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Neue Westfälische 14 - Lübbecke (Altkreis) , 23.08.2016 :

Vorwürfe gegen Verlag wegen NS-Literatur

Pr. Oldendorf. Der Geschäftsführer der Druckerei Kölle, in der die Stadt ihr Amtsblatt drucken lässt, steht wegen des Vertriebs von NS-Literatur in einem Zweitverlag in der Kritik.

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Westdeutscher Rundfunk Köln, 17.08.2016:

Preußisch Oldendorf: Rechtsextremer Verleger gibt Amtsblatt heraus

17.08.2016 - 17.58 Uhr

Im Amtsblatt von Preußisch Oldendorf (Kreis Minden-Lübbecke) informiert die Stadtverwaltung über ihre amtlichen Bekanntmachungen. Der Herausgeber des offiziellen Stadtmagazins "Preußisch Oldendorfer Rundblick" ist nach WDR-Recherchen ein rechtsextremer Verleger.

Seit 15 Jahren produziert der Betreiber der örtlichen Druckerei "Kölle-Druck", Rainer Höke, das Blatt im Auftrag der Stadt. Der 61-Jährige ist allerdings auch Geschäftsführer der "Deutschen Verlagsgesellschaft" (DVG), die rechtsextreme Schriften verbreitet. "Vorbildliche und bewährte Männer der Waffen-SS" lautet einer der Titel. Auch die Bücher "Die Freiwilligen der Waffen-SS" und "Die Armee der Geächteten" des berüchtigten SS-Generals Felix M. Steiner finden sich im Verlagsprogramm, das über rechtsextreme Buchhändler erhältlich ist. Werke von Neonazis sind ebenfalls bei der DVG erschienen. Laut Frederic Clasmeier von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in OWL wird in den Büchern die nationalsozialistische Waffen-SS glorifiziert.

Höke ist zudem Vorstandsmitglied in einem Verein, der als rechtsextremistisch eingestuft wird. Im "Kultur- und Zeitgeschichte - Archiv der Zeit e.V.", in dem NPD-Funktionäre und andere Rechtsextremisten tätig sind, fungiert der Preußisch Oldendorfer als Schatzmeister. Gegründet worden war die Organisation von einem ehemaligen SS-Hauptsturmführer.

Dennoch lässt die Stadt ihr Amtsblatt von Höke herstellen. Auf WDR-Anfrage schreibt Bürgermeister Marko Steiner, dass ihm die rechtsextremen Aktivitäten des Amtsblatt-Herausgebers nicht bekannt seien. Er wolle den "Sachverhalt" zunächst prüfen.

Matitjahu Kellig, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Herford-Detmold, ist über die Geschäftsbeziehung der Stadt zu dem rechten Verleger erschrocken. Dass der Bürgermeister einer Kleinstadt von alledem nichts mitbekommen habe, hält Kellig für unglaubwürdig. Er fordert die Stadtverwaltung auf, umgehend Konsequenzen zu ziehen und sich von "Kölle-Druck" zu trennen.

Bereits seit den 1990er Jahren ist in Preußisch Oldendorf bekannt, dass "Kölle-Druck" auch rechtsextreme Bücher herstellt. Damals hatte die Polizei bei einer Durchsuchung der Druckerei zahlreiche Exemplare einer antisemitischen Zeitschrift beschlagnahmt.

Verleger Höke sagt, er verhalte sich "politisch neutral" und trenne seine Verlagstätigkeit von der Arbeit für die Stadt. "Das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun", sagt er der WDR-Lokalzeit. Rechtsextremismus-Experte Clasmeier glaubt nicht, dass man die beiden Tätigkeitsfelder strikt trennen kann. Die Stadt fördere mit ihrer Zusammenarbeit daher "extrem rechte Strukturen".

Bildunterschrift: Rainer Höke, Herausgeber des Amtsblatts und Geschäftsführer der "Deutschen Verlagsgesellschaft".

Bildunterschrift: Die "Deutsche Verlagsgesellschaft" gibt Bücher aus dem Neonazi-Spektrum heraus.

Bildunterschrift: Matitjahu Kellig, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Herford-Detmold.

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die tageszeitung (taz), 17.12.1994:

Der gute Ruf von Preußisch-Oldendorf

Eine Druckerei in Preußisch-Oldendorf druckt sowohl städtische Broschüren, als auch rechtsextreme Propaganda / SPD, DGB und Antifa rufen für heute zur Demonstration auf

Von Bernd Siegler

Nürnberg (taz). Ganze 12.000 Einwohner zählt das zwischen Minden und Oldenburg gelegene Preußisch Oldendorf (PrO). 150.000 Übernachtungsgäste pro Jahr lassen die Kassen des Städtchens klingeln. "PrO stimmt froh", lautet der Slogan, der Erholungssuchende anlocken soll. Negative Schlagzeilen kann man sich in Preußisch-Oldendorf eigentlich nicht leisten. Dass es sie doch gibt, daran ist die Druckerei Kölle- Druck schuld. Dort wird nicht nur das Programm der örtlichen Volkshochschule gedruckt, sondern auch diverse neonazistische Hetzpostillen. Zusammen mit der örtlichen SPD und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) wollen heute mehrere antifaschistische Initiativen dem Spuk ein Ende bereiten. Mit einer Demonstration soll "Druck auf Kölle- Druck" ausgeübt werden.

Die Druckerei besteht seit 1947. Letztes Jahr übergab Seniorchef Erwin Höke, ein ehemaliger NPD- Funktionär, das Unternehmen an seinen Sohn Rainer. Die Firma druckt seit Jahren die "Bauernschaft", herausgegeben von dem in Deutschland per Haftbefehl gesuchten Auschwitz-Leugner Thies Christophersen. Der ehemalige SS-Sonderführer koordiniert vom dänischen Kollund aus internationale Kampagnen der Rechtsextremisten. Sein Standardwerk "Die Auschwitz-Lüge" ließ er ebenfalls bei Kölle drucken. Seniorchef Höhe versteht die ganze Aufregung nicht. Er sei Drucker und habe sich nicht um den Inhalt der Texte zu kümmern. Christophersen sei doch ein "seriöser und ernstzunehmender Mann". Mehrere Jahre wickelte Kölle-Druck die Auslieferung für den Verlag K. W. Schütz ab. Die Bücher des früheren SS-Hauptsturmführers und NPD-Funktionärs Waldemar Schütz wurden wegen ihres NS- verherrlichenden Inhalts bereits mehrfach indiziert. Im Kölle-Firmengebäude ist zudem der "Deutsche Buchversand" von Peter Dehoust, Herausgeber des rechtsextremen Monatsblattes "Nation & Europa", untergebracht.

Neben Aufträgen aus dem rechtsextremen Spektrum druckt Kölle Hochglanzbroschüren der Stadt, Heimatbücher und eben das Programm der örtlichen Volkshochschule. Kölle sei eben der billigste gewesen, rechtfertigt VHS- Leiter Möllering die Auftragsvergabe. Auf der nächsten Verbandsversammlung wolle man jedoch prüfen, ob die Kontakte zur Druckerei mit den Bildungszielen der VHS vereinbar sind. Auch Oldendorfs Stadtdirektor Beermann erwägt, die Verbindungen mit Kölle zu beenden. "Ich möchte keine negativen Schlagzeilen für unsere Stadt."

Ins Rollen kam die "Kölle-Affäre" durch die "Antifa Lübbecke". Sie recherchierte die geschäftlichen Beziehungen und initiierte die heutige Demonstration. Daran wird auch der SPD-Kreis Minden teilnehmen. Jedoch ohne Rolf Köster, Fraktionschef der SPD im Oldendorfer Stadtrat. Köster arbeitet seit vierzig Jahren im Kölle-Druck und sorgt sich um die zwanzig Arbeitsplätze. Er möchte lieber die Staatsanwaltschaft in die Pflicht nehmen und wundert sich, dass die rechtsextremen Zeitschriften nach wie vor "frei angeboten" werden. Immerhin habe es in den letzten Jahren immer wieder Kollegen gegeben, die sich geweigert hätten, entsprechende Druckaufträge zu erledigen.

Bei Kölle werde "unter einem seriösen Deckmäntelchen faschistische Literatur gedruckt und vertrieben", heißt es in dem Demo-Aufruf von Antifa, SPD und DGB. Einen Erfolg haben die Initiatoren bereits erzielt. Um die Firma nicht in "Misskredit" zu bringen, wollen Erwin und Rainer Höke in Zukunft auf den Druck der "Bauernschaft" verzichten.


luebbecke@nw.de

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