3 Artikel ,
21.07.2021 :
Pressespiegel überregional
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Übersicht:
MiGAZIN, 21.07.2021:
Sachsen / Mob-Angriff im Bus auf Somalier - einer war Polizist
Süddeutsche Zeitung Online, 21.07.2021:
Karlsruhe prüft AfD-Klagen wegen Merkel-Äußerungen
Blick nach Rechts, 21.07.2021:
Überlappungen nach rechts
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MiGAZIN, 21.07.2021:
Sachsen / Mob-Angriff im Bus auf Somalier - einer war Polizist
21.07.2021 - 05.24 Uhr
Ein brutaler Angriff auf einen Somalier in einem sächsischen Bus sorgt seit Tagen für Entsetzen. Jetzt wurde bekannt, dass einer der Angreifer ein Polizist ist. Die Polizeidirektion Zwickau hat ein Disziplinarverfahren eingeleitet.
Beim Angriff auf einen Somalier im Erzgebirgsort Aue-Bad Schlema vor wenigen Tagen soll ein Polizeibeamter anwesend gewesen sein. Das hätten bisherige Ermittlungen und erste Befragungen der acht verdächtigen Männer zwischen 37 und 49 Jahren ergeben, teilte die Polizeidirektion Chemnitz am Dienstag mit. Der Beamte der Polizeidirektion Zwickau hatte an dem Tag den Angaben zufolge dienstfrei. Er sei Teil der angreifenden Gruppe gewesen.
"Nach Sichtung der Videoaufnahmen aus dem Linienbus ist ein aktiver Beitrag des Beamten an der gefährlichen Körperverletzung nicht ersichtlich", hieß es. Zu sehen sei aber, dass der Polizeibeamte den Angriff nicht unterbunden habe und dem leicht verletzten 20-Jährigen nicht zu Hilfe kam.
Disziplinarverfahren eingeleitet
Die Ermittlungen werden wegen gefährlicher Körperverletzung fortgesetzt. Es werde unter anderem zu prüfen sein, ob sich der Polizist strafbar gemacht hat. Die Polizeidirektion Zwickau hat ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet.
Laut Polizei hatten mehrere Männer am Samstagabend in einem Bus einen 20-jährigen Somalier beleidigt, zu Boden gestoßen und mit Tritten verletzt. Das Opfer sei ausländerfeindlich beleidigt worden. Mindestens zwei Männer aus der Gruppe hätten den Mann zu Boden gestoßen und auf ihn eingetreten. Der Busfahrer alarmierte die Polizei. (epd/mig)
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Süddeutsche Zeitung Online, 21.07.2021:
Karlsruhe prüft AfD-Klagen wegen Merkel-Äußerungen
21.07.2021 - 04.23 Uhr
Karlsruhe (dpa). Im Februar 2020 bezeichnete Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Wahl eines FDP-Ministerpräsidenten in Thüringen mit AfD-Stimmen als "unverzeihlich" - holt sie das jetzt noch einmal ein?
Die AfD jedenfalls hat die Sache vor das Bundesverfassungsgericht gebracht. Die Partei sieht sich durch die Äußerungen und deren Veröffentlichung auf der Internetseite der Bundesregierung in ihrem Recht auf Chancengleichheit verletzt. Heute wird in Karlsruhe verhandelt. Das Urteil dürfte erfahrungsgemäß erst in einigen Monaten verkündet werden.
Mitgewählt von CDU und AfD
Eigentlich hatte sich damals im Erfurter Landtag der Linke-Politiker Bodo Ramelow erneut zum Regierungschef wählen lassen wollen. In den ersten beiden Wahlgängen bekam er aber nicht genug Stimmen. Im dritten Wahlgang hatte ihn dann völlig überraschend der FDP-Politiker Thomas Kemmerich um eine Stimme geschlagen - mitgewählt von CDU und AfD. Es war das erste Mal, dass die AfD einem Ministerpräsidenten ins Amt verhalf. Drei Tage später war er unter Druck zurückgetreten.
Merkel, die gerade auf Reisen war, hatte sich einen Tag nach der Wahl bei einem Staatsempfang in Südafrika zu Wort gemeldet. Bei einer Pressekonferenz mit dem südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa sagte sie, das Ergebnis müsse "rückgängig gemacht werden", zumindest die CDU dürfe sich nicht an dieser Regierung beteiligen. Außerdem sagte sie: "Es war ein schlechter Tag für die Demokratie." Eine Mitschrift der Pressekonferenz stand zwischenzeitlich auf bundeskanzlerin.de und bundesregierung.de.
Frage der Neutralitätspflicht
Für die AfD haben Kanzlerin und Regierung ihre Neutralitätspflicht verletzt, und das will die Partei mit zwei Organklagen feststellen lassen. Bundessprecher Jörg Meuthen erklärte dazu im Juli 2020: "Wer als Regierungschefin während eines offiziellen Staatsbesuches die internationale Bühne benutzt, um das Ergebnis demokratischer Wahlen in Deutschland zu delegitimieren und ein Koalitionsverbot auszusprechen, missbraucht sein Amt und verletzt das Grundgesetz und die darin garantierte Chancengleichheit der Parteien."
Kanzlerin und Bundesregierung argumentieren, Merkel habe sich als Parteipolitikerin an die CDU gerichtet. Auch die Veröffentlichungen seien gerechtfertigt gewesen, um den Staatsempfang zu dokumentieren. In Karlsruhe wird Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) erwartet.
Nicht die erste AfD-Klage
Die AfD hat in Karlsruhe schon erfolgreich gegen Innenminister Horst Seehofer (CSU) geklagt, weil ein Interview mit AfD-kritischen Passagen auf seiner Ministeriumsseite stand. Und Johanna Wanka (CDU) wurde in ihrer Zeit als Bildungsministerin dafür gerügt, dass sie in einer Ministeriums-Mitteilung die "Rote Karte" für die AfD gefordert hatte. Nach diesen Urteilen dürfen Politiker zwar öffentlich Kritik an der AfD üben. Sie müssen aber das Gebot staatlicher Neutralität wahren, wenn sie sich in ihrer Rolle als Regierungsmitglied äußern.
Offen war kurz vor der Verhandlung noch die Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch, das die AfD am 9. Juli gegen die zuständigen Richterinnen und Richter eingereicht hatte. Begründet wurde dies mit einem Besuch einer Delegation des Gerichts im Bundeskanzleramt mit gemeinsamem Abendessen am 30. Juni. Möglicherweise wird die Entscheidung darüber erst zu Beginn der Sitzung bekanntgegeben.
Bildunterschrift: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Gespräch mit Studenten bei ihrer Südafrika-Reise.
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Blick nach Rechts, 21.07.2021:
Überlappungen nach rechts
Von Andrea Röpke, Anna Rosga
Ein anerkannter Nutztierzoo in Schleswig-Holstein verschafft einem neu-rechtem Unternehmer durch Zusammenarbeit mehr als nur Akzeptanz.
In einer ursprünglichen Landschaft seltenen Tierarten ungewöhnlich nah kommen - die "Arche Warder" im holsteinischen Warder bei Kiel begeistert seine Besucherinnen, Besucher seit 2003 für Arten- und Naturschutz. In Europas größtem Tierpark für seltene und vom Aussterben bedrohte Nutztierrassen können mehr als 1.200 Tiere aus 80 Arten beobachtet werden. Der Park stellt ein beliebtes Ausflugsziel für Familien mit Kindern dar, denn in rustikalen Holzhütten und Ferienwohnungen kann die Tierwelt auch über Nacht erlebt werden, ergänzt wird das Programm durch Natur- und Erlebnispädagogische Angebote.
Die Arche Warder ist aber auch eine wissenschaftliche Institution, die mit nationalen und internationalen Kooperationspartnerinnen, Kooperationspartnern zusammenarbeitet: Zahlreiche Universitäten, der deutsche Tierschutzbund und Greenpeace, deren Umweltstiftung das Projekt mit jährlich mehr als 70.000 Euro unterstützt. 2018 wurde der Park als offizielles Projekt der UN-Dekade für biologische Vielfalt ausgezeichnet. Die Arche Warder ist zweifellos ein Vorzeigeprojekt, Kontakte nach rechts scheinen hier eher ungewöhnlich. Doch seit Anfang 2019 pachtet die Arche rund 50 Hektar Grünland vom benachbarten Gut Manhagen - einem Ensemble denkmalgeschützter Wohnhäuser, Wind- und Wassermühlen und landwirtschaftlicher Gebäude am Ufer des Manhagener Sees.
Verpächter schreibt für Kubitscheks "Sezession"
Besitzer und Verpächter ist Thomas Hoof, der das Gut 2007 erwarb und sanieren ließ. Hoof, einst Landesgeschäftsführer der nordrhein-westfälischen Grünen, gründete 1989 das Versandhaus Manufactum, ein Versandgeschäft für hochpreisige, teilweise traditionell gefertigte Manufakturprodukte. Obwohl Hoof Manufactum 2008 für 20 Millionen Euro an den Versandhändler Otto verkaufte, behielt er die Manufactum-Produktentwicklungsabteilung. 1993 gründete Hoof die Manuscriptum Verlagsbuchhandlung, Schwerpunkt des Verlags sind Werke rechtskonservativer und neurechter Autorinnen. Autoren wie Jürgen Elsässer, Björn Höcke und Alexander Gauland.
Im Sortiment des Verlages lässt sich unter anderen das Buch "Die Große Verschwulung. Wenn aus Männern Frauen werden und aus Frauen keine Männer" von Akif Pirinçci finden, der gegen "Gleichmacher-Ideologie" und "Gender-Mainstreaming" hetzt oder "Hitler in uns? Vom richtigen Umgang mit unserer Vergangenheit", in dem der Autor Konrad Löw die Überwindung des deutschen "Schuldkomplexes" fordert. Titel von Manuscriptum finden sich nicht nur im Angebot des Manufactum Warenhauses, sondern auch im Kopp-Verlags sowie Verlag Antaios wieder. Thomas Hoof betätigt sich nicht nur als Verleger, er veröffentlicht auch eigene Beiträge in der neu-rechten "Sezession", der Zeitschrift des "Instituts für Staatspolitik" (IfS).
Nutztierzoo begründet Pacht mit Lage der Flächen
Laut Website der Arche Warder wurden die Flächen des Guts Manhagen bewusst gepachtet, da die Erhaltung und Nutzung alter Nutztierrassen ein gemeinsames Anliegen sei. Doch auch von Kooperation ist die Rede - eine politische Distanzierung zum Gutsherrn findet nicht statt. Auf Medienanfrage antwortet eine Mitarbeiterin der Arche Werder: Man habe dringend für die Schweinehaltung weitere Flächen benötigt, worauf sei es zur Pacht gekommen ist. Die Sprecherin betont: "Die Kooperation mit der Familie Hoof ist vor allem dadurch bedingt, dass das Gut Manhagen an den Tierpark unmittelbar angrenzt, und es uns so möglich ist, mit minimalem Kostenaufwand und maximaler Betreuung unserer Tiere einen großen Schritt in der Erhaltungszucht alter Nutztierrassen weiterzukommen." Hervorgehoben werden "sinnvolle, inhaltliche Überlappungen".
Grundsätzlich aber verhalte sich die Arche Warder "politisch neutral, verwehrt sich gegen Rassismus und steht für eine naturnahe Landwirtschaft sowie für soziale Gerechtigkeit". Wenn es um den Schutz von Natur und Tieren gehe, werde nur mit "demokratischen Parteien (Die Grünen, CDU, SPD, FDP)" zusammengearbeitet.
Thema mit Tradition in der extremen Rechten
Dass sich die extreme Rechte für ökologische Themen einsetzt und auch der Erhalt alter, deutscher Nutztierrassen dabei eine Rolle spielt, ist kein neues Phänomen. Tier- Natur-, und Heimatschutz laufen unter dem Dach des "Volkschutz". Die Verknüpfung von Volk, Raum und Identität stehen in der Tradition des "Blut und Boden"-Prinzips des Nationalsozialismus. Die NPD-nahe Öko-Zeitschrift "Umwelt & Aktiv" widmete sich 2007 dem Thema Nutztierrassen und bewarb die Arbeit der Arche Warder im hohen Norden. Auf Medienanfrage des Online-Portals www.nordische-esskultur.de betont die Sprecherin noch einmal die Distanz nach rechts.
Doch es geht anscheinend um mehr als ein Pachtverhältnis. Hoofs Projekt "Essbare Landschaften" bewirbt unter anderem Weidefleisch von Rindern und Schweinen der Arche. Ein Blick ins Impressum zeigt, dass sich "Essbare Landschaften" und die "Manuscriptum Verlagsbuchhandlung" im selben Gebäude im nordrhein-westfälischen Lüdinghausen befinden. Der Direktor des Tierparks, Prof. Dr. Kai Frölich, bestätigte während einer Landtagssitzung, dass es "Einnahmen aus dem Projekt Essbare Landschaften" gebe. Ein eigenes Label kennzeichnet "Arche Warder auf Gut Manhagen" und wird im Netz und auf Flyern beworben. Hoofs Land-Projekt jedenfalls profitiert von der seit Januar 2019 bestehenden "fruchtbringenden Nachbarschaft".
Bildunterschrift: Überlappung nach rechts durch einen Nutztierzoo (Symbolbild).
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