www.hiergeblieben.de

Lippische Landes-Zeitung , 10.07.1993 :

Diskussion zum Thema "Fremdenfeindlichkeit" / Viele Meinungen und auch einige Vorsätze

Horn-Bad Meinberg (co). Mehr als 70 Interessierte fanden sich zur Podiumsdiskussion mit dem Thema "Fremde in der Nachbarschaft" in der Burgscheune Horn ein. Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Kirchen, der Arbeiterwohlfahrt und des Deutschen Roten Kreuzes, Herbert Osterhage, begrüßte als Gastgeber insbesondere einige ausländische Bürger.

Unter der Diskussionsleitung von Pfarrer Wilhelm Reinmuth gaben die eingeladenen Funktionsträger zunächst Statements ab, die dann untereinander diskutiert wurden, wobei sich auch die Zuhörer beteiligen konnten.

SPD-Fraktionsvorsitzender Dr. Herwig Biehl fühlt sich persönlich betroffen von Ausländerfeindlichkeit. Ein Konfliktpotential in der Stadt ergebe sich durch den hohen Anteil ausländischer Bürger. "Soziale Probleme werden auf den Rücken der sozial Schwächsten ausgetragen", meinte er und nannte den Asylkompromiss der Bundesregierung einen "falschen Weg zur falschen Zeit".

Die Verträglichkeit des Zusammenlebens von Deutschen und Ausländern hänge von der Konzentration ab, so die Ansicht von stellvertretendem CDU-Fraktionsvorsitzendem Eckart Knoerich. Diese habe inzwischen Formen angenommen, die die Möglichkeit der Akzeptanz und Assimilation von Ausländern überstiegen.

Der Vorsitzende des Ausländerbeirates, Jürgen Hanning, fragte nach den Ursachen für die Ablehnung von Fremden. An Ausländer würden strengere Maßstäbe beim Zusammenleben gelegt als an Deutsche. Reaktionen von Politikern und Medien trügen dazu bei, dass fremde Nachbarn schnell abgelehnt würden.

FDP-Ortsvereinsvorsitzender Peter Kollmeier sprach sich dafür aus, die unkontrollierte Einreise von Asylanten zu stoppen. Er betonte, dass die Mehrheit der Deutschen nicht ausländerfeindlich sei. Man müsse auch Verständnis für die deutschen Bürger haben, wenn Zugereiste sich nach kurzer Zeit Eigentum zulegten, was vielen Deutschen nicht möglich sei.

Reinhard Gerke von den Grünen machte das Versagen der älteren Generationen für das Auftreten jugendlicher Gewalt verantwortlich. Der Staat sei immer auf dem rechten Auge blind gewesen. Mit dem Asylgesetz habe man dem Druck der Straße nachgegeben. Stadtdirektor Eberhard Block fand, dass es in Horn-Bad Meinberg keine eklatanten Probleme gebe.

Zum Thema Sozialhilfe sagte ein junger türkischer Bürger, dass das Geld nicht verloren ginge, weil es im Kreislauf der Volkswirtschaft wieder zurückkäme. Ein inzwischen anerkannter Asylbewerber meinte, er hätte während seines Verfahren gern gearbeitet, aber nicht gedurft. Die Podiumsmitglieder vermuten, dass die Wanderungsbewegungen in Europa noch zunehmen werden.

Als Resümee zog Osterhage, dass private Initiativen unternommen werden und Patenschaften verstärkt werden sollten. Jeder einzelne müsse für ein gutes Klima in der Stadt sorgen. Nach dem offiziellen Teil der Veranstaltung wurde in vielen kleinen Gruppen mit Podiumsteilnehmern und Zuhörern weiterdiskutiert.

10./11.07.1993
detmold@lz-online.de

zurück