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Neue Westfälische - Tageblatt für Schloß Holte-Stukenbrock , 19.07.2019 :

Blick der jungen Generation auf die Entwicklung des Stalag 326

Erinnerungskultur: 25 Studierende der Technischen Hochschule OWL stellen ihre Konzepte zur Neugestaltung der Gedenkstätte vor / Die Ausstellung ist bis zum 15. September zu besichtigen

Von Gunter Held

Schloß Holte-Stukenbrock. Das Grauen ist symmetrisch. Auf dem Veranstaltungsplakat der Ausstellung "Neugestaltung Gedenkstätte und Besucherzentrum Stalag 326" ist die historische Zeichnung des Stammlagers zu sehen. Im rechten Winkel und in geraden Reihen sind die Baracken abgebildet. Einige der Gebäude stehen noch, wurden nach der Befreiung auch weiter genutzt - als Internierungslager, vom Sozialwerk Stukenbrock, von der Polizei des Landes NRW.

Dann hat sich Werner Busch stark gemacht und die Dokumentationsstätte Stalag 326 inklusive Förderverein gegründet. Lange fristete die Doku-Stätte ein Schattendasein auch in der Kommunalpolitik. Das änderte sich, als 2015 der damalige Bundespräsident Joachim Gauck die Doku-Stätte und den russischen Ehrenfriedhof besuchte. Kurze Zeit später initiierte der Landtagspräsident André Kuper eine Lenkungsgruppe.

Grenzenlose Kreativität

Im Frühjahr wurden der Kommunalpolitik mehrere Varianten der zukünftigen Nutzung vorgestellt. Auf der Grundlage dieser Variantenanalyse präsentierten jetzt 25 Studierende der Technischen Hochschule OWL in Detmold 25 Konzepte. "Das ist einfach toll", lautete die einhellige Meinung der Teilnehmer an der Eröffnungsveranstaltung. Zwar nutzten die Studierenden die Variantenanalyse als Grundlage, aber in der Ausgestaltung ihrer Konzepte waren sie frei. Nicht einmal zu realisieren sein müssen die Entwürfe. Zur Vorbereitung und zur Vertiefung des Wissens rund um die Doku-Stätte habe es Exkursionen zu anderen Gedenkstätten sowie eine Vorlesungsreihe gegeben, sagt Jasper Jochimsen, Professor an der Detmolder Schule für Architektur und Innenarchitektur. Und Tillmann Wagner, ebenfalls Professor an dieser Hochschule ergänzt: "Es ist interessant zu sehen, wie die Generation der 20- bis 30-Jährigen mit dem Thema umgeht. Sie hat einen unbefangenen Zugang zu dem Thema."

Beide Hochschullehrer waren begeistert vom Engagement der Studierenden. Die hätten sich nicht nur vor Ort in anderen Gedenkstätten Inspirationen geholt, sondern auch Gedenkstätten analysiert, die sie nicht besucht haben. Die Konzepte der Studierenden waren mehrheitlich als Semester-Arbeiten im Masterstudiengang angelegt. Bemerkenswert findet Wagner auch die individuelle Herangehensweise an das Thema: "Wir haben drei Studierende, die aus Syrien stammen. Die haben noch mal einen ganz anderen Blick auf Vertreibung, Flucht und Gewalt, weil sie das eben am eigenen Leib erfahren haben." Jens Hecker, ehemaliger Mitarbeiter der Doku-Stätte, sowie Oliver Nickel, deren Geschäftsführer, waren bei der Zwischenkritik der Konzepte in Detmold mit dabei. Diese Zusammenarbeit sei für beide Seiten fruchtbar gewesen, sagte Nickel.

Aus der Kommunalpolitik waren bei der Eröffnung die Fraktionsvorsitzenden von SPD, FDP und CSB, Marion Herzog, Thorsten Baumgart und Britta Rusch mit dabei. "Das, was dort neu entstehen soll, gehört zur Geschichte unserer Stadt", sagt Marion Herzog im Gespräch mit der Neuen Westfälischen. "Diese Geschichte kann man aufsaugen, weil die Entwürfe auch die Emotionen ansprechen." Besonders gut gefallen hat ihr ein Konzept, in dem verkohltes Holz verwendet wird und eines, bei dem ein Gebäude eine Metallverkleidung erhält, in die pixelartig Löcher gestanzt werden, um Bilder entstehen zu lassen.

"Ich bin sehr begeistert von der enormen Kreativität und Vielfalt der präsentierten Entwürfe. Da stecken offenkundig tiefgehende Gedanken und viel Herzblut drin. Aus meiner Sicht vermitteln die Konzepte großartige Visionen davon, wie eine Dokumentationsstätte mit internationaler Bedeutung aussehen könnte", sagt Baumgart.

"Wir bekamen viele gut durchdachte Ideen vorgestellt - und das höchst professionell. Ob das Stalag sich repräsentativ, informativ oder lehrend entwickeln soll, entscheidet der Lenkungskreis, der auch das Budget festlegt", sagt Britta Rusch.

Auch Landtagspräsident André Kuper ist "sehr begeistert von der Kreativität, die die Studierenden gezeigt haben. Es gibt eine Menge an Möglichkeiten für die Entwicklung der Gedenkstätte, denn wir haben hier noch die Gebäude aus der Zeit." Gut findet er, dass die Ausstellung an einem authentischen Ort, der Entlausungsstation, zu sehen ist. Und er spricht sich auch dafür aus, dass im endgültigen Konzept die noch bestehenden Gebäude enthalten sein müssen. Zunächst aber geht es jetzt um die finanzielle Förderung.

Die Ausstellung ist zu sehen bis zum 15. September. Allerdings geht das nur mit Anmeldung, da die Gedenkstätte auf dem Gelände der Polizeischule steht und die Sicherheitsvorkehrungen streng sind. Die Anmeldungen sind möglich per E-Mail unter m.wibe@stalag326.de.

Bildunterschrift: Aus dem Stadtrat sind drei Kommunalpolitiker zur Eröffnung der Ausstellung gekommen: Marion Herzog, Fraktionsvorsitzende der SPD (v. l.), Britta Rusch, Fraktionsvorsitzende der CSB, und Thorsten Baumgart, Fraktionsvorsitzender der FDP, lassen sich von Lucas Tiemann dessen Entwurf erklären.

Bildunterschrift: Kalt und klar: Der Neubau des Gebäudes für die Verwaltung und Seminarräume ist von Sacha Hüren schnörkellos angelegt.

Bildunterschrift: Erinnerung an die Baracken: Lucas Tiemann verwendet in seinem Entwurf Holz. Besucher gehen in einen Innenhof.

Bildunterschrift: In der Ausstellung: Um den Entwurf von Johanna Brockmeyer haben sich versammelt, Tillmann Wagner (v. l.) und Jasper Jochimsen von der Hochschule OWL, Landtagspräsident und Leiter der Lenkungsgruppe André Kuper sowie Jens Hecker und Oliver Nickel, Geschäftsführer der Dokumentationsstätte.

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www.stalag326.de


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