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Verdener Nachrichten Online , 18.03.2019 :

Rigolf Hennig / Verdener Rechtsextremist erhält Bewährungsstrafe

Von Angelika Siepmann

Der 83 Jahre alte Verdener Rechtsextremist Rigolf Hennig ist am Montag wegen vierfacher Volksverhetzung vom Landgericht Verden zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden.

Unter Einbeziehung eines im Oktober rechtskräftig gewordenen Urteils hat das Landgericht am Montag gegen den Verdener Rechtsextremisten Rigolf Hennig (83) eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verhängt. Die Strafe wegen vierfacher Volksverhetzung durch Artikel in der Zeitschrift "Stimme des Reichs" wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Dabei wertete die 5. Kleine Strafkammer zu Gunsten Hennigs, dass er auch in der Berufungsverhandlung zumindest ein "Teilgeständnis" abgelegt habe, wenngleich dieses "nicht von Reue getragen" gewesen sei. Berücksichtigt wurden auch die angeschlagene Gesundheit des Mediziners im Ruhestand sowie eine besondere Haftempfindlichkeit auf Grund des fortgeschrittenen Alters. Es schützt allerdings nicht generell vor Strafe, wie dem Angeklagten in der Urteilsbegründung noch einmal an naheliegendem Beispiel vor Augen geführt wurde.

Wenn er nicht das Schicksal seiner politischen Weggefährtin Ursula Haverbeck teilen wolle, möge er sich gut überlegen, was er künftig publiziere, riet die Vorsitzende Richterin Marita Gudehus dem Angeklagten eindringlich. Ihm drohe sonst "dasselbe" wie Haverbeck. Die mittlerweile 90-Jährige, die die meisten der beanstandeten Beiträge für das revisionistische Blatt verfasst hat, befindet sich auf Grund eines Verdener Urteils in Strafhaft.

Störung des öffentlichen Friedens

Nur wenige Wochen nach der Verurteilung Haverbecks zu zweieinhalb Jahren Gefängnis im November 2016 hatten federführend sie und Hennig eine weitere Ausgabe des revisionistischen Blattes erstellt und verbreitet - "nach einem Jahr Zwangspause", wie zu lesen war, und auf dem Titel eine "gefeierte" Haverbeck mit Blumenstrauß nach der Verdener Verhandlung. Auch in den drei folgenden Ausgaben fanden sich wieder Artikel, in denen vorwiegend auf diverse Weise der Holocaust geleugnet wurde.

Die Vorsitzende Richterin Gudehus listete einige der krassen verbotenen Meinungsäußerungen auf, die mit Sicherheit auch geeignet seien, den "öffentlichen Frieden" zu stören. Hennigs Verteidiger, von denen am Montag nur der "Pro Chemnitz"-Aktivist Martin Kohlmann zugegen war, hatten in der vergangenen Woche erwartungsgemäß einen kompletten Freispruch gefordert. Sie wollten dabei auch und offenbar vor allem verhindern, dass der frühere NPD-Kommunalpolitiker finanzielle Folgen seiner - nunmehr angeblich eingestellten - publizistischen Tätigkeit zu tragen hat. Damit erzielten sie jedoch nur einen rechnerisch kleinen Erfolg.

Das Gericht ordnete mit dem Urteil die "Einziehung des Wertes von Taterlangtem" in Höhe von rund 15.000 Euro an. Das Amtsgericht hatte noch knapp 20.000 Euro zu Grunde gelegt - Geld, das Abonnenten und Einzelerwerber auf das allein auf Hennigs Namen laufende "Spendenkonto" eingezahlt hatten, jeweils zwischen fünf und 1.000 Euro.

Die Einziehung des Geldes, das im relevanten Zeitraum (Dezember 2016 bis August 2017) auf das Konto geflossen ist, erfolgt im Rahmen der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung. Es sei "auf Grund strafbarer Handlungen vereinnahmt" worden.

Bildunterschrift: Das Landgericht Verden ordnete auch eine Zahlung von 15.000 Euro an.

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Verdener Nachrichten Online, 12.03.2019:

Aussicht auf Bewährung

Von Angelika Siepmann

Der Berufungsprozess läuft. Das Verdener Landgericht will das Urteil gegen Rigolf Hennig am Montag verkünden.

Eine Freiheitsstrafe, die der Höhe nach gerade noch zur Bewährung ausgesetzt werden kann, hat die Staatsanwaltschaft gestern im Berufungsprozess für den Verdener Rechtsextremisten Rigolf Hennig verlangt: zwei Jahre wegen vierfacher Volksverhetzung unter Einbeziehung einer bereits rechtskräftig gewordenen, einschlägigen Verurteilung. Das Landgericht will das Urteil am kommenden Montag verkünden.

Das alte Lied: Wieder wollte der frühere NPD-Kommunalpolitiker eine vom Amtsgericht Verden verhängte Strafe nicht akzeptieren. Es hatte gegen den 83-Jährigen im vergangenen September eine 15-monatige Bewährungsstrafe verhängt. Einmal mehr war es dabei um Artikel in der Zeitschrift "Stimme des Reiches" gegangen, die nach Ansicht des Schöffengerichts den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllen.

Sie stammten zwar überwiegend von Hennigs eifrigster Gesinnungsgenossin, der derzeit inhaftierten notorischen Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel (Vlotho). Doch Rigolf Hennig hat zur Überzeugung des Gerichts beim gesamten Blattmachen "federführend mitgewirkt", stand bei den beiden letzten der vier beanstandeten Ausgaben auch als Herausgeber im Impressum. Sein weitgehendes Geständnis war zu seinen Gunsten gewertet worden. Neben der 15-monatigen Bewährungsstrafe hatte das Amtsgericht allerdings auch entschieden, dass das in der besagten Zeit auf "Spendenkonto" geflossene Geld, rund 19.500 Euro, der Einziehung unterliegt. Dieses Konto lief umfänglich auf Hennigs Namen.

Diese Einziehung, so vermutete es die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, dürfte das "zentrale Problem" des Angeklagten mit dem erstinstanzlichen Urteil darstellen. Darauf ließen auch die Ausführungen des zweiten - und neuen - Anwalts schließen, den der Mediziner im Ruhestand am Montag bei der Berufungsverhandlung vor der 5. Kleinen Strafkammer an seiner Seite hatte. Matthias Rahmlow (Duisburg) kam zu dem Schluss, dass eine Einziehungsentscheidung aus rechtlichen Gründen nicht erfolgen könne. Die Abonnenten beziehungsweise Bezieher der "Stimme des Reiches" hätten schließlich für das gesamte Blatt bezahlt. Die Textmenge darin, "die für strafbar gehalten" werde, mache allenfalls vier Prozent aus, rechnete der Rechtsanwalt vor.

Dass ohnehin nur ein Freispruch in Frage komme, hatte zuvor Hennigs "Stammanwalt" Martin Kohlmann erklärt. Der als "Rechtsaußen-Aktivist" geltende "Kopf" der Bürgerbewegung "Pro Chemnitz" mühte sich in gewohnter Weise, die eigentlichen Vorwürfe zu zerpflücken. Kohlmann ist im November 2018 aus der Vereinigung der Strafverteidiger Sachsen / Sachsen-Anhalt ausgeschlossen worden.

Hennig selbst, der schon vor dem Amtsgericht seine verantwortliche Tätigkeit bei der - inzwischen angeblich verstummten - "Stimme des Reiches" eingeräumt hatte, wiederholte: In der Zeitschrift habe "nichts Strafbares drinstehen" sollen. "Jedenfalls habe ich das versucht." Etwa 1.000 Blattbezieher soll es im Schnitt gegeben haben; das Jahresabo kostete 20 Euro. Spenden flossen dem Vernehmen nach auch auf das Konto. Das Geld soll für die Herstellung verwendet worden sein, aber auch, so Hennig, "um Leute zu unterstützen, die in Not geraten waren". Von Anwaltsseite wurde zudem erklärt, es sei kein Geld "für private Zwecke" genommen worden.

Ein im April 2017 ergangenes Urteil des Landgerichts ist Ende Oktober rechtskräftig geworden. Somit weist das Bundeszentralregister inzwischen für Hennig wieder einen Eintrag auf. Diese 14 Monate Haft werden bei der Bildung einer neuen Gesamtstrafe zu berücksichtigen sein.

Bildunterschrift: Das Schicksal des Angeklagten lag mehrfach in Justitias Händen.

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Weser-Kurier Online, 04.09.2018:

Urteil wegen Volksverhetzung

Bewährungsstrafe für Rigolf Hennig

Von Angelika Siepmann

Verden. Der ehemalige Verdener NPD-Ratsherr Rigolf Hennig ist am Montag erneut wegen Volksverhetzung verurteilt worden. Das örtliche Amtsgericht verhängte gegen den 83-Jährigen wegen vier Fällen, in den es vorwiegend um das Leugnen des Holocaust ging, eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten.

Das Schöffengericht blieb damit um drei Monate unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Hennigs Verteidiger Martin Kohlmann, Kopf der rechtspopulistischen Wählervereinigung "Pro Chemnitz", hatte erwartungsgemäß Freispruch gefordert. Er hielt im Falle einer Verurteilung sechs Monate für angemessen. Vom Leugnen des Holocaust könne in den beanstandeten Artikeln keineswegs die Rede sein, allenfalls von Verharmlosen, so Kohlmann. Zuvor war der Jurist nicht nur mit einer Reihe von Beweisanträgen gescheitert, sondern auch mit einem Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter.

Es ging wieder um Beiträge in der rechtsextremen Zeitschrift "Stimme des Reichs", hier um vier Ausgaben von Ende 2016 sowie 2017. Rigolf Hennig, selbst ernannter Präsident des "Freistaats Preußen", hat eingeräumt, an der Erstellung und Verbreitung verantwortlich mitgewirkt zu haben. Einen Artikel hat er selbst verfasst, einen weiteren beispielsweise seine langjährige Gesinnungsgenossin Ursula Haverbeck aus Vlotho. Die 89-Jährige verbüßt gerade eine vom Landgericht Verden verhängte Freiheitsstrafe. Er habe sich "bemüht, Frau Haverbeck zu bremsen", behauptete Hennig. "Ich dachte es sei mir gelungen."

Das Schöffengericht berücksichtigte bei der Strafzumessung und der Frage der Aussetzung zur Bewährung Hennigs angeschlagene Gesundheit sowie dessen Beteuerung, sich von sämtlicher publizistischer Tätigkeit zurückgezogen zu haben. Die vorgelegten Beweisanträge ließen an der vorhandenen Einsicht zumindest zweifeln. Die auf dem unter Hennigs Namen laufenden "Spendenkonto" der "Stimme des Reiches" eingegangenen knapp 2. 000 Euro werden eingezogen.

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Kreiszeitung.de, 18.05.2018:

Weitere Anklage läuft

Bewährungsstrafe wegen Volksverhetzung: Hennig muss nicht ins Gefängnis

Verden. Nicht ins Gefängnis muss der ehemalige Verdener Ratsherr Dr. Rigolf Hennig. Vorläufig zumindest nicht. Am Donnerstag wurde in einem Berufungsverfahren am Landgericht Verden eine in erster Instanz wegen Volksverhetzung verhängte Haftstrafe zur Bewährung ausgesetzt.

Aber es gibt noch eine Anklage gegen den 83-Jährigen und ein weiteres Ermittlungsverfahren. Um das Leugnen des Holocaust ging es bei den Taten. Hennig war Verantwortlicher bei der Herausgabe der Zeitschrift "Stimme des Reiches" mit einer Auflage von 1.200 bis 1.500 Exemplaren.

Mehrere Texte seiner offenbar guten Freundin Ursula Haverbeck-Wetzel wurden in dem Blatt veröffentlicht, die den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen. Die 89-Jährige hatte kürzlich bundesweit mit ihrem verzögerten Haftantritt Schlagzeilen gemacht. Sie war von derselben Kammer des Landgerichts Verden zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt worden.

Wissen um Strafbarkeit der Texte

"Sie haben die Texte korrigiert. Sie waren der Schriftleiter", hielt der Vorsitzende Richter Joachim Lotz Hennig vor. Der 83-Jährige habe gewusst, dass die Inhalte strafbar sind. Dieser betonte jedoch, dass er sich bemüht habe, diese zu "entschärfen".

Die eigenen Taten nicht weiter zu leugnen, damit tat sich Hennig und auch sein Verteidiger Martin Kohlmann zunächst schwer. "Ich möchte ein Geständnis und kein Feilschen um jedes Wort", brachte es die Erste Staatsanwältin Maren-Bettina Napp dagegen auf den Punkt. "Das ist hier kein Selbstläufer zur Bewährungsstrafe", gab der Vorsitzende Richter Joachim Lotz zu bedenken.

Bewährung auf Grund des Rückzuges aus der Politik

Dass die Zeichen auf Bewährung stehen, hatte sich schon am ersten Verhandlungstag gezeigt. "Fakt ist, dass Dr. Hennig die Schriftleitung nicht weiter betreibt. Er hat sämtliche Tätigkeiten in dieser Richtung eingestellt und ist bei schlechter Gesundheit", hatte der Verteidiger für seinen Mandanten erklärt, der sich damals im Krankenhaus befand. Hennig wolle sich komplett politisch zurückziehen. "Ich muss mich zurückziehen. Ich kann es so nicht mehr", ergänzte Hennig.

Zwei Fälle wurden eingestellt, somit waren es noch sieben der Volksverhetzung. Die vom Amtsgericht verhängten 18 Monate wurden auf 14 reduziert und anders als in erster Instanz zur Bewährung ausgesetzt. "Sie haben diese Zeitschrift immer wieder veröffentlicht, obwohl sie Polizei und Staatsanwaltschaft am Hacken hatten", hielt ihm der Vorsitzende Richter vor.

2.000 Euro Strafe

Doch anders als Ursula Haverbeck-Wetzel sei Hennig geständig und sein Strafregister "blank". Das reichte für eine Strafaussetzung zur Bewährung, die bei erneuten Straftaten sofort widerrufen werden kann. Zahlen muss Hennig zudem 2. 000 Euro an die Stiftung Opferhilfe.

Bildunterschrift: Rigolf Hennig und sein Verteidiger Martin Kohlmann.

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Kreiszeitung.de, 25.04.2018:

Noch eine Anklage wegen Volksverhetzung

"Stimme des Reiches": Berufungsverfahren um Rigolf Hennig

Verden. Dr. Rigolf Hennig, ehemaliger Verdener NPD-Ratsherr und selbsternannter Präsident des Freistaates Preußen, muss sich ab Montag, 7. Mai, vor dem Landgericht Verden in einem Berufungsverfahren verantworten. Zudem gibt es eine weitere Anklage, ein neues Ermittlungsverfahren und vergangene Woche fand erneut eine Hausdurchsuchung bei dem 82-Jährigen statt.

Bei allen Verfahren geht es um Zeitschriften, die im Eigendruck herausgegeben werden. Bislang lautete der Titel "Stimme des Reiches", neuerdings "Stimme des Volkes". Wegen mehrerer Ausgaben aus den Jahren 2014 und 2015 musste sich Hennig bereits vor dem Amtsgericht Verden verantworten. Im April 2017 wurde der Verdener wegen Volksverhetzung in acht Fällen und einem Versuch zu einer 18-monatigen Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt. Dieses Urteil wird von ihm angefochten. Die 5. Kleine Strafkammer des Landgerichts hat für das Berufungsverfahren zwei Verhandlungstage am 7. und 17. Mai anberaumt. Beginn ist jeweils um 9 Uhr.

Ein weiterer Prozess erwartet den gebürtigen Augsburger am Amtsgericht Verden. Auf Nachfrage sagte Marcus Röske, Sprecher der Staatsanwaltschaft Verden, dass es bei der Anklage um die Inhalte von vier Ausgaben der "Stimme des Reiches" aus den Jahren 2016 und 2017 gehe. Ein Verhandlungstermin steht noch nicht fest, so der Oberstaatsanwalt.

Ermittler ließen nicht lange auf sich warten

Im März 2018 ist die erste Ausgabe der "Stimme des Volkes" erschienen. "Herausgegeben und selbst hergestellt im Eigendruck durch: Freistaat Preußen", steht im Impressum. Die Anschrift entspricht Hennigs Wohnanschrift. Er wird auch namentlich als Verantwortlicher für die Schriftleitung benannt und steht im Überweisungsträger für den "Unkostenbeitrag", der für das 24-seitige Schriftstück erhoben wird.

Die Ermittler ließen nicht lange auf sich warten. Am 16. April gab es bei Hennig eine Hausdurchsuchung, wie Röske auf Nachfrage bestätigte. Dieses Mal sei aber nur bei Hennig durchsucht worden und auch nur gegen den Verdener richte sich das neue Ermittlungsverfahren.

Holocaust-Leugnerin hält sich für nicht haftfähig

In früheren Fällen waren auch Räume bei der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel in Vlotho durchsucht und gegen die mittlerweile 89-Jährige Anklage erhoben worden. Am 28. August 2017 verurteilte das Landgericht Verden sie wegen Volksverhetzung zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe ohne Bewährung. Es ging ebenfalls um Inhalte der Zeitschrift.

Das Urteil ist mittlerweile nach Überprüfung durch das Oberlandesgericht Celle rechtskräftig, doch die 89-Jährige ist noch immer auf freien Fuß. Sie hält sich für nicht haftfähig. Dies werde derzeit geprüft, so Röske.

Sitzen will Ursula Haverbeck-Wetzel offenbar lieber in Straßburg. Anfang April hat sie sich als Kandidatin der Partei "Die Rechte" für die Wahlen zum Europaparlament im kommenden Jahr aufstellen lassen.

Bildunterschrift: Rigolf Hennig und Ursula Haverbeck-Wetzel nach der Urteilsverkündung gegen den 82-Jährigen vor einem Jahr. Jetzt startet das Berufungsverfahren.

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Blick nach Rechts, 27.04.2017:

Volksverhetzer halten Justiz auf Trab

Von Julian Feldmann

Der Holocaust-Leugner Arnold Höfs muss laut Urteil des Landgerichts Lüneburg für fünf Monate in den Knast. Das Amtsgericht Verden hat den Deutschland-Chef der antisemitischen "Europäischen Aktion" Rigolf Hennig wegen Volksverhetzung zu 18 Monaten Haft verurteilt.

Wegen Volksverhetzung in acht Fällen und einem Fall der versuchten Volksverhetzung verurteilte das Gericht den 81-jährigen Hennig Mitte April. Anderthalb Jahre ohne Bewährung lautete das Urteil des Richters, der es als erwiesen ansah, dass der Verdener Arzt Hennig maßgeblich an dem Neonazi-Blatt "Stimme des Reiches" mitgewirkt hat (Blick nach Rechts berichtete am 03.04.2017). Im Impressum der Zeitschrift, die im politischen Umfeld der Holocaust-Leugner der "Europäischen Aktion", Ursula Haverbeck-Wetzel und Horst Mahler erscheint, taucht Hennig auf. Außerdem hatten Ermittlungen des Landeskriminalamts Niedersachsen ergeben, dass Hennig einer der maßgeblicher Macher des Blattes ist.

Im Prozess hatte der knasterfahrene Rechtsextremist bestritten, maßgeblich für die Erstellung und Verbreitung der "Stimme des Reiches" verantwortlich zu sein. Er habe lediglich "ausgeholfen", behauptete der Geschichtsrevisionist. Das Gericht folgte dieser Argumentation nicht. Verteidigt wurde Hennig vom ehemaligen sächsischen Republikaner-Chef Martin Kohlmann.

Henning als "verantwortlich für die Schriftleitung" angegeben

Noch kurz vor dem neu aufgerollten Prozess gegen Hennig war im Februar eine neue Ausgabe der "Stimme des Reiches" veröffentlicht worden. In der Zeitschrift, die Blick nach Rechts vorliegt, wird als "verantwortlich für die Schriftleitung" Hennig selbst genannt, eine Bankverbindung des 81-Jährigen als "Unkostenkonto" angegeben. Gleich fünf namentlich gekennzeichnete Artikel steuerte der Verdener "Reichsbürger" selbst bei.

Hennig gilt als zentrale Figur der Szene der europäischen Holocaust-Leugner, ist Landeschef des Neonazi-Netzwerks "Europäische Aktion" in Deutschland und organisiert auch Treffen der Gruppierung. Zusammen mit der notorischen Auschwitz-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel arbeitet Hennig mit der Zeitschrift "Stimme des Reiches" an der Verharmlosung von Nazi-Verbrechen, mit dem Ziel einer Rehabilitierung der NS-Ideologie. Der Abonnentenstamm des Blattes soll 1.200 bis 1.500 Abnehmer umfassen.

Weitere Anklagen gegen Ursula Haverbeck-Wetzel

Zu zweieinhalb Jahren Haft hatte das Amtsgericht in Verden Haverbeck-Wetzel im November 2016 wegen ihrer Beteiligung an der "Stimme des Reiches" verurteilt. Das Urteil ist ebenso wie das gegen Hennig noch nicht rechtskräftig. Insgesamt hat Haverbeck-Wetzel erstinstanzliche Urteile wegen Volksverhetzung in Höhe von knapp fünf Jahren Gefängnis angehäuft. Weil sie stets in Berufung geht, musste sie die Haft bisher nicht antreten. Die Staatsanwaltschaften München II und Berlin haben bereits weitere Anklagen gegen die 88-Jährige erhoben, andere Anklagebehörden ermitteln noch. Im Juni wird sich Haverbeck-Wetzel vor dem Landgericht Detmold verantworten müssen.

Währenddessen wurde am Montag ein weiterer Mitstreiter von Haverbeck-Wetzel verurteilt: Das Landgericht Lüneburg sprach Arnold Höfs schuldig, 2015 am Rande des Prozesses gegen den früheren SS-Mann Oskar Gröning ("Buchhalter von Auschwitz") den Holocaust geleugnet zu haben. Für fünf Monate muss der 81 Jahre alte Rechtsextremist in den Knast. Höfs hatte erst im vergangenen Jahr - abermals wegen Volksverhetzung - eine Haftstrafe verbüßt.

Bildunterschrift: Geschichtsrevisionist Hennig vor dem Amtsgericht Verden.

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Blick nach Rechts, 03.04.2017:

Gerichtsnotorischer Revisionist

Von Andrea Röpke

Der Rechtsextremist Rigolf Hennig muss sich vor dem Landgericht Verden wegen Volksverhetzung verantworten.

Er bezeichnet sich als "Reichsbürger". "Reichsdeutsche und Reichsbürger" seien das Gleiche, behauptet Rigolf Otto Hennig in einer Verhandlungspause. Bekannt wurde der Rechtsextremist, als er den damaligen iranischen Präsidenten 2009 als selbst ernannter "Staatspräsident" eines "Freistaat Preußen" grüßte. Er lebe im "hier und jetzt" behauptet Hennig heute, zur "Reichsbürger"-Bewegung will der umtriebige Revisionist, Freund von Ursula Haverbeck-Wetzel und presserechtlich verantwortlich für die "Stimme des Reiches", aber nicht gehören. "Die soll’s geben, aber da seien so viele Spinner" dabei, erzählt der Arzt im Ruhestand jovial, während sein Chemnitzer Anwalt ihn vorsichtig davon abhalten möchte.

Rigolf Hennig, Jahrgang 1935, muss sich erneut vor Gericht verantworten, vor Jahren saß er bereits eine mehrmonatige Gefängnisstrafe ab. Nun verhandelt das Schöffengericht Verden an der Aller gegen ihn wegen Volksverhetzung im Zusammenhang mit diversen antisemitischen und volksverhetzenden Artikeln aus den Jahren 2014 und 2015 in der revisionistischen Zeitschrift "Stimme des Reiches". Hennig, braun gebrannt im blauen Pullover, darunter ein Karohemd, kokettiert mit seinem Alter. Er will sich angeblich aus der Politik zurückgezogen haben, pocht auf ein schlechtes Gedächtnis. Dabei war er noch am vergangenen Wochenende als Referent beim "Knüll-Forum" des Neonazis Meinolf Schönborn in Hessen angekündigt worden.

Hennig erklärt Gericht für nicht zuständig

Anders als beim letzten Haverbeck-Verfahren in Verden sitzen im Verhandlungssaal dieses Mal nur wenig Zuhörer. Der zuständigen Staatsanwältin sowie dem Vorsitzenden Richter des Landgerichts Verden verweigert der ehemalige Unfallchirurg Hennig mit Praxis in der niedersächsischen Kreisstadt die korrekte Ansprache. Sie sollen es aber bitte nicht persönlich auffassen. Für den ehemaligen NPD-Stadtrat ist die Bundesrepublik ein "Dauervölkerrechtsdelikt auf Reichsboden", daher sei das Gericht für ihn nicht zuständig und er wolle es seinerseits nicht durch eine aktive Teilnahme aufwerten, erklärte der Mediziner.

Während sein Verteidiger meistens schweigt, spricht Rigolf Hennig am ersten von zwei anberaumten Prozesstagen gern und viel. "Ich weiß gar nicht, warum ich hier sitze", ist so eine Aussage. Nachdem er sein Bekenntnis zum Deutschen Reich erneuert hat, daraufhin den Richter als befangen ablehnt, erklärt der Angeklagte sogar, der Holocaust oder Auschwitz hätten ihn nie interessiert, er sei niemals Revisionist gewesen. Dabei schaut er in Richtung Medienvertreter und ergänzt: Ihm sei es nur um freie Meinungsäußerung und Pressefreiheit gegangen. Mit der Zeitschrift "Stimme des Reiches" will der 82-Jährige so gut wie nichts zu tun haben, aber der Prozess gebe ihm dann doch Gelegenheit, das ein oder andere Thema wie zum Beispiel "Bergen-Belsen" zu vertiefen.

Exponierte Rolle durch beschlagnahmte Mails belegt

Hennig widerspricht sich immer wieder im Laufe des Vormittags. Inszenierungsdrang und politischer Auftrag scheinen konträr zu laufen zum Versuch, die eigene Verantwortung möglichst niedrig zu halten. Doch relativ zügig belegt das Gericht an Hand seiner eigenen, zuvor beschlagnahmten Mails die exponierte Rolle Hennigs beim Entstehen und der Verbreitung der etwa 1.500 Stück starken Revisionisten-Zeitung.

Die "Stimme des Reiches" erschien bisher etwa sechs Mal im Jahr. Bis 2015 soll der Nienburger Neonazi Niels Fortmann für den Internetauftritt zuständig gewesen sein, die Herstellung übernahm 2014 der Aktivist der Partei "Die Rechte", Markus Walter. Der hatte sich zuvor um den Auftrag beworben. Hennig reagierte damals per Mail begeistert über das "unschlagbar gute" preisliche Angebot, aber er müsse es noch "mit der Ursel besprechen". Die Zusammenarbeit zwischen dem Jüngeren und dem Gespann Hennig / Haverbeck lief daraufhin an. Mehrere Mails folgten. Rigolf Hennig bedankte sich für die "schnelle gute Arbeit" und machte sich im September 2014 dann nach eigenen Angaben an die Korrekturen.

Im Zuge eines Geldwäscheverfahrens aufmerksam geworden

Richter Christoph Nehlsen liest dann weitere Nachrichten hervor, aus denen unter anderem auch hervor geht, dass es bei der "Stimme des Reiches" im Laufe der Jahre um rund 32.000 Euro Kosten für Frankierungen ging. Zudem gab es ein Spendenkonto. Ein Ermittler des niedersächsischen Landeskriminalamtes (LKA) ergänzt im Zeugenstand, man sei im Zuge eines Geldwäscheverfahrens - bei dem auch die Neonazi-Organisation "Europäische Aktion" eine Rolle gespielt habe - auf die Konten von Hennig aus Verden aufmerksam geworden und habe die Ermittlungen dann von der Verdener Polizei übernommen. Nach drei Hausdurchsuchungen, die letzte sogar bundesweit, wurde massenhaft Korrespondenz beschlagnahmt. Die Beamten lasen sich in das Szenario der "Stimme des Reiches" ein. Der aussagende Ermittler hat keinen Zweifel daran, dass Rigolf Hennig "maßgeblich involviert" sei. Der Angeklagte hatte behauptet, für die Inhalte der Zeitung seien vor allem der über 90-jährige Reinhold Leidenfrost sowie Ursula Haverbeck-Wetzel verantwortlich, er habe immer "nur ausgeholfen".

Bildunterschrift: Revisionist Hennig vor dem Landgericht Verden.


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