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Schaumburger Zeitung , 02.03.1999 :

"Die Migranten verändern die Welt“

Bad Pyrmont (uk). Eines steht für Graziella Boaro-Titze fest: "Die Arbeit des Ausländerbeirates ist in ihrer Notwendigkeit auch künftig nicht in Frage zu stellen." Diese Feststellung machte die Vorsitzenden des Beirates in ihrem ersten Tätigkeitsbericht vor dem Rat der Stadt Bad Pyrmont.

"Viele Bereiche können bereits im Vorfeld angesprochen und viele Maßnahmen beraten werden", zog sie eine positive Bilanz der ersten zweieinhalb Jahre. Auf 14 Sitzungen habe es der Beirat gebracht, der etwa zehn Prozent der Bevölkerung dieser Stadt vertrete. "In Bad Pyrmont leben insgesamt mehr als 2.000 Einwohner ohne deutsche Staatsbürgerschaft, viele von ihnen bereits in der dritten Generation." Wer hier geboren und aufgewachsen sei, sei nicht mehr ein ausländischer Bürger, sondern genauso Pyrmonter wie diejenigen, die deutsche Eltern haben, betonte sie. "Erst wenn sie als Bürger unserer Stadt respektiert und akzeptiert werden, können wir mit unserer Arbeit im Ganzen zufrieden sein."

Die Vorsitzende erinnerte daran, dass sich die aus sieben Mitgliedern bestehende Runde mit einer ganzen Reihe von Themen befaßt habe. Angefangen von der Situation der Flüchtlinge und der ausländischen Kinder über den Kriminalitätsanteil ausländischer Jugendlicher und der Ausbildungssituation ausländischer Jugendlicher bis hin zur Änderung des Staatsangehörigkeitsrechtes. Eine Aufgabe des Beirates sei es auch zu prüfen, ob in Bad Pyrmont die lokale Integrationspolitik konsequent genug sei. Es gebe kaum einen Bereich in der Privatwirtschaft, in dem die Anteile beschäftigter Migranten derart niedrig seien, wie im öffentlichen Dienst. "Die kommunale Verwaltung muss hier mit gutem Beispiel vorangehen, will man in einer Stadt auch in anderen Wirtschaftszweigen erreichen, dass Bewerber und Bewerberinnen aus Migrantenfamilien mindestens entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil berücksichtigt werden."

Kritik übte Boaro-Titze an der Weisung der Landesregierung, Flüchtlingen nur noch Gutscheine statt Bargeld zu geben. "Damit wird jeder Supermarkt zur Grenzstation, jede Kassiererin zur Grenzwächterin und jeder Kunde zur Zeuge der Ausgrenzung." Migranten, so sagte sie zum Schluss, könne man nicht ignorieren, weil Migration die Welt verändere. "Während einige Migranten für Ballast halten, sehen andere in ihnen eine Bereicherung, denn die, die mutig genug sind, in die Welt hinaus zu gehen, sind die, die sie verändern."


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