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Lippische Landes-Zeitung , 27.01.1993 :

Referat zum Auftakt der Veranstaltungsreihe gegen Rassismus befaßte sich mit Unterbringung von Asylbewerbern / "Lagerisierung mit Zaun menschenunwürdig"

Lemgo (ju). Gegen die "menschenunwürdige Unterbringung von Asylbewerbern in Sammellagern" sprach sich im Rahmen des Vortrags zum Thema "Sammellager" in der Fachhochschule in Lippe Referent Fritz Bornemeyer aus, der von Ellen Hagemeister (beide von der Flüchtlingshilfe Detmold) unterstützt wurde. Die Auftaktveranstaltung - anläßlich des 60. Jahrestages der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten ein "Glied in der Kette" einer ganzen Veranstaltungsreihe bis zum 2. Februar - kam zustande auf Grund der "Initiative gegen Rassismus, Faschismus und Menschenfeindlichkeit", in der sich angesichts der gewalttätigen ausländerfeindlichen Übergriffe Vertreter verschiedener Lemgoer Vereine und Organisationen zusammengeschlossen haben. Organisiert wurde der Abend von Thorsten Gronemeier vom AStA der FH.

Trotz der Brisanz des Themas - sowohl in Lemgo als auch in Detmold gibt es Pläne für Sammelunterkünfte in Kasernen (Spiegelberg und Klüt) - zeigten sich nur etwas mehr als 20 Personen interessiert an Information und Diskussion bereits gemachter Erahrungen. Als besondere Kritikpunkte sprachen die Vertreter der Detmolder Flüchtlingshilfe die Zentralisierung und Isolierung von Flüchtlingen in den geplanten Unterkünften an: "Innerhalb von kürzester Zeit durchlaufen Asylbewerber das gesamte Verfahren, werden erkennungsdienstlich behandelt und nach wenigen Wochen oder Monaten aus den Lagern abgeschoben", so Bornemeyer. Die Abschiebequote liege nahezu bei 100 Prozent, die Lagerisierung mit "Sicherheitskonzept" wie Zaun, Pforte, Ausweispflicht sei menschenunwürdig, ebenso wie der soziale Betreuungsschlüssel im Verhältnis 1 zu 10.

"Nie wieder Ghettos in Deutschland"

Als besonders kritikwürdig bemängelte der Referent auch, dass bei einer solchen Ghettoisierung von Menschen in Sammelunterkünften keinerlei Solidarisierung von außen mehr stattfinden könne, den Kommunen außerdem durch die Verschärfung des Asylverfahrensgesetzes viele Spielräume genommen worden seien (Duldung, Bleiberecht).

Als konkreten Lösungsvorschlag nannte der Referent die Möglichkeit, Kasernen zu vernünftigen Wohneinheiten umzugestalten, in denen Ausländer und Deutsche gemeinsam untergebracht werden könnten. "Nie wieder Ghettos und Lager in Deutschland", lautete die Forderung, die notfalls auch mit "zivilem Ungehorsam" durchgesetzt werden könne.


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