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Lippische Landes-Zeitung, , 06.11.2003 :

Gedenkstätte zerstört / Einweihung trotzdem am Sonntag

Extertal/Bösingfeld (te/sch). Erschütterung und tiefe Betroffenheit hat die Tat ausgelöst: Unbekannte haben in der Nacht zum gestrigen Mittwoch eine jüdische Gedenkstätte in Bösingfeld zerstört. Sie sollte am kommenden Sonntag eingeweiht werden.

Extertals Bürgermeister Hans Hoppenberg kann es nicht fassen. "Ich bin erschüttert." Für ihn ist das "eine eindeutige antisemitische Handlung von einzelnen Kriminellen", die strengstens verfolgt werden müsse. "Dabei handelt es sich nicht mehr um einen Dumme-Jungen-Streich", sagte Hoppenberg empört.

Er entdeckte die Tat gestern, als er gemeinsam mit dem Extertaler Gärtnermeister Wolfgang Langner und Maler Mario Reineke die Gedenkstätte an der Hummbrucher Straße in Augenschein nahm. Die Handwerker des Bauhofs sollten sich um die Anpflanzung von Grün am künftigen Denkmal und Malerarbeiten in der Nähe kümmern. "Erst am Dienstagnachmittag ist die Gedenkstätte errichtet worden. Die Tafel mit der Inschrift war noch nicht einmal angebracht", schildert Hoppenberg. Gerade Letzteres wertet er als Zeichen, dass die Täter genau wussten, was sie vor sich hatten.

Hoppenberg lobt die Polizei. "Die Kriminalbeamten haben akribisch Spuren gesichert, diese Sache wird auch dort sehr ernst genommen." Die Gedenkstätte wird jetzt wieder errichtet und soll am Sonntag wie geplant eingeweiht werden. Dazu erwartet die Gemeinde Extertal einen Nachfahren der ehemalig in Bösingfeld ansässigen jüdischen Familie Schleyer mit seiner Ehefrau aus Israel. Die Polizei habe versprochen, bis zur Einweihung verstärkt Präsenz an dem Denkmal zu zeigen.

Das im Rahmen eines Schülerprojekts der 10. Klassen der Realschule Bösingfeld unter Leitung von Lehrer Dietmar Holtgrewe gestaltete Denkmal (die LZ berichtete) soll an den Standort der ehemaligen Bösingfelder Synagoge sowie an die Verfolgung und Ermordung der Extertaler Juden in der Zeit des Nationalsozialismus erinnern. Holtgrewe sagte gestern Nachmittag: "Dieser Vorfall ist sehr erschütternd, und auch die Schüler sind tief betroffen."

In der gleichen Nacht sind die Schaufensterscheiben eines Geschäftes am Bösingfelder Kreisel eingeschmissen worden, außerdem wurde eine Bank am Bossenteich ramponiert. Hoppenberg hofft, dass die Polizei durch Spuren an dem Geschäft auch den Zerstörern des Denkmals auf die Schliche kommt. Nach Auskunft von Uwe Bauer, dem Pressesprecher der Kreispolizeibehörde Lippe, hat die Unterabteilung Staatsschutz des Polizeipräsidiums Bielefeld den Fall übernommen. "Eine politisch motivierte oder fremdenfeindliche Tat ist nicht auszuschließen", erklärte Bauer. Es gebe derzeit aber keine Täterhinweise.

Wer sachdienstliche Hinweise zu der Straftat geben kann, wird gebeten, sich mit der Staatsschutz-Abteilung in Bielefeld unter (0521) 5452410 oder 5452420 in Verbindung zu setzen.


Lemgo@lz-online.de

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