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Die Grünen, Ortsverband Detmold, Arbeitskreis Frieden , 21.10.1985 :

Militaristen weihen Gedenktafel ein

Im April dieses Jahres unterrichtete die Traditionsgemeinschaft des Infanterieregiments 18 den Bürgermeister von der Absicht, am 55er-Denkmal auf dem Kaiser-Wilhelm-Platz folgende Tafel anzubringen:

Zum Gedenken an die Gefallenen und Vermissten des Inf./Gren. Regiments 18

Chef: GFM von Rundstedt 1921 – 1945

Ihr Vermächtnis: FRIEDEN

Im Hauptausschusses des Rates wurde beschlossen, darauf zu drängen, die Zeile „Chef: GFM von Rundstedt“ wegzulassen, da Rundstedt einer der wesentlichen militärischen Stützen Hitlers gewesen ist. Dem Antrag der GRÜNEN, die Anbringung der Tafel ganz zu untersagen, wollten CDU, SPD und FDP nicht folgen. Der von den GRÜNEN vorgetragene Verdacht, dass es sich bei der Traditionsgemeinschaft im wesentlichen um alte Militaristen handelt, wurde durch intensive Nachforschungen bestätigt.

Nachfolgend werden Auszüge der Nachforschungen dokumentiert:

Traditionsgemeinschaft Inf.-Gren.-Rgt. 18
Generalfeldmarschall v. Rundstedt
Vorsitzender Ernst-Martin Rhein
Nikolaus-Gross-Straße 7
5060 Bergisch-Gladbach 3
Tel.: 02204 / 63828

16. April 1985

An den Bürgermeister
der Stadt Detmold
Herrn F. Vogt
Postfach61 Stadt Detmold

Der Bürgermeister
4930 Detmold

EINGANG
Datum: 18.04.1985

Betr.: Erinnerungstafel für das IR 18 am 55er-Denkmal

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Vogt! ( ... )

3. Viele ältere Bürger Detmold und aus dem Kreis Lippe, vor allem auch die Angehörigen und Nachkommen der im 2. Weltkrieg gefallenen 18er, empfinden es seit Jahren als betrüblichen Mangel, dass ein öffentlicher Hinweis auf das tragische Schicksal dieser meist jungen Menschen im Stadtbild fehlt.

Uns als den Überlebenden des zweimal im Ostfeldzug vernichteten Regiments 18 ist es ein besonderes Anliegen, dass der Erinnerung an unsere toten Kameraden im Herzen der Stadt ein sichtbarer Platz eingeräumt wird. Diese Soldaten haben im guten Glauben, ihrem Land zu dienen, ihr junges Leben gegeben. Ihre Einsatzbereitschaft und ihre Hingabe verlieren nicht dadurch an Wert, dass diese von verbrecherischen Machthabern schmählich missbraucht worden sind. Ihr Andenken und ihr Vermächtnis sollte den nachfolgenden Generationen ständig vor Augen geführt werden. ( ... )

Wir möchten die Stadt Detmold bitten, unser Vorhaben zu unterstützen und sich in angemessener Weise an der Vorbereitung und Gestaltung der Einweihungsfeier zu beteiligen.

Herr Landrat Wegener, selbst ehemaliger 18er, hat unsere Absicht begrüßt und uns seine Unterstützung zugesagt.

Das Panzerbataillon 213 der Panzerbrigade 21, das die Tradition unseres Regiments weiterführt, wird sich an der Gestaltung der Feier beteiligen. ( ... )

Traditionsgemeinschaft
Inf.-Gren.-Rgt. 18
Generalfeldmarschall v. Rundstedt
Vorsitzender Ernst-Martin Rhein
Nikolaus-Gross-Straße 7
5060 Bergisch-Gladbach 3
Tel.: 02204 / 63828

17. Juli 1985

Herrn Dieter Zoremba
Heidentalstr. 56
4930 Detmold

Kopie: Herrn Kreikenbaum

Sehr geehrter Herr Zoremba!

Ich beziehe mich auf meinen Zwischenbescheid vom 19. Juni und beantworte die Fragen in Ihrem Brief vom 03. Juni d.J. wie folgt:

1. Art unserer Traditionspflege

Die Aufgaben unserer Traditionsgemeinschaft (TG) bestehen nach unserer Satzung in der

O Pflege der Kameradschaft unter den ehemaligen Angehörigen des IR 18 und mit unserem Traditionsverband der Bundeswehr, dem Panzerbataillon 213 in Augustdorf;

O Bewahrung und Förderung des Geistes der Opferbereitschaft und der Liebe zum Vaterland;

O Mitarbeit an der Festigung und dem Bestand der Bundesrepublik Deutschland.

Wir sehen unsere Aufgabe ferner darin,

O das Gedächtnis an die vielen Tausenden Kameraden wach zu halten, die - im Glauben an eine gute Sache und missbraucht von verbrecherischem Regime – getreu Ihrem Eid ihr Leben gegeben haben;

O als Staatsbürger die Lehren aus dem tragischen Geschehen und den Irrtümern des 2. Weltkrieges zu ziehen. ( ... )

Der Name unseres Regimentchefs, Generalfeldmarschall von Runstedt wird auf der Gedenktafel nicht erscheinen, um keinen Anlaß zu Missdeutungen zu geben. ( ... )

ALTE KAMERADEN
Unabhängige Zeitschrift Deutscher Soldaten
Organ der Traditionsverbände und Kameradenwerke
2/83:

Traditionsgemeinschaft Inf.-/Gren.Regiment 18

Vorsitzender: Ernst-Martin Rhein, Nikolaus-Gross-Straße 7, 5060 Bergisch-Gladbach 3, Tel.: 02204 / 6382

Geschäftsführer: Paul Griesel, Moltkestr. 54, 4930 Detmold, Tel.: 05231 / 20202

... Gedenktreffen: Anläßlich des 30. Todestages des Feldmarschalls v. Rundstedt, unseres Chefs, treffen wir uns am 24. Februar um 11.30 Uhr auf dem Friedhof Hannover-Stöcken. Anschließend wollen wir in der Stadt in einem Restaurant noch beisammen sein. – Kam. Rhein bittet um rege Beteiligung.

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4/83:

Hannover-Stöcken: Die Beteiligung an der Gedenkfeier am Grab unseres unvergessenen Chefs, GFM v. Runstedt, am 24. Februar war sehr gut. Auch vier Angehörige der Familie und zwei Vertreter des VdS-Niedersachsen waren gekommen. Es sprach Oberst I.O. a.D. H. Nolte, der einst als Fähnrich diesen Rgt.Kdr. erlebt hat. Mit der Darstellung des Soldatenwegs „unseres“ Feldmarschalls in Frieden und Krieg verband er die Feststellung, dass Vaterland, Kameradschaft, Ritterlichkeit, Mut, Pflichterfüllung und Gewissen die Grundlagen seiner Persönlichkeit und seines Führungsstils waren. – Beim anschl. Beisammensein bedankte sich Eberhard von R. im Namen der Familie für dieses Gedenken. Unser Vors. E. Rhein betonte, dass es für uns eine Ehrenverflicht. gewesen sei.

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8-9/83:

Augustdorf: „Unser“ Pz.Btl. 213 hatte am 01. Juli zum „Gästetag“ eingeladen. Etwa 250 Teilnehmer erlebten Schießen mit Handfeuerwaffen, Waffenschau und Gästebiwak mit Siegerehrung. Der „Leopard 2“ war natürlich Star des Tages. Nachdem Btl.Kdr. Oberst M e y e r im Biwak begrüßt hatte, gab es eine kräftige Erbsensuppe zur Stärkung. Mit flotten Weisen unterhielt eine Kapelle aus Altenbeken. Unser Vors. Kam. Rhein dankte für die Einladung und überreichte eine Gedenkmappe zum 30. Todestags unseres Chefs GFM v. Rundstedt sowie einen Ehrenpreis, den die Mannschaft der ehem. 8./18 am 25. Juni 1933 bei der Wachtruppe in Berlin im „MG-Hindernislauf“ gewonnen und den Fritz L e p p e l (Köln 80, Archimedesstr. 50) uns jetzt übersandt hatte. Der Preis wird in der „Traditions-Vitrine“ im Stabsgebäude ausgestellt.

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11/84:

8. Regimentstreffen (29. bis 30. Sept. in Augustdorf): Bei herrlichem Sonnenschein eröffnete ein Appell”unseres” Pz.Btl. 213 in der „Rommel-Kaserne“ die Veranstaltung. Der stellv. Kdr., Major B r e i d e n b a c h, verwies auf das “leuchtende Beispiel der Kameradschaft der Frontkämpfer“, die diese immer wieder zusammenführe. Er überreichte dann verdienten Soldaten des Btl. Ehrenkreuz und Verdienstmedaille der Bw und sprach Beförderungen aus. Landrat Heinz W e g e n e r, selbst ehem. 18er überbrachte Grüße des Kreises Lippe sowie der Städte Detmold, Bielefeld, Paderborn und der Gemeinde Augustdorf. Die Bürger hätten „ihre“ 18er nicht vergessen! So wäre es folgerichtig gewesen, dass ein Truppenteil der Pz.Brig. 21 die Traditionspflege übernommen hätte, das Btl. 213 erfülle diese Aufgabe vorbildlich. Das Opfer der gefallenen 18er sei Verpflichtung für alle, um eine Welt des Friedens zu bauen und zu sichern. Anschließend schilderte Ernst Rhein anlässlich des 40. Jahrestages des Untergangs bei Bobruisk den Opfergang unserer Kameraden in drei Jahren Ostfeldzug. Sie hätten sich nicht als Helden gefühlt, sondern selbstverständlich und selbstlos ihre Pflicht erfüllt im Bewusstsein die Heimat zu schützen und einer guten Sache zu dienen. Die Gedenkfeier wurde mit einer Kranzniederlegung am Ehrenmal beschlossen, das fünf Jahre zuvor durch General v. S c h w e r i n enthüllt worden war. Auch der Vors. der Trad.Gem. der „Windhund“ – Div. (116PD), J. P u p p e, legte einen Kranz nieder. Zwei Soldaten bliesen den „Guten Kameraden“.

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8-9/85:

Detmold: Über Gestaltung und Anbringung der Ehrentafel am 55er-Denkmal auf dem Kaiser-Wilhelm-Platz sprachen wir am 11. Juni mit Landrat W e g e n e r und Bürgerm. V o g t. Es wurde in allen Punkten Einmütigkeit erzielt und für das Anbringen der Tafel Samstag, 16. November, um 11.00 Uhr festgelegt.

Lippischer Sonntag, 22.09.1985

Kreis Lippe. Die Angehörigen der Traditionsgemeinschaft IR/GR 18-Gen. FM v. Rundstedt haben ihren neunten Regimentstag am 05. und 06.Oktober 1985 in Salzkotten-Verlar. Sie treffen sich um 10.00 Uhr im Gasthaus Heidekrug. Der Vorstand lädt alle Kameraden mit ihren Angehörigen zu dem Treffen herzlich ein. Er hofft, dass in diesem Jahr auch alle die wieder dabei sind, die am letzten Treffen nicht teilnehmen konnten.

In einem Aufruf zum Regimentstag heißt es: „Wir wissen, dass mancher noch abseits steht und mit Verbitterung auf die Nachkriegszeit zurückblickt, die Schäden für die Gesundheit, Nachteile für die Berufsentwicklung und Verunglimpfung der Soldaten zur Folge gehabt hat. Denen möchten wir sagen: Eure Opfer und Leistungen für unser Vaterland verdienen Anerkennung und Dank, auch wenn sie von einer verblendeten Führung missbraucht worden sind.

Unsere Regimentstreffen sind ein Bekenntnis zu den Leistungen und Opfern der deutschen Soldaten vor der Öffentlichkeit. Bekennen auch Sie sich zu diesem Anliegen und überzeugen Sie sich von der Solidarität und Kameradschaft Gleichgesinnter am 05. Oktober in Verlar. Wir haben vor dem Schicksal nicht die Waffen gestreckt. Wir standen den anderen nicht nach, als es an den Wiederaufbau unseres Vaterlandes ging.

Liebe Kameraden, kommt mit euren Angehörigen zum Treffen! Bringen Sie zögernde und behinderte Kameraden Ihrer alten Einheit mit. Nutzen Sie die Gelegenheit, solange noch nicht Alter und Krankheit ein Kommen unmöglich machen. Stellen Sie fest, was aus den Männern geworden ist, die auch heute noch treu zusammenhalten.“

Auskunft erteilt: Paul Griesel, 4930 Detmold, Moltkestraße 54, Telefon: (05231) 20202.

Wes Geistes Kameraden?

Hinter dem formalen Bekenntnis zur BRD wird ein ideologisches Gemisch aus Frontkämpferkameradschaft und Militarismus sowie rechter Geschichtsklitterung deutlich: Da wird von den Welteroberungsversuchen der Nazis als „tragisches Geschehen“ geredet und von den „Irrtümern des 2. Weltkrieges“. Das heißt doch, dass nicht der Versuch, sich Europa untertan zu machen verurteilt, sondern die fehlerhafte Ausführung dieses Plans bemängelt wird. Da wird die „Einsatzbereitschaft und Hingabe“ der 18er hervorgehoben, die man auf keinen Fall entwertet wissen will, auch wenn sie tausenden von Franzosen und Russen den Tod brachte. Die Traditionsgemeinschaft bekennt sich vielmehr öffentlich zu diesen „Leistungen“. Da wird, was besonders zynisch ist, der Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion, die allein ca. 20 Millionen Tote zu beklagen hatte, als „Opfergang unserer Kameraden“ bezeichnet. Und da wird weiterhin mit dem Glauben der deutschen Soldaten argumentiert, sie hätten vor Moskau die deutsche Heimat verteidigt. Diese „Leistungen“ verdienen nach Auffassung der Traditionsgemeinschaft weiterhin Dank und Anerkennung.

Auf dem 55er-Denkmal steht auch weiterhin die Aufschrift „Kein Regiment soll besser sein“ – im Erobern anderer Länder und im Morden anderer Völker muß man wohl hinzufügen!

Diese Mischung aus blinder Pflichterfüllung und Opferbereitschaft, aus Bewunderung für militärisches Können sowie rechter Geschichtsklitterung war der Nährboden, den die Nazis systematisch aufbereiteten, um die Menschen für ihre Welteroberungspläne bereitzumachen – die Traditionsgemeinschaft pflegt diese Tradition.

In der Zeitschrift „Alte Kameraden. Unabhängige Zeitschrift Deutscher Soldaten – Organ der Traditionsverbände und Kameradenwerke“, die auch von der Traditionsgemeinschaft der 18er als publizistisches Sprachrohr benutzt wird, wird in der Ausgabe Juni 1985 u.a. eindeutig gegen die Rede Weizäckers zum 08. Mai polemisiert („ ... musste die Ansprache des Staatsoberhauptes ... für viele Bürger fast wie eine kalte Dusche wirken.“), die SS rehabilitiert („Auch ist es diesen Waffen-SS-Männern mit zu verdanken, dass noch ein Restdeutschland, die Bundesrepublik durch deren Tapferkeit und Standfestigkeit übriggeblieben ist.“) und die alleinige Kriegsschuld Deutschlands geleugnet.

Weiter wird deutlich, wie die Traditionsgemeinschaft zu den von ihnen als „verbrecherische Machthaber“ bezeichneten führenden Persönlichkeiten des 3. Reiches steht, wenn man ihr Verhältnis zu von Rundstedt betrachtet. Rundstedt war als Oberkommandierender von Heeresgruppen von 1939 – 1945 wesentlich am militärischen Geschehen beteiligt und eine der militärischen Stützen Hitlers. Wenn er auch kein ausgemachter Nazi war, sondern eher alter preußischer Militarist, so treib er die typische Nazi-Kriegsführung voran: Er, bzw. seine Dienststelle war es, die den berüchtigten Reichenau-Befehl, mit dem die rassistische Kriegsführung gegen die Bevölkerung der Sowjetunion forciert wurde, als Muster an Unterabteilungen seiner Heeeresgruppe weiterleitete. Auch bei der Aburteilung der Männer des 20. Juli war er entscheidend beteiligt: Er saß dem Militärgericht vor, das die Attentäter aus der Wehrmacht ausschloß, was Voraussetzung dafür war, sie vom Volksgerichtshof Freislers aburteilen zu lassen. Von eben diesem Mann spricht der Vorstand der Traditionsgemeinschaft als „unserem Feldmarschall“, veranstaltet Gedenkfeiern zu seinem Todestag und übergibt dem Panzerbataillon 213 in Augustdorf eine Gedenkmappe zum 30. Todestag von Rundstedts.

Einer Vereinigung, die lediglich von „Irrtümern des 2. Weltkrieges“ spricht, die die „Einsatzbereitschaft und Hingabe“ der deutschen Soldaten nicht entwertet wissen will, die den Eroberungskrieg gegen die Sowjetunion als „Opfergang der Kameraden“ bezeichnet, die zu Ehren von Rundstedt Gedächtnisfeiern veranstaltet, darf in Detmold nicht die Möglichkeit gegeben werden, Feiern abzuhalten.

Die GRÜNEN fordern den Rat der Stadt Detmold auf, der Traditionsgemeinschaft unmissverständlich mitzuteilen, dass sie in Detmold unerwünscht ist und dass sie die Anbringung der Tafel unterlassen soll. Falls der Rat in seiner Sitzung am 31. Oktober diesen Antrag nicht folgen wird, rufen wir dazu auf, der Einweihung der Tafel am 16. November um 11.00 Uhr den notwendigen antimilitaristischen Rahmen zu geben!



gruene-detmold@web.de

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