www.hiergeblieben.de

Neue Westfälische 14 - Lübbecke (Altkreis) , 23.08.2016 :

Druckerei-Chef gerät wegen NS-Büchern ins Zwielicht

Firma Kölle: Bürgermeister Marko Steiner prüft Vorwürfe gegen Geschäftsführer Rainer Höke wegen der Verbreitung rechtsextremer Schriften / Die Stadt Pr. Oldendorf lässt den Druckauftrag für ihr Amtsblatt bis auf Weiteres bestehen und sucht den Dialog mit den politischen Parteien

Pr. Oldendorf (fha). Bürgermeister Marko Steiner ist derzeit mit einem Thema konfrontiert, das in den 1990er Jahren schon einmal für Aufregung in der Stadt gesorgt hat. Es geht um die Druckerei Kölle. Deren Geschäftsführer Rainer Höke ist laut WDR-Sendung "Lokalzeit" ein "rechtsextremer Verleger", von dem die Stadt ihr Amtsblatt Rundblick herausgeben lasse. Höke bestreitet die Vorwürfe und sagte am Montag auf NW-Nachfrage: "Leider hat mich das Erbe meines Vaters eingeholt."

Seit Oktober 2001 lässt die Stadt Pr. Oldendorf ihr Amtsblatt, für dessen amtliche Bekanntmachungen Steiner verantwortlich zeichnet, von Kölle Druck herstellen. Dessen Geschäftsführer Rainer Höke verantwortet alle weiteren Inhalte. Zugleich sind er und sein Betrieb laut Impressum Herausgeber, Verlag und Hersteller. Auch die Anzeigenannahme läuft über die Firma.

Der 61-Jährige ist daneben aber auch Geschäftsführer der "Deutschen Verlagsgesellschaft" (DVG), die er von seinem Vater übernommen hat, und die laut Höke "Restbestände" von Büchern mit Titeln wie "Vorbildliche und bewährte Männer der Waffen-SS" und "Die Armee der Geächteten" verkauft.

Nach dem Tod seines Vaters seien nur noch zwei Titel erschienen und einer nachgedruckt worden. Höke: "Heute existiert der Verlag nur noch auf dem Papier." Den Jahresumsatz gibt er mit 5.000 bis 6.000 Euro an. "Am liebsten", sagt Höke, "hätte ich vor zehn Jahren schon alles verkauft". Auch jetzt stecke er in Verkaufsverhandlungen. Einstampfen wolle er die Restauflagen, 2.000 bis 3.000 Exemplare, nicht: "Das ist totes Kapital, aber da steckt auch ein Haufen Geld drin."

In die Kritik geraten ist Höke darüber hinaus wegen seines Amtes beim Verein "Kultur- und Zeitgeschichte - Archiv der Zeit", der laut WDR als "rechtsextremistisch eingestuft" wird. In Pr. Oldendorf ist Höke im Gewerbeverein und im Stadtmarketing aktiv. Im Verein Kultur- und Zeitgeschichte hat er das Amt des Schatzmeisters inne. Den habe er auf Wunsch vor zwei Jahren übernommen. Höke sagt, es handele sich um einen "Verein älterer Herren", in dem "Literatur aus allen möglichen Richtungen gesammelt" werde. Zugleich bestätigt er, dass ein früherer Vorstandskollege Mitglied der NPD ist. Der sei jetzt aber "nur noch einfaches Vereinsmitglied". Er selbst gehöre keiner Partei an und habe dies auch nicht vor: "Mit Parteipolitik habe ich nichts zu tun. Ich lege darauf keinen großen Wert."

Der Bürgermeister sagte auf NW-Anfrage am Montag, er sei seit 2011 in der Stadt und habe bislang keinerlei Vorwürfe in Richtung Höke wahrgenommen. Das Amtsblatt sei weit vor seiner Zeit unter dem damaligen Bürgermeister Wünsch an Kölle Druck vergeben worden. Bevor er die Angelegenheit im politischen Raum bespricht, will Steiner sich Informationen aus erster Hand beschaffen, darunter vom Staatsschutz. In jedem Fall, so Marko Steiner, "verfolge ich die Dinge weiter".

Über "manipulierende Berichterstattung" des WDR beklagt sich Dieter Besserer, Autor eines 2014 bei Kölle gedruckten Buches über die jüdische Geschichte Pr. Oldendorfs. Ohne Höke, betont er, wäre es nicht zur Erstellung dieses über 500 Seiten starken Buches gekommen. Besserer: "Damit hat Herr Höke gezeigt, dass ein neues Blatt der Geschichte aufgeschlagen wurde. Auch kann es nicht sein, dass Herr Höke in Sippenhaft mit seinen Vorgängern genommen wird."

Seite Pr. Oldendorf

Bildunterschrift: Weist Vorwürfe zurück: Rainer Höke.

_______________________________________________


Westdeutscher Rundfunk Köln, 17.08.2016:

Preußisch Oldendorf: Rechtsextremer Verleger gibt Amtsblatt heraus

17.08.2016 - 17.58 Uhr

Im Amtsblatt von Preußisch Oldendorf (Kreis Minden-Lübbecke) informiert die Stadtverwaltung über ihre amtlichen Bekanntmachungen. Der Herausgeber des offiziellen Stadtmagazins "Preußisch Oldendorfer Rundblick" ist nach WDR-Recherchen ein rechtsextremer Verleger.

Seit 15 Jahren produziert der Betreiber der örtlichen Druckerei "Kölle-Druck", Rainer Höke, das Blatt im Auftrag der Stadt. Der 61-Jährige ist allerdings auch Geschäftsführer der "Deutschen Verlagsgesellschaft" (DVG), die rechtsextreme Schriften verbreitet. "Vorbildliche und bewährte Männer der Waffen-SS" lautet einer der Titel. Auch die Bücher "Die Freiwilligen der Waffen-SS" und "Die Armee der Geächteten" des berüchtigten SS-Generals Felix M. Steiner finden sich im Verlagsprogramm, das über rechtsextreme Buchhändler erhältlich ist. Werke von Neonazis sind ebenfalls bei der DVG erschienen. Laut Frederic Clasmeier von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in OWL wird in den Büchern die nationalsozialistische Waffen-SS glorifiziert.

Höke ist zudem Vorstandsmitglied in einem Verein, der als rechtsextremistisch eingestuft wird. Im "Kultur- und Zeitgeschichte - Archiv der Zeit e.V.", in dem NPD-Funktionäre und andere Rechtsextremisten tätig sind, fungiert der Preußisch Oldendorfer als Schatzmeister. Gegründet worden war die Organisation von einem ehemaligen SS-Hauptsturmführer.

Dennoch lässt die Stadt ihr Amtsblatt von Höke herstellen. Auf WDR-Anfrage schreibt Bürgermeister Marko Steiner, dass ihm die rechtsextremen Aktivitäten des Amtsblatt-Herausgebers nicht bekannt seien. Er wolle den "Sachverhalt" zunächst prüfen.

Matitjahu Kellig, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Herford-Detmold, ist über die Geschäftsbeziehung der Stadt zu dem rechten Verleger erschrocken. Dass der Bürgermeister einer Kleinstadt von alledem nichts mitbekommen habe, hält Kellig für unglaubwürdig. Er fordert die Stadtverwaltung auf, umgehend Konsequenzen zu ziehen und sich von "Kölle-Druck" zu trennen.

Bereits seit den 1990er Jahren ist in Preußisch Oldendorf bekannt, dass "Kölle-Druck" auch rechtsextreme Bücher herstellt. Damals hatte die Polizei bei einer Durchsuchung der Druckerei zahlreiche Exemplare einer antisemitischen Zeitschrift beschlagnahmt.

Verleger Höke sagt, er verhalte sich "politisch neutral" und trenne seine Verlagstätigkeit von der Arbeit für die Stadt. "Das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun", sagt er der WDR-Lokalzeit. Rechtsextremismus-Experte Clasmeier glaubt nicht, dass man die beiden Tätigkeitsfelder strikt trennen kann. Die Stadt fördere mit ihrer Zusammenarbeit daher "extrem rechte Strukturen".

Bildunterschrift: Rainer Höke, Herausgeber des Amtsblatts und Geschäftsführer der "Deutschen Verlagsgesellschaft".

Bildunterschrift: Die "Deutsche Verlagsgesellschaft" gibt Bücher aus dem Neonazi-Spektrum heraus.

Bildunterschrift: Matitjahu Kellig, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Herford-Detmold.

_______________________________________________


die tageszeitung (taz), 17.12.1994:

Der gute Ruf von Preußisch-Oldendorf

Eine Druckerei in Preußisch-Oldendorf druckt sowohl städtische Broschüren, als auch rechtsextreme Propaganda / SPD, DGB und Antifa rufen für heute zur Demonstration auf

Von Bernd Siegler

Nürnberg (taz). Ganze 12.000 Einwohner zählt das zwischen Minden und Oldenburg gelegene Preußisch Oldendorf (PrO). 150.000 Übernachtungsgäste pro Jahr lassen die Kassen des Städtchens klingeln. "PrO stimmt froh", lautet der Slogan, der Erholungssuchende anlocken soll. Negative Schlagzeilen kann man sich in Preußisch-Oldendorf eigentlich nicht leisten. Dass es sie doch gibt, daran ist die Druckerei Kölle- Druck schuld. Dort wird nicht nur das Programm der örtlichen Volkshochschule gedruckt, sondern auch diverse neonazistische Hetzpostillen. Zusammen mit der örtlichen SPD und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) wollen heute mehrere antifaschistische Initiativen dem Spuk ein Ende bereiten. Mit einer Demonstration soll "Druck auf Kölle- Druck" ausgeübt werden.

Die Druckerei besteht seit 1947. Letztes Jahr übergab Seniorchef Erwin Höke, ein ehemaliger NPD- Funktionär, das Unternehmen an seinen Sohn Rainer. Die Firma druckt seit Jahren die "Bauernschaft", herausgegeben von dem in Deutschland per Haftbefehl gesuchten Auschwitz-Leugner Thies Christophersen. Der ehemalige SS-Sonderführer koordiniert vom dänischen Kollund aus internationale Kampagnen der Rechtsextremisten. Sein Standardwerk "Die Auschwitz-Lüge" ließ er ebenfalls bei Kölle drucken. Seniorchef Höhe versteht die ganze Aufregung nicht. Er sei Drucker und habe sich nicht um den Inhalt der Texte zu kümmern. Christophersen sei doch ein "seriöser und ernstzunehmender Mann". Mehrere Jahre wickelte Kölle-Druck die Auslieferung für den Verlag K. W. Schütz ab. Die Bücher des früheren SS-Hauptsturmführers und NPD-Funktionärs Waldemar Schütz wurden wegen ihres NS- verherrlichenden Inhalts bereits mehrfach indiziert. Im Kölle-Firmengebäude ist zudem der "Deutsche Buchversand" von Peter Dehoust, Herausgeber des rechtsextremen Monatsblattes "Nation & Europa", untergebracht.

Neben Aufträgen aus dem rechtsextremen Spektrum druckt Kölle Hochglanzbroschüren der Stadt, Heimatbücher und eben das Programm der örtlichen Volkshochschule. Kölle sei eben der billigste gewesen, rechtfertigt VHS- Leiter Möllering die Auftragsvergabe. Auf der nächsten Verbandsversammlung wolle man jedoch prüfen, ob die Kontakte zur Druckerei mit den Bildungszielen der VHS vereinbar sind. Auch Oldendorfs Stadtdirektor Beermann erwägt, die Verbindungen mit Kölle zu beenden. "Ich möchte keine negativen Schlagzeilen für unsere Stadt."

Ins Rollen kam die "Kölle-Affäre" durch die "Antifa Lübbecke". Sie recherchierte die geschäftlichen Beziehungen und initiierte die heutige Demonstration. Daran wird auch der SPD-Kreis Minden teilnehmen. Jedoch ohne Rolf Köster, Fraktionschef der SPD im Oldendorfer Stadtrat. Köster arbeitet seit vierzig Jahren im Kölle-Druck und sorgt sich um die zwanzig Arbeitsplätze. Er möchte lieber die Staatsanwaltschaft in die Pflicht nehmen und wundert sich, dass die rechtsextremen Zeitschriften nach wie vor "frei angeboten" werden. Immerhin habe es in den letzten Jahren immer wieder Kollegen gegeben, die sich geweigert hätten, entsprechende Druckaufträge zu erledigen.

Bei Kölle werde "unter einem seriösen Deckmäntelchen faschistische Literatur gedruckt und vertrieben", heißt es in dem Demo-Aufruf von Antifa, SPD und DGB. Einen Erfolg haben die Initiatoren bereits erzielt. Um die Firma nicht in "Misskredit" zu bringen, wollen Erwin und Rainer Höke in Zukunft auf den Druck der "Bauernschaft" verzichten.


frank.hartmann@nw.de

zurück