www.hiergeblieben.de

Gütersloher Zeitung / Neue Westfälische , 20.08.2003 :

Abschiebepraxis in der Kritik / Familie Asani soll zurück in den Kosovo

Von Jens Sommerkamp

Werther. Der Vater arbeitet als Malergehilfe, die Mutter putzt in einem Hotel-Restaurant. Die Kinder gehen zur Grundschule oder in den Kindergarten, zwei der drei Jungs kicken im Fußballverein. Die Asanis sind eigentlich eine ganz normale Familie, aber nur noch bis morgen. Dann startet ihr Flug in eine ungewisse Zukunft. Die in Werther (Kreis Gütersloh) lebenden Kosovo-Albaner werden nach neun Jahren abgeschoben.

"Deutschland ist die Heimat unserer Kinder", sagt Nuradin Asani. Behar (9), Bledar (8) und Endrit (7) wurden hier geboren. Ihre Muttersprache ist deutsch, die Heimat ihrer Eltern haben sie nie kennengelernt. Nach französischem oder amerikanischen Recht hätten sie problemlos einen Pass bekommen. In Deutschland wurden sie nur geduldet, so lange im Kosovo die Gewalt regierte.

Am Freitag bekamen die Wertheraner Post von der Kreisverwaltung Gütersloh. Morgen früh um drei Uhr werden sie abgeholt und in Düsseldorf ins Flugzeug nach Pristina gesetzt. Wo sie in ihrer früheren Heimatstadt Mitrovica wohnen werden, wissen sie noch nicht. Und Hoffnung auf Arbeit haben sie sowieso nicht.

Sadet Asani arbeitet als Putzhilfe im Wertheraner Gasthof Bergfrieden. "Wir können das nicht verstehen", sagte Wirtin Cornelia Wulfmeier über die Abschiebung. "Reine Bürokratie" sei das. "Unmöglich, dass solche Leute einfach abgeschoben werden", ärgert sich auch Heinz-Dieter Häger. Der Haller Malermeister hat Nuradin Asani als Gehilfen eingestellt. Die Arbeitskraft fehlt ihm, geeigneter Ersatz ist schwer zu finden. Er fordert eine Härtefallregelung für Flüchtlinge, die schon lange in Deutschland leben.

Die gab es vor drei Jahren, doch die Familie fiel durch das Raster, weil Nuradin Asani damals arbeitslos war. Da zählt es auch nicht, dass die Asanis seit Jahren außer zeitweisem Arbeitslosengeld keine staatliche Hilfe benötigt haben und heute auf eigenen Füßen stehen, obwohl sie Ansprüche gehabt hätten.

Die zuständige Kreisverwaltung sieht das anders. Die Rechtslage ist klar, so Pressesprecherin Carola Kietzmann, "das ist keine Auslegungssache". Der Kreis will die Abschiebung durchsetzen, falls neue Nachrichten aus Mitrovica nicht ein neues Licht werfen: Wenn dort tatsächlich Unruhen herrschen, wie die UNO-Zivilverwaltung gemeldet hat, werden die Asanis weiteren Aufschub bekommen.

In Werther regt sich Widerstand gegenüber den Behörden

Das Angebot des Familienvaters allein vorzufahren und eine Bleibe zu suchen, hat der Kreis abgelehnt. In Werther regt sich Widerstand gegen die Abschiebung. Flüchtlingsinitiative, Grünen-Stadtratsfraktion, Klassenkameraden der Söhne und Bekannte der Eltern protestieren bei den Behörden. Über spontane Aktionen wird nachgedacht.

Die Abschiebe-Praxis des Kreises Gütersloh war in die Kritik geraten, nachdem ein türkischer Asylbewerber sich im Juli in der Dienststelle der Ausländerbehörde in Rheda-Wiedenbrück selbst in Brand gesetzt hatte. Ob die Proteste helfen ist fraglich. Der Kreis hat die Flugtickets bestellt. Auf Familie Asani wartet eine ungewisse Zukunft.


lok-red.guetersloh@neue-westfaelische.de

zurück