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Lippische Rundschau , 18.11.1985 :

Kommentar / Geist der Intoleranz erfordert Wachsamkeit

Ulrich Schlottmann

Die von den Grünen angezettelte Demonstration gegen die Enthüllung der Gedenktafel macht traurig und wütend zugleich. Ist es denn in unserer freiheitlichen Demokratie nicht mehr möglich, toten Menschen in einem ihnen würdigen Rahmen zu gedenken? Was sind das für Menschen, die Parolen grölen, wenn andere trauern?

Man mag zu den Werten der Traditionsgemeinschaft stehen wie man will. Der Versuch, Menschen das Recht zu verwehren, an tote Angehörige und Kameraden zu erinnern, geht über Pietätlosigkeit weit hinaus, grenzt an Unmenschlichkeit. Die grölenden und pfeifenden Demonstranten - allen voran der grüne Ratsherr Zoremba - hätten besser daran getan, dem Vorsitzenden der Traditionsgemeinschaft, Ernst-Martin Rhein, zuzuhören. Hier sprach kein "kalter Krieger", sondern ein Mann, der aus der Geschichte und eigenen Erfahrungen gelernt hat. Denn das hat Rhein doch deutlich herausgestellt: Das Vermächtnis der toten Soldaten heißt Frieden und Versöhnung!

Aber nicht nur Traurigkeit und Wut sind nach den Vorfällen von Samstag angebracht: auch Wachsamkeit. Denn ähneln das Fehlen von Toleranz gegenüber Andersdenkenden und die Brutalität, mit der versucht wird, andere Auffassungen zu unterdrücken, nicht dem Geist der 1933 herrschte? Auf solch einem Nährboden entstand die Gewaltherrschaft, der auch die 4000 Soldaten des IR 18 zum Opfer fielen.


wb@westfalen-blatt.de

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