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Mindener Tageblatt , 01.12.2021 :

Andacht auf Franzosenfriedhof

Kulturgemeinschaft Minderheide gedachte der Kriegstoten

Minden. Auch in diesen Jahr fand zu Totensonntag (Ewigkeitssonntag) auf dem Franzosenfriedhof in Minderheide eine Andacht statt.

Vor sieben Jahren war diese Andacht am Nachmittag aus Anlass des hundertjährigen Erinnerns an den Beginn des Ersten Weltkrieges, also von 2014 bis 2018, von der Kulturgemeinschaft Minderheide, der neuapostolischen Kirche und der evangelischen St. Lukas-Kirche Minderheide, ins Leben gerufen worden.

Auf dem Friedhof sind Soldaten unterschiedlichster Nationalitäten begraben, die im Gefangenlager auf der Heide ums Leben gekommen sind. Kleine Sandsteinkreuze sind auf dem Gräberfeld aufgestellt. Große Gedenkmale erinnern speziell an Serben, Armenier und Italiener. Diese wurden zusammen mit dem großen Denkmal im letzten Jahr mit Mitteln der Kulturgemeinschaft restauriert.

Der Chor der neuapostolischen Kirche begleitete die Andacht. Lothar Ney, Neuapostolische Kirche, und Pastor Clemens Becht, St. Lukas, hielten die Ansprache, in der beide betonten, dass selbst die Schrecken der beiden Weltkriege nicht dazu geführt hätten, dass Krieg eine Option im Zusammenleben der Menschen sei. Umso mehr müssten Veranstaltungen wie diese auf dem Franzosenfriedhof der Bevölkerung, speziell der Jugend, vor Augen führen, wie wichtig ein friedliches Miteinander sei.

Bildunterschrift: Die Schrecken der Weltkriege nicht vergessen: Bürger aus Minderheide gedachten auf dem Franzosenfriedhof der Kriegstoten aller Nationen.


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Mindener Tageblatt, 05.08.2020:

Im Gedenken der Toten

Eine Gruppe aus Bad Oeynhausen besuchte den Gefangengenfriedhof in Minderheide

Minden (mt/sk). Der Franzosenfriedhof in Minderheide hat wieder einmal das Interesse einer kleinen Gruppe aus Bad Oeynhausen an diesem Ort geweckt. Schon am Eingang waren alle von der Stille und der schlichten Schönheit der Anlage beeindruckt. Besonders waren die Besucher am historischen Hintergrund des Friedhofs interessiert. Ortsheimatpfleger Siegfried Winkler erläuterte anschaulich, wie es zu dieser Ruhestätte von heute noch 700 Bestatteten gekommen ist.

In den ersten Septemberwochen 1914 kam es zu einer großen Anzahl von Gefangenen aus Belgien und aus der französischen Festung Maubeuge. Dabei waren auch einige Engländer. Der Gefangenenstrom, zu dem später viele russische Gefangene kamen, riss nicht ab. Ab 1916 fanden sich Serben und ein Jahr später auch Italiener ein. Unterkünfte und eine Infrastruktur gab es auf der großen Heidefläche in Minderheide nicht. Die Gefangenen mussten in Erdlöchern wie Maulwürfe leben.

Erst 1915 wurden Baracken errichtet, in denen 20.000 Personen in drangvoller Enge bei kargem Essen überleben sollten. Eine Inschrift auf der Rückseite des Franzosendenkmals gibt Auskunft über die Nationalitäten.

Die Besucher waren erstaunt über die kunstvolle Gestaltung der Denkmäler. Nach Kriegsende wurde das Gefangenenlager geräumt. Von 1920 bis 1923 wurden die verstorbenen Franzosen, Belgier und Italiener in ihre Heimat überführt. Russen und Serben ruhen hier weiterhin.

Winkler erklärte das Problem der Exhumierung. Auch heute noch gibt es Familien, die ihre Angehörigen suchen. Die Exhumierung wurde von den Heimatländern organisiert. Die Neuapostolische Kirchengemeinde in Minden hat es sich zur Pflicht gemacht, am Totensonntag eine Andacht gemeinsam mit der St. Lukas-Gemeinde zu gestalten. Die Pflege des Friedhofs wird von der Stadt Minden und der Kulturgemeinschaft Minderheide gewährleistet.

Bildunterschrift: Ortsheimatpfleger Siegfried Winkler informiert Besucher über den Franzosenfriedhof.

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Mindener Tageblatt, 20.09.2019:

Erinnerung wachhalten

Für ihr Projekt Franzosenfriedhof erhält die Kulturgemeinschaft Minderheide den Heimatpreis der Stadt / Eine Auszeichnung für das Ehrenamt

Von Carsten Korfesmeyer

Minden (mt). Die Preisträger von der Kulturgemeinschaft Minderheide kümmern sich seit vielen Jahren um den Franzosenfriedhof. Sie pflegen die Denkmäler, Gräber oder Gedenkkreuze - und Bürgermeister Michael Jäcke (SPD) spricht in seiner Laudatio von einem sehr guten Beispiel für das Thema Erinnerungskultur. Das Areal war in jüngster Zeit mehrfach von Vandalismus betroffen. Das Franzosenkreuz auf dem Alten Friedhof wurde im Sommer bereits zum dritten Mal mutwillig zerstört. So sehr, dass eine Reparatur laut Jäcke womöglich nicht mehr möglich ist. "Ich weiß nicht, was in den Köpfen der Täter vorgeht", sagt er am Donnerstag vor rund 50 Gästen im Foyer vor dem Sitzungssaal im Kreishaus.

2.500 Euro bekommt die Kulturgemeinschaft Minderheide, die mit Veranstaltungen und Aktionen rund um den Friedhof an die Schrecken beider Weltkriege erinnert. In Eigenleistung haben die Mitglieder das Denkmal auf der Großen Heide saniert und zum Gedenken auch einen Friedensbaum gepflanzt. "Das alles hat die Jury überzeugt", sagt der Bürgermeister.

Anfang des Jahres hat der Rat beschlossen, den vom Land geförderten Heimatpreis in Minden zu vergeben. Gleich zur Premiere gibt es mit zwei zweiten Plätzen eine Besonderheit, weil nach der Abstimmung Punktgleichheit herrschte. So gehen die Auszeichnungen an den Arbeitskreis Stolpersteine und nach Kutenhausen, wo die Kooperation zwischen dem Heimatverein und dem Förderverein Friedhofskapelle läuft. Diese beschäftigt sich mit dem Projekt Pflege und Aufwertung des Kutenhauser Friedhofs und mit der Unterhaltung der Friedhofskapelle.

Das Projekt Stolpersteine trage dazu bei, dass Minden auch in Zukunft eine weltoffene Stadt ist, die neuen Mitmenschen eine Heimat bietet, erklärt Jäcke. "Die Steine geben den früheren Nachbarn aus der Weserstadt einen Namen und verdeutlichen, was den Frauen, Männern und Kindern zugestoßen ist. Die Stolpersteine seien wichtig, weil sie an die Schicksale erinnern. Am Rande der Preisverleihung erklärt ein Projektmitglied gegenüber dem MT, dass damit alle Opfer der Nazi-Schreckensherrschaft gemeint sind.

"Heimat ist für viele Menschen das, womit man sich vertraut fühlt"

Als "herausragendes Kooperationsprojekt" bezeichnet Jäcke das, was Ehrenamtliche auf dem Kutenhauser Friedhof leisten. Sie sanierten das Hochkreuz und erneuerten die Inschrift mit Blattgold, renovierten den Fußboden in der Kapelle und polsterten die Bänke. "Außerdem wurde ein neues Eingangstor geschmiedet und eine Sonnenuhr angelegt", sagt der Bürgermeister. Das alles sichere den Friedhof langfristig als Parkanlage und einen Ort der Erinnerung.

Jäcke sagt in seiner Rede deutlich, dass der Begriff Heimat sehr unterschiedlich interpretiert werde. Er könne ein Ort, ein Gefühl oder auch ein ganz bestimmter Duft sein. "Heimat ist für viele Menschen das, womit man sich vertraut fühlt", sagt der Verwaltungschef. Auch Geborgenheit und Vertrautheit gehören nach seinen Worten dazu. Für jeden Menschen bedeute Heimat etwas anderes und: Der Begriff sei gerade in jüngster Zeit wieder stärker in die Öffentlichkeit gelangt.

Der Bürgermeister sieht Heimat als etwas Positives und verbindet damit Weltoffenheit, Toleranz, Verantwortungsgefühl und Gemeinsinn. "Das alles schafft einen starken gesellschaftlichen Zusammenhalt", sagt Jäcke. Dabei spiele es keine Rolle, ob diese Heimat in den großen Städten des Ruhrgebiets oder im eher ländlich geprägten OWL liege. In Minden werde man weiter darauf achten, für einen liebens- und lebenswerten Ort zu sorgen. Auch 2020 werde es einen Heimatpreis geben.

Der Autor ist erreichbar unter Telefon (0571) 882237 oder Carsten.Korfesmeyer@MT.de.

Bildunterschrift: Zur Premiere des Mindener Heimatpreises gibt es gleich zwei zweite Plätze. Sabine Schulz vom Projekt Stolpersteine nimmt die Auszeichnung für einen dieser beiden Plätze aus den Händen von Bürgermeister Michael Jäcke entgegen.

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Mindener Tageblatt Online, 14.08.2019:

Vandalismus: Franzosenkreuz auf dem Alten Friedhof zum dritten Mal zerstört

14.08.2019 - 05.00 Uhr

Jürgen Langenkämper

Minden (mt). Kein Jahr ist es her, dass Unbekannte nächtens das Franzosenkreuz im Botanischen Garten umwarfen und zerbrachen. Und keine zwei Monate ist es her, dass es - von einem Steinmetz mühevoll restauriert - wieder aufgestellt worden war, da fiel die Erinnerung an 198 Tote des Deutsch-Französischen Krieges im Schutze der Nacht zum 30. Juni erneut feiger Zerstörungswut zum Opfer - und dieses Mal wohl endgültig. "Wir müssen prüfen, ob wir den Schaden überhaupt wieder beheben können", stellt Denis Rinne von den Städtischen Betrieben (SBM) ernüchtert fest.

Im vergangenen Herbst hatten Randalierer bereits einmal - und nicht zum ersten Mal - zugeschlagen, ohne dass dies große Wellen geschlagen hätte. In aller Stille wollte die bei SBM angesiedelte Friedhofsverwaltung den Schaden beheben. Kurz vor Weihnachten stieß der Lichtkünstler Oliver Roth bei der Vorbereitung seines Neujahrsleuchtens im Botanischen Garten jedoch auf die sinnentleerte Tat und machte die Facebook-Gemeinde darauf aufmerksam: "Wir sind geschockt. Da haben doch ein paar Deppen das "Franzosen Kreuz" im Botanischen Garten mit brutaler Gewalt vom Sockel gestoßen und es ein paar Meter weiter völlig zerstört liegen lassen. Warum???". Die Entrüstung bis hin zu Ekel war groß.

Reflexartig meldeten sich auch gleich wieder jene Stimmen zu Wort, die schnell mit Verdächtigungen bei der Sache für alles Mögliche sind, Hauptsache, es geht in eine Richtung. "Vielleicht brauchen wir nach all den Ereignissen der letzten drei Jahre einen Rechtsstaat, der die Bürger mehr schützt - und auch solche Straftaten wie auf dem Friedhof ein stückweit mehr verhindert!", meinte ein Kommentator. Und eine Kommentatorin schlug gleich den ganz großen Bogen zum IS und der "Zerstörung der großen Statuen (Name fällt mir gerade nicht ein)" (vermutlich waren die Buddha-Statuen von Bamiyan gemeint, die 2001 durch die mit dem IS rivalisierenden Taliban zerstört wurden; Anm. d. Red.). Oliver Roth versuchte gegenzusteuern: "Diese Art von Anschuldigungen lasse ich auch nicht zu", und setzte in Facebook-Manier drei Ausrufezeichen. Und: "Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen dem kaputten Denkmal und der Politik der letzten drei Jahre. Vandalismus gab es leider schon immer und wenn man die Täter erwischt, greift der Rechtsstaat mit seinen Gesetzen. So wie es schon immer war / ist."

Mit seiner Bemerkung über den Vandalismus hatte der Künstler vermutlich recht, auch wenn wie sonst nicht Vandalen im ethnischen Sinne die "üblichen Verdächtigen" waren. Schon 20 Jahre zuvor, 1998, hatten Unbekannte ihre überschüssige Energie an der ganz und gar nicht sakralen, sondern sehr politischen Skulptur "Rio 2000" ausgelassen, die der Mindener Künstler Jochen Freymuth als Mahnung nach dem wenig ergiebigen Umweltgipfel in Rio de Janeiro 1992 geschaffen hatte. Mehr als sieben Jahre lang war die noch im selben Jahr mit dem niedersächsischen Umweltpreis prämierte Skulptur im Botanischen Garten zu sehen und wurde dabei im Laufe der Zeit Opfer eines wie auch immer motivierten, meist aber wohl blinden Vandalismus. 2002 musste sie abgeräumt werden. "Das Werk wurde zunehmend zu einem Sicherheitsrisiko", erläuterte der damalige Leiter des städtischen Kulturbüros, Friedrich-Wilhelm Steffen, gegenüber dem MT. Die um die Verkehrssicherungspflicht bemühte Stadt wollte den Künstler bewegen, seine Plastik zum Zwecke einer erhöhten Standfestigkeit nachzubessern. Dazu jedoch verspürte dieser weder Lust noch Muße. Freymuth lehnte ab, erklärte sich aber bereit, die Überreste zurückzunehmen (MT vom 21. März 2002).

Noch viel länger, fast auf den Tag genau 49 Jahre vor der letzten Zerstörung, liegt die erste Heimsuchung des Franzosenkreuzes zurück. In der Nacht auf den 28. Juni 1970 fielen bei vermutlich auch damals sommerlichen Temperaturen "dem unbedachten Toben offenbar jugendlicher und betrunkener Täter auf dem Friedhofsgelände die Holzplanken zweier Ruhebänke zum Opfer". Auch von einem Wasserschöpfbrunnen war ein Rohr abgeschraubt worden, so dass Wasser die ganze Nacht sprudelte "und weite Teile eines Weges verwüstete".

Mit kriminalistischem Spürsinn ging MT-Redakteur Günter Titzsch den damals von der Polizei ermittelten Spuren der "Schänder des ehemals etwa zwei Meter hohen Sandstein-Monuments" nach, in erster Linie "einer am Sockel zerschmetterten Spirituosenflasche". In der Nähe des Tatortes waren zudem Schokoladenreste sichergestellt worden. Daher schlossen die Ermittler und der Journalist nicht aus, "daß sich in der Begleitung der "Kraftmeier" Damen befunden haben" (MT vom 30. Juni 1970).

Ferner berichtete Günter Titzsch von einer Häufung von mutwilligen Beschädigungen und Diebstählen in jüngster Zeit auf dem Gelände des alten Friedhofs. Randbefestigungen wurden zertreten und Grabschmuck ebenso entwendet wie Gewächse aus den Neuanpflanzungen - dies alles Jahrhunderte nach der Völkerwanderung, an der die Vandalen beteiligt waren, und Jahrzehnte vor den Flüchtlingen unserer Tage. Und auch ein Absperren der Friedhofstore am Abend hatte ungebetenen nächtlichen Besuchern zu keiner Zeit Einhalt gebieten können - was auch Oliver Roth bei seinen Lichtinstallationen wiederholt feststellen musste. Nachts ist im Botanischen Garten viel los.

Nur eines scheint sich in der Wohlstands- und Überflussgesellschaft von heute geändert zu haben: 1970 beklagten Stadtgartenmeister Heitmann und Amtsleiter Goosmann vom städtischen Gartenbau- und Friedhofsamt gegenüber dem MT-Berichterstatter noch den Diebstahl von 60 bis 70 Goldfischen und Karpfen im jenem Frühjahr aus einem Teich. Unserer Tage ist es eher umgekehrt. Vor nicht allzu langer Zeit bedauerte Gärtnermeister Jürgen Meyer, dass Aquarien privater Haushalte in öffentlichen Gewässern wie dem "Wassergarten" im Botanischen Garten ausgeleert würden. "Wir finden regelmäßig Goldfische, aber auch Koi-Karpfen und andere Zierfische" (MT vom 21. Juni 2016).

Angesichts von nicht endender Gewaltbereitschaft gegenüber einem wehrlosen Kunstwerk und Monument der Trauer über den Tod so vieler Menschen scheinen die Städtischen Betriebe momentan ratlos. "Bei den vorigen Zerstörungen sind große Teile übrig geblieben, die man relativ "einfach" wieder zusammenfügen konnte", sagt Denis Rinne. Doch dieses Mal zerbarst der Fuß des Kreuzes in viele Kleinteile, die seine Mitarbeiter in einem Eimer einsammeln mussten. Auch an den alten Dübelstellen ist es erneut gebrochen. "Alles wieder standsicher zu bekommen, ist fast unmöglich", so seine Befürchtung. "In Absprache mit der Denkmalbehörde werden wir dann entscheiden müssen, wie weiter mit den Überresten verfahren wird. Stand jetzt können wir nicht garantieren, dass das Kreuz in seiner Ursprungsform wieder aufgestellt wird."

Auch bei diesem Gewaltakt war der verhängnisvolle Umsturz des Franzosenkreuzes nur eine von mehreren Untaten, wenn auch die krasseste. "In der Nacht wurde ein Mülleimer angesteckt und ein Wasserhahn abgetreten", ergänzt Denis Rinne der Vollständigkeit halber. "Es kommt immer wieder zu Zerstörungen auf dem Gelände des Botanischen Gartens." Auch das Müllaufkommen werde immer mehr - "leider nicht nur in den Abfalleimern", beklagt der SBM-Mitarbeiter. "Hätten wir keine Mitarbeiter vor Ort, die sofort reagieren würden, würde der Botanische Garten recht schlimm aussehen."

Geschichte und Hintergründe des Franzosenkreuzes

MT-Redakteur Günter Titzsch hatte sich 1970 auf die Suche nach Geschichte des Franzosenkreuzes begeben. Sein Bericht lieferte lange vor Erscheinen der wegweisenden, voluminösen Bau- und Kunstdenkmäler die bis heute beste gedruckte Darstellung:

"Laut dem Jahresbericht der Stadt Minden aus dem Jahre 1871 wurden auf dem alten Friedhof damals 198 französische Kriegsgefangene aus dem Völkerringen 1870 / 71 beigesetzt, unter denen im Lazarett in der Dezembermitte 1870 die Menschenblattern ausgebrochen waren. Ein französisches Kriegsgefangenenlager hat sich vor 100 Jahren in der Mindener Neustadt auf dem rechten Weserufer befunden. Inmitten der toten Franzosen war seinerzeit auf einem kleinen Hügel ein Gedenkkreuz errichtet worden.

Nach Jahrzehnten sind die Gräberfelder und der Hügel eingeebnet worden, um den Friedhofsbesuchern so leichter die Sockelinschrift des Monumentes zugänglich zu machen, die trotz der Zerstörungen jetzt erhalten blieb." (MT vom 30. Juni 1970)

Die Bau- und Kunstdenkmäler führen weiter aus: "Gotisierendes Steinkreuz, polygonaler Schaft, der übereckgestellte Sockel mit Maßwerkblenden und Lanzettblattdekor auf einer schlichten Sockelplatte. Inschrift auf dem Sockel: A / la mémoire des soldats / francais prisonniers de/guerre décédés à Minden / 1870=1871 / Leurs camarades affligés." (Band 50, Teil V, Minden ausserhalb der Stadtmauern, Teilband 1, S. 388)

Bildunterschrift: Blinde Zerstörungswut: In der Nacht zum 30. Juni haben Unbekannte das Franzosenkreuz erneut umgestürzt, kaum dass es restauriert und wieder aufgestellt war.

Idiotenfreiheit / Kommentar von Stefan Koch

Waren es braun-nationale Patrioten, die dem Gedenkkreuz für in der Gefangenschaft verstorbene Soldaten aus dem deutsch-französischen Krieg den letzten Schlag versetzt hatten? Waren es Islamisten, die - wie in Sozialen Netzwerken vermutet - in der Flüchtlingswelle bis nach Minden gelangt waren, um ihren Hass auf alles christlich-abendländische auszuleben?

Wohl eher nicht. Attacken auf Objekte im öffentlichen Raum sind meist frei von einem Sinn und einer Richtung - auch wenn die geschundenen Gegenstände vielleicht noch die eine oder andere verblasste Botschaft in die Jetztzeit transportiert haben mögen.

So sind es wohl auch nicht Dumpfbacken mit linkspazifistischer Neigung, die ihrer Friedensliebe durch Abschlagen der Nase der Skulptur des umstrittenen Turnvaters Jahn an der Marienstraße in schlichter Form einen Ausdruck geben wollten. Und die nach der Restaurierung das gleiche Objekt heute sichtbar mit rotem Material besudelten. Wie auch der sinnfrei entstellte Soldat im Weserglacis - er erinnert an das in Minden stationierte Hann. Pionierbataillon 10 - Metamorphosen bis hin zur Unkenntlichkeit durchläuft.

Ungeachtet der Gründe von Zerstörungswut wünschen sich viele nach spektakulären Taten, dass Friedhöfe und öffentliche Parkanlagen abgeriegelt, überwacht und kaum noch zugänglich werden. Aber will sich eine offene Gesellschaft solche Einschränkungen wirklich leisten? Es gilt, dass Freiheit immer auch die Freiheit der Idioten ist.

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Mindener Tageblatt Online, 01.07.2019:

Franzosenkreuz im Botanischen Garten schon wieder zerstört

01.07.2019 - 17.54 Uhr

Minden (lies). Unbekannte haben vermutlich in der Nacht zu Samstag schon wieder das so genannte Franzosenkreuz auf dem Alten Friedhof im Botanischen Garten zerstört. Bereits vor einigen Monaten wurde das Denkmal laut Katharina Heß von der Pressestelle der Stadt Minden umgeworfen. Damals sei es in mehrere Teile zerbrochen, erklärt sie auf Nachfrage. Nun stand das Kreuz noch nicht lange, da haben Unbekannte wieder zugeschlagen. Offenbar mit brachialer Gewalt. Denn das zunächst reparierte Kreuz wurde mit massiven Dübeln verstärkt und auf einen Sockel gestellt. Jetzt ist nur noch der Betonsockel stehen geblieben. Die Stadt geht laut Heß davon aus, dass die Täter diesmal mit noch mehr Gewalt am Werk waren. Die extra starken Dübel sind verbogen. Und das Kreuz ist ausgerechnet im unteren Teil in viele Einzelteile zersplittert. Ob es diesmal noch zu retten ist, soll nun ein von der Stadt beauftragter Steinmetz klären. Der wird das zerbrochene Denkmal zunächst sichern. Die Polizei hat den Sockel mit Flatterband umwickelt.

Ein Zeuge rief die Beamten am Samstag gegen 11 Uhr, als er den Schaden auf dem Friedhof entdeckte. Bei dem Kreuz handelt es sich um einen Gedenkstein für in Minden gestorbene Gefangene. Im Volksmund ist das Kreuz auch als Franzosenkreuz bekannt.

Zudem seien an diesem Wochenende auch Mülleimer angezündet und ein Wasserhahn zerstört worden.

Bildunterschrift: Blinde Zerstörungswut: In der Nacht zum 30. Juni haben Unbekannte das Franzosenkreuz erneut umgestürzt, kaum dass es restauriert und wieder aufgestellt war.

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Mindener Tageblatt, 09.07.2014:

Gedenksteine mahnen zum Frieden

Reinigung durch Neuapostolische Gemeinden auf Franzosenfriedhof

Minden (mt/plö). An den Beginn des Ersten Weltkrieges vor hundert Jahren erinnerten die Neuapostolischen Kirchengemeinden Minden-Mitte und Minden-Nord mit einer besonderen Aktion auf dem Franzosenfriedhof.

In Absprache mit der Stadt Minden sowie der Kulturgemeinschaft Minderheide, reinigten sie die vier Gedenksteine für verstorbene Kriegsgefangene und legten kleine Blumenbeete zur Verschönerung der Gedenkstätte an.

Zwei Hinweisschilder, die an der Straße und an der Außenseite des Eingangs angebracht werden sollen, befinden sich aktuell in der Fertigstellung, heißt es von Bianca Krüger und Christiane Pachur von den beiden neuapostolischen Gemeinden.

Gottesdienst zum Gedenken

Mit diesem Arbeitseinsatz und der Sachspende wollen die Gemeinden "in besonderer Weise an den Beginn des Ersten Weltkrieges vor hundert Jahren erinnern", heißt es in einer Pressinformation. Darüber hinaus feierte die Neuapostolische Kirche einen Gottesdienst zum Andenken der Verstorbenen.

Der Franzosenfriedhof erinnert an das Kriegsgefangenenlager Minderheide im Ersten Weltkrieg, in dem bis zu 25.000 Kriegsgefangene untergebracht waren, darunter Franzosen, Belgier, Briten, Italiener, Serben, Armenier und Soldaten aus den Kolonien.

Am 15. September 1914 kamen die ersten Kriegsgefangenen nach Minden. Zunächst stand dort ein lediglich eingezäuntes Gelände zur Verfügung, sodass sich die ersten Gefangenen mit Spaten Wohnhöhlen graben oder mit Grasplaggen Unterschlüpfe errichten mussten.

Die letzten Gefangenen verließen das Lager wohl erst 1922, wie auch die aktuelle Sonderausstellung im Mindener Museum informiert.

Ferner liegen auf dem Franzosenfriedhof Verstorbene des Zweiten Weltkrieges, die der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zum Opfer fielen.

Bildunterschrift: Aktive der Neuapostolischen Kirche reinigten die Gedenkstätte auf dem Franzosenfriedhof in Minderheide.

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Mindener Tageblatt, 09./10.10.2010:

19 Kreuze hergerichtet

Arbeitseinsatz auf Franzosenfriedhof

Minden (mt/lkp). Zahlreiche Mitglieder der Kulturgemeinschaft Minderheide haben sich an einem Arbeitseinsatz auf dem Franzosenfriedhof beteiligt. Der Kulturgemeinschaftsvorsitzende Detlev Reh hatte die Mitglieder gebeten, dabei mitzuhelfen, umgefallene oder beschädigte Kreuze wieder aufzurichten und zu befestigen. In den vergangenen Jahren waren einige Kreuze durch Vandalismus umgestoßen worden. Auch die Witterung hatte ihre Spuren deutlich hinterlassen.

19 Kreuze wurden so wieder hergerichtet, dass ihre Standfestigkeit gesichert ist. Außerdem wurde eine Seitenstütze des Großkreuzes repariert.

Bildunterschrift: Großkreuz: Eine Seitenstütze wurde repariert.

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An das im August 1914 errichtete "Kriegsgefangenenlager Minderheide" - in dem, ab 15. September 1914 bis zu 25.000 Gefangene interniert waren - erinnert der "Kriegsgefangenenfriedhof" - "Franzosenfriedhof".

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https://de.wikipedia.org/wiki/Minderheide

https://juedisches-leben.kommunalarchiv-minden.de/showmap.php?cemeteryID=20&tree=


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