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Lippische Landes-Zeitung , 04.12.1992 :

"Runder Tisch" zur Situation der Ausländer und Asylbewerber tagte / Sicherheitsfragen spielten bei Diskussion zentrale Rolle

Detmold (da). Mit einer Reihe von Veranstaltungen und Initiativen wollen Detmolder verstärkt für die Belange der Ausländer und Asylbewerber eintreten. Darauf einigten sich die Teilnehmer eines "Runden Tisches", zu dem Bürgermeister Friedrich Brakemeier Vertreter von Parteien, Verbänden und Kirchen sowie in diesem Bereich tätige Arbeitskreise und Vereine eingeladen hatte.

Im einzelnen wurde bei der Zusammenkunft in der Schule am Wall folgendes vereinbart:

- In einem gemeinsamen Aufruf zum "Tag der Menschenrechte" am 10. Dezember beziehen die Unterzeichner Stellung gegen Fremdenhass, Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit. Gleichzeitig treten sie für Toleranz und Liberalität und das Grundrecht auf Asyl ein.

- Ebenfalls am 10. Dezember wird um 19 Uhr in der Geschwister-Scholl-Schule der Arbeitskreis Weiße Rose '92" gegründet. Dieser will unter anderem durch Flugblattaktionen auf die Lage der ausländischen Mitbürger aufmerksam machen. Für den Sommer ist ein großes Fest mit allen Nachbarn vom Hiddeser Berg und der Sprottauer Straße geplant.

- Für jedes der insgesamt zehn Übergangswohnheime für Asylanten soll eine Patenschaft begründet werden. Die Ortsvorsteher werden gebeten, interessierte Vereine, Gruppen und Bürger einzuladen, um die Verantwortlichkeit für das jeweilige Objekt festzulegen.

- Die Initiative "Jazz in Lippe" veranstaltet am 22. Januar um 18 Uhr in der Stadthalle ein Solidaritätskonzert mit verschiedenen lippischen Künstlern, deren Erlös der Flüchtlingshilfe zugute kommen soll.

Aufruf zur Solidarität

Im Verlauf der Zusammenkunft spielte die Frage, wie die Sicherheit der rund 920 in Detmold lebenden Asylbewerber und De-facto-Flüchtlinge gewährleistet werden kann, eine zentrale Rolle. Schutzpolizeidirektor Wolfgang Schilling wies darauf hin, dass seine Beamte allein keinen allumfassenden Schutz garantieren könnten. Deshalb sei man auf alle Städte und Gemeinden zugegangen und habe ihnen Beratungen zur technischen Sicherung der Unterkünfte angeboten.

Schilling appellierte an alle Asylbewerber und die Nachbarn von Heimen, Berührungsängste vor der Polizei abzulegen und bei Gefahr sofort anzurufen. Wörtlich meinte er: "Wir sind darauf angewiesen, dass sich die Nachbarschaft solidarisiert." Einig waren sich die Teilnehmer am "Runden Tisch" darüber, dass es wichtig ist, in diesem Bereich langfristig zu arbeiten.

War es bis zu diesem Punkt möglich, zu einer mehr oder weniger einheitlichen Beschlusslage zu kommen, änderte sich dies, als es um die geplante Einrichtung einer zentralen Aufnahmestelle in den Klüter Kasernen an der Lemgoer Straße ging. Während sich SPD-Fraktionschef Friedel Uthe dafür aussprach, diese mutmaßliche Entscheidung des Landes zu akzeptieren und alles zu tun, um negative Folgen für die Nachbarschaft zu mildern, plädierte Volker Wiemann-Onyuro (Die Grünen/Antifaschistischer Arbeitskreis) für eine dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge.

Beigeordneter Dr. Burkhard Steglich hatte zuvor erklärt, dass noch keine definitiven Aussagen des Landes über Art und Größe dieser Einrichtung vorlägen. Man könne aber davon ausgehen, dass in absehbarer Zeit bis zu 500 Asylbewerber in den geräumten Militärunterkünften untergebracht würden. Diese Menschen würden vollständig vom Land betreut. Die Stadt Detmold werde sich aber der Verantwortung stellen, betonte Steglich, der vorschlug, nach der Entscheidung des Landes das Unterbringungskonzept im Rahmen einer öffentlichen Ratssitzung vorzustellen. Mit einer weiteren Hoffnung räumte der Beigeordnete gleich auf: "Die Existenz dieser Aufnahmestelle wird nicht dazu führen, dass Detmold von der Zuweisung weiterer Asylbewerber ausgenommen wird." Allenfalls werde es zu einer Anrechnung kommen.


Detmold@lz-online.de

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