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Bielefelder Tageblatt (MW) / Neue Westfälische , 18.10.2006 :

Schülersprecher ein bekannter Neonazi / Carl-Severing-Berufskolleg: Protest formiert sich

Von Ansgar Mönter

Bielefeld. Am Carl-Severing-Berufskolleg für Bekleidungstechnik, Biotechnik, Hauswirtschaft und Soziales herrscht seit gestern große Aufregung. Durch eine Flugblattaktion der Antifaschistischen Organisation Ostwestfalen (Antifa OWL) wurde an der Einrichtung bekannt, dass der Schülersprecher Alexander Franke ein Neonazi aus der Region ist.

Die Wahlen zum Schülersprecher waren im September. Dabei soll Franke seine braune Gesinnung allerdings verschwiegen haben, heißt es. "Ich bin, wie die Kollegen, aus allen Wolken gefallen", sagt Marion Friese-Ruff. Die Schulleiterin fragte gestern bei der Abteilung Staatsschutz der Bielefelder Polizei nach, was die Schule in diesem Fall unternehmen könne. Bei den Staatsschützern, zuständig für politische Extremisten, ist Franke als aktiver Neonazi bekannt. "Er ist kein unbeschriebenes Blatt."

Eingreifen kann die Polizei jedoch nicht, so lange keine Straftat vorliegt. "Aber wir haben die Vorfälle dort zu Kenntnis genommen", sagt Ulrich Buchalla.

Laut Szenekennern ist Alexander Franke Betreiber einer Internet-Seite mit eindeutig nationalistischer Tendenz. In der Öffentlichkeit trägt er Kleidung mit der Aufschrift "Westfälische Pforte". Dieser Begriff prangt über der Internetseite und verweist zugleich auf den Wohnort des Neonazis. Franke kommt aus Porta Westfalica.

Zudem soll er regelmäßig bei Aufmärschen der Rechtsextremisten dabei sein, zuletzt in Bielefeld am 16. September, als die Neonazis nach wenigen hundert Metern von zahlreichen Bielefelder Bürgern gestoppt wurden.

Die Antifa OWL fordert die sofortige Absetzung des Schülersprechers. "Es kann nicht hingenommen werden, dass ein Neonazi sich als Vertreter der Interessen der Schüler aufspielt. Die meisten Schüler des Berufskollegs wussten nichts von Frankes Einstellung und Aktivitäten."

Heute beschäftigt sich die Schülervertretung mit dem Fall. "Wir werden alle demokratischen Schritte einleiten", kündigt Friese-Ruff an, die auch die Bezirksregierung unterrichtet hat. Unter den Schülern hat die Diskussion schon begonnen. Nach Aussage der Schulleiterin ist es möglich, den Schülersprecher wieder abzuwählen.

Franke galt bisher als unauffälliger Schüler. Der Erwachsene – er soll über 20 Jahre alt sein – macht seit Sommer diesen Jahres eine Ausbildung zum biologisch-technischen Assistenten an dem Berufskolleg an der Huberstraße, das nach dem Gewerkschafter und sozialdemokratischen Politiker Carl Severing (1875 - 1952) benannt wurde.

Severing wurde von den Nationasozialisten zeitweise inhaftiert.


lok-red.bielefeld@neue-westfaelische.de

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