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Mindener Tageblatt , 12.12.2023 :

Verfassungsschutz über Nazi-Treffen informiert

Ein Sprecher erklärt, wozu Aktionen wie die der Jungen Nationalisten am Kriegerdenkmal dienen

Maximilian Hampel

Petershagen-Seelenfeld. Am Volkstrauertag posierten Rechtsextreme der Jungen Nationalisten (JN) vor dem Kriegerdenkmal in Petershagen-Seelenfeld. In deren Telegram-Kanal wurden vor wenigen Tagen Fotos vom "Heldengedenken" aus Seelenfeld veröffentlicht. Auf MT-Anfrage erklärt nun der Landesverfassungsschutz NRW, was der Nachrichtendienst über die Organisation weiß. So gebe es zwar keine "fest gefügten Strukturen der JN" in NRW, die dem Verfassungsschutz bekannt seien: "Allerdings finden vereinzelt Aktivitäten in der Grenzregion zu Niedersachsen statt, wie zum Beispiel die Veranstaltung am 19. November 2023 in Seelenfeld", sagt ein Sprecher dem MT.

Im benachbarten Osnabrück gibt es zudem mit Oskars Osnas eine Gruppe, die nach Angaben des niedersächsischen Verfassungsschutzes "enge Verbindungen" zu den Strukturen der JN habe und bereits mit ähnlichen Aktionen aufgefallen sei. Dass sie hinter den Fotos aus Seelenfeld stecken, halten Beobachter der rechten Szene, mit denen das MT gesprochen hat, aber für unwahrscheinlich, weil die dunklen Bilder nicht zur professionellen Selbstinszenierung der Gruppe auf Instagram passen würden. Welche Gruppierung der JN oder welche Einzelpersonen letztendlich für die Fotos aus Seelenfeld verantwortlich sind, lässt sich nicht abschließend klären.

Zu der rechtsextremen Organisation ist dem Verfassungsschutz aber vieles bekannt: Sie verstehe sich als nationalistische, völkische und europaweit vernetzte Jugendbewegung und wurde 1969 als Jugendorganisation der rechtsextremen Partei "Die Heimat" (bis 2023 NPD) gegründet. Sie versuche, Jugendliche und junge Erwachsene durch gemeinschaftsstiftende Aktivitäten und öffentliche Kampagnen anzusprechen und diese zu weltanschaulichen "Vorkämpfern" zu entwickeln, sagt der Sprecher. Sie organisiere sich über regionale "Stützpunkte" sowie über Landes- und Gebietsverbände, erklärt er weiter. Die Organisation wird vom Verfassungsschutz beobachtet und ist als rechtsextrem eingestuft.

Zur Nachwuchsrekrutierung organisiere die JN regelmäßig Schulungen und Workshops, heißt es vom Verfassungsschutz. Ihren Wirkbereich sehe die JN dabei vor allem im "vorpolitischen Raum", in dem sie eine rechtsextremistische "Gegenkultur" entwickeln will, erläutert der Experte. Sie fungiere dadurch auch als Bindeglied zur nicht parteigebundenen rechtsextremistischen Szene.

Der Sprecher erklärt auch, warum die Rechtsextremen vor dem Kriegerdenkmal in Seelenfeld ein "Heldengedenken" inszenierten: "Der Volkstrauertag wird jährlich von der rechtsextremistischen Szene zum "Heldengedenken" umgewidmet", heißt es. Dabei greife man auf die nationalsozialistische "Erinnerungspolitik" zurück.

Seit dem Jahr 1934 wollte man aus ideologischen Gründen nicht mehr um die Toten trauern, sondern Helden verehren. Auch die JN begehe jährlich bundesweit solche Veranstaltungen, bei denen sie Kerzen und Kränze auf Friedhöfen oder Denkmälern aufstellt. Dies sei Bestandteil einer "Erlebniswelt Rechtsextremismus", bei der den Jugendlichen und jungen Erwachsenen Aktionen mit Event-Charakter und Gemeinschaftsgefühl geboten werden und in der sie zugleich bei der Freizeitgestaltung rechtsextremistisch indoktriniert würden.

Der Autor ist erreichbar unter Maximilian.Hampel@MT.de.

Bildunterschrift: Vor dem Seelenfelder Kriegerdenkmal haben Rechtsextremisten ein "Heldengedenken" inszeniert.


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Am 19. November 2023 führten Neonazis der "Jungen Nationalisten" - Jugendorganisation der Partei "Die Heimat" - am "Heldengedenken", in der völkischen "Ahnenstätte Seelenfeld" - eine Fahnen-Aktion durch.

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