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Veranstaltung / Chronologie Rechts / Nachrichten , 31.07.2010 :

Tages-Chronologie von Samstag, 31. Juli 2010

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Veranstaltungskalender:


Samstag, 31. Juli 2010 um 14.30 Uhr:

Stadtführung mit Karl Brinkmöller: "Auf Spuren jüdischen Lebens"

Treffpunkt:

Gedächtnisstätte
Lange Straße 68
33014, Bad Driburg.

Karl Brinkmöller führt durch die Stadt und berichtet über Leben und Leiden der jüdischen Frauen, Männer und Kinder, die er alle noch gut gekannt hat.

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Chronologie Rechts - für Samstag, 31. Juli 2010:


- Eine Demonstration von circa 250 Neonazis durch das Stadtgebiet von Anklam (Mecklenburg-Vorpommern) verlief unter dem Motto "Gegen kinderfeindliche Bonzen - für eine lebenswerte Zukunft in unserer Heimat - Freiheit statt BRD" aus polizeilicher Sicht "störungsfrei und ohne Zwischenfälle". Während einer Zwischenkundgebung hielten die NPD-Mitglieder des Schweriner Landtages Michael Andrejewski und Udo Pastörs Redebeiträge. Eine Gegendemonstration fand nicht statt, nach dem behördlichen Hin und Her hatte ein antifaschististisches Bündnis einen Protestzug abgesagt. Die NPD in Anklam wollte heute am dritten Wochenende in Folge (nach Grevesmühlen und Ueckermünde) in Mecklenburg-Vorpommern ein öffentliches Kinderfest durchführen, die Stadtverwaltung hatte das Kinderfest aber nicht genehmigt, da der vorgesehene Veranstaltungsort schon anderweitig genutzt wurde.


- Rund 500 Menschen haben am Vormittag im niedersächsischen Wildeshausen (Landkreises Oldenburg) unter dem Motto "Bunt statt Braun - Wildeshausen gegen Rechtsextremismus" eine Kundgebung der Deutschen Volksunion - Motto: "Gesicht zeigen für soziale Gerechtigkeit!" - im ohrenbetäubendem Lärm vollständig untergehen lassen. 14 Anhänger der extrem rechten Partei, unter ihnen Christian Worch und Hans-Gerd Wiechmann, Landesvorsitzender der DVU in Niedersachsen, die sich auf dem Marktplatz versammelt hatten, fuhren nach gut einer Stunde unter Polizeischutz von dannen.

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Artikel-Einträge in der Datenbank:


Zusammenfassung: Die sozialdemokratische Tageszeitung "Volkswacht" wurde vor 120 Jahren gegründet (Bielefelder Tageblatt). Die Zeitzeugin Genowefa Kowalczuk berichtete in Detmold über die grausamen Verbrechen der Nationalsozialisten im Jugendverwahrlager Litzmannstadt (Lippe aktuell). Ein "internationales Workcamp" des NRW-Landesverbandes des "Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge" mit 25 Jugendlichen aus zwölf Ländern ging mit einer Gedenkfeier auf der Gütersloher Kriegsgräberstätte Unter den Ulmen zu Ende (Zeitung für Gütersloh). Eine Führung durch die neue Dauerausstellung "Ideologie und Terror der SS" bietet die Erinnerungs- und Gedenkstätte Wewelsburg für den 8. August an (Wochenspiegel). Nachdem Neonazi-Aufmärsche zum Gedenken an Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß in Wunsiedel verboten wurden, käme dem "Trauermarsch" in Bad Nenndorf "für Rechtsextremisten eine Art Ersatzcharakter zu", analysiert der niedersächsische Verfassungsschutz (Bild.de und NDR). "Mit Blick auf die Ausnahmesituation in Ihrer Stadt", bittet die Polizei die Bevölkerung in Bad Nenndorf um Verständnis für ihre für den 14. August angekündigten Maßnahmen hinsichtlich der zu erwartenden Gegenproteste (Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg). Die Bad Nenndorfer CDU ist "gegen jeglichen Extremismus von rechts und von links" und fordert "ein dauerhaftes Verbot des Neonazi-Aufmarsches" (Wochenblatt). Der DGB wirft der Versammlungsbehörde vor, mit den restriktiven Auflagen für den 14. August in Bad Nenndorf alles zu versuchen, "um den Bürger-Protest gegen die Nazis zu behindern" und kündigt die jüristische Prüfung der Auflagen an (Schaumburger Zeitung). Als eine "widerliche braune Stimmungsmache" werden jüngste Äußerungen der "Bürgerinitiative" gegen ein Jesiden-Zentrum im Herforder Stadtteil Laar in einem redaktionellen Zeitungs-Kommentar bezeichnet (Herforder Kreisanzeiger).


Bielefelder Tageblatt (OH) / Neue Westfälische, 31.07./01.08.2010:
Sprachrohr der Arbeiterklasse / Sozialdemokratische Tageszeitung "Volkswacht" vor 120 Jahren gegründet

Lippe aktuell, 31.07.2010:
Zeitzeugin berichtet vor Schülern im Leopoldinum / "Das Schlimmste war der Hunger"


Zeitung für Gütersloh, Rheda-Wiedenbrück, Rietberg und Harsewinkel / Westfalen-Blatt, 31.07./01.08.2010:
Jugendliche schrubben für den Frieden / Grabsteine auf dem Alten Stadtfriedhof sind wieder sauber - Internationales Workcamp damit beendet


Wochenspiegel Paderborn Online, 31.07.2010:
Öffentliche Führung in der Wewelsburg: Dauerausstellung "Ideologie und Terror der SS"


Bild.de, 31.07.2010:
Mehr Neonazis bei Aufmarsch erwartet


Norddeutscher Rundfunk, 31.07.2010:
Bad Nenndorf: Polizei bereitet sich auf Neonazi-Aufmarsch vor


Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg, 31.07.2010:
Trotz Demonstration die Bürger im Blick / Polizei wirbt um Verständnis für ihre Maßnahmen


Schaumburger Wochenblatt, 31.07.2010:
Friedlich beteiligen


Schaumburger Zeitung, 31.07./01.08.2010:
DGB: Behörden behindern Bürger-Protest


Herforder Kreisanzeiger / Neue Westfälische, 31.07./01.08.2010:
Kommentar / Zum Begriff "Gesetzesbrecher" auf dem Plakat Am Lindensiek / Braune Stimmungsmache


Herforder Kreisanzeiger / Neue Westfälische, 31.07./01.08.2010:
Kritiker werden persönlich / Initiative tituliert SPD-Politiker als Wendehals und Unterstützer von Rechtsbrechern

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Bielefelder Tageblatt (OH) / Neue Westfälische, 31.07./01.08.2010:

Sprachrohr der Arbeiterklasse / Sozialdemokratische Tageszeitung "Volkswacht" vor 120 Jahren gegründet

Von Bernd J. Wagner (Stadtarchiv Bielefeld)

Bielefeld. Das war damals etwas vollkommen Neues: Mit einem Paukenschlag erschien vor genau 120 Jahren - im Juli 1890 - mit der "Volkswacht" eine Tageszeitung, die in einem programmatischen Text keine Zweifel darüber aufkommen ließ, dass sie sich den Klassenkampf schlechthin auf ihre Fahnen geschrieben hatte. Es war die Geburtsstunde der ersten sozialdemokratischen Tageszeitung in Bielefeld.

Und die Irritation in der bürgerlichen Schicht war groß, denn es herrschte das unter Reichskanzler Otto von Bismarck eingebrachte Sozialistengesetz noch vor, das die "gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie" im Reich verhindern sollte. Das fristete 1890 aber wie ein zahnloser Tiger seine letzten Tage.

Dass eine sozialdemokratische Zeitung in Bielefeld gegründet werden konnte, lag vor allem an Gustav Slomke (1861 - 1939) und anderen, die Anteilsscheine zur Gründung der "Volkswacht" erworben hatten. Slomke fungierte bis August 1891 als Verleger. Nach der Aufhebung des Verbots der SPD beschloss im Sommer 1891 eine Parteiversammlung, die "Volkswacht" in Parteibesitz zu überführen. Die SPD gründete einen Verlag mit Druckerei und Buchhandlung, deren Gesellschafter Parteimitglieder waren.

"Emil Groth saß anderthalb Jahre im Gefängnis"

Bis 1894 war Emil Groth für die Redaktion verantwortlich, davon saß er anderthalb Jahre im Gefängnis - angezeigt wegen übler Nachrede, Diffamierung und Beleidigung. Auch seine Nachfolger Bruno Schumann und Carl Hoffmann bekamen die Härte von Justiz und Polizei zu spüren.

Eine große Verbundenheit der Arbeiterschaft mit "ihrer" Zeitung zeichnete die Gründungsjahre der "Volkswacht" aus: Sie traf von Beginn an auf ein großes Echo. Die erste Ausgabe in Höhe von 15.000 Exemplaren war schnell vergriffen. In epischer Länge berichtete sie über Versammlungen der Berufsorganisationen, Gewerkschaften und der SPD, bezog Position "für die kleinen Leute", wenn die Stadtverordneten über die Zukunft Bielefelds debattierten. Sie war auch ein Sprachrohr der streikenden Arbeiter. So ließen sich im Januar 1905 Mitarbeiter der Volkswacht (darunter Carl Severing) gemeinsam mit dem Geschäftsführer der Metallarbeitergewerkschaft und späteren Bürgermeister Josef Köllner von der Firma Lohmann inkognito als Streikbrecher anwerben, um anschließend darüber zu berichten.

Der Aufstieg der SPD zu einer Massenorganisation spiegelte sich in der "Volkswacht" wider. Auch Redakteure und Verleger saßen nun in den Parlamenten. Der bekannteste unter ihnen war Carl Severing, der 1907 in den Reichstag zog und in der Weimarer Republik Innenminister wurde. Bereits 1897 wurden in Bielefeld sechs sozialdemokratische Stadtverordnete gewählt, unter ihnen Carl Hoffmann und Albert Siggelkow von der Volkswacht. 1914 wurden Hoffmann und Karl Eilers, der von 1895 bis 1920 Gesellschafter war, zu den ersten sozialdemokratischen Stadträten im Bielefelder Magistrat ernannt. Der Aufstieg war auch an der Bielefelder Arndtstraße sichtbar: 1912 entstand dort ein prächtiges Gebäude für Redaktion, Druckerei und Buchhandlung der "Volkswacht".

Der Stil der Berichterstattung änderte sich mit dem Aufstieg der Nationalsozialisten, der in Bielefeld mit der Wahl des NSDAP-Mitglieds Emil Irrgang im November 1930 zum Vorsteher der Stadtverordnetenversammlung einen unrühmlichen Höhepunkt erlebte. Die "Volkswacht" entwickelte sich fortan zu einem Kampfblatt "gegen die braune Flut" und wurde ab Dezember 1931 zum Presseorgan der Eisernen Front, einem Zusammenschluss der Sozialdemokratie mit Gewerkschaften, dem "Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold" sowie Arbeitersport- und Arbeitergesangvereinen gegen den Nationalsozialismus. Die "Polemik spitzte sich zu" und der "klassenkämpferische Jargon" weitete sich aus, beschreibt Gerd Meier, ein Experte der ostwestfälischen Zeitungsgeschichte, die Veränderungen.

Nach der Machtübernahme Hitlers 1933 versuchte die "Volkswacht", noch einmal die Massen gegen die Diktatur zu mobilisieren. 8.000 Menschen nahmen Anfang Februar an einer Großkundgebung teil. Es war ein letztes Aufbäumen: Vom 23. bis 25. Februar 1933 wurde über die Zeitung "ein befristetes Verbot" verhängt, weil am 31. Januar ein Plakat abgebildet war, das als "eine böswillige Verächtlichmachung eines leitenden Beamten des Staates" angesehen wurde. Das Plakat zielte auf die Notverordnung und enthielt den Text "Unser tägliches Brot nimmt uns Herr v. Papen".

"Ihr könnt das Wort verbieten, ihr tötet nicht den Geist"

Am 27. Februar erschien die letzte Ausgabe der "Volkswacht". "Bielefeld ist rot und bleibt rot!" war zu lesen. Und: "Ihr könnt das Wort verbieten, ihr tötet nicht den Geist." Was dann folgte, waren Verhaftungen, Flucht ins ausländische Exil oder innere Immigration. Gebäude und Betriebsvermögen der "Volkswacht" wurden am 2. Mai 1933 beschlagnahmt, als am Tag nach dem "Tag der nationalen Arbeit" die freien Gewerkschaften zerschlagen wurden.

Nach Zweitem Weltkrieg und Naziterror setzte ab 3. April 1946 die Freie Presse die Tradition der Volkswacht fort. Chefredakteur wurde Carl Severing, Verleger war Emil Groß. Zum 1. Juli 1967 vollzogen Freie Presse und Westfälische Zeitung die Fusion zur Neuen Westfälischen.

Von Arbeitern mitfinanziert

Den dezenten Schriftzug "Buchdruckerei und Buchhandlung Volkswacht" haben die Nazis entfernt. Das 1912 erbaute Volkswachtgebäude wurde von Arbeitern mitfinanziert. Wo heute die Gaststätte "Nichtschwimmer" einlädt, stand bis 1954 die Rotationsmaschine. In der ersten Etage waren Text- und Anzeigensetzerei untergebracht, darüber die Redaktion. 1953 wechselten Druckerei, Textmettage und Maschinensetzerei, Fotolabor und Chemigrafie ins Druckhaus Karl-Eilers-Straße, das über eine Brücke erreichbar war. Nach der Fusion 1967 stellten die Mitarbeiter in dem Gebäudekomplex noch bis Januar 1970 Bezirksausgaben der Neuen Westfälischen her. Dann wurde die Zeitungstechnik im 1962 eröffneten Druckhaus Sennestadt konzentriert.

www.stadtarchiv-bielefeld.de

Bildunterschrift: Mit der "Volkswacht" als Presseorgan: Die Gründungsmitglieder der Bielefelder Sektion der "Eisernen Front" 1931 vor dem Friedrich-Ebert-Haus, dem heutigen Fichtenhof an der Heinrich-Forke-Straße.

Bildunterschrift: Gründer und Verleger: Gustav Slomke.

Bildunterschrift: Ein historisches Dokument: Der Zeitungskopf der ersten Ausgabe der "Volkswacht" von 1890.

Bildunterschrift: Stein des Anstoßes: Das Plakat der "Volkswacht", das die Nazis als Vorwand zum Verbot der Zeitung ausnutzten.

Bildunterschrift: 1912: Das Volkswachtgebäude an der Arndtstraße. Der Neubau integrierte das Vorgängerhaus (ganz links) mit vorgesetzter Fassade.

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Lippe aktuell, 31.07.2010:

Zeitzeugin berichtet vor Schülern im Leopoldinum / "Das Schlimmste war der Hunger"

Detmold. Es ist eine dieser Stunden, in denen alle aufpassen, ruhig sind. Die Klasse hört gespannt und zugleich geschockt zu. Genowefa Kowalczuk erzählt. Heute lebt die 81-Jährige in Krakau, doch als Kind wurde sie Zeitzeugin der grausamen Verbrechen der Nationalsozialisten im Jugendverwahrlager Litzmannstadt, das innerhalb des Ghettos 1942 zusätzlich eingerichtet wurde.

Die Schülervertretung des Leopoldinums und das Maximilian-Kolbe-Werk hatten dieses einwöchige Zeitzeugen-Projekt am Leopoldinum organisiert. Genowefa Kowalczuk als Lager-Überlebende und Marianne Drechsel-Gillner, eine ehrenamtliche Mitarbeiterin des Maximilian-Kolbe-Werkes, waren vom 12. bis zum 19. Juni in Detmold zu Gast, um den Schülern "Dinge zu vermitteln, die sie keinem Lehrbuch entnehmen können", wie es Geschichtslehrer Johannes Versen vom Leopoldinum treffend beschreibt. Fünf Tage lang war Genowefa Kowalczuk täglich in der Schule, um mehreren Klassen von der Zeit, die sie als Jugendliche im "Jugendverwahrlager Litzmannstadt" in Polen verbringen musste, zu berichten.

"Weil ich es denjenigen schuldig bin, die im Lager geblieben und umgekommen sind", übersetzt Marianne Drechsel-Gillner ihre Motivation. "Das Schlimmste war der Hunger", erzählt sie weiter. "Morgens gab es ein Stück Brot mit etwas Eichelkaffee, bei dem ich versuchte, etwas vom Bodensatz zu bekommen, damit ich bei der harten Arbeit nicht zusammenbrach vor Hunger." Auch mittags konnte man von einem halben Liter Wasser mit etwas fauligem Gemüse und einigen ungeschälten Kartoffelstücken mit Maden darin beziehungsweise von einer Scheibe Brot am Abend nicht lange überleben. Die Kinder mussten Schwerstarbeit leisten und wurden für jeden Regelverstoß hart bestraft.

"Am meisten schmerzte es mich, dass wir im Lager zu gegenseitigem Hass und zur Menschenverachtung erzogen wurden", meint Genowefa Kowalczuk. So wurden viele Kinder wegen eines Fehlers von anderen gemeldet, damit diese eine halbe Portion Brot zusätzlich bekamen.

Nicht nur die Stunden, in denen sie erzählte, waren sehr besondere Erlebnisse mit Frau Kowalczuk. Viele Schüler hatten sich bereiterklärt in ihrer Freizeit etwas mit den Gästen zu unternehmen. Zweifellos liegt dieses Interesse daran, dass Frau Kowalczuk nicht nur eine umfangreiche Vergangenheit hinter sich hat, sondern zudem auch noch "eine ganz besondere Persönlichkeit mit großer Lebensfreude" ist - darin sind sich die Organisatoren der Schülervertretung einig. Davon überzeugte sich auch Bürgermeister Rainer Heller bei einem Empfang im Detmolder Rathaus. Sichtlich bewegt nahm sich Heller viel Zeit für das Gespräch mit den beiden Gästen.

Ermöglicht wurde das "Zeitzeugen-Projekt" am Leopoldinum erst durch das Maximilian-Kolbe-Werk. Es sieht es als seine Aufgabe an, Lager-Überlebende aus der NS-Zeit gerade in Polen zu unterstützen und ihnen die Hand zur Versöhnung zu reichen.

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Zeitung für Gütersloh, Rheda-Wiedenbrück, Rietberg und Harsewinkel / Westfalen-Blatt, 31.07./01.08.2010:

Jugendliche schrubben für den Frieden / Grabsteine auf dem Alten Stadtfriedhof sind wieder sauber - Internationales Workcamp damit beendet

Von Oliver Budde

Kreis Gütersloh (WB). "Begriffe wie Fliegeralarm, Konzentrationslager und Gefallene kennen die Leute heute nur noch aus Erzählungen", mahnt der Generalsuperintendent Dr. Rolf Wischnath bei der Gedenkfeier auf dem Alten Stadtfriedhof. Die Kriegsgräber in Gütersloh und Schloß Holte-Stukenbrock sind wieder sauber und die Aktion "Versöhnung über Gräbern" geht damit zu Ende.

Am Donnerstag kamen die 25 Jugendlichen des internationalen Workcamps ein letztes Mal auf der Kriegsgräberstätte Unter den Ulmen zusammen, um an die Gefallenen beider Weltkriege zu erinnern. Während der Gedenkfeier demonstrierten sie, wie sie ihre Verständigungsschwierigkeiten innerhalb von zwei Wochen überwunden haben. Sie trugen in verschiedenen Sprachen ein Gedicht zum Thema Frieden vor und erzählten, was für sie das gemeinsame Workcamp bedeutet hat.

Auf Einladung des NRW-Landesverbandes des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge waren die jungen Botschafter im Alter von 16 bis 25 Jahren aus zwölf Ländern nach Gütersloh gekommen. Acht von ihnen kamen direkt aus der Gütersloher Partnerstadt Rshew in die Dalkestadt. "Wir haben uns in Gütersloh und Schloß Holte-Stukenbrock sehr wohl gefühlt", sagte der Leiter des Workcamps Werner Dürdoth.

Zum Abschluss der ereignisreichen Wochen in Gütersloh luden die Gäste in ihr Wohnquartier in die Hauptschule Ost ein. "Ihr seid in ein Land gekommen, aus dem der Zweite Weltkrieg in eure Länder gebracht wurde", sagte Dr. Rolf Wischnath in seiner Gedenkrede. Auch er sei wie die Jugendlichen des Workcamps ein Nachkriegskind gewesen und habe den Krieg nicht miterlebt. Daher dankte er den jungen Friedensboten für ihre geleistete Putzarbeit: "Ihr habt das, was man nicht mehr lesen konnte, wieder an Licht gebracht."

Mit Wasser, Spachteln und Wurzelbürsten haben die 25 Jugendlichen zusammen mit Angehörigen der britischen Armee, britischen Pfadfindern (Scouts) und den Bundeswehr-Reservisten 14 Tage lang die Kriegsgräber in Gütersloh und Schloss Holte-Stukenbrock geschrubbt und auf Vordermann gebracht.

Zum Abschluss der Gedenkfeier legten die Jugendlichen einen Kranz nieder und sprachen sich in ihrer jeweiligen Muttersprache für den Frieden aus. Dann legten alle Anwesenden weiße Rosen auf den Grabsteinen nieder. Am Samstag kehren die Jugendlichen in ihre Heimatländer zurück, gaben jedoch das Versprechen, noch einmal zurückzukommen in die Dalkestadt.

Bildunterschrift: Eine Rose für die Gefallenen der Kriege: Die 16-jährige Celia Novello aus Frankreich nimmt am internationalen Workcamp teil und säubert zusammen mit den anderen Jugendlichen die Kriegsgräberstätten in Gütersloh und Schloß Holte-Stukenbrock.

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Wochenspiegel Paderborn Online, 31.07.2010:

Öffentliche Führung in der Wewelsburg: Dauerausstellung "Ideologie und Terror der SS"

31.07.2010 - 17.02 Uhr

Kreis Paderborn (krpb). Besucher der Wewelsburg können am Sonntag, 8. August mit Hilfe der Museumspädagogen die neue Dauerausstellung "Ideologie und Terror der SS" kennen lernen. Die öffentliche Führung startet um 15 Uhr. Treffpunkt ist das Eingangsfoyer im umgebauten, ehemaligen Wachgebäude.

Der Rundgang führt durch die historischen Räume im ehemaligen Wachgebäude, in denen die Ausstellung auf 850 Quasratmetern die lokale Geschichte der SS in Wewelsburg und des hiesigen Konzentrationslagers in eine umfangreiche Gesamtdarstellung der Schutzstaffel einbettet. Die Führung beinhaltet auch die Besichtigung von zwei im Nordturm der Wewelsburg befindlicher und in NS-Architektur erhaltener Räume.

Bei der Dauerausstellung "Ideologie und Terror der SS" handelt es sich um die einzige ständige Ausstellung, welche ausführlich sowohl die ideologischen Grundlagen der Schutzstaffel als auch deren radikale und verbrecherische Konsequenzen darstellt. Inhaltlich endet die Dauerausstellung nicht 1945, sondern beleuchtet unter anderem die Aufarbeitung des SS-Terrors nach dem Krieg, die heutige Rezeption des historischen Ortes Wewelsburg und das Nachkriegsleben von Tätern und Opfern.

Entgelt für die Führung: Erwachsene 3 Euro, ermäßigt 1,50 Euro.

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Bild.de, 31.07.2010:

Mehr Neonazis bei Aufmarsch erwartet

31.07.2010 - 10.58 Uhr

Hannover (dpa/lni). Bei einem geplanten Aufmarsch von Neonazis im Kurort Bad Nenndorf befürchtet der niedersächsische Verfassungsschutz einen größeren Zulauf von Rechtsextremisten als im Vorjahr. Die Veranstaltung bekomme für Rechtsextremisten mehr und mehr Bedeutung, sagte Verfassungsschutz-Präsident Hans Wargel in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa in Hannover. Fachleute erwarteten am 14. August bis zu 1.000 Rechtsextremisten in Bad Nenndorf, im Vorjahr waren es rund 700. "Das bereitet uns und der Polizei große Sorge."

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Norddeutscher Rundfunk, 31.07.2010:

Bad Nenndorf: Polizei bereitet sich auf Neonazi-Aufmarsch vor

31.07.2010 - 10.39 Uhr

Zwei Wochen vor dem geplanten Aufmarsch von Neonazis in Bad Nenndorf rechnet der niedersächsische Verfassungsschutz mit mehr Teilnehmern als in den Vorjahren. Die Kundgebung in dem Kurort bekomme für Rechtsextremisten mehr und mehr Bedeutung, sagte Verfassungsschutz-Präsident Hans Wargel in Hannover. Die Sicherheitsbehörden erwarten am 14. August bis zu 1.000 Neonazis. Im Vorjahr nahmen rund 700 Rechte an der Kundgebung teil. "Das bereitet uns und der Polizei große Sorge", sagte Wargel. Nachdem Neonazi-Aufmärsche zum Gedenken an Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß im fränkischen Wunsiedel gerichtlich verboten wurden, komme dem Kurort im Kreis Schaumburg für Rechtsextremisten eine Art Ersatzcharakter zu.

Bis zu 5.000 Gegendemonstranten erwartet

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat zu einer Demonstration gegen den Aufmarsch der Rechten aufgerufen und rechnet mit bis zu 5.000 Teilnehmern - so viele wie noch nie. Der Verfassungsschutz schließt nicht aus, dass auch mehr gewaltbereite Linksextreme nach Bad Nenndorf kommen, um gegen den Neonazi-Aufmarsch zu demonstrieren. Unter den Linken gebe es "eine starke Mobilisierung", sagte Wargel. Es gebe Vorbereitungstreffen in der linksextremistischen Szene. Im vergangenen Jahr seien unter den Gegendemonstranten etwa 150 gewaltbereite Autonome gewesen, sagte der Verfassungsschutz-Präsident. Unterdessen beklagte der DGB, dass die Demonstrationsroute der Neonazi-Gegner von den Behörden zu stark eingeschränkt worden sei.

Polizei wirbt um Verständnis

Die Polizei will ein Zusammentreffen von Neonazis und Gegendemonstranten verhindern. "Unser Kernziel ist es, einen möglichst störungsfreien Verlauf der genehmigten Veranstaltungen sicherzustellen", sagte Polizei-Einsatzleiter Frank Kreykenbohm. Beeinträchtigungen des öffentlichen Lebens sollten auf ein Mindestmaß reduziert werden. Bei der Bevölkerung warb Kreykenbohm um Verständnis. "Mit Blick auf die Ausnahmesituation in Ihrer Stadt bitten wir um Ihr Verständnis und die notwendige Toleranz für unsere Maßnahmen", richteten sich Kreykenbohm und der Leiter des Nenndorfer Kommissariats, Michael-Andreas Meier, an die Bevölkerung. Durch Straßensperrungen werde es zu Beeinträchtigungen kommen. Mit einem Bürgertelefon will die Polizei bereits einige Tage vor dem Einsatz über mögliche Behinderungen informieren.

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Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg, 31.07.2010:

Trotz Demonstration die Bürger im Blick / Polizei wirbt um Verständnis für ihre Maßnahmen

31.07.2010 - 08.17 Uhr

Nienburg (ots). Am 14. August findet nunmehr zum fünften Mal ein Aufzug mit Kundgebungen von Rechtsextremisten in Bad Nenndorf statt. Zahlreiche Gegenveranstaltungen sind angemeldet und werden ebenfalls an diesem Wochenende durchgeführt. "Unser Auftrag, der Auftrag der Polizei, und somit unser Kernziel ist es, die Sicherheit der Veranstaltungsteilnehmer zu gewährleisten, einen möglichst störungsfreien Verlauf der genehmigten Veranstaltungen sicherzustellen und dabei Beeinträchtigungen des öffentlichen Lebens in Bad Nenndorf auf ein Mindestmaß zu reduzieren", so Frank Kreykenbohm, Gesamteinsatzleiter der Polizei für das Wochenende.

Auf Grund der Erfahrungen der vergangenen Jahre möchte die Polizei bereits sehr frühzeitig auf Verkehrsbehinderungen und andere Beeinträchtigungen in der Bad Nenndorfer Innenstadt hinweisen. "Mit Blick auf die Ausnahmesituation in Ihrer Stadt bitten wir um Ihr Verständnis und die notwendige Toleranz für unsere Maßnahmen." Mit diesen Worten wenden sich Kreykenbohm und der Dienststellenleiter des Nenndorfer Kommissariates, Michael-Andreas Meier an die Bevölkerung. Die Einsatzleitung der Polizei, aber auch die Einsatzkräfte vor Ort haben die Reaktionen der Bürgerinnen und Bürger von Bad Nenndorf in den letzten vier Jahren in sehr guter Erinnerung. Viele Polizeieinsatzkräfte, gerade von außerhalb, haben nach den Einsätzen betont, wie freundlich und hilfsbereit sie die Nenndorfer erlebt haben. Sogar mit erfrischenden Getränken sind sie versorgt worden. Um dieses gute Verhältnis zu bewahren und auszubauen, wird seitens der Polizei alles getan, um dem Informationsbedürfnis der Bevölkerung Rechnung zu tragen.

Bereits einige Tage vor dem Einsatz wird ein spezielles Bürgertelefon eingerichtet, mit dem jedermann die Möglichkeit bekommt, sich über Straßensperrungen oder andere Beeinträchtigungen im Veranstaltungsbereich zu informieren. Natürlich werden hier auch alle anderen Fragen im Zusammenhang mit dem Einsatz beantwortet. "Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meiner Dienststelle sind über den Stand der Vorbereitungen informiert. Fragen zu geplanten Sperrungen und möglichen Umleitungen können bei Bedarf bereits jetzt von ihnen beantwortet werden", so das Angebot von Kommissariatsleiter Meyer.

"Wir wünschen uns für das Wochenende einen möglichst friedlichen Verlauf der Demonstrationen, damit in der Stadt schnell wieder der Alltag zurückkehren kann", so der Wunsch von Inspektionsleiter Kreykenbohm.

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Schaumburger Wochenblatt, 31.07.2010:

Friedlich beteiligen

Bad Nenndorf (em). In einer Pressemitteilung fordert die CDU auf, am Sonnabend, dem 14. August Zivilcourage zu zeigen: "Wir sind gegen jeglichen Extremismus von rechts und von links und für Zivilcourage im Umgang mit Extremisten und Gewalttätigen. Der CDU-Ortsverband Bad Nenndorf Stadt, der CDU-Samtgemeindeverband Nenndorf und die CDU-Frauen Union Samtgemeinde Nenndorf positionieren sich für die Veranstaltung am 14. August: Den hier in Bad Nenndorf stattfindenden so genannten Trauermarsch der Rechtsradikalen lehnen wir ab und fordern ein dauerhaftes Verbot des Neonazi-Aufmarsches. Den zumeist jugendlichen Demonstranten ging es in den letzen Jahren nicht um Trauer, sondern um Geschichtsrevisionismus und Provokation. Die rechtsradikalen Extremisten motivierten die linken Extremisten und Gewalttätigen. Die Rechtsextremisten nutzen heute vielfältige Erscheinungsformen und weltweite Internetplattformen zur Verbreitung nationalistischer, fremdenfeindlicher Parolen und zu einer verfälschenden Verherrlichung der deutschen Nazi-Geschichte. Die Linksextremisten sind vermummt, radikal und provozieren Gewalttaten. Solche Ideologien sind mit unserem Politikverständnis nicht vereinbar. Wir sind eine christliche, demokratische Union und fordern Toleranz und Zivilcourage in unserer demokratischen Gesellschaft. Deshalb bitten wir, nach eigener freier Entscheidung, sich am 14. August in friedlicher Form bei der Veranstaltung gegen den Trauermarsch zu beteiligen."

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Schaumburger Zeitung, 31.07./01.08.2010:

DGB: Behörden behindern Bürger-Protest

Bad Nenndorf (bab). Der DGB übt Kritik an den Auflagen, die das Bad Nenndorfer Bündnis "Bad Nenndorf ist bunt" (BNib) für seine Anti-Nazi-Demonstration am 14. August bekommen hat. Der DGB-Regionsvorsitzende Sebastian Wertmüller wirft der "Versammlungsbehörde" vor, mit den Auflagen für die Veranstaltung alles zu versuchen, "um den Bürger-Protest gegen die Nazis zu behindern".

In einer Pressemitteilung beklagt Wertmüller die genehmigte Route von der Bornstraße zum Thermalbad und zurück. Geplant gewesen sei eine Abschlussveranstaltung gemeinsam mit dem VfL an dessen Gelände an der Bahnhofstraße. Auch andere Auflagen wie "kostenträchtige Sonderausstattungen für Lautsprecheranlagen", eine Zuverlässigkeitsprüfung für die vom DGB angemeldeten Ordner, "Auflagen zur Bekleidung der Demonstranten" schrecken nach Ansicht der BNib Bürger vom "zivilgesellschaftlichen Engagement" ab.

"Gern wird in Sonntagsreden von einem Aufstand der Anständigen und von Zivilcourage geredet", schreibt Wertmüller, aber wenn die Bürger sich aufmachten, "werden ihnen unnötig Knüppel in den Weg gelegt". Der DGB will die Auflagen durch einen Fachjuristen prüfen lassen und gegebenenfalls juristisch dagegen vorgehen.

Wertmüller wirft Landkreis und Polizei vor, trotz ausführlichen Kooperationsgesprächs keinen einzigen der Kompromissvorschläge der Nazi-Gegner berücksichtigt zu haben. Statt kooperativer Absprachen würden ausschließlich Bedingungen diktiert. "Kooperation stelle ich mir anders vor", schreibt der DGB-Chef.

Wertmüller gibt an, Udo Husmann vom Bündnis sehe im Ergebnis, dass der Kurort so in "Ost und West geteilt wird - für das Bündnis ein unzumutbarer Zustand". Jürgen Uebel vom Bündnis weise zudem darauf hin, dass die Gefahr nach wie vor von den anreisenden Nazis ausgeht. Die Demonstrierenden wollten eigentlich zu der VfL-Veranstaltung wandern und den Tag beim dortigen Fest ausklingen lassen.

Der DGB meint, die Begründungen für die Ablehnung seien schwer nachvollziehbar. Die BNib hätte die Nazi-Kundgebung weiträumig umlaufen wollen. Angeblich könnte die Polizei mit ihren Fahrzeugen die Route aber nicht absichern.

Bildunterschrift: Sebastian Wertmüller.

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Herforder Kreisanzeiger / Neue Westfälische, 31.07./01.08.2010:

Kommentar / Zum Begriff "Gesetzesbrecher" auf dem Plakat Am Lindensiek / Braune Stimmungsmache

Von Corina Lass

Mit dem Plakat an der Straße Am Lindensiek hat die Bürgerinitiative begonnen, gegen Einzelne zu hetzen. Doch gehetzt wurde vorher schon - gegen eine ganze Volksgruppe.

Laarer und Diebrocker mögen unterschiedliche Gründe haben, warum sie gegen ein Jesiden-Zentrum sind. Ganz sicher sind nicht alle ausländerfeindlich. Ganz sicher tun sich aber alle, die nicht ausländerfeindlich sind, keinen Gefallen, wenn sie Vuvuzela blasend hinter einem Vorstand herlaufen, der sie für ihre ausländerfeindlichen Zwecke missbraucht.

Nehmen wir das Plakat, auf dem der SPD-Ratsherr Horst-Walter Laege diffamiert wird: Er unterstütze Gesetzesbrecher, heißt es dort. Das entspricht zum einen nicht der Wahrheit. Zum anderen kann sich der Begriff "Gesetzesbrecher" als Allgemeinbegriff nicht nur auf Encarnacion Schachtsiek beziehen, die die Plakate der Initiative übermalt hat. Wer ist also gemeint?

Ein Schreiben der zweiten Vorsitzenden, Susanne Höft-Donnermann, und des Sprechers der Initiative, Karl Heinz Poeck, gibt Aufschluss: "In Schötmar haben bis zu 1.000 Jesiden fünf Jahre lang vorsätzlich und bewusst gegen gültige deutsche Gesetze verstoßen ... Wir legen keinen Wert darauf, dass in Laar dieselben Leute sich wieder austoben. ... Auch wir Bürger haben Rechte, die wir uns von Gesetzesbrechern nicht beschneiden lassen."

Mit "Gesetzesbrechern" sind also Jesiden gemeint, und zwar diejenigen Jesiden, die in Laar ein Zentrum errichten wollen. Gesetzesbrecher sind sie, weil sie angeblich schon in Schötmar Gesetze gebrochen haben. Dieses Gleichsetzen entbehrt jeder Grundlage. Und Kausalketten dieser Art sind typisch für Menschen, die ihre Ausländerfeindlichkeit verschleiern wollen.

Wer da noch mitläuft, im wörtlichen wie im übertragenen Sinne, wer da noch schweigt, der macht sich schuldig. Gegen diese widerliche braune Stimmungsmache hilft nur, die Stimme zu erheben. Und zwar laut.

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Herforder Kreisanzeiger / Neue Westfälische, 31.07./01.08.2010:

Kritiker werden persönlich / Initiative tituliert SPD-Politiker als Wendehals und Unterstützer von Rechtsbrechern

Von Corina Lass

Herford. Die Auseinandersetzungen um das geplante Jesiden-Zentrum in Laar gehen in die nächste Runde. Am Mittwoch stand plötzlich ein weiteres Schild auf einem Feld an der Straße Am Lindensiek. Darauf zwei Slogans, mit denen zwei SPD-Politiker direkt angegriffen werden.

Der eine Slogan betrifft Eckhart Klemens. Der Sozialdemokrat hatte sich gegen ein Jesiden-Zentrum im Hotel-Restaurant Ehrler in Elverdissen ausgesprochen, unterstützt aber den jesidischen Trägerverein in seinem Vorhaben, das ehemalige Restaurant Sahrmann in Laar für diese Zwecke zu nutzen. Auf dem Schild ist zu lesen: "Wendehals Klemens SPD Elverdissen nein - Laar ja".

Der Slogan auf der Rückseite des Schildes richtet sich gegen Horst-Walter Laege und die SPD insgesamt: "SPD - Laege u. Genossen - unterstützt Gesetzesbrecher". Der Text bezieht sich auf einen Pressetermin, bei dem sich die gebürtige Spanierin Encarnación Schachtsiek als diejenige zu erkennen gegeben hatte, die im Vorfeld andere Plakate der Bürgerinitiative gegen das Jesiden-Zentrum übermalt und deren Slogans dabei ins Gegenteil verkehrt hatte. Er habe sich wohlwollend hinsichtlich Schachtsieks Engagements für die Jesiden geäußert, sagte Laege, und zwar bevor er wusste, dass Schachtsiek die Plakate übermalt hatte.

Der Sozialdemokrat kündigte nach Kenntnisnahme des neuen, ihn persönlich angreifenden Schildes an der Straße Am Lindensiek am Donnerstagabend Konsequenzen an: Sollte die Bürgerinitiative es nicht kurzfristig entfernen, werde er Strafanzeige stellen.

Gemeinsam mit Julian Frohloff, der bei dem Pressetermin mit Schachtsiek ebenfalls zugegen war, gab er gestern eine Stellungnahme heraus: "Beide Ratsherren machen noch mal deutlich, dass sie nicht die Tat von Frau Schachtsiek (Bemalung der ersten Plakate) unterstützen, wohl aber ihren Mut, sich öffentlich dazu zu bekennen sowie ihren Einsatz für ein vielfältiges offenes Herford, das sich für ein Miteinander der Kulturen stark macht."

Die Aktionen der Initiative gegen ein Jesiden-Zentrum führten jedoch nicht zu einem Miteinander und auch nicht zu offenen Gesprächen, so Laege und Frohloff. "Wir hoffen auf einen sachlicheren Prozess in den nächsten Wochen, bis die Prüfung der Verwaltung zum Bauplanungsverfahren eines Zentrums abgeschlossen ist."

Eckhart Klemens nimmt die Beschimpfung seiner Person gelassen: Nicht jeder müsse der gleichen Meinung sein, jeder solle seine Meinung sagen können, "dies gilt auch wenn er mit seinen politischen Vertretern nicht einverstanden ist - wir leben schließlich in einer Demokratie." Jean-Paul Sartre zitierend, sagt Klemens: "Ich bin nicht einverstanden mit dem, was du sagst, aber ich will mich dafür einsetzen, dass du es sagen kannst." So verstehe die SPD ihre politische Aufgabe.

Die Bürgerinitiative hat inzwischen angekündigt, ihr Ziel, ein Jesiden-Zentrum in Laar zu verhindern, weiterhin mit allen legalen Mittel zu verfolgen - "wenn es sein muss, auch jahrelang". Ihre Kritik an Klemens bekräftigen sie mit Verweisen auf ein Zeitungsinterview, das er vergangenes Jahr gegeben hat.

Bildunterschrift: Vorder- und Rückseite eines Plakats: Die Slogans tauchten jetzt an der Straße Am Lindensiek auf.

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