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Lippische Landes-Zeitung , 17.09.2016 :

Christine Siegrot: "Mir sind die Inhalte des Urteils wichtig"

Am 17. Juni hat das Landgericht Detmold ein Urteil im Auschwitz-Prozess gegen den ehemaligen SS-Wachmann Reinhold Hanning aus Lage gesprochen: Fünf Jahre Haft wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 170.000 Fällen. Das schriftliche Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Einige Nebenkläger-Vertreter und die Verteidiger des 94-Jährigen haben Revision eingelegt. Die Hamburger Rechtsanwältin Christine Siegrot, die die beiden Nebenkläger Moshe Haelion und Jackie Handeli vertritt, hat dies nicht getan.

Wie haben Ihre Mandanten den Prozess empfunden?

Christine Siegrot: Sie haben den Prozess ja nur aus der Ferne begleitet. Sie waren froh, dass es zu einer Verurteilung gekommen ist und konnten die Begründung gut nachvollziehen. Beide sind sich einig darin, dass der Prozess viel früher hätte stattfinden müssen. Herr Haelion stößt sich daran, dass man auf einmal so einen Respekt vor alten Menschen in Deutschland hat und die Frage stellt, ob der Angeklagte nicht zu alt ist, um für seine Taten verantwortlich gemacht werden zu können. Er fragt diese Skeptiker, ob man denn in Auschwitz Alte fürsorglicher behandelt hat?

Für Sie wäre auch eine Mittäterschaft in Frage gekommen wäre. Warum haben Sie keine Revision eingelegt?

Siegrot: Mein Interesse und das Interesse meiner Mandanten ist es, so schnell wie möglich ein rechtskräftiges Urteil in den Händen zu halten. Meine Mandanten sind alt, und der Angeklagte ist es auch. Es tickt also die Uhr. Es ist bedauerlich, dass das nicht alle verstanden haben. Mir sind die Inhalte des Urteils wichtig und nicht die Details der juristischen Subsumtion.

Die Fragen stellte LZ-Redakteurin Silke Buhrmester

17./18.09.2016
sbuhrmester@lz.de

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