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Blick nach Rechts , 18.05.2017 :

Rechtsrock-Events in Thüringen

Von Kai Budler

Der "Eichsfeldtag" in Leinefelde hat die diesjährige Rechtsrock-Open-Air Saison im Freistaat eingeläutet. Allein für den Juli sind drei Großveranstaltungen unter freiem Himmel angekündigt.

Seit 15 Jahren belegt Thüringen den traurigen Spitzenplatz bei der größten Dichte bei Rechtsrock- Veranstaltungen unter freiem Himmel. Nach Ansicht der "Mobilen Beratung in Thüringen" (Mobit) sind die Großevents ein "Alleinstellungsmerkmal" für das "Rechtsrock-Land Thüringen". Mit dem "Thüringentag der nationalen Jugend" wurde 2002 das Konzept, Konzerte mit Neonazi-Bands als politische Veranstaltungen anzumelden, zum ersten Mal in Thüringen angewendet. Im Jahr darauf folgte in Gera das Rechtsrock-Open-Air "Rock gegen Krieg", das kurz darauf in "Rock für Deutschland" umbenannt wurde. Seinen Höhepunkt erreichte der rechtsextreme Event 2009, als rund 5.000 Neonazis das "Rock für Deutschland" in Gera besuchten.

Seit 2011 reiht sich der "Eichsfeldtag" in Leinefelde in die Reihe der Rechtsrock-Open-Airs ein. Im zweiten Jahr lockte er etwa 900 Neonazis an. Zwar ging die Zahl der angereisten Teilnehmer in den folgenden Jahren zurück, doch knapp 500 Besucher bewiesen auch 2017 den kontinuierlichen Erfolg der Organisatoren um Thorsten Heise von der NPD Eichsfeld, der inzwischen auch Landeschef der NPD in Thüringen ist (Blick nach Rechts berichtete am 09.05.2017). Die Polizei ermittelt wegen Verstößen gegen das Waffengesetz und das Verwenden von verfassungsfeindlichen Symbolen, sechs Teilnehmer führten verbotene Gegenstände mit sich. Ein Neonazi aus der Schweiz musste wegen Verstoßes gegen das Versammlungs- und Waffengesetz eine Sicherheitsleistung zahlen. Nach dem Ende der rechtsextremen Veranstaltung kam es in einem Regionalzug aus Leinefelde zu einer Gewalttat, als zwei irakische Staatsbürger mit Fäusten, Getränkeflaschen und Reizgas attackiert wurden. Zwei Tage später wurde die Haustür eines Organisators der Gegenproteste mit einem Hakenkreuz beschmiert.

"Rock für Deutschland" nach zweijähriger Pause

Der "Eichsfeldtag" war nur der Auftakt für weitere braune Open-Air-Konzerte in Thüringen, auch wenn der für den 10. Juni in Gotha geplante "Thüringentag der nationalen Jugend" vom Anmelder Marco Z. zwischenzeitlich wieder abgesagt wurde. Für den 1. Juli wird nach zweijähriger Pause wieder "Rock für Deutschland" angekündigt. Zuletzt hatte das Open Air-Event 2014 in Gera stattgefunden, war aber während des Auftritts der Band "Helle & die RAC’ker" unterbrochen und frühzeitig beendet worden. Nun sollen die Bands in einem Großzelt für mehrere Tausend Personen auftreten, kündigte der NPD-Landesvorsitzende Heise an. Im Vorverkauf kostet die Karte 25 Euro, an der Tageskasse werden 30 Euro fällig.

Die Organisatoren um Gordon Richter vom NPD-Kreisverband Gera setzten auf das 25-jährige Jubiläum von "Frontalkraft" aus Cottbus, eine der ältesten Bands der neonazistischen "Hammerskin"-Szene in Deutschland. Sie trat bereits 2010 in Gera auf und spielte bei dem aus dem "Blood and Honour"-Umfeld organisierten Konzert in der Schweiz im Oktober 2016 vor knapp 5.000 Besuchern. Besonders populär ist bei Neonazis ihr Lied "Schwarz ist die Nacht" geworden, in dem es heißt: "Schwarz ist die Nacht, in der wir euch kriegen. Weiß sind die Männer, die für Deutschland siegen. Rot ist das Blut auf dem Asphalt." Ebenfalls auf der Bühne stehen sollen fünf weitere Bands wie "Division Germania", "Confident of Victory", "Hausmannskost", "Frontfeuer" und die 1999 gegründete Hardcore-Formation "Green Arrows" aus Italien.

Zwei Open-Air-Events in Südthüringen

Zwei Wochen später werden sieben Neonazi-Bands beim Open-Air "Rock gegen Überfremdung" in Themar bei Hildburghausen erwartet. Fand der braune Event im August 2016 noch in Kirchheim statt, soll er nun nach Südthüringen verlagert werden. Die ursprünglich angegebene Mail-Adresse war die gleiche, die auch für das Rechtsrock-Konzert im Oktober 2016 in der Schweiz im Kanton St. Gallen verwendet wurde, im März dieses Jahres wurde sie für die Thüringer Veranstaltung geändert. Für die Durchführung zeichnete 2016 in Kirchheim die Gruppierung "Turonen / Garde 20" verantwortlich, deren Schwerpunkt auf der Organisation und Durchführung von rechten Konzerten liegt. Dazu zählen unter anderem Angeklagte im "Ballstädt-Prozess", die teils tief im "Blood and Honour"-Netzwerk verwurzelt sind. Auch die Band "Treueorden", der vom Thüringer Innenministerium eine "Beteiligung von ehem. Anhängern bzw. aktiven Mitgliedern von B & H" attestiert wird, gehört dazu. Angekündigt werden außerdem "Stahlgewitter" um Daniel "Gigi" Giese, "Die Lunikoff-Verschwörung", "Sleipnir", "Blutzeugen", "Uwocaust" und "Flak".

Während "Rock gegen Überfremdung" am 15. Juli seine zweite Auflage in Themar feiert, findet 14 Tage später das Event "Rock für Identität" bereits zum dritten Mal statt. 2015 kamen dazu rund 1.500 Neonazis nach Hildburghausen, ein Jahr später waren es bereits 3.500 Teilnehmer aus mehreren europäischen Ländern. Organisiert wird das in Südthüringen angemeldete Konzert von dem langjährig aktiven Neonazi Tommy Frenck aus dem Landkreis Hildburghausen und dem bayrischen NPD-Funktionär und Versandhändler Patrick Schröder, der als einer von sechs Rednern angekündigt wird. Auf der Rednerliste stehen ebenfalls Patrick Weber von der NPD Thüringen und der norddeutsche Neonazi Dieter Riefling.

Auch die Rechtsrock-Band "Frontalkraft" wird bei Frenck und Schröder wieder auf der Bühne stehen. Daneben sorgen weitere vier Rechtsrock-Combos für die Begleitmusik zu Hass und Gewalt unter freiem Himmel. Dazu gehören die Formationen "Phönix", die in den 1990er Jahren gegründete Band "Sturmwehr", das norddeutsche Projekt "Blutlinie" und "Faust" aus dem Rhein-Main-Gebiet, die 2016 ihr fünftes Album "Alles und nichts wird sich ändern" beim Label Opos Records herausgebracht haben.

Bildunterschrift: "Rechtsrock-Land Thüringen", im Juli sollen gleich drei große braune Open-Air-Veranstaltungen stattfinden.

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Blick nach Rechts, 09.05.2017:

Bekenntnis zur "Arischen Bruderschaft"

Von Andrea Röpke

"Blood and Honour" und "Combat 18" scheinen beim "Eichsfeldtag" in Leinefelde allgegenwärtig. Auch in diesem Jahr. Mit dabei der Dortmunder Brieffreund von Beate Zschäpe.

Stolz präsentierte sich Robin Schmiemann den Kameraden in Leinefelde mit Baby im Arm. Doch der Dortmunder Neonazi, der 2013 durch einen sehr intimen Briefwechsel mit der NSU-Hauptangeklagten Beate Zschäpe bekannt wurde, präsentierte bei genauerer Betrachtung noch mehr: Ein Bekenntnis zu "Blood and Honour" sowie zur "Arischen Bruderschaft". Denn anders sind das Shirt mit dem "Blod & Ära Sverige"-Schriftzug ("Blood and Honour" Schweden) sowie Schmiemanns neues Tattoo mit den gekreuzten Handgranaten, dem Logo der Bruderschaft, nicht zu verstehen.

Die "Arische Bruderschaft" um den heutigen Thüringer NPD-Chef Thorsten Heise agierte lange Zeit im Dunklen, bis sie sich bei der Organisation der Veranstaltung in Leinefelde offen als Security zeigte. Die Besucher des braunen Musik-Events im "Eichsfeld" zählen ohnehin eher zum radikalen Teil der Neonazi-Szene. Auch Robin Schmiemann bewegte sich bis 2006 im unmittelbaren Umfeld der "Oidoxie Streetfighting Crew", die als Bindeglied zwischen den militanten Szenen an den NSU-Tatorten in Dortmund und Kassel galt. Kontakte gab es schon damals auch zu Heise.

Mit britischem "Combat 18"-Anführer bei Aufmarsch in Dortmund

Berichten des Verfassungsschutzspitzels Sebastian Seemann zufolge rüstete sich ein kleiner Kern der Dortmunder Szene - darunter auch Schmiemann - bereits zum Kampf. Pflichtlektüre waren die "Turner Diaries" von William Pierce. Kurz vor den beiden Morden in Nordrhein-Westfalen und Hessen will sich die Gruppe dann aufgelöst haben. Nur ein Jahr später, 2007, machte Schmiemann dann von der Waffe Gebrauch und schoss bei einem Überfall in Dortmund-Brechten auf einen Tunesier. Noch in der Haft wurde er 2013 als Brieffreund von Beate Zschäpe bekannt.

In einer Vernehmung durch den nordrhein-westfälischen NSU-Untersuchungsausschuss stritt Schmiemann die Zugehörigkeit zur Terror-nahen "Oidoxie Streetfighting Crew" ab. Er verweigerte auch Fragen zur Zugehörigkeit zum bewaffneten "Blood and Honour"-Arm "Combat 18". Kurz nach seiner Haftentlassung aber, am 4. Juni 2016, wurde Robin Schmiemann bei einem Aufmarsch in Dortmund mit dem britischen "Combat 18"-Anführer Will Browning, dem "Oidoxie"-Sänger sowie dem NPD-Funktionär Thorsten Heise abgelichtet.

Der Neonazi mit der geheimnisvollen Beziehung zur NSU-Angeklagten, hatte für sein selbstgewähltes Outing in Leinefelde wohl bewusst den schwedischen Ableger von "Blood and Honour" ausgewählt. Immerhin ist die deutsche Division seit 2000 verboten.

Kokettieren mit dem militanten Untergrund

Auch Rechtsrock-Produzent Heise wird seit Jahren immer wieder mit "Combat 18" in Verbindung gebracht. Der von ihm veranstaltete "Eichsfeldtag" lockte äußerst militante Neonazis nach Leinefelde. So kam der verurteilte Rechtsterrorist Martin Wiese ebenso zum Konzert-Event mit Verkaufsständen wie Meinolf Schönborn oder Peter Naumann. In diesem Jahr sang die berüchtigte Schweizer Band "Amok" ein Lied von "Blood and Honour"-Gründer Ian Stuart Donaldson. Ein Musiker von "Amok" ist mutmaßlich Mitglied der rechtsextremen Band "Erschiessungskommando", die im vergangenen Jahr zur Ermordung einer Thüringer Landtagsabgeordneten aufrief.

In Leinefelde konnte ein Gast offen seine Sympathie für "Erschiessungskommando" zeigen, obwohl der Thüringer Polizei bekannt sein müsste, dass wegen der Bedrohung Ermittlungen laufen. Auch die ebenfalls auftretende Bremer Band "Nahkampf" um Sänger Hannes Ostendorf kokettierte in der Vergangenheit immer wieder mit dem militanten Untergrund.

Bildunterschrift: Zschäpe-Brieffreund outet sich mit "Blood and Honour"-Schriftzug.


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