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Kritische Initiative Schaumburg , 23.09.2008 :

Urteil im Prozess gegen Bernd Schuster

Am 22.09.2008 verurteilte das Bückeburger Schwurgericht den zur Schaumburger Nazi-Szene gehörenden Bernd Schuster (30) zu 14 Jahren Haft. Elf Jahre davon sind die Strafe für den von ihm zu verantwortenden Tod einer polnischen Staatsbürgerin aus Rinteln, die übrigen drei Jahre sind die Reststrafe einer nun aufgehobenen Bewährung.

Im November 2000 wurde an einem Feldweg in Eisbergen bei Rinteln die Leiche der 47-jährigen Krystyna P. gefunden. Die polnische Staatsbürgerin lebte in sehr einfachen Verhältnissen in Rinteln. Ein Täter für den Mord lies sich lange Zeit nicht ermitteln. Erst Anfang 2008 lenkte die Analyse von fremden DNA-Material, welches an der Leiche gefunden wurde, den Verdacht auf P.'s ehemaligen Nachbarn Bernd Schuster. Dessen DNA war wegen seiner schweren Vorstrafen bereits in der Datenbank des Landeskriminalamtes gespeichert. Nachdem eine Übereinstimmung festgestellt wurde, nahm die Polizei Bernd Schuster am 10.03.2008 in einem Bückeburger Kaufhaus fest. Die Zeit bis zum Prozessauftakt Ende August verbrachte er in Untersuchungshaft.

Schuster war erst im Sommer 2007 vorzeitig aus der Haft entlassen worden. Zuvor saß er seit Anfang 2002 wegen zweier Banküberfälle ein. Nach seiner Haftentlassung zog er in das als "Nazi-WG" bekannte Haus des Nazi-Kaders Arwid Strelow in Lindhorst, in dem zu diesem Zeitpunkt mit Marcus Winter auch der Anführer der regionalen Szene wohnte. Offensichtlich nutze Schuster hier seine engen Kontakte zur Schaumburger Naziszene, die nachweislich seit den Zeiten der Kameradschaft Weserbergland um die Jahrtausendwende bestanden. In seinem Vorstrafenregister findet sich aus dieser Zeit eine Verurteilung wegen der Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen. Nachdem er 2007 wieder auf freiem Fuß war, attackierte er in Haste einen Punk. Zudem wird aktuell wegen eines Diebstahls gegen Schuster ermittelt, den er gemeinschaftlich mit Arwid Strelow begangen haben soll.

Nachdem die Verbindungen Schusters zur Nazi-Szene durch einen Presseartikel im April 2008 öffentlich wurden, distanzierten sich Marcus Winter im Namen der "Nationalen Sozialisten OWL/SHG" eilig von seinem ehemaligen Mitbewohner. Angeblich hätte man Schuster rein zufällig kennen gelernt und er sei auch kein Aktivist der Nazi-Szene gewesen. Dass die Führungsriege der Schaumburger Nazi-Szene eine "unpolitischen" Person in ihre WG einziehen läasst, erscheint jedoch nur wenig glaubwürdig. Noch im selben Artikel relativierte man diese Darstellung dann auch, indem zugegeben wurde, dass Schuster an einer Anti-Antifa-Aktion in Wunstorf beteiligt war.

Während des Prozesses ließen sich keine bekannten Mitglieder der Schaumburger Nazi-Szene blicken. Allerdings waren an allen Prozesstagen zwei dem Umfeld der Szene zu zurechnende Frauen anwesend.

Am ersten Prozesstag, dem 27.08.2008, lies Schuster durch seinen Anwalt ein Geständnis vorlesen. Darin heißt es, dass Schuster Krystyna P. im Streit erwürgt habe. Die Verteidigung wollte offenbar auf Totschlag statt Mord hinaus, was ihr am Ende auch gelang. Die von der Staatsanwaltschaft vertretene Version, wonach Schuster sein Opfer erst vergewaltigt und um dann einer Anzeige zu entgegen ermordet habe soll, lies sich nicht nachweisen. Der im gleichen Verfahren verhandelte Überfall auf eine Frau aus Eisbergen lies sich aufgrund widersprüchlicher Aussagen des Opfers dem Angeklagten ebenfalls nicht nachweisen. So bleibt am Ende also "nur" eine Verurteilung wegen Totschlages.

Nichtsdestotrotz verdeutlicht diese Verurteilung wieder einmal die Gewalttätigkeit der Mitglieder der Schaumburger Naziszene. Als ein solches kann Schuster eindeutig bezeichnet werden, da er nach seiner Haftentlassung 2007 sofort wieder den Kontakt zu den Schaumburger Nazi-Kadern suchte, mit ihnen gemeinsam in eine WG zog und sich an mindestens einer Aktion der Szene beteiligte.

Mit Bernd Schuster wurde bereits zum zweiten Mal ein Anhänger der Schaumburger Nazi-Szene wegen der Verantwortung für den Tod eines Menschen verurteilt. Der zu den "Nationalen Sozialisten OWL/SHG" zählende Marco Siedbürger tötete 1999 in Eschede einen 44-jährigen Familienvater, wofür er wegen Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt wurde.

Bernd Schuster ist neben Marcus Winter und Arwid Strelow nun der dritte Neonazi aus Schaumburg, der zur Zeit in Haft sitzt. Dass brutale Gewalt gegen Schwächere und die faschistische Ideologie fest zusammen gehören, wird an der Schaumburger Nazi-Szene überdeutlich.


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