.

"Von Zahnbürsten-Zweitverwertern zu Zahnpasta-Feinschmeckern."
Matthias Horx

Eine solche Gabe wiegt viel in Zeiten wie den gegenwärtigen. Folgerichtig trägt Matthias Horx' neuestes, soeben im Campus-Verlag (Frankfurt am Main) erschienenes Buch den Titel "Wie wir leben werden - unsere Zukunft beginnt jetzt". Sozusagen schon von Natur aus durch und durch optimistisch gestimmt erfreut er sich und das teils zagende, teils bedrückte Publikum sowohl durch scheinbar Kleinteilig-Alltägliches ebenso wie durch den Vorgriff auf ein völkerumspannendes Netzwerk des Friedens, auf eine Menschheitsära, in der "kein Gewaltherrscher, kein Oberbrüllaffe eines wie auch immer gearteten Clans mehr wüten und morden lassen kann". Der Zukunftsforscher Matthias Horx hält den goldenen Moment real für erreichbar, an dem ein Gerichtshof für Menschenrechte auch im äthiopischen Addis Abeba, im nordkoreanischen Pjöngjang oder in Peking funktionieren werde.

Freilich werden die verschiedenen Wege bis an diesen historischen Wunderpunkt noch beschwerlich genug. Siehe zum Beispiel den Widerstand vor allem Polens und Tschechiens gegen ein Zentrum gegen Vertreibungen auf deutschem Boden und schon gar in Berlin. Zwar wird den Deutschen endlich uneingeschränkt zugestanden, dass sie des verlorenen Landes im Osten und der 15 Millionen Vertreibungsopfer gedenken dürften. Aber insbesondere Polen und Tschechen haben erst ansatzweise begonnen, das historisch einzigartige Völkerrechtsgroßverbrechen an 15 Millionen Deutschen wahrheitsgetreu aufzuarbeiten.

Auch auf solche Zusammenhänge und Hintergründe spielt der Zukunftsforscher Matthias Horx genauso ernsthaft an, wie er augenzwinkernd die phänomenale Evolution der hochnützlichen Spezies Zahnbürste im überquellenden Supermarktregal beschreibt.

Solche Denker, Mut- und Muntermacher in einer Person braucht das Land.

Lasst viele davon um uns sein.

03./04.12.2005
bielefeld@westfalen-blatt.de

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