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Nordwest-Zeitung Online , 25.11.2014 :

Oldenburger Kleinbühne / Neue Kontakte zu Holocaust-Leugnern

Imke Barnstedt bei Treffen in Thüringen - Kleinbühnen-Betreiberin: Kein rechtsradikaler Hintergrund

Die Betreiberin vom "Berliner Zimmer" unterhält weiterhin Beziehungen zur rechtsextremen Szene. Nach NWZ-Recherchen nahm sie Anfang August an einem Treffen von Holocaust-Leugnern in Thüringen teil.

Von Julian Feldmann und Christoph Kiefer

Guthmannshausen / Oldenburg. Bereits vor Jahren war bekannt geworden, dass Imke Barnstedt als Funktionärin in rechten Organisationen tätig gewesen ist. Barnstedt hatte jedoch 2009 erklärt, sie betreibe bei ihren Aufführungen keine politische Propaganda und leugne den Massenmord an den Juden nicht. Deshalb werden ihre Veranstaltungen noch immer auf den Event-Internetseiten der Stadt Oldenburg angekündigt.

Nun gerät die 72 Jahre alte Betreiberin der Kleinkunstbühne "Berliner Zimmer" erneut in die Kritik. Wie Recherchen der NWZ  zeigen, besuchte Barnstedt am 2. und 3. August eine Veranstaltung von Rechtsextremisten in Thüringen. Die Oldenburgerin reiste zu einem Treffen des vom Verfassungsschutz beobachteten Vereins "Gedächtnisstätte" in Guthmannshausen (Thüringen).

Unter den rund 200 Gästen waren Holocaust-Leugner wie Ursula Haverbeck-Wetzel und Arnold Höfs. Die Führungspersonen der europäischen Holocaust-Leugner-Szene dürfte Barnstedt persönlich kennen. Der Volksverhetzer Höfs hatte von Barnstedt ein Vorstandsamt der 2008 verbotenen Vereinigung "Bauernhilfe" übernommen.

Die "Bauernhilfe" war eine Untergliederung des ebenfalls durch das Bundesinnenministerium aufgelösten "Collegium Humanum", dem Haverbeck-Wetzel vorstand. Die Vereine galten laut Innenminister als "Sammelbecken organisierter Holocaust-Leugner". Nach dem Verbot am 7. Mai 2008 hatten Beamte des Landeskriminalamts laut niedersächsischem Verfassungsschutzbericht auch Wohnungen in Oldenburg und Edewecht (Kreis Ammerland) durchsucht.

In gemeinsamer Mission waren Haverbeck-Wetzel und Barnstedt bereits 2003 in Thüringen unterwegs. Fotos, die der NWZ vorliegen, zeigen die Oldenburgerin damals mit Holocaust-Leugnern bei einer Propaganda-Aktion. Zusammen mit einem Gesinnungsgenossen hält Barnstedt auf der Wartburg ein Schild, auf dem "Die Lüge vernichtet sich selbst" zu lesen ist. Neben ihr stehen die verurteilten Holocaust-Leugner Haverbeck-Wetzel und Horst Mahler mit einem Banner mit der Aufschrift "Den Holocaust gab es nicht". Eigentlich wollten die Rechtsextremisten an jenem Tag zum ehemaligen Vernichtungslager Auschwitz fahren und dort die sechs Millionen Holocaust-Opfer verhöhnen. Die Sicherheitsbehörden verhinderten jedoch die Ausreise nach Polen.

Auf ihren Besuch der "Gedächtnisstätte" in Guthmannshausen angesprochen, gab Barnstedt gegenüber der NWZ  kund, nichts mehr mit der rechtsextremen Szene zu tun zu haben. Konfrontiert mit der Teilnahme an dem Treffen mit bekannten Holocaust-Leugnern, sagt Barnstedt, dies sei eine Veranstaltung für die Vertriebenen aus ehemaligen deutschen Ostgebieten gewesen und nicht rechtsextrem motiviert. Weiter wollte sie sich nicht äußern. Sie empfahl aber, sich vor alten Menschen zu hüten, denn diese hätten nichts zu verlieren.

In ihrem kleinen Theater an der Roggemannstraße steht die Schauspielerin nach wie vor auf der Bühne. Bei der Oldenburg Tourismus und Marketing GmbH, die Barnstedts Programm öffentlich angekündigt, weiß man von ihren derzeitigen Aktivitäten nichts.

Wie eine Sprecherin der städtischen Gesellschaft auf Anfrage der NWZ mitteilt, sei nicht bekannt, dass Imke Barnstedt an rechtsradikalen Versammlungen teilnimmt. Die Schauspielerin habe zudem 2009 schriftlich versichert, den Holocaust nicht zu leugnen.

Bildunterschrift: Belastende Fotos: Imke Barnstedt besuchte am 2. August die "Gedächtnisstätte" Guthmannshausen.

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www.stattschland.blogsport.de, 14.05.2008:

Schatzmeisterei

Nach dem Verbot des nationalsozialistischen Schulungszentrums "Collegium Humanum" (siehe Foto) in der vergangenen Woche, hat die Polizei auch im Landkreis Oldenburg, die Wohnung einer Nazi-Aktivistin durchsucht.

Das "Collegium Humanum" im nordrhein-westfälischen Vlotho war bereits 1963 von Werner Haverbeck gegründet worden, der während der 30er Jahre Mitglied der "Reichsparteileitung der NSDAP" gewesen war. Nach seinem Tod führte seine Frau, Ursula Haverbeck, das Schulungszentrum weiter. Dort wurden zahlreiche Vorträge gehalten, in denen der Nationalsozialismus verharmlost wurde. Des weiteren fanden "Rechts-Rock-Konzerte" und andere Feiern mit bis zu 150 Nazis statt.

In der Verbotsbegründung heißt es, dass sich das "Collegium Humanum" zu einem "Sammelbecken organisierter Holocaust-Leugner entwickelt" habe. An das Schulungszentrum angegliedert war der Verein "Bauernhilfe e.V.", den mehrere Nazis, die sich im Spektrum der "Reichsbürger" organisiert haben, gegründet hatten, um in Falle eines Verbots das Vermögen des Nazi-Zentrums zu überführen. Zeitweilige Schatzmeisterin des Vereins "Bauernhilfe e.V." war eine Oldenburgerin, die sich selbst als "Schauspielerin" bezeichnet.

Es handelt sich um die altbekannte Imke Barnstedt, die in Oldenburg und Umgebung mit ihrem Kleinkunst-Programm durch die Lande zieht. Imke Barnstedt hatte sich allerdings aus der Öffentlichkeit zurückgezogen - zumindest von ihrem offenen Auftreten für die Nazi-Szene, war in der Vergangenheit nicht mehr viel zu sehen. Nach dem die Barnstedt in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts Artikeln für die "Deutsche Stimme" sowie LeserInnenbriefe für die rechtskonservative "Junge Freiheit" geschrieben hatte, präsentierte sie ihr "Frauenprogramm", in dem unter anderem Magda Goebbels verherrlicht wurde. Für dieses "Programm" erhielt die Barnstedt gar einen Orden des "Kampfbunds Deutscher Sozialisten" (KDS). Außerdem leugnete - zusammen mit anderen Nazis - den Holocaust, in dem sie auf der Wartburg posierte. "Den Holocaust gab es nicht" lautete ein Transparent. Eigentlich sollte diese menschenverachtende Aktion gar in Ausschwitz statt finden; doch einigen TeilnehmerInnen war die Einreise verweigert worden.

In den letzten Jahren war es dann still geworden. Imke Barnstedt bot ihre Räumlichkeiten zwar dem rechtslastigen "Verein Deutscher Sprache" an; ansonsten gab es aber keine Aktionen der "Reichsbürgerin". Dies hing vor allem mit ihrem beruflichen Standbein zusammen. So bewarben beispielsweise die "Nordwest-Zeitung", der "Hunte Report" und die "Mox" das Kleinkunst-Programm, dass in dem berühmt-berüchtigten "Berliner Zimmer" statt fand.

Dieses "Zimmer" befindet sich in den Privaträumen der Barnstedt. Es gab allerdings auch Auftritte, die in der Region statt fanden: Ein Beispiel ist das Auftreten der Barnstedt auf dem "Berner Gemeindefrauenfest", auf dem sie ihr Kleinkunstprogramm zum besten gab. Die "Nordwest-Zeitung" feierte diesen Auftritt als "Liebeserklärungen an starke Frauen" . Ein Beispiel dafür sei "Imke Barnstedt".

Dabei ist auch die "Nordwest-Zeitung" immer wieder auf die Vergangenheit der Barnstedt hingewiesen worden. Mit ihrer Gegenwart hätte diese Vergangenheit gar nichts zu tun, behauptete die Barnstedt statt dessen, im vermeintlich privaten Rahmen. Dabei war die Barnstedt, deren Hobby die "deutsche Geschichte" ist, ab 2004 sogar wieder in einer einschlägigen Position aktiv: "Zum Aufgabenbereich des als gemeinnützig eingetragenen Vereines gehörte die Verwaltung von Vermögen und Finanzen verstorbener Nazis und Neonazis der ersten und zweiten Generation. Als Schatzmeisterin des im Jahr 2004 gegründeten Vereines trat unter anderem Imke Barnstedt in Erscheinung" schreibt die "Recherche Nord" über das Verbot. Von einem Einstellen der Tätigkeit kann also weiterhin keine Rede sein.

Bildunterschrift: Holocaust-Leugnung auf der Wartburg. Ganz Rechts: Imke Barnstedt.

Bildunterschrift: Werbung im "Hunte-Report".

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Recherche Nord, 07.05.2008:

Vlotho: "Collegium Humanum" wird verboten

Das rassistische und neofaschistische "Collegium Humanum" ist heute durch das Bundesinnenministerium mit sofortiger Wirkung verboten worden. In diesem Zusammenhang werden seit heute morgen um sechs Uhr rund 30 Objekte im gesamten Bundesgebiet durchsucht. Schwerpunkte sind Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen. Weitere betroffene Immobilien sind in Hamburg, Brandenburg und Baden-Württemberg zu finden. Alleine in Niedersachsen wurden 10 Objekte von Einsatzkräften der Polizei in Augenschein genommen. In den frühen Morgenstunden läutete es unter anderem an Haustüren in den Landkreisen Oldenburg, Rotenburg (Wümme) und Hannover. Von dem Verbot sind auch die angegliederten Teilorganisationen "Bauernhilfe e.V." sowie der "Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten" betroffen.

Schon 2007 bezeichnete die Bundestagsfraktion der Linkspartei das "Collegium Humanum" als "Zentrum für offen neonazistische und antisemitische Aktivitäten" und verlangte eine Prüfung der Erkenntnisse über verfassungsfeindliche oder verfassungswidrige Betätigung des Vereins sowie eine Prüfung der Gemeinnützigkeit. Anfang diesen Jahres forderte dann die Bundestagsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen die Bundesregierung auf, ein Verbotsverfahren gegen den Verein zu prüfen.

Das "Collegium Humanum" wurde 1963 von dem ehemaligen NSDAP-Mitglied Werner Georg Haverbeck im ostwestfälischen Vlotho gegründet. In der Zeit des Hitler-Faschismus war Haverbeck unter anderem in der Reichsleitung der NSDAP tätig. Seit 1981 entwickelte sich der als gemeinnützig anerkannte Verein zu einem Sammelbecken von Antisemiten und Holocaust-Leugnern des neofaschistischen Spektrums. Auch Mitglieder der neonazistischen "Freien Kameradschaften" sowie der so genannten "Neuen Rechten" nutzten den Verein gezielt als Anlaufstelle für eigene politische Aktivitäten.

Der 1999 verstorbene Haverbeck beschäftigte sich seit Beginn der 1960er mit "Umwelt- und Lebensschutz" und arbeitete zeitweise als Berater des ehemaligen Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Egon Bahr (SPD). Haverbeck, früherer SS-Untersturmbannführer, gehörte 1981 zu den Erstunterzeichnern des "Heidelberger Manifests", in dem die "Überfremdung unseres Volkstums" behauptet und eine ausländerfeindliche Politik gefordert wurde. Besonders durch sein Engagement im Bereich der "Ökologiebewegung" in Verbindung mit einer von ihm vertretenen "Blut und Boden"-Ideologie sorgte Haverbeck bis zu seinem Tod für Schlagzeilen.

Der vereinseigene Gebäudekomplex im Vlothoer Stadtteil Valdorf ist mit 50 Betten und Räumlichkeiten für bis zu 150 Personen ausgestattet. Seit Beginn der 1980er fanden dort immer wieder mehrtägige Schulungen, Seminare und Treffen mit eindeutiger nationalsozialistischer, antisemitischer und völkischer Thematik statt. So tagte dort 1984 ein "Komitee zur Vorbereitung der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag Adolf Hitlers", zu dem auch die bekannten NeofaschistInnen Christian Malcoci und die inzwischen verstorbene Florentine Rost van Tonningen gehörten.

1994 übernahm kurzzeitig der Zahnmediziner Hans-Jürgen Klose die Leitung des "Collegium Humanum", zog sich aber nach starken Protesten aus der Bevölkerung zurück. Nachfolgerin wurde Ursula Haverbeck-Wetzel. Neben Ursula Haverbeck zählte der in der Vergangenheit wegen Volksverhetzung verurteilte und derzeit inhaftierte Horst Mahler zu den prominentesten Mitgliedern des Vereins.

Zusammen mit dem "Weltbund zum Schutze des Lebens" (WSL) gab das Collegium die zweimonatlich mit einer Auflage von 3.000 Exemplaren erscheinende "Stimme des Gewissens" heraus. Im Jahr 2003 wurden zwei Ausgaben auf Grund des Vorwurfs der Holocaustleugnung beschlagnahmt. Die sich selbst als "Ostvertriebene" bezeichnende Ursula Haverbeck-Wetzel und Witwe von Werner Georg Haverbeck wurde 2004 im Zusammenhang mit der Beschlagnahmungen der "Stimme des Gewissens" (2003) vom Amtsgericht Bad Oeynhausen wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 5.400 Euro verurteilt.

Die 80-jährige Haverbeck war nicht nur Vorsitzende des "Collegium Humanums", sondern auch stellvertretende Vorsitzende des "Vereins zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten". Bei der Razzia in den Räumlichkeiten des Vereinsgebäudes in Vlotho soll die 1928 geborene "alte Dame" der neofaschistischen Szene allerdings nicht anwesend gewesen sein.

Die als langjährige Überzeugungstäterin geltende Haverbeck, war in der Vergangenheit auf einer Vielzahl neofaschistischer Aktivitäten anzutreffen. So nahm sie im Jahr 2004 am so genannten "Rudolf Hess-Gedenkmarsch" im bayrischen Wunsiedel teil. In einem Redebeitrag, den sie im Verlauf des Aufmarsches vor den rund 4.000 versammelten Neonazis hielt, zeigte sie sich erfreut über die große Anzahl derer, die gekommen waren um gemeinsam mit ihr den Stellvertreter Adolf Hitlers in Wunsiedel zu verherrlichen.

Am 30.05.2005 nahm sie unter anderem zusammen mit dem ehemaligen Rechtsanwalt Horst Mahler und Mitgliedern der militanten Kameradschaftsgruppen sowie der NPD Verden an einer Gerichtsverhandlung gegen den NPD-Kreistagsabgeordneten Rigolf Henning teil. Auch auf dem Pressefest der NPD Publikation "Deutsche Stimme" im Jahr 2006 gehörte Haverbeck zu den VeranstaltungsteilnehmerInnen

Bereits 1992 gründete Ursula Haverbeck-Wetzel zudem den Verein "Gedächtnisstätte für die Opfer des Zweiten Weltkrieges durch Bomben, Verschleppung, Vertreibung und in Gefangenenlagern". Der Verein hat das Ziel im sächsischen Borna im Innenhof eines Gebäudekomplexes ein rund 12 Meter hohes Gedenkkreuz zu errichten. Nachdem Hintergründe über die politischen Tätigkeiten des Verein bekannt wurden, formierte sich breiter Widerstand gegen die Pläne der Organisation, eine neonazistische "Tagungs- und Gedenkstätte" mit überregionaler Bedeutung zu errichten.

Die Aktivitäten des im Zusammenhang mit dem "Collegium Humanum" ebenfalls verbotenen "Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten" (VRBHV) sind eng mit dem "Collegium" verknüpft. Am 9. November 2003 gründeten unter anderem Bernhard Schaub und der Verteidiger der NPD im NPD-Verbotsverfahren Horst Mahler den "Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten" (VRBHV) in Vlotho.

Beide sind der "Neuen Rechten" zuzuordnen, die zu den regelmäßigen Teilnehmern des "Collegium Humanum" gehören. Ziel des VRBHV ist es, "durch organisierte Anstrengungen die bisher vorherrschende Vereinzelung der Verfolgten aufzuheben, ihrem Kampf um Gerechtigkeit die notwendige Wahrnehmung in der Öffentlichkeit zu gewährleisten und die finanziellen Mittel für einen erfolgreichen Rechtskampf bereitzustellen". Anliegen war die "Wiederaufnahme von Strafprozessen, die zur Verurteilung wegen Leugnung bzw. Verharmlosung des Holocausts gemäß § 130 StGB Abs. 3 und 4 StGB geführt haben". Auf Grund der Tätigkeiten in diesem Zusammenhang kam es in den letzten Jahren zu einer Vielzahl von diesbezüglichen Gerichtsverhandlungen gegen diverse Mitglieder des Vereins.

Einer der weiteren Schwerpunkt der Aktivitäten des "Collegium Humanums" ist die Beeinflussung von Jugendlichen mit revisionistischer und Holocaust leugnender Propaganda. So wurden in der Vergangenheit regelmäßig Seminare veranstaltet in denen gerade jüngere Personen gezielt geschult werden sollten. So fand am 25. Februar im Landkreis Verden ein Seminar zum Thema "Adolf Hitler" statt, zu welchen Mitglieder der NPD Verden die Räumlichkeiten organisierten. Zeitzeugin an diesem Abend war Ursula Haverbeck-Wetzel. In einer Mitteilung von Aktivisten der JN Niedersachsen hieß es anschließend, "dass jeder der Anwesenden noch etwas über Hitlers Leben lernen konnte!".

Ein weiterer Verein, der im Zusammenhang mit dem "Collegium Humanum" verboten wurde, nennt sich "Bauernhilfe e.V.". Zum Aufgabenbereich des als gemeinnützig eingetragenen Vereines gehörte die Verwaltung von Vermögen und Finanzen verstorbener Nazis und Neonazis der ersten und zweiten Generation. Als Schatzmeisterin des im Jahr 2004 gegründeten Vereines trat unter anderem Imke Barnstedt in Erscheinung. Später wurde die finanziellen Tätigkeiten durch den Rentner Arnold Höfs aus dem niedersächsischen Springe betreut. Vorsitzende hier - ebenfalls Ursula Haverbeck.

Neben jährlich stattfindenden "Sonnenwendfeiern" auf dem Gelände des Collegium Humanum in Vlotho, wurde unter anderem im November 2006 eine "Geschichtswerkstatt" zur Holocaustleugnung angeboten. Eine ähnliche Schulung, speziell für 16 bis 25-Jährige wurde vom 23. bis 25. März 2007 organisiert. Als Referenten wurden Bernhard Schaub und Olaf Rose genannt. Damit wollte der Verein auf die internationale Holocaust-Konferenz im Dezember 2006 im Iran reagieren, bei der unter anderem gefordert wurde, verstärkt Kampagnen gegen die gültige Rechtsprechung, die die Holocaustleugnung in vielen europäischen Staaten unter Strafe stellt, zu organisieren. Olaf Rose, der an der Konferenz teilnahm, zählt zum Vorstand der revisionistischen "Gesellschaft für freie Publizistik" und ist parlamentarischer Berater der NPD-Fraktion im sächsischen Landtag.

Die Verbindungen des Vereinsgeflechts zu anderen Organisationen sind offensichtlich. Neben der mitunter engen Zusammenarbeit mit der revanchistischen "Reichsbürger-Bewegung" um den Verdener NPD-Abgeordneten Rigolf Hennig ist gerade der Zusammenarbeit mit der neonazistischen NPD besonderes Augenmerk zu schenken. Während das Bundesinnenministerium ein Verbot der Partei weiterhin ausschließt, beteiligen sich deren Funktionäre weiterhin eifrig an Aktivitäten von Organisationen die von Verbotsbeschlüssen betroffen sind. Während somit einzelne Segmente der Struktur der neonazistischen Szene andere Organisationsmodelle aufbauen können, bleiben Knotenpunkte der Reorganisierung wie die NPD unangetastet. BeobachterInnen der Szene geben dabei zu bedenken, dass ebenfalls bei einem anstehenden Verbot der "Heimattreuen Deutschen Jugend" von staatlicher Seite das gleiche Schema angewendet werden wird. Obwohl die Verbindung einzelner Aktivisten der "HDJ" in Organisationsstrukturen der neonazistischen NPD und dem "NPD-Bundesordnerdienst" offensichtlich sind, werden vom Bundesinnenministerium die Vernetzungen der gesamtdeutschen Neonaziszene weiterhin nur temporär thematisiert bis hin zur vollständigen Ausblendung der eigentlichen Zusammenhänge. Ob dies gewollter Natur ist oder auf tatsächlicher Unkenntnis der Vernetzungsstrukturen beruht, bleibt bislang Geheimnis von Innenminister Schäuble.

Wenn man zu dem der Internetpräsenz des "Reichsbürgers" und Aktivisten im Umfeld der niedersächsischen NPD, Carsten Linau aus Rotenburg (Wümme), Glauben schenkt, schien das "Collegium Humanum" ebenfalls eine "Reorganisation der NSDAP" zu unterstützen. Dort heißt es: "Aufgrund jener geschäftsführenden Reichsregierung ist es praktisch möglich, die NSDAP zu reorganisieren und zwar unbehelligt von der BRD-Polizei. Bitte helft alle mit an der Erreichung dieses Zieles!" Als Postanschrift für Unterstützer beim Erreichen dieses hochgesteckten Ziels wurde die Anschrift des Collegium Humanums angegeben.

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Lotta - Antifaschistische Zeitung aus NRW, 07.02.2004:

Aufstand der Wahnsinnigen / Der "Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocausts Verfolgten"

Von Gerd Alt

Internationale Holocaust-Leugner formierten sich kürzlich in einem Verein in Ostwestfalen. Ihre Vereinsgründung sehen die Aktivisten als Teil einer Kampagne für einen "Aufstand des Deutschen Volkes".

Zu einer Geburtstagsfeier der neonazistischen Art lud Ursula Haverbeck-Wetzel am 8. und 9. November 2003 in die neonazistische Tagungsstätte "Collegium Humanum" (CH) im ostwestfälischen Vlotho. Zu ihrem 75. Geburtstag wünschte sich die Witwe des Altnazis Werner-Georg Haverbeck und jetzige CH-Chefin zwei Vorträge zu Themen, die ihr Leben bestimmt haben. Sprechen sollten Horst Mahler über "Lüge in Geschichte und Politik" und der Schweizer Holocaust-Leugner Bernhard Schaub über "Germanische Mythologie und Christuswesenheit". "Wie es sich gehört bei einer Veranstaltung im CH", heißt es weiter in der Geburtstagseinladung, "sind beide Herren Geschädigte und Verfolgte nach § 130" (gemeint ist der § 130 StGB, der Volksverhetzung unter Strafe stellt).

Die Gründung des VRBHV

Als wollte Haverbeck-Wetzel beweisen, dass Geschichtsrevisionismus und Volksverhetzung bis heute ihr Leben bestimmen, gründete sie gemeinsam mit Bernhard Schaub sowie Mahler als treibende Kraft im Hintergrund tags darauf eine Art "Internationale der Holocaust-Leugner". Am 9. November wurde der nicht eingetragene "Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocausts Verfolgten" (VRBHV) aus der Taufe gehoben. An der Gründung wirkten laut einer Pressemitteilung vom 11. November einschlägig bekannte internationale Holocaust-Leugner mit.

Die Gründer des VRBHV:

Ernst Zündel
Holocaust-Leugner, in kanadischer Haft

Ingrid Zündel-Rimland
Ehefrau Ernst Zündels, USA

Robert Faurisson
Holocaust-Leugner, Frankreich

Rainer Daehnhardt
Extrem rechter Revanchist, Portugal

Germar Rudolf
Holocaust-Leugner, England

Jürgen Graf
Holocaust-Leugner, Weißrussland

Gerd Honsik
Holocaust-Leugner, Spanien

Wilhelm Stäglich
Holocaust-Leugner, Deutschland

Fredrick Töben
Holocaust-Leugner, Australien

Andres Studer
Holocaust-Leugner, Portugal

Hans-Dietrich Sander
Herausgeber der "Staatsbriefe", Deutschland

Manfred Roeder
Holocaust-Leugner, Deutschland

Frank Rennicke
Neonazistischer Liedermacher, Deutschland

Hans Schmidt
Ehemaliger SSler, Geschichtsrevisionist, USA

Anneliese Remer
Witwe des Holocaust-Leugners Ernst-Otto Remer, Spanien

Als Vorsitzender fungiert Bernhard Schaub, als seine Stellvertreterin Ursula Haverbeck-Wetzel. In ihrer Eingangsrede auf der Gründungsversammlung bezeichnete die CH-Chefin die Reichspogromnacht als den "Beginn der großen Lüge, die endgültig zu Fall zu bringen Anliegen unseres Vereins sein wird: Der Auschwitz-Lüge". Ebenso deutliche Worte finden sich auch in der Gründungserklärung des VRBHV: "Wir
( ... ) geben Zeugnis davon, dass in allen Erdteilen Menschen redlicher Gesinnung den Holocaust im Sinne einer systematischen Vernichtung der europäischen Judenheit durch die Regierung des Deutschen Reiches bezweifeln." Auf den Abdruck dieser Erklärung in der Ausgabe 5/2003 der CH-Zeitschrift "Stimme des Gewissens - Lebensschutz-Informationen (LSI)" reagierte die Polizei mit einer Durchsuchung der Tagungsstätte. Gegen die LSI-Herausgeberin Haverbeck-Wetzel und den Anthroposophen und Altnazi Ernst-Otto Cohrs als Schriftleiter wurden Verfahren wegen Volksverhetzung eingeleitet. Ausgeweitet wurde das Verfahren dann auch auf Mahler, der die Gründungserklärung des Vereins unterzeichnet hatte.

Vereinsgründung als Teil einer Kampagne

Der Verein hält indes an seinem Ziel fest, Straffreiheit für die Leugnung des Holocaust zu erstreiten. Es gehe darum, "durch organisierte Anstrengungen die bisher vorherrschende Vereinzelung der Verfolgten aufzuheben, ( ... ) die notwendige Wahrnehmung in der Öffentlichkeit zu gewährleisten und die finanziellen Mittel für einen erfolgreichen Rechtskampf bereitzustellen". Offensichtlich hat man auch bereits betuchte Spender gefunden. So fragt Haverbeck-Wetzel in einem Schreiben an Horst Mahler: "15.000 Darlehn und 10.000 Spende, wäre Dir das recht?" Nicht ohne darum zu bitten, diese Geldangelegenheit "unter uns und den drei beteiligten Freunden (zu) lassen".

Die Vereinsgründung ist Teil einer breit angelegten Kampagne, die am 5. Februar 2003 mit dem "Verdener Manifest" startete, für das Horst Mahler und Rigolf Hennig verantwortlich zeichnen. "Der Aufstand gegen die Jüdische Weltherrschaft hat in Palästina mit der 2. Intifada begonnen. Der Befreiungskrieg setzt sich jetzt fort in Deutschland mit dem Angriff auf das Dogma von den 6 Millionen im Gas umgekommenen Juden", heißt es in diesem.

Mahler bedient sich einer bislang wenig beachteten Steilvorlage aus der Mitte der Gesellschaft. Diese Vorlage lieferte das Heft 5/2002 der Zeitschrift "Osteuropa", die von der "Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde" unter der Präsidentschaft von Rita Süssmuth herausgegeben wird. Der Spiegel-Redakteur Fritjof Meyer schrieb in dieser Zeitschrift unter der Überschrift: "Die Zahl der Opfer von Auschwitz - Neue Erkenntnisse durch neue Archivfunde", dass in Auschwitz "nur" etwa 510.000 Menschen ermordet worden seien. Eine Behauptung, die auf Recherchefehler beruht, wie andere Historiker überzeugend darlegen. "Der Veröffentlichung des Meyer-Artikels in der Zeitschrift ( ... ) Osteuropa" kommt nach Mahler "deshalb eine besondere strategische Bedeutung zu", weil es die deutsche Justiz nicht wagen würde, gegen Fritjof Meyer und Rita Süssmuth wegen Volksverhetzung vorzugehen. Den besagten Artikel versagten nun einige Aktivisten aus dem Umfeld des späteren Holocaustleugner-Vereins an Prominente in Deutschland, um anschließend Selbstanzeige wegen Volksverhetzung zu erstatten. Dahinter steckte die Absicht, durch die Abweisung derartiger Anzeigen einen Freibrief für eine Auschwitz-Relativierung zu erlangen. Die Selbstanzeigen in Berlin (hier hatte Imke Barnstedt Selbstanzeige erstattet), in Bielefeld (Selbstanzeige von Haverbeck-Wetzel) und Bochum (Edgar Forster) wurden wegen mangelndem Tatverdacht tatsächlich abgewiesen, was die Holocaust-Leugner weiter motivieren dürfte.

Interesse an dieser Selbstanzeige-Kampagne zeigte auch der finanzkräftige Solinger Bauunternehmer Günther Kissel, der das ebenfalls betuchte Ehepaar Lutz und Gisela Limmer aus Meerbusch (Kreis Neuss), Haverbeck-Wetzel, Horst Mahler, Rechtsanwalt Hajo Herrmann aus Düsseldorf sowie den Vlothoer Holocaust-Leugner Udo Walendy nebst Gattin für den 19. August 2003 in sein Privathaus einlud und später weiteres Material über die Selbstanzeige-Kampagne anforderte.

Der Wartburg-Aufstand

Bereits am 30. Juli 2003 hatten sich einige Aktivisten aus dem Umfeld des Vereins auf der Wartburg versammelt, um öffentlich zu bekunden, dass sie den Holocaust für eine Lüge halten. Die Wartburg als Ort war aber nur eine Notlösung, eigentlich war das Gelände des ehemaligen Vernichtungslagers in Auschwitz vorgesehen. Da der Ausweis Mahlers im Vorfeld der Reise aber von der Polizei eingezogen worden war, versuchte man es zunächst vergeblich auf dem Geländes des ehemaligen KZ Buchenwald, um dann letztendlich auf die Wartburg auszuweichen. Hier versammelte sich der Kreis um Mahler, der in der Manier eines Verschwörers vier Sätze vorgab, die die Umstehenden nachzusprechen hatten. Darunter auch die Sätze "Den Holocaust gab es nicht" und "Das Deutsche Reich kommt im Aufstand des Deutschen Volkes zu sich". Koordiniert wurde die Fahrt von Rainer Link aus Berlin, der auch das Material für die Ausstaffierung der Holocaust-Leugner besorgte und dem ehemaligen Hausmeister, nun Sekretär, des CH, Ralf Steinke.

Reaktionen aus der extremen Rechten

Harsch reagierten Mahler und Haverbeck-Wetzel auf Kritiker der Kampagne aus dem extrem rechten Lager. Der NPD-Parteivorstand zum Beispiel beschloss auf seiner Sitzung vom 8. / 9. März 2003, Mitglieder und Anhänger der Partei aufzufordern, sich nicht an der Kampagne Mahlers zu beteiligen. Zehn Tage später trat Mahler aus der NPD aus. Dieser wirft er vor, sie wolle "sich in der Bundesrepublik Deutschland einhausen". Er hingegen wolle das "Deutsche Reich" wieder auferstehen lassen und sehe "die Judenfrage im Zentrum der gegenwärtigen Krise". Winfried Krauss, einer der Programmverantwortlichen der NPD, warf Mahler darauf hin vor, er würde wie ein "Klassenkaspar" agieren, der den Bezug zur Realität verloren habe. Anders Marc Strothe, ehemaliger Sprecher der Aktivitas der Bielefelder Burschenschaft "Normannia Nibelungen". In einer E-Mail unter anderem an den "Nationaldemokratischen Hochschulbund", das "Deutsche Kolleg", Christian Worch und Bernd Stehmann ließ er erkennen, dass er die grundsätzliche Position Mahlers und des Holocaustleugner-Vereins teilt. Er mahnte aber an, nur "gefestigte Volksgenossen" in die Kampagne einzubeziehen und niemanden zu verheizen. Für derlei `Rücksichtnahme` hat Mahler indes kein Verständnis: "Unserem Volk" wäre "schon längst wieder eine Kampf-Elite ( ... ), der Waffen-SS vergleichbar" entwachsen, würde die "Untugend der Feigheit" nicht derart gepflegt werden.

Fazit

Zwar stecken unübersehbare Wahnvorstellungen hinter dem Agieren Mahlers, Haverbeck-Wetzels und ihrer Anhänger, angesichts der erschreckenden Ergebnisse, die zum Beispiel die EU-Studie über Antisemitismus ergeben hat, kann antisemitischer Wahn in der BRD jedoch durchaus auf ein breites Publikum hoffen.


red.online@nordwest-zeitung.de

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