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Mindener Tageblatt , 08.01.2008 :

Rechtsradikale Schläger erhalten Bewährungsstrafen / Gewaltsame Auseinandersetzung im Zug endet mit mehreren Verletzten / Zeugen verwickeln sich in Widersprüche

Minden/Bielefeld (cko). Was sich genau im Zug abgespielt hat, wird sich wohl nie ganz aufklären. Dass die drei Männer aus der "rechten Szene" zwischen Minden und Bielefeld eine Frau und zwei Männer aus Gütersloh verprügelt haben, stand fest.

Von Carsten Korfesmeyer

Bernd M. (25) und Peter C. (28) erhielten dafür gestern acht Monate Haft. Ralf G. (29, alle Namen geändert) kam mit einem Monat weniger davon. Alle Freiheitsstrafen wurden zur Bewährung ausgesetzt. G. muss weiterhin 120 Arbeitsstunden leisten, während C. zusätzlich zu 1.200 Euro und M. zu 600 Euro Geldbuße verurteilt worden sind.

Die Opfer stammen aus der "linken Szene". Nach einer Demonstration in Hildesheim befanden sich Demonstranten und Gegendemonstranten auf dem Rückweg Richtung Ruhrgebiet. Kurz hinter Minden ist man sich begegnet. Es kam zu Auseinandersetzungen, die mit Nasenbluten, Kopfschmerzen und Hautrötungen endeten. Die verletzte Frau klagt außerdem über psychische Folgen der Tat.

Auftakt des Prozesses war bereits am 20. Dezember. Seinerzeit schilderten die Opfer das Geschehen, wobei die junge Frau die drei Angeklagten als Täter identifiziert hatte. Gestern machten vier Polizisten und vier Zeugen der Beschuldigten ihre Aussagen.

Während die Beamten vorwiegend den Ablauf nach der Tat sowie die Umstände des Einsatzes im Bielefelder Hauptbahnhof ausführlich darstellten, entpuppten sich vier weitere Zeugen als unbrauchbar. Denn jeder stellte den Sachverhalt anders dar.

Ihre Aussagen wirkten in weiten Teilen abgesprochen. Dennoch verstrickten sich alle in Widersprüche. Mal hatte man geschlafen, dann Musik gehört oder über einen Besuch beim Pizzabäcker diskutiert. Von einer tätlichen Auseinandersetzung wollten aber alle nichts bemerkt haben. Nur in einem waren sich die "Zeugen der Anklage" ganz sicher: Die drei Beschuldigten haben nichts getan. "Er ist Pazifist", sagte einer in Richtung C.

Richterin, Staatsanwalt, Nebenkläger und Verteidiger hatten keinen einfachen Stand. Die vier Zeugen der Verteidigung brachten so gut wie keine Erkenntnisse. Wie die Angeklagten versuchten auch sie des Öfteren, die Angelegenheit zu verharmlosen. "Die Auseinandersetzung hat es gegeben", sagte der Staatsanwalt, der seinen Unmut über die schwammigen Aussagen der vier "Entlastungszeugen" nur schwer unterdrücken wollte. "Es ist nicht einfach, den Beweis zu führen." Er stützte sich auf die Aussage der jungen Frau, die im Zugabteil unmittelbar nach der Tat die Angeklagten erkannt haben wollte. "Und das scheint mir glaubhaft."






Anmerkungen von www.hiergeblieben:

Artikel über die Neonazis Mario Stüber (Windbeck), Björn Benjamin Thom (Düsseldorf) und Matthias Tremel (Witten).

Verteidigt wurden die Neonazis vom Dortmunder Andre Picker, Vorstandsmitglied bei "Pro NRW", sowie Markus Beisicht und Judith Wolter, dem Vorsitzenden von "Pro Köln" und seiner Stellvertreterin.

Wegen schwerwiegender Ermittlungsfehler der Bundespolizei kamen die Dortmunder Neonazis Dennis Giemsch und Dietrich Surmann, die Organisatoren der letzten Neonazi-Demonstrationen in Dortmund, um eine Anklage herum.


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