16 Artikel ,
13.01.2021 :
Pressespiegel überregional
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Übersicht:
Jüdische Allgemeine Online, 13.01.2021:
USA / "Camp-Auschwitz": Trump-Anhänger festgenommen
Westfalen-Blatt, 13.01.2021:
Twitter löscht "QAnon"-Accounts
Süddeutsche Zeitung Online, 13.01.2021:
Italien / Rechtspopulisten bleiben
Zeit Online, 13.01.2021:
Raubkunst: Weiteres Werk aus Gurlitt-Kunstfund an Erben zurückgegeben
hessenschau.de, 13.01.2021:
"Wir müssen sehr, sehr vorsichtig sein" / NS-Verbrechen in Hadamar begannen vor 80 Jahren
Potsdamer Neueste Nachrichten Online, 13.01.2021:
Störung einer Feier der Gesetzestreuen Juden / Polizei bestätigt Anzeige der Gemeinde
Der Tagesspiegel Online, 13.01.2021:
Verdächtiger in Berliner Brandserie / Neuköllner Neonazi Sebastian T. bleibt in Haft
Thüringer Allgemeine Online, 13.01.2021:
Landgericht Mühlhausen: Prozess gegen Rechtsextremisten wird wegen Corona verschoben
Störungsmelder, 13.01.2021:
Propaganda auf dem Parkdeck
MiGAZIN, 13.01.2021:
Interview mit Christoph Heubner / Auschwitz Komitee fordert konsequentes Vorgehen gegen Nazis in Behörden
Berliner Zeitung Online, 13.01.2021:
Brandenburger Minister bestätigt: AfD-Vize Daniel Freiherr von Lützow bedrohte Polizisten
Heilbronner Stimme Online, 12.01.2021:
Präsenz-Parteitag: AfD trifft sich in Messe Stuttgart
Bayerischer Rundfunk, 13.01.2021:
Wie in Deutschland auf der Plattform Parler gehetzt wird
Schwäbische Zeitung Online, 13.01.2021:
Verfassungsschutz beobachtet Ulmer "Querdenker"
Bayerischer Rundfunk, 13.01.2021:
Nürnberg verbietet geplante Demos von Corona-Maßnahmen-Gegnern
Blick nach Rechts, 13.01.2021:
Corona-Protestler - hauptsächlich Grünen- und Linken-Wähler?
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Jüdische Allgemeine Online, 13.01.2021:
USA / "Camp-Auschwitz": Trump-Anhänger festgenommen
13.01.2021 - 20.09 Uhr
Der Mann wurde nach der Erstürmung des Kapitols per Haftbefehl gesucht
Nach der Erstürmung des Kapitols durch Anhänger des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump ist Medienberichten zufolge ein Verdächtiger festgenommen worden, der ein Sweatshirt mit der Aufschrift "Camp Auschwitz" getragen hatte.
Die Polizei habe den per Haftbefehl gesuchten Mann am Mittwoch in Newport News im Bundesstaat Virginia gefasst, berichteten die "New York Times" sowie die Sender ABC und CBS unter Berufung auf Polizeikreise.
Der Mann war bei den Krawallen auf zahlreichen Fotos innerhalb und außerhalb des Kapitols zu sehen und hatte international Entrüstung hervorgerufen. Auf seinem schwarzen "Camp-Auschwitz"-Sweatshirt waren ein Totenschädel und die Worte "Work Brings Freedom" zu sehen - eine ungefähre Übersetzung von "Arbeit macht frei", der Aufschrift am Tor des früheren deutschen Konzentrationslagers Auschwitz.
Ein Bundesgericht in Washington hatte am Dienstag einen Haftbefehl gegen den Mann erlassen, den die "Washington Post" veröffentlichte. Demnach werden ihm illegales Eindringen in ein besonders gesichertes Gebäude sowie gewaltsames Eindringen und ungebührliches Verhalten auf dem Gelände des Kapitols zur Last gelegt. Die Staatsanwaltschaft hatte am Dienstag mitgeteilt, sie gehe davon aus, schon bald "Hunderte" mutmaßliche Täter anzuklagen.
Anhänger Trumps hatten am Mittwoch vergangener Woche das Kapitol gestürmt. Kritiker werfen Trump vor, seine Unterstützer bei einer vorhergehenden Kundgebungen aufgestachelt zu haben. Bei den Krawallen kamen fünf Menschen ums Leben, darunter ein Polizist. (dpa)
Bildunterschrift: Stürmung des Kapitols durch Pro-Trump-Anhänger.
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Westfalen-Blatt, 13.01.2021:
Twitter löscht "QAnon"-Accounts
Washington (dpa). Nach dem Sturm auf das US-Kapitol verschärft Twitter das Vorgehen gegen Unterstützer der Verschwörungstheorie "QAnon". Seit vergangenem Freitag seien mehr als 70.000 Accounts gelöscht worden. In vielen Fällen habe laut Twitter eine Person mehrere Profile betrieben. In den vergangenen Tagen beklagten einige Personen aus dem Umfeld von Präsident Donald Trump, dass sie schlagartig mehrere Zehntausend Follower verloren hätten. Die zentrale Behauptung der "QAnon"-Anhänger ist, dass es eine Verschwörung gegen Trump in den tieferen Schichten des US-Regierungsapparats gebe, gegen die er ankämpfe. Außerdem behaupten sie oft, Politiker der Demokratischen Partei ließen sich mit Hormonen behandeln, die aus dem Blut von Kindern gewonnen würden.
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Süddeutsche Zeitung Online, 13.01.2021:
Italien / Rechtspopulisten bleiben
13.01.2021 - 18.49 Uhr
Das rechtspopulistische "Dignitatis Humanae Institute" hat zum wiederholten Mal juristisch Erfolg. Italiens Rechnungshof attestierte ihm nach dessen Angaben am Dienstag die Erfüllung der Pachtverpflichtungen für die frühere Zisterzienserabtei Trisulti. Sie gehört Italiens Kulturministerium, es will das Institut seit Oktober 2019 gerichtlich dort entfernen. Das Institut plant in der Klosteranlage bei Collepardo eine Akademie für Rechtspopulismus. Institutsleiter Benjamin Harnwell sagte, das Ministerium wolle ihn weghaben, weil er mit Steve Bannon kooperiere, Donald Trumps Wahlkampf-Ideologen 2016. Weiterer Grund sei die Unterstützung des Chefs der rechtspopulistischen Lega, Matteo Salvini.
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Zeit Online, 13.01.2021:
Raubkunst: Weiteres Werk aus Gurlitt-Kunstfund an Erben zurückgegeben
13.01.2021 - 11.34 Uhr
Sämtliche als NS-Raubkunst identifizierten Werke aus dem Gurlitt-Fund sind nun restituiert. Das letzte Werk ging an Erben des jüdischen Kunstsammlers Henri Hinrichsen.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) hat in Absprache mit dem Kunstmuseum Bern ein weiteres Werk aus dem Kunstfund Gurlitt an die rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben. Die Zeichnung Das Klavierspiel von Carl Spitzweg wurde auf Wunsch der Erben des ehemaligen Eigentümers Henri Hinrichsen am Dienstag an das Auktionshaus Christie`s übergeben, wie Grütters mitteilte. Damit seien die 14 Werke restituiert, die im Zusammenhang mit dem Kunstfund bisher als NS-Raubkunst identifiziert worden seien.
Grütters nannte die Rückgabe ein "wichtiges Zeichen". Hinter jedem Bild stecke ein menschliches tragisches Schicksal. Die Rückgabe könne das Leid nicht wiedergutmachen, aber ein wenig zur historischen Gerechtigkeit beitragen. Es sei "bleibende Verpflichtung" Deutschlands, die Aufarbeitung und die Provenienzforschung fortzusetzen.
Das NS-Regime hatte die Spitzweg-Zeichnung demnach 1939 bei dem jüdischen Musikverleger Hinrichsen beschlagnahmt. 1940 erwarb Hildebrand Gurlitt das Werk, der als Kunsthändler unter anderem Einkäufer für Adolf Hitlers geplantes "Führermuseum" in Linz war. Der Kaufpreis wurde auf ein Sperrkonto eingezahlt. Hinrichsen wurde 1942 in Auschwitz ermordet.
Gurlitt starb 1956. Spätere Nachforschungen nach den Werken aus seiner Sammlung blieben auch deshalb erfolglos, weil seine Witwe 1966 gegenüber den Behörden log, sämtliche Werke und Geschäftsunterlagen seien 1945 beim Bombenangriff auf Dresden zerstört worden.
Mehr als 1.500 Werke
Erst 2012 entdeckten Ermittler nach einer zufälligen Kontrolle bei Gurlitts Sohn Cornelius in dessen Münchner Wohnung die vermeintlich zerstörten Kunstwerke. Der mittlerweile ebenfalls verstorbene Cornelius Gurlitt vermachte die Werke dem Kunstmuseum Bern.
In einer Vereinbarung vom 24. November 2014 haben die Bundesrepublik, der Freistaat Bayern und die Stiftung Kunstmuseum Bern festgelegt, dass die Provenienzen der über 1.500 Werke erforscht werden und der Bund NS-Raubkunst an die Opfer oder deren Nachkommen zurückgibt.
Wie Grütters erklärte, wurde Das Klarvierspiel bereits 2015 als NS-Raubkunst identifiziert. Insbesondere wegen der komplexen Erbfolge und der weitverzweigten Familie seien die Modalitäten der Rückgabe erst jetzt endgültig geklärt worden.
Bildunterschrift: Auch das Bild "Landschaft mit Segelbooten" des Expressionisten August Macke befand sich in dem Kunstfund Gurlitt.
Bildunterschrift: Die Zeichnung "Das Klavierspiel" von Carl Spitzweg wurde nun zurückgegeben.
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hessenschau.de, 13.01.2021:
"Wir müssen sehr, sehr vorsichtig sein" / NS-Verbrechen in Hadamar begannen vor 80 Jahren
13.01.2021 - 18.35 Uhr
Im mittelhessischen Hadamar starteten vor 80 Jahren die Nazis mit dem Massenmord an über 10.000 behinderten oder psychisch erkrankten Menschen. Die Gedenkstätte erinnert nun digital an die Opfer - und mahnt zu Vorsicht in der Diskussion um eine Triage von schwer kranken Covid-19-Patienten.
Von Rebekka Dieckmann
Was ist ein Leben wert? Die Nationalsozialisten machten dafür eine grausame Milchmädchen-Rechnung auf: "Täglich 5,50 Reichsmark kostet den Staat ein Erbkranker, für 5,50 Reichsmark kann eine erbgesunde Familie 1 Tag leben!" So stand es auf einem Plakat der NS-Zeit. Aus der Propaganda wurden schnell Taten: Die Nazis töteten über 200.000 psychisch kranke oder behinderte Menschen. "Lebensunwertes Leben" nannten sie ihre Opfer.
Eine von sechs Tötungsanstalten der "Aktion T4" befand sich in Hadamar (Limburg-Weilburg). Vom 13. Januar bis zum 24. August 1941 wurden in der ehemaligen Landesheilanstalt über 10.000 Menschen ermordet und verbrannt. Im weiteren Kriegsverlauf starben hier noch weitere 4.500 Menschen.
80 Jahre später will die die Gedenkstätte Hadamar nun noch einmal in besonderer Weise an die Euthanasie-Verbrechen erinnern. Weil derzeit keine Gedenkstätten-Besuche möglich sind, hat sie eine digitale Kampagne gestartet. In den nächsten Monaten will die Gedenkstätte regelmäßig in den Sozialen Medien die Biografien von einzelnen Opfern teilen.
Biografien der Ermordeten
Eine dieser Geschichten ist die von Hans Frey, geboren am 7. Mai 1911 in Frankfurt. Wegen seines Engagements für kommunistische Organisationen kam der gelernte Schlosser 1936 ins Zuchthaus und wurde kurz darauf in die psychiatrische Abteilung verlegt. Ein Gutachten stellte bei ihm Symptome einer paranoiden Schizophrenie fest: Frey höre Stimmen und leide unter Verfolgungswahn. Laut Gutachten sei er ein "gemeingefährlicher Geisteskranker".
Am 13. Januar 1941 gehörte der damals 29-Jährige dann zum ersten Transportbus, der in Hadamar ankam. Die 30 Ankömmlinge mussten sich nach ihrer Ankunft in der Tötungsanstalt entkleiden, wurden ärztlich untersucht und schließlich in die schwarz-weiß gekachelte Gaskammer im Keller gebracht. Hans Frey wurde noch am Tag seiner Ankunft ermordet, vor genau 80 Jahren.
Blick in die Vergangenheit und in die Gegenwart
Jan Erik Schulte ist Leiter der Gedenkstätte. Der Historiker sagt, es sei wichtig, die Ermordeten aus der Vergessenheit zu reißen und an sie zu erinnern - "nicht als unübersehbare Masse, sondern als einzelne Individuen mit einer eigenen Geschichte, mit Vorlieben, Berufen, Wünschen und Hoffnungen". Mit der Verbrennung der Toten hätten die Nazis damals genau das verhindern wollen. "Man wollte sie vergessen machen."
Neben dem Blick in die Geschichte sei für die Gedenkstätten-Arbeit immer auch der Blick ins Heute von großer Bedeutung, so Schulte. In Zeiten der Corona-Pandemie gebe es momentan etwa Sorgen und Diskussionen im Hinblick auf die so genannte Triage angesichts von knappen Ressourcen in Krankenhäusern.
Gedenkstätten schreiben Stellungnahme zur Triage
Gemeinsam mit anderen ehemaligen Schauplätzen der "Aktion T4" hat die Gedenkstätte Hadamar eine Stellungnahme dazu veröffentlicht, die kürzlich auch der ZDF-Moderator Jan Böhmermann auf Twitter teilte.
"Natürlich wollen wir die Vergangenheit nicht eins-zu-eins in die Gegenwart übertragen oder sagen, dass so etwas wie damals genau so wieder passiert", sagt Jan Erik Schulte. Jedoch müsse man mit den Erfahrungen der Vergangenheit den Transfer in die Gegenwart leisten und sich so aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen genau anschauen.
Historiker fordert breite gesellschaftliche Diskussion über Lebensrecht
Fragen zum Zugang zu Intensivmedizin und letztlich zum Lebensrecht sollten daher laut Schulte so breit wie möglich gesellschaftlich diskutiert werden und dürften nicht in den Händen einzelner Menschen oder Berufsgruppen liegen. "Vor allen Dingen müsste sich hier der Gesetzgeber einschalten."
"Wir wollen frühzeitig unsere Stimme erheben und sagen, dass wir bei der Kategorisierung von Menschengruppen und Entscheidungen über das Lebensrecht sehr, sehr vorsichtig sein müssen", sagt der Historiker. "Das gilt selbst in Krisenzeiten - oder sogar gerade dann."
Bildunterschrift: Der Keller der Tötungsanstalt heute: Gaskammer, Sektionsraum und der Platz, an dem das Krematorium (v. l.) stand.
Bildunterschrift: In der Tötungsanstalt Hadamar wurden etwa 14.500 Menschen ermordet.
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Potsdamer Neueste Nachrichten Online, 13.01.2021:
Störung einer Feier der Gesetzestreuen Juden / Polizei bestätigt Anzeige der Gemeinde
13.01.2021 - 10.43 Uhr
Wegen der Störung einer Feier der Gesetzestreuen Jüdischen Gemeinde weitet die Polizei ihre Ermittlungen aus. Der CDU-Stadtverordnete Wieland Niekisch kritisiert die Verzögerung.
Von Marco Zschieck
Potsdam. Nach der mutmaßlichen Störung einer religiösen Feier der Gesetzestreuen Jüdischen Gemeinde bestätigt die Potsdamer Polizei den Eingang einer Anzeige wegen Störung der Religionsausübung. Ein entsprechendes Schreiben wurde durch die Kriminalpolizei als Strafanzeige registriert, teilte die Polizei auf PNN-Anfrage mit.
Ohnehin wird in der Sache bereits wegen Körperverletzung ermittelt. "Insofern werden die im aktuellen Schreiben enthaltenen Darstellungen, in den laufenden Ermittlungen der Kriminalpolizei Beachtung finden und zur weiteren Veranlassung, insbesondere zur rechtlichen Würdigung und Einklassifizierung, an die ermittelnde Staatsanwaltschaft übergeben", hieß es.
Wie berichtet soll sich der Vorfall laut Anzeige bereits im vergangenen Jahr zugetragen haben, nämlich am 30. September. Seinerzeit habe die Gemeinde das jüdische Sokkot-Fest, auch bekannt als Laubhüttenfest, vorbereitet. Dafür wird für zehn Tage eine rituelle Laubhütte aufgestellt - in diesem Fall im Hinterhof der Gemeindeeinrichtung in der Yorckstraße. Ein Nachbar soll ein Gemeindemitglied von einer Leiter gestoßen haben.
Außerdem hat sich der CDU-Stadtverordnete Wieland Niekisch zu Wort gemeldet. "Die freie Religionsausübung ist eine sakrosanktes Recht nach dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und gehört damit zu dem Heiligsten, was unsere Demokratie ausmacht und zu verteidigen gelobt hat", so Niekisch.
Bedenklich sei, dass der Vorfall erst jetzt, ein viertel Jahr später, bekannt geworden sei und die Polizei diese offenbar mehrfachen skandalösen Vorfälle und Angriffe bis dahin "nur" als "Körperverletzung" eingestuft habe. Er forderte, "vor allem an alle direkt und indirekt Verantwortlichen der Landesregierung, hier klare Worte zu sprechen".
Bildunterschrift: Streitobjekt: Die Laubhütte in der Yorckstraße im Jahr 2017.
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Der Tagesspiegel Online, 13.01.2021:
Verdächtiger in Berliner Brandserie / Neuköllner Neonazi Sebastian T. bleibt in Haft
13.01.2021 - 18.57 Uhr
Ein Richter wollte ihm die Untersuchungshaft erlassen, doch der Staatsanwalt legte Beschwerde ein. Darüber ist auch drei Wochen später noch nicht entschieden.
Drei Wochen nach seiner Festnahme bleibt der Berliner Neonazi Sebastian T. weiterhin in Untersuchungshaft. Das Landgericht habe noch nicht über eine Beschwerde gegen seine Haftverschonung entschieden, teilte Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) am Mittwoch im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses mit.
Sebastian T. und Tilo P. werden schon seit langem verdächtigt, hinter einer Serie von Anschlägen auf linke Politiker und Flüchtlingshelfer in Neukölln zu stecken. Seit 2016 wurden mehr als 70 rechte Angriffe verübt, darunter 23 Brandstiftungen. Mehrmals gingen Fahrzeuge in Flammen auf.
Über Jahre blieben die Ermittlungen jedoch ohne Erfolg, die Erkenntnisse reichten nicht für eine Verhaftung aus. Polizei, Justiz und der Senat gerieten angesichts ausbleibender Fahndungserfolge zunehmend in die Kritik. Ende September 2020 legte die Sonderkommission "Fokus" ihren Abschlussbericht vor: Viele Spuren führten zu den Neonazis, aber Beweise gab es nicht.
Die Verhaftung von Sebastian T. und Tilo P. am 23. Dezember kam daher überraschend. Offenbar hatten die Behörden nun doch genug Mosaiksteine zusammengetragen, dass das Amtsgericht Tiergarten auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft einen Haftbefehl erließ. Beiden wird die Beteiligung an mehreren Brandstiftungen vorgeworfen. Bei Sebastian T. kommt noch der Verdacht hinzu, er habe unrechtmäßig Corona-Soforthilfe für Solo-Selbstständige beantragt.
Noch am Nachmittag des 23. Dezember verschonte der Haftrichter Tilo P. allerdings vom Vollzug der Untersuchungshaft. Sebastian T. musste hinter Gitter, weil die Generalstaatsanwaltschaft in seinem Fall Beschwerde gegen die Haftverschonung einlegte. Der Haftrichter meinte bei beiden Neonazis, es liege dringender Tatverdacht vor, doch der Fluchtgefahr könnte durch mildere Mittel begegnet werden als U-Haft. (Tsp)
Bildunterschrift: Der Neuköllner Neonazi Sebastian T. (links) bei einem Gerichtstermin im September 2020.
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Thüringer Allgemeine Online, 13.01.2021:
Landgericht Mühlhausen: Prozess gegen Rechtsextremisten wird wegen Corona verschoben
13.01.2021 - 17.43 Uhr
Fabian Klaus
Mühlhausen / Eichsfeld Nach einem Angriff von mutmaßlich Rechtsextremen auf Journalisten im Eichsfeld wurde der Prozess am Landgericht Mühlhausen verschoben. Mittlerweile sind fast drei Jahre seit der Tat vergangen.
Der mit Spannung erwartete Prozess gegen Gianluca B. und Nordulf H. am Landgericht Mühlhausen wird verschoben. Eigentlich sollte in der letzten Januar-Woche gegen die beiden mutmaßlichen Rechtsextremisten verhandelt werden - fast drei Jahre nach der ihnen zur Last gelegten schweren Tat.
Eine Sprecherin des Landgerichts Mühlhausen teilte am Mittwochnachmittag allerdings mit, dass wegen der derzeit angespannten Corona-Lage im Unstrut-Hainich-Kreis eine Verschiebung des Prozessauftaktes notwendig wird. Auch das Ausweichen in den größten verfügbaren Verhandlungssaal im Puschkinhaus mache eine Verhandlung nicht möglich, weil das öffentliche Interesse an dem Prozess offenbar sehr groß ist.
Am Mittwoch gab das Robert-Koch-Institut die Zahl der Infizierten pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche mit 414,7 an. Damit gehört der Unstrut-Hainich-Kreis zu den zehn Landkreisen mit der höchsten Siebe-Tage-Inzidenz bundesweit.
Jahrelange Hängepartie
B. und H., er als zum Tatzeitpunkt Heranwachsender, müssen sich in dem Verfahren wegen schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung verantworten. Sie sollen am 29. April 2018 zwei Journalisten verfolgt haben, die in Fretterode im Umfeld des NPD-Funktionärs Torsten Heise, einer der beiden Angeklagten ist sein Sohn, recherchierten. Es kam zu einer Verfolgungsjagd.
Nachdem die beiden Tatverdächtigen das Fahrzeug der Journalisten erreicht haben und dieses zum Anhalten gebracht haben sollen, sollen sie einen der Journalisten angegriffen und mit Gegenständen geschlagen haben. "Sodann habe einer der Angeklagten unter Verwendung eines Messers einen Fotoapparat samt Teleobjektiv aus dem Fahrzeug entwendet. Hierbei habe er dem Beifahrer einen Stich in den Oberschenkel versetzt", heißt es in einer Mitteilung des Landgerichts.
Die Prozessverschiebung ist die Fortsetzung einer jahrelangen Hängepartie nach dem gewalttätigen Übergriff auf die beiden Journalisten. Zunächst hatte die Staatsanwaltschaft Monate benötigt, um die entsprechenden Daten auszuwerten. Nachdem die Anklage erhoben wurde dauerte es wiederum deutlich länger als ein Jahr, bis das Landgericht über eine Zulassung entschieden hatte. Hintergrund dafür sind personelle Probleme bei der Besetzung der zuständigen Strafkammer. Der Vorsitzende Richter war in den Ruhestand gegangen.
Das Verfahren soll nun am 2. März 2021 und damit fast genau drei Jahre nach der Tat beginnen.
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Störungsmelder, 13.01.2021:
Propaganda auf dem Parkdeck
13.01.2021 - 10.02 Uhr
Neonazis aus dem Südwesten kopieren die Strategie der Identitären Bewegung: Mit perfider Inszenierung suchen sie Aufmerksamkeit - und verbreiten rassistische Botschaften.
Von Timo Büchner
Lodernde Flammen, greller Lichtschein, dichter Rauch: Bengalische Feuer bringen Licht in die Dunkelheit der Nacht. Ein Dutzend vermummter Neonazis läuft über ein düsteres Bahnhofsgelände, durch die verlassene Unterführung, ins Parkhaus. Auf der oberen Etage erleuchten sie die Fassade und hissen ein Banner mit der rassistischen Parole "Migration tötet!".
Zu der rechten Propaganda-Aktion kam es Mitte Dezember 2020 in Osterburken, einer Kleinstadt mit 6.500 Einwohnern im Nordosten Baden-Württembergs. Ein Video davon verbreitete wenige Tage später die Gruppierung Junge Revolution in den Sozialen Medien. Der Clip scheint die Kopie eines Erfolgsmodells der extremen Rechten zu sein: Mit symbolträchtiger Propaganda platzierte sich schon die international vernetzte Identitäre Bewegung (IB) auf dem Radar der Öffentlichkeit. Ein Erfolg, dem andere Strömungen nacheifern.
Die Botschaft des Banners ist unmissverständlich: Jugendliche wehren sich gegen angeblich kriminelle Migrantinnen und Migranten. Die Neonazis vermitteln das Bild, die Straße gehöre ihnen, niemand könne sie stoppen - weder die Antifa noch der Staat. Das Video hat bereits das Interesse der Sicherheitsbehörden geweckt.
Aufmerksamkeit war gewiss
Parallelen zu bekannten Vorreitern entdeckt auch Simone Rafael, die sich in der Amadeu Antonio Stiftung seit Jahren mit den Online-Strategien der extremen Rechten beschäftigt: "Das erinnert an die mediale Inszenierung der Identitären: professioneller Dreh, professioneller Schnitt und klare Botschaften. Die Gruppe hat kopiert, was die Identitären mehrere Jahre praktiziert haben."
Die IB gab sich von Beginn an das Image einer Jugendbewegung. Aber sie war weder jugendlich noch eine Bewegung. Ab 2012 fielen die Identitären in Deutschland, Frankreich und Österreich durch ihre Aktionen auf. Mehrfach hissten sie rassistische Banner: die IB Österreich im April 2016 am Dach der Grünen in Graz, die IB Deutschland im August 2016 auf dem Brandenburger Tor. Die mediale Aufmerksamkeit war gewiss.
Im Gegensatz zur IB sind die Neonazis aus dem Video tatsächlich jung: Sie sind allesamt rund 20 Jahre alt, verkehren allerdings teilweise bereits seit Jahren in der Szene. Mitte 2020 gründeten sie die Gruppierung Nord Württemberg Sturm (NWS), einen regionalen Ableger der Jungen Revolution, die den Clip veröffentlichte. Die Mitglieder traten insbesondere durch Wanderungen im Landkreis Schwäbisch Hall in Erscheinung: Anfang Juli spazierten Dutzende Neonazis zum Schloss Langenburg, Anfang September nahe Satteldorf. Mitte November plante der NWS gar einen geheimen Kameradschafts-Abend. Jedoch musste er wegen der Covid-19-Pandemie abgesagt werden.
Auch die Junge Revolution ist fest in den Kreisen des rechten Nachwuchses verankert. Gegründet wurde sie 2019 vom damals 17-jährigen Sanny Kujath. Der Jung-Nazi ist inzwischen vom sächsischen Zwickau nach Kloster Veßra in Thüringen gezogen. Dort macht er eine Ausbildung zum Koch im Gasthaus Goldener Löwe, das dem Neonazi Tommy Frenck gehört. Es ist ein bundesweiter Treffpunkt der extremen Rechten; auch der NWS besuchte die Immobilie bereits.
Düsteres Bild der Gegenwart
Pikant ist die Tatsache, dass das Propaganda-Video aus Baden-Württemberg mit einem Lied des Rechtsrappers Komplott unterlegt wurde. Der Musiker war der erste Rapper aus den Reihen der Identitären, mittlerweile hat er sich aus der neurechten Musik-Szene zurückgezogen. Das martialische Stück malt ein düsteres Bild der Gegenwart, die Rede ist von "Überfremdung". Dazu propagiert es eine glorreiche Zukunft. Die hämmernden Beats sorgen für die passende Atmosphäre.
Während die Mitglieder der Identitären in den meisten Fällen ihre Gesichter zeigten, versucht die Mehrheit der NWS-Mitglieder, ihre Anonymität zu wahren. "Einerseits wollen Neonazis aus Furcht vor beruflichen Konsequenzen unerkannt bleiben, andererseits wollen sie mit ihren Aktionen eine maximale Reichweite erzielen. Das ist meist eine Gratwanderung", erklärt Simone Rafael von der Amadeu Antonio Stiftung. Im Falle des NWS sind die zentralen Köpfe bekannt. Marc R., ein Drahtzieher der Gruppierung, stammt aus einem Stadtteil von Osterburken und arbeitet als Kfz-Mechaniker in einem Autohaus nur wenige Fußminuten vom Drehort entfernt. Insofern dürfte die Entscheidung, das Video dort zu drehen, kein Zufall gewesen sein.
Der Blaupause dafür, den öffentlichkeitswirksamen Aktionen der Identitären Bewegung, war zwischenzeitlich ein regelmäßiges Medienecho sicher. Doch heute versinken die Identitären in der Bedeutungslosigkeit. Den Jung-Nazis aus dem Südwesten könnte dasselbe Schicksal drohen - doch nur, wenn ihre Inszenierung entlarvt wird.
Bildunterschrift: An der Fassade dieses Parkhauses hatten Neonazis ein rassistisches Banner gehisst.
Bildunterschrift: Ein Sticker der übergeordneten Jungen Revolution am Bahnhof von Osterburken.
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MiGAZIN, 13.01.2021:
Interview mit Christoph Heubner / Auschwitz Komitee fordert konsequentes Vorgehen gegen Nazis in Behörden
13.01.2021 - 05.22 Uhr
Wegen der Corona-Pandemie mussten Gedenkveranstaltungen zum 75. Jahrestag der Befreiung der NS-Konzentrationslager abgesagt werden. Statt öffentlich geehrt zu werden, schlug Überlebenden im Corona-Jahr 2020 Antisemitismus entgegen. Dass sich an ihrer Bedrohungslage nichts geändert hat, sei für viele eine "sehr bittere Erkenntnis", sagt der Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, Christoph Heubner, im Gespräch.
Von Markus Geiler
Die Gedenkfeiern zum 75. Jahrestag der Befreiung mussten wegen Corona dieses Jahr abgesagt werden. Wie haben das Auschwitz-Überlebende wahrgenommen?
Christoph Heubner: Mit einem sehr zwiespältigen Gefühl. Viele haben auf das Datum hingelebt als eine Art Abschluss. Wir werden immer weniger und wir begehen das mit denen, die noch da sind, mit denen die nicht mehr da sind und mit denen die nie dabei sein konnten. Gleichzeitig beginnt da wieder etwas, wo wir dachten, es ist längst überwunden. Der Antisemitismus nimmt zu, die Verschwörungserzählungen nehmen zu und paaren sich mit dem Antisemitismus und altes wächst mit neuem Rechtsextremismus zusammen und die Dummheit ist immer noch so aggressiv und tückisch, wie sie es gewesen ist.
Und wie wurden dann die Demonstrationen der Corona-Leugner hierzulande wahrgenommen?
Die Anspannung ist mit jeder Demonstration und jedem Vorfall in Europa gewachsen. Natürlich sollen es wieder die Juden sein, die hauptverantwortlich sind für diese Pandemie. Damit wächst bei den Überlebenden ein Gefühl der Bedrohung, dass sie nicht nur selbst betrifft, sondern auch ihre Nachkommen. Das ist tragisch, weil viele Überlebende nach dem Holocaust allein, ihre Angehörigen alle ermordet waren. Dann haben sie neue Familien gegründet und Kinder bekommen. Jetzt müssen sie erkennen, die Bedrohungssituation ist im Grundsatz immer noch vorhanden, sie werden ihren Kindern und Enkelkindern kein Leben in Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit garantieren können. Sondern die langen Schatten umhüllen auch sie. Das ist eine sehr bittere Erkenntnis, weil die Überlebenden ja einen sehr langen Weg gegangen sind.
Der 2016 gestorbene Auschwitz-Überlebende Eli Wiesel sagte einmal, dass subjektive Gefühl der Überlebenden nach der Befreiung war, die Welt wird uns auf einer Sänfte durch die nächsten Jahrzehnte tragen. Sie wird uns achten, ehren, schützen. Die Erkenntnis, dass die Aggressivität des Antisemitismus immer latent vorhanden ist und neue Richtungen entwickelt und sich neu formiert, das ist schon sehr, sehr bitter. Auch für die Kinder und Enkel der Überlebenden.
Hat die deutsche Politik in den vergangenen Jahren zu viel Sonntagsreden gehalten und zu wenig konkret gehandelt?
Wir haben heute wieder eine kleine Gruppe von Menschen, die längst wieder drin ist in diesem aggressiven Antisemitismus, der irgendwann vor den Toren von Auschwitz landet. Dazu gehören die NPD und die rechtsextremen Kameradschaften, die man über Jahre sträflich vernachlässigt hat und immer dachte, das sind nur Randerscheinungen. Jetzt ist noch die AfD hinzugekommen und man stellt fest, dass diese Gruppen untereinander vernetzt sind und zudem eine düstere Ausstrahlung auch in Szenen hinein haben, wo der Staat wirklich elementar darauf achten muss, dass das Innerste seines demokratischen Wesens gewahrt bleibt, nämlich in die Polizei und die Bundeswehr. Jeder einzelne Rechtsextremist und Antisemit in den Reihen der Polizei und Bundeswehr ist einer zu viel. Es geht nicht um einen Generalverdacht. Es gibt eine übergroße Anzahl von Polizisten, die ihren Job anständig verrichten. Es geht um die Leute, die die Polizei von innen heraus diskreditieren und die müssen aus dem Dienst entfernt werden. Das ist die Aufgabe des Staates. Das gleiche gilt für die Bundeswehr.
Wie groß schätzen sie denn das Potenzial an Antidemokraten und Geschichtsvergessenen in der Gesellschaft?
Ein Drittel wird in etwa hinkommen. Es gibt aber auch die lauen Demokraten, die Schlafwagen-Demokraten, die meinen, wir sind auf ewig versichert auf die Demokratie. Dazu kommen diejenigen, die immer noch nicht begriffen haben, dass man jetzt laut werden muss, in einer Situation, wo unsere Gesellschaft erstmals an ihre Grenzen gerät. Dabei geht es nicht nur um die Minderheiten, die Ausländer, die Flüchtlinge, die Juden, nein es geht um einen selbst. Was wird mit uns und der Gesellschaft passieren, wenn Hass und Hetze weiter um sich greifen?
Ein großes Problem für die Überlebenden ist dabei die Gleichgültigkeit vieler. Viele erzählen, von den Nazis damals hätten sie nichts anderes erwartet als Hass, Attacke und Häme. Das Entsetzliche, was ihnen das Herz gefrieren lies, waren die Gleichgültigen. Der Nachbar, der zwei Tage zuvor noch gegrüßt hatte und jetzt plötzlich die Straßenseite wechselt. Die Frage ist, wie groß ist die Zahl der Gleichgültigen heute? Viele in der Politik haben das mittlerweile begriffen, dass es jetzt nicht mehr um Reden, sondern um eine Haltung geht, die sich am praktischen Handeln erweist.
Eine Studentin aus Kassel sieht sich im Widerstand gegen die Corona-Maßnahmen in der Tradition von Sophie Scholl, eine Elfjährige fühlt sich wie Anne Frank, weil sie ihren Kindergeburtstag nicht wie gewohnt feiern konnte. Was ist schief gelaufen in der politischen Bildung hierzulande?
Diese Beispiele zeigen die Verschiebungen, die in den vergangenen Jahren stattgefunden haben. Politische Bildung hat einen emotionalen und einen intellektuellen Aspekt. Es liegt eine vertrackt schwere Aufgabe vor uns, einfach deutlich zu machen, wie wir leben, wo wir leben und wofür wir stehen. Jetzt, wo es den Leuten an den eigenen Hintern geht, zeigen sich diese Verschiebungen deutlich, das Differenzierungsvermögen nimmt ab und es kommen nur egozentrische Dummheiten heraus. Und diese Dummheiten nützen den rechten Rattenfängern.
Wir müssen uns wirklich fragen, was haben wir in der politischen Bildung versäumt, wenn Leute mir sagen, mit den Corona-Maßnahmen läuft alles auf ein neues Auschwitz hinaus, uns wird das Demonstrationsrecht genommen, ich bin so eingeengt und fühle schon den Stacheldraht. Da stellen wir fest, dass ein Ansatz von Engagement und emotionaler Betroffenheit in eine falsche Richtung abbiegt. Das wird uns noch lange beschäftigen.
Wo sehen Sie das Auschwitz Komitee in zehn Jahren, wenn es keine Zeitzeugen mehr gibt?
Wir gestalten das Erbe der Überlebenden und füllen es aus, das ist unsere Legitimität. All das wird in der Gesellschaft weiterhin eine ganz zentrale Rolle spielen müssen, um die gegenwärtigen Bedrohungen aufzufangen. In zehn Jahren wird es ein Auschwitz Komitee geben, das in der Gesellschaft fest verankert ist und weiter nötig ist. Die Notwendigkeit unserer eigenen Bedeutung als Auschwitz Komitee werden wir uns nicht von Leuten absprechen lassen, die ständig darüber bramabarsieren, dass es diese nicht mehr gibt.
Was halten Sie von verpflichtenden Schülerfahrten in KZ-Gedenkstätten?
In Deutschland sollte man mit dem Begriff "Pflicht" generell sehr vorsichtig sein. Ich höre schon die absurde Debatte: "Verpflichtende Gedenkstätten-Fahrten sind wie Impf-Pflicht, wir werden gegen Antisemitismus geimpft in Auschwitz, dafür ist Geld da." Ich halte deswegen nichts davon. Es gibt so viele engagierte Lehrer und Jugendgruppenleiter, die mit ihren Klassen und Gruppen dahinfahren wollen. Man muss es ihnen aber auch ermöglichen, dazu haben die Bundesländer die Verpflichtung. Sie dürfen die Lehrerinnen und Lehrer nicht hängen lassen. Über alle öffentlichen Beteuerungen hinaus, erwarte ich von Bund und Ländern ganz konkrete Maßnahmen, dass man Schulklassen und Jugendgruppen finanziell und zeitlich dazu befähigt, solche Gedenkstätten zu besuchen, wenn sie das wollen. (epd/mig)
Bildunterschrift: Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, Christoph Heubner.
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Berliner Zeitung Online, 13.01.2021:
Brandenburger Minister bestätigt: AfD-Vize Daniel Freiherr von Lützow bedrohte Polizisten
13.01.2021 - 19.10 Uhr
Michael Sauerbier
Jetzt wird es eng für Brandenburgs AfD-Vizechef Daniel Freiherr von Lützow (46). Innenminister Michael Stübgen (61, CDU) bestätigte Mittwoch, dass der rechtsextreme Abgeordnete bei der Auflösung einer illegalen AfD-Party Polizisten mit Gewalt und dienstlichen Folgen bedroht haben soll.
Im Innenausschuss des Landtags sprach der Minister Klartext. Doch erst schilderte Polizeichef Michael Scharf die "schockierenden und nicht hinnehmbaren" tätlichen Angriffe der Cottbusser Partygäste gegen Beamte. Lützow hatte erklärt, er sei nur kurz an der Wohnungstür gewesen. Mittwoch schwänzte er. Denkste!
Stübgen stellte klar: "Lützow befand sich in der Wohnung. Nach der Polizeimeldung soll er sich als Abgeordneter zu erkennen gegeben und den Beamten ein Nachspiel angedroht haben." Björn Lakenmacher (45, CDU): "Ein einzigartiger Fall!"
Der Minister weiter: "Lützow verweigerte den Beamten den Zutritt zu einem Zimmer, in dem sich nach seinen Angaben seine Lebensgefährtin und sein Kind befänden - nicht seine Frau!" Dabei habe der Ex-Soldat mehrfach gedroht, "er würde jeden allemachen, der in das Zimmer wolle", so Stübgen.
Alle Ausschuss-Mitglieder forderten Lützow zum Rücktritt auf, nur die AfD-Vertreter nicht. Ihr Abgeordneter Wilko Möller (55), selbst Polizist, sagte: "Sie werden die Selbstheilungskräfte der AfD erleben!"
Doch sogar der aus der Partei geworfene Neonazi Andreas Kalbitz (48) ist weiter Mitglied der Fraktion.
"Hätte die AfD in Brandenburg Selbstreinigungskräfte, dann hätte sie sich längst aufgelöst", sagte Inka Gossmann-Reetz (51, SPD), "weil sie Rechtsextremisten in ihren Reihen duldet. Und von Personen geführt wird, die glauben, sie stünden über Recht und Gesetz."
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Heilbronner Stimme Online, 12.01.2021:
Präsenz-Parteitag: AfD trifft sich in Messe Stuttgart
13.01.2021 - 08.41 Uhr
Stuttgart (dpa/lsw). Die baden-württembergische AfD veranstaltet nach langem Hin und Her nun doch einen Parteitag - und zwar als Präsenz-Veranstaltung mitten in der Pandemie. Die Abgeordneten wollen am 6. und 7. Februar in der Messe Stuttgart zusammenkommen, wie ein Sprecher von Landeschefin Alice Weidel am Mittwoch bestätigte. Der Verband will dann die Landesliste für die Bundestagswahl im September aufstellen. Man könne alle vorgeschriebenen Hygiene-Regeln einhalten, versichert der Sprecher der Südwest-AfD, Markus Frohnmaier, der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten". So sollen Sitznachbarn etwa zwei Meter Abstand halten, erläuterte Frohnmaier der dpa. Erwartet würden 800 Personen.
In den vergangenen Monaten hatte sich der AfD-Landesverband bei der Suche nach einem Ort für einen Parteitag bereits eine ganze Reihe von Absagen eingehandelt. Anfang Dezember wollte man etwa in Göppingen zusammenkommen, doch der Hallenbetreiber hatte der AfD vor der Veranstaltung den Mietvertrag gekündigt.
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Bayerischer Rundfunk, 13.01.2021:
Wie in Deutschland auf der Plattform Parler gehetzt wird
13.01.2021 - 05.18 Uhr
Auf dem Sozialen Netzwerk Parler wurde der Sturm auf das US-Kapitol organisiert. Rechtsextreme, Verschwörungstheoretiker und Corona-Leugner sind dort vernetzt. Auch AfD-Politiker nutzen inzwischen Parler - das aktuell allerdings offline ist.
"Ihr wollt sie Euch holen?", fragt eine bedrohliche Stimme. Dazu laufen Bilder von einem Kind hinter Gittern. Von einer Krankenschwester, deren Gesicht zur Fratze verzogen ist. Von Bundesgesundheitsminister Spahn, der in dem Video als "geisteskranker Psychopath" und "Massenmörder" bezeichnet wird.
Amazon stellt Parler vorerst offline
Zu finden ist dieses Video auch auf dem Sozialen Netzwerk Parler. "Freie Rede, keine Kontrolle", so rühmt Parler-Gründer John Matze seine Plattform. In der Praxis heißt das oft: Rechte Hetze, Antisemitismus, Corona-Leugnung.
Parler ist aktuell nicht mehr erreichbar, nachdem Amazon als technischer Dienstleister die Zusammenarbeit eingestellt hatte. Der weltgrößte Online-Händler ist auch ein führender Anbieter von Infrastruktur im Netz, auf die viele Startups und etablierte Unternehmen zurückgreifen. Parler verklagte am Montag Amazon wegen der abrupten Kündigung.
Parler auch im deutschsprachigen Raum
Zuvor wurde Parler auch im deutschsprachigen Raum zunehmend genutzt. Zum Beispiel von der rechtsextremen Identitären Bewegung, allen voran von ihrem Mastermind Martin Sellner. Wie Sellner wurden viele Rechtsextreme und Verschwörungstheoretiker vorher von Twitter, Facebook oder YouTube gesperrt. Auf Parler fanden sie eine neue Heimat.
Auch wenn Parler in Deutschland bislang eher unbekannt war, sehen Kenner der Szene das mit Sorge. Zum Beispiel Simone Rafael von der Antonio Amadeo Stiftung -sie sagt im Interview mit "report München":
"Parler ist wie Twitter organisiert, also über Hashtags. Es ist sehr einfach in Kontakt zu treten, es ist sehr leicht ein Netzwerk aufzubauen. Und insofern Informationen oder auch Desinformationen zu verbreiten, Kampagnen zu starten oder auch zu Gewalt aufzurufen."
Wie gut das funktioniert, hat der Sturm des US-Kapitols gezeigt. Unter dem Hashtag #stormthecapitol hatte sich der Mob auf Parler schon Tage vor dem Angriff organisiert. Als die Trump-Anhänger dann gewaltsam in das Gebäude eindrangen, wurde zur Jagd auf Vizepräsident Mike Pence geblasen. Parler-User forderten, die Tunnel unter dem Capitol zu blockieren und die PCs der Abgeordneten zu entwenden.
Netzwerk wird von AfD-Politikern genutzt
Hinter Parler steht die US-Milliardärin Rebekah Mercer. Sie gilt als eine der einflussreichsten Unterstützer des Noch-Präsidenten. In der US-Politik ist die von ihr finanzierte Plattform wichtig für die Vernetzung der Rechten. Doch auch deutsche Politiker beginnen Parler zu nutzen.
Zum Beispiel die AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann. Auf Parler folgt sie dem User, der das Video mit der bedrohlichen Stimme und dem Kind hinter Gittern produziert und gepostet hat. Auf BR-Anfrage, warum sie diesem User folgt, antwortet die AfD-Politikerin nicht direkt. Sie erklärt, dass sie alternative Kanäle studieren müsse, da im Wesentlichen nur dort kritische Stimmen zur Corona-Impfung zu finden seien.
Auch Daniel Haseloff ist neu auf Parler gemeldet. Er ist Mitglied im Landesvorstand der AfD Thüringen. Er folgt mit seinem Profil auch Martin Sellner, dem Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung. Auf die Frage, warum er ihm folgt und ob er die von Sellner geposteten Ansichten teilt, antwortet er auf BR-Anfrage nicht.
Dafür erklärt Haseloff, warum er sich auf Parler angemeldet hat:
"Wenn Anbieter aus politischer Motivation heraus ganze Accounts löschen (gemeint ist Twitter und Facebook, Anm. d Red.), ist es die logische Folgerung, dass man sich auch nach alternativen Plattformen umsieht."
Strafverfolgung mit Schwierigkeiten
Hinter der verspiegelten Fassade eines mehrgeschossigen Bürokomplexes in der Münchner Innenstadt sitzt Georg Freutsmiedl. Er beschäftigt sich von Berufs wegen mit Parler. Freutsmiedl ist leitender Ermittler bei der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus.
Auf seinem Bildschirm hat er einige Bilder geöffnet, die auf Parler kursieren, darunter ein Bild, auf dem riesige SS-Runen einen Drachen erstechen. Um den Hals des getöteten Drachen liegt eine Kette mit dem Juden-Stern.
"Entscheidend für den Anfangsverdacht wäre für mich dieser Satz: "Ersatzkommando der Waffen-SS"", sagt Freutsmiedl. Ob das Bild deshalb aber strafbar sei, sei nicht gewiss. Denn es gebe auch die Kunstfreiheit. Und wenn dieses Bild hauptsächlich der Kunst diene, könne es unter Umständen straffrei bleiben.
Es ist nur ein Beispiel für die Schwierigkeiten, die die Ermittler bei der Hetze im Netz haben. Hinzu kommt, dass Parler ein US-Unternehmen ist und deshalb den dortigen Gesetzen unterliegt. Auch sei es mitunter unglaublich schwer, von den Anbietern Hinweise auf die Identität hinter den Usernamen zu bekommen.
Es gebe bei Rechtsextremisten ganz klar die Strategie, sich heranzutasten, sagt Freutsmiedl, der wieder auf das Bild mit dem Drachen blickt:
"Was kann ich mir noch erlauben und was nicht? Da gibt es im Hintergrund auch Leute, die das vorab beurteilen. Da gibt es Sammlungen von Gerichtsentscheidungen in der Szene, was eventuell als Meinungsäußerung durchgegangen ist und was strafbar ist."
Inzwischen wurden Parler die Server gesperrt. Die App ist vorerst offline. Und damit auch die Hetze, die auf dem Netzwerk verbreitet wird.
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Schwäbische Zeitung Online, 13.01.2021:
Verfassungsschutz beobachtet Ulmer "Querdenker"
13.01.2021 - 17.58 Uhr
Der Verfassungsschutz Baden-Württembergs beobachtet nach Auskunft des Innenministeriums auch den Ulmer Ableger der "Querdenker". Dies geht aus einem Schriftwechsel zwischen dem Ulmer Landtagsabgeordneten Martin Rivoir (SPD) und dem Innenministerium hervor.
Ulmer Gruppe als Ableger
Wie das Innenministerium wissen lässt, sei auch die Ulmer Initiative "Querdenken 731" Gegenstand der eingeleiteten Beobachtung der hoch umstrittenen "Querdenker"-Bewegung. Die Ulmer Gruppe sei als "regionaler Ableger" der Stuttgarter Gruppe "Querdenken 711" einzuordnen.
Untersucht werde, ob und inwieweit "Querdenker" mit so genannten Reichsbürgern oder Selbstverwaltern zusammenarbeiten. Diese gelten als verfassungsfeindlich. Viele von ihnen zweifeln an der Existenz der Bundesrepublik.
Markus Haintz ein Lügner?
Probleme könnten auf den Organisator der Ulmer "Querdenken"-Veranstaltungen, Markus Haintz, zukommen. Der Anwalt versicherte schriftlich an Eides statt, dass es unwahr sei, dass sich um die Ulmer Gruppe "Querdenken 731" Leugner des Holocausts, Reichsbürger oder andere Rechtsradikale scharen würden.
Allerdings, so das Innenministerium, sei belegt, dass bereits einer der Redner bei einer zurückliegenden Ulmer "Querdenker"-Veranstaltung als Reichsbürger einzustufen sei. Hat Haintz gelogen?
Bildunterschrift: Markus Haintz bei einer "Corona-Demo" auf dem Münsterplatz.
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Bayerischer Rundfunk, 13.01.2021:
Nürnberg verbietet geplante Demos von Corona-Maßnahmen-Gegnern
13.01.2021 - 18.15 Uhr
Die Stadt Nürnberg hat Kundgebungen von Gegnern der Corona-Maßnahmen am kommenden Wochenende verboten. Auch Eilversammlungen sollen unterbunden werden. Anfang Januar sorgten Bilder von Kundgebungen in Nürnberg bundesweit für Aufsehen.
Die Stadt Nürnberg hat Kundgebungen von Gegnern der Corona-Maßnahmen am kommenden Wochenende (13./14.01.21) verboten. Die Stadt begründet das Verbot mit den Vorkommnissen von Anfang Januar in Nürnberg, als bei Kundgebungen hunderte Menschen ohne Maske und Abstand demonstrierten.
Auflagenverstöße erwartet
Demnach sei zu erwarten, dass bei den Kundgebungen am kommenden Wochenende wieder Auflagen wie die Masken-Pflicht und die Abstandsregeln missachtet werden. Das würde nicht nur die Gesundheit der Demonstranten, sondern aller gefährden. Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König argumentierte in einer Mitteilung wörtlich:
"Das Versammlungsrecht ist ein hohes Gut, das nicht nur besonders geschützt ist, sondern auch von mir persönlich hoch geachtet wird. Zu einer Demokratie gehört es, Widerspruch zu ermöglichen und auch auszuhalten. Demokratie ist tolerant - aber nicht dumm."
Marcus König (CSU), Oberbürgermeister Stadt Nürnberg
Wie die Stadt weiter mitteilt, wurden vier Kundgebungen für den kommenden Sonntag in der Nürnberger Innenstadt angemeldet. Drei Versammlungen habe die Stadt nun verboten, eine weitere Anmeldung wurde zurückgezogen.
Eil-Versammlungen ebenfalls verboten
Zusätzlich werden alle weitern Versammlungen untersagt, die nicht zeitnah angemeldet werden. Mit diesem Schritt will die Stadt eventuelle Spontan- oder Eilversammlungen unterbinden. Hintergrund der nun eingeleiteten Schritte sind die Versammlungen aus dem Spektrum der Corona-Maßnahmen-Gegner von Anfang Januar in Nürnberg.
Hunderte demonstrierten zuvor ohne Maske und Abstand
Weil eine Groß-Demonstration der Bewegung "Querdenken" mit mehreren tausend Teilnehmern verboten worden war, mobilisierte die Szene der Maßnahmen-Gegner zu einer genehmigten Kundgebung am Hauptmarkt. Mehrere hundert Teilnehmer hatten dabei weder die Abstandsregeln eingehalten noch Masken getragen und somit gegen die Auflagen verstoßen. Im Anschluss an die erste Kundgebung genehmigte die Polizei eine weitere Kundgebung der Querdenken-Szene in der Innenstadt, bei der ebenso konsequent gegen die Auflagen verstoßen wurde.
Polizeieinsatz stieß auf Kritik
Nach BR-Recherchen feierten Teilnehmer im Anschluss die Kundgebungen als "tollen Erfolg" und mobilisierten erneut massiv zu Versammlungen nach Nürnberg. Der Polizeieinsatz wurde daraufhin von verschiedenen Seiten scharf kritisiert. Die Landtags-Grünen stellten eine umfangreiche Anfrage, um den Polizeieinsatz aufzuklären.
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Blick nach Rechts, 13.01.2021:
Corona-Protestler - hauptsächlich Grünen- und Linken-Wähler?
Von Armin Pfahl-Traughber
Eine Studie zur "Politischen Soziologie der Corona-Proteste" benannte insbesondere Grünen- und Linken-Wähler als deren Protagonisten. Bei der Medienberichterstattung wurde indessen ignoriert, dass die Untersuchung nicht repräsentativ ist. Das haben die Forscher auch gar nicht behauptet, es wurde nur nicht zur Kenntnis genommen.
Mitte Dezember veröffentlichte der Baseler Soziologe Oliver Nachtwey eine Studie "Politische Soziologie der Corona-Proteste", die Ergebnisse einer Befragung von protestierenden Gegnern der Corona-Maßnahmen der Bundesregierung und Landesregierungen enthielt. Darüber wurde auch in den Medien breit berichtet. Man betonte hierbei, dass die Befragten bei der letzten Bundestagswahl insbesondere Die Grünen mit 23 Prozent und Die Linke mit 18 Prozent, aber nur 15 Prozent die AfD gewählt hätten. Diese Daten erstaunten viele Kommentatoren.
Indessen wurden bestimmte Ausführungen der Forscher zu ihrer Online-Befragung dabei überlesen. Es heißt zu den Ergebnissen: "Mit ihnen lässt sich ein Überblick über den Forschungsgegenstand und bestimmte Einstellungsmuster gewinnen, es kann jedoch kein Anspruch auf Repräsentativität erhoben werden." Dies relativiert die Ergebnisse, lassen sich daraus doch keine Verallgemeinerungen ableiten. Es heißt außerdem: "Die Grundgesamtheit der Befragung bilden Personen, die zum Zeitpunkt der Befragung Mitglied in einer offenen Telegram-Gruppe waren, die direkt mit der politischen Szene der Corona-Kritikerinnen, -Kritiker im Zusammenhang steht."
Kein Anspruch auf Repräsentativität erhoben
Ob dies für die Gesamtheit der Protestierenden gilt, lässt sich aber nicht sagen. Dies behaupten die Autoren auch nicht. Es heißt außerdem: "Wir konnten ( … ) nicht feststellen, wie viele Personen in den Telegram-Gruppen unseren Link überhaupt wahrgenommen haben. Es ist davon auszugehen, dass viele Personen ihn nicht gesehen haben, da einige Gruppen durch ein sehr hohes Volumen an Kommunikation gekennzeichnet sind. ( ... ) Eine Rücklaufquote ist somit nicht befriedigend bestimmbar." Diese Aussagen machen ebenfalls deutlich, dass die Ersteller der Studie hinsichtlich einer Verallgemeinerbarkeit vorsichtig sind.
Auch ganz unterschiedliche andere Angaben sprechen dafür, so hätten 60,19 Prozent Frauen, aber nur 38,76 Prozent Männer geantwortet. Kann dies angesichts der Bilder von Demonstrationen, wo Männer dominierten, dann repräsentativ sein? Die erwähnten Daten zum Wahlverhalten wurden zwar korrekt referiert. Demgegenüber ignorierten viele Berichte aber die Antworten auf die Frage "Welche Partei würden Sie heute wählen?" Dann gab es folgende Verteilung: AfD 27 Prozent, Die Linke fünf Prozent und Die Grünen ein Prozent. Kann dies wirklich so sein? Blickt man auf die soziale Zusammensetzung der Wähler von AfD und Die Grünen, so lassen sich auf allen Ebenen größere Unterschiede feststellen. Noch einmal: Die angedeuteten Einwände richten sich nicht gegen die Forscher, sondern gegen die mediale Fehlwahrnehmung der Studie.
Bildunterschrift: Anhänger der AfD auf der Querdenken-Demonstration Ende August in Berlin.
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